21 – Wölundskvädet

(Das Wölundlied)

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Anmerkungen der Übersetzerin

Das Wölundlied ist eine Erzählung von der Erniedrigung der Seele der vierten Menschheit. Die drei Brüder und ihre Walküren-Frauen stellen anscheinend die ersten drei Zeitalter der vierten Menschheit dar. Der älteste war Egil, der Unschuldige, dessen Kinder die Diener von Thor wurden. Der zweite wurde Slagfinn [Schlagfider], der Jäger, genannt. Der dritte, der in der Erzählung den Samen für das vierte große Zeitalter legte, war Wölund, der Elfen-König – die Seele der Menschheit während jener Phase. Man kann wie üblich eine Analogie zu kürzeren Zyklen ziehen, die mit verschiedenen Typen von Kulturen zu tun haben: die erste, Egil, die Unschuldige – die primitive Phase; die nächste, die Stufe der Jäger und Sammler, und die dritte, die technologisch ausgebildete. Diese frühen Rassen standen noch unter der halbgöttlichen Führung ihrer Walküren, die direkt unter Odin als göttliche Beschützer dienen: die spirituelle Seele, der Strahl der göttlichen Bewußtseinsquelle. Sie zogen sich von der Verbindung mit ihren menschlichen Ehegatten zurück, wie diese Erzählung erklärt.

Wölund ist ein Schmied, geschickt im Umgang mit Metallen. Er wird gefangengenommen, und nachdem ihm seine Kniesehnen durchgeschnitten worden sind, wird er von König Nidud (nid: Übel, Verrat) gefangengehalten und gezwungen, Schätze für den König zu schmieden. Insgeheim schmiedet er auch das magische Schwert (der zyklischen Erneuerung), das sich selbst reproduziert – analog zu dem einen, das die Zwerge für Odin hämmerten. Während seiner erzwungenen Arbeit plante Wölund eine schreckliche Rache, und als die Zeit dafür reif war, bot sich seine Gelegenheit von selbst. Er verführt Niduds Tochter und erschlägt seine beiden Söhne, die er nach einer Version dem ahnungslosen König bei einem Fest servierte.

Dieser Kannibalismus des Königs erweist ihn als eine Zeitperiode, denn die Zeit verschlingt alle ihre Kinder: alles, was die Zeit gebiert, kommt mit der Zeit zu einem Ende. Es gibt eine Parallele in den griechischen Mythen, wo Chronos (der auch für die Zeit steht) seine Kinder verschlingt. In dieser Version verkauft Wölund dem Herrscher die versilberten Schädel seiner Söhne.

Wölund entflieht darauf in einem „Flügelwagen“, einem selbst hergestellten geflügelten Wagen. Er trägt mit sich das magische Schwert und einen Ring, die Eigenschaften der Entschlossenheit, zu wachsen und die immer wiederkehrenden Gelegenheiten für eine Erneuerung. Mit diesen unschätzbaren Schätzen unserer menschlichen Rasse „erhob sich der lächelnde Wölund in die Lüfte; Nidud, sich grämend blieb, wo er stand“ (39). Wölund wird auch „Hrungnir (Rauschen) des Federflügels“ genannt. Dies deutet auch darauf hin, daß das Fliegen bekannt war und von der Rasse, die Wölund repräsentiert, genutzt wurde. (Andere Überlieferungen berichten auch, daß auserwählte Glieder der Menschheit dem sinkenden vierten Kontinent entkamen, der, wie bekannt, allgemein Atlantis genannt wurde. Einige verließen ihn in Flugmaschinen1 und ließen sich auf den sich erhebenden Ländern nieder, wo sie die Rassen hervorbrachten, die zu unserer gegenwärtigen fünften Menschheit gehören.) Der böse König, der zurückgelassen wurde, war offensichtlich eine Periode, in der Technologie vorherrschte, während spirituelle Werte beinahe völlig fehlten.

Wölundskvädet

Nidud war der Name eines Königs in Svitjod [Schweden]. Er hatte zwei Söhne und eine Tochter, Bödwild genannt. Drei Brüder waren die Söhne des Finnenkönigs: einer hieß Slagfinn [Schlagfieder], der zweite Egil, der dritte Wölund. Sie jagten auf Schiern. Sie kamen zu den Wolfstälern und bauten sich dort Häuser. Dort ist ein Gewässer, Wolfsee.

Eines frühen Morgens fanden sie am Strande drei Frauen. Sie spannen Flachs, und neben ihnen lagen ihre Schwanengewänder, denn sie waren Walküren. Zwei von ihnen waren die Töchter des Königs Hlödwer (Njörd): Hladgud-Schwanenweiß und Herwör-Allwitter [Alwit], während die dritte, Ölrun, die Tochter Kjars von Wälschland war. Die drei Brüder nahmen sie mit sich zu ihrem Haus. Egil bekam Ölrun, Slagfinn bekam Schwanenweiß und Wölund bekam Allwitter.2

Sie lebten sieben Jahre zusammen; dann flogen die Frauen davon, Kämpfe aufzusuchen und kamen nicht wieder. Da glitt Egil auf Schiern, Ölrun zu finden. Slagfinn suchte Schwanenweiß, aber Wölund saß im Wolfstal. Er war nach der Legende der geschichtliche Mann, von dem die Menschen wissen. König Nidud hatte ihn gefangengenommen, wie das Lied erzählt.

1. Die Mädchen flogen von Süden durch die dunklen Wälder,
Allwitter, die Junge, ihr Schicksal zu erfüllen.
Zu ruhen setzten sie sich am Seeufer nieder,
Diese Geister des Südens, um kostbaren Flachs zu spinnen.

2. Eine von ihnen nahm Egil zur Frau, die liebliche Maid
Mit schneeiger Brust; die andere war Schwanenweiß,
Trug des Schwanes Schwingen; aber die
Dritte Schwester umarmte Wölunds weißen Hals.

3. Sie blieben sieben Winter, aber im achten
Immer in Sehnsucht, und im neunten schied
Sie die Not. Die Mädchen trieb es durch die düsteren Wälder,
Allwitter, die Jüngere, ihr Schicksal zu erfüllen.

4. Kamen von der Jagd die wegekundigen Jäger,
Slagfinn und Egil fanden ihre Hallen leer,
Suchten überall: Egil glitt ostwärts nach Ölrun,
Slagfinn ging südwärts nach Schwanenweiß.

5. Wölund wartete allein im Wolfstal,
Hämmerte das rotglänzende Gold an der Esse
Ließ jeden Armring mit einem göttlichen Glied schließen,
So harrte er der Rückkehr seiner strahlenden Braut.

6. Da hörte Nidud, König der Njaren,
Daß Wölund allein im Wolfstal wartete.
Bei Nacht kamen Männer in gepanzerten Kettenhemden,
Ihre Schilde blinkten hell im Schein des Halbmonds.

7. Sie stiegen aus den Sätteln am Giebel,
Traten ein und gingen durch die ganze Halle.
Sie sahen die Ringe aufgereiht auf Band und Stroh,
Siebenhundert, die alle dem Schmied gehörten.

8. Sie nahmen sie ab, sie reihten sie auf,
Außer einem nur, den sie liegen ließen.
Kam von der Jagd der Jäger argwöhnisch,
Wölund ist einen sehr langen Weg gewandert.

9. Rasch ging er, das Bärenfleisch anzubraten,
Hoch brannte das Anzündholz aus getrocknetem Feuerholz,
Das winddürre Holz
Vor Wölund auf.

10. Er saß auf dem Bärenfell und zählte die Ringe,
Der Herrscher der Elfen. Ein Ring fehlte;
Er glaubte, daß Hlödwers Tochter ihn genommen habe,
Daß Allwitter, die junge, wieder heimgekehrt sei.

11. Lange saß er da, bis ihn der Schlaf übermannte.
Doch er erwachte und sorgte sich:
Seine Hände waren schwer mit Fesseln gebunden,
Auf seine Füße war eine Fessel angelegt.

12. WÖLUND: „Was sind das für Leute,
Die den Zähmer der Winde
In Bande legten,
Die mich fesselten.

13. Da rief Nidud, der Njarenkönig:
„Wo fandest du, Wölund, weiser Elfenherrscher,
Unser edles Gold im Wolfstal?
Es gab kein Gold auf Granis Wege;
Unser Land ist fern von des Berges Ader.“

14. WÖLUND: „Ich erinnere mich, wir besaßen größere
Schätze, als wir alle gemeinsam
Zu Hause weilten.
Hladgun und Herwör, Hlödwers Kinder,
Ölrun war Kjars Tochter.

15. „Sie ging hinein und durchschritt die
ganze Halle,
Stand still und sagte ruhig:
‘Kein Übel kommt aus den Wäldern heraus!’“

König Nidud gab seiner Tochter Bödwild den Ring, der von der Kette in Wölunds Halle genommen worden war; aber er selbst trug Wölunds Schwert. Die Königin sprach:

16. „Sieh’ wie er seine Zähne bleckt, wenn er das Schwert
Und den Ring an Bödwilds Arm erblickt.
Seine Augen funkeln wie der Schlange Augen.
Durchschneidet die Sehnenkraft seiner Knie
Und setzt ihn in der Schiffe Hafen.“

Dies wurde getan. Ihm wurden die Kniesehnen durchschnitten, und er wurde in den Säwarstad (Hafen) gesetzt. Dort schmiedete er Schätze für den König. Keiner wagte, sich ihm zu nähern, außer der König.

17. WÖLUND: „Es schimmert an Niduds Seite das Schwert,
das ich getempert und mit all meinem Geschick
geschärft habe.

18. „Meine leuchtende Klinge wird weit fortgetragen,
Nimmermehr zu Wölunds Schmiede gebracht;
Nun trägt Bödwild den Ring meiner eignen Braut
Aus rötestem Gold, und ich kann nichts tun.“

19. So saß er, nicht schlief er und schwang den Hammer,
Bald heckt er eine Hinterlist gegen Nidud aus.
Zwei Knaben kamen gerannt und schauten zur Tür herein:
Zwei Söhne des Nidud in Säwarstad.

20. Sie gingen zur Truhe, begehrten den Schlüssel,
Offen war das Übel, als hinein sie sahen:
Schmuckstücke in Hülle und Fülle sahen
sie darin, aus reinstem Gold und wertvollen Steinen.

21. WÖLUND. „Kommt allein zurück, ihr zwei, kommt morgen,
Und ihr sollt das glitzernde Gold haben!
Aber erzählt es weder Mann noch Maid in der Halle,
Keinem Menschen, daß ihr mich gesehen habt.“

22. Früh rief der Bruder den Bruder: „Auf, zur Schmiede!“
Sie gingen zur Truhe, begehrten den Schlüssel,
Offen war das Unheil, als hinein sie sahen.

23. Er schlug ihnen die Köpfe ab und legte ihre
Glieder unter das Wasser.
Aber unter den Haaren die bleichen Schädel
Faßte er in Silber und sandte sie Nidud.

24. Die Edelsteine aus ihren Augenhöhlen
Sandte er Niduds kundiger Gattin;
Und aus den Zähnen der beiden Knaben
Gestaltete er eine Halskette für Bödwild.

25. Bödwild rühmte den Ring,
Brachte ihn zu Wölund
Als er entzweibrach.
Sie wagte es niemandem zu sagen.

26. WÖLUND: „Ich werde den Bruch im Gold reparieren,
So daß er [der Ring] deinem Vater feiner erscheint,
Besser als je zuvor deiner Mutter,
Derselbe für dich.“

27. Er brachte ihr einen Becher,
Das beste Bier,
Und bald sank sie auf ihrem Sitz
In Schlaf.

28. „Nun habe ich mich gerächt
Für den Schaden an mir,
Für allen außer einem,
Dem schlimmsten von allen.

29. „Es wäre gut,“ sprach Wölund,
„Ich stünde auf meinen Füßen,
Obwohl Niduds Schergen
Sie ihrer Kraft beraubten.“

30. Lächelnd erhob sich Wölund in die Höhe;
Weinend verließ Bödwild die Insel;
In Furcht vor ihrem Geliebten
Und ihres Vaters Wut.

31. Draußen ging Niduds übelgesinnte Gattin
Und trat in die endlose Halle ein,
Wo er in der Halle zur Ruhe saß:
„Wachst du, Nidud, Meister der Njaren?“

32. NIDUD: „Immer wach ich, der Freude beraubt;
Schlecht schlafe ich seit meiner Söhne Tod.
Kalt ist mein Haupt, kalt ist dein Rat;
Nun will ich mit Wölund reden,

33. „Sage mir, Wölund,
Weiser Elf,
Was wurde
Aus meinen Söhnen?“

34. WÖLUND: „Erst sollst du alle Eide schwören:
Beim Rumpf des Schiffes, beim Rand des Schildes,
Beim Herzen des Rosses, bei der Schneide des Schwertes,
Daß du Wölunds Frau keinen Schmerz zufügst.
Noch der Fluch meiner Braut bist;
Ob ein Weib ich habe, das du kennst,
Oder ein Kind hier in der Halle.

35. „Geh zur Schmiede, die du für dich erbaut,
Da wirst du finden die Rümpfe bespritzt mit Blut;
Der Knaben Köpfe habe ich dort abgeschlagen
Und legte ihre Rümpfe unter das Wasser.

36. „Die weißen Hirnschalen unter den Haaren
Faßte ich in Silber und sandte sie Nidud,
Die mit Edelsteinen besetzten Augen aus ihren Augenhöhlen
Sandte ich Niduds kundiger Königin.

37. „Doch aus der beiden Knaben Zähne
Formte ich Brustschmuck und schickte ihn Bödwild.
Nun geht Bödwild mit Kindes Bürde
Euer beider einzige Tochter.“

38. NIDUD: „Keine Worte könnten mich mehr betrüben als deine,
Noch könnte ich dir irgend etwas Schlimmeres wünschen, Wölund.
So hoch ist kein Mann, der dich [vom Roß] abwerfen könnte,
Niemand ist so geschickt, der dich niederschlagen könnte,
Da du dich in die Himmel erhobst.“

39. Lächelnd erhob sich Wölund in die Lüfte,
Nidud, sich grämend, blieb wo er stand.

40. NIDUD: „Steh auf, Tackrád, bester der Knechte,
Bitte Bödwild, die brauenlichte,
Daß sie zu ihrem Vater komme,
Um mit ihm zu sprechen.

41. „Ist es wahr, Bödwild, was er gesagt hat,
Daß du und Wölund auf der Insel zusammensaßest?“

42. BÖDWILD: „Es ist wahr, was er dir, Nidud, erzählt hat,
Daß ich mit Wölund zusammen auf der
Insel saß, für einen kurzen Moment der Schuld.
Ich konnte ihm nicht trotzen,
Ich konnte ihm nicht widerstehen.“

Fußnoten

1. Sanskrit vimāna, „Himmelswagen“ erwähnt in Rig-Veda, Atharvaveda und dem Mahābhārata. Wurde auch „Wagen der Götter“ übersetzt. [back]

2. Allwissend, Wissenschaft [back]