13 – Wafthrudnismál

(Das Lied der Illusion)

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Anmerkungen der Übersetzerin

Dies ist eine von verschiedenen Balladen und Geschichten, die von der illusorischen Natur der materiellen Welten handelt, worin das Bewußtsein getäuscht wird. Wafthrudnir bedeutet „er, der sich in Rätsel verwickelt“. Es ist ein Thema, das die Fehlbarkeit unserer Sinneswahrnehmungen eingesteht. Hinduschriften heben ebenfalls die trügerische Natur der Materie hervor. Im Sanskrit wird Illusion Māyā genannt, ein Wort, das von abgeleitet wird, was abmessen bedeutet. Es bezieht sich also auf alles, was begrenzt ist, das gemessen werden kann, wie groß oder klein es auch immer sein mag. Dies bezieht sich sowohl auf Raum und Zeit als auch auf alle Dinge, die in der Raum-Zeit existieren. Nur unendlicher Raum in der ewigen Dauer, anfanglos, endlos, grenzenlos und unvorstellbar kann in Wahrheit Realität genannt werden. Die scheinbare Dualität von Raum-Zeit ist selbst illusorisch – ein unvermeidliches Phänomen, das zur endlichen Existenz gehört, wie gewaltig in den Ausmaßen und wie sehr wir es auch jenseits davon im Bewußtsein zu erreichen suchen.

Es ist wichtig zu begreifen, daß Illusion nicht Nichtexistenz bedeutet. Illusion existiert; illusorische Dinge existieren; wir sind von Illusionen umgeben, und sie sind in Wahrheit ein Teil des illusorischen Universums. So gewohnt sind wir, gewisse Irrtümer für Wirklichkeit zu halten, daß wir uns dessen kaum bewußt werden. Die Wissenschaft sagt uns zum Beispiel, daß Materie hauptsächlich aus Löchern besteht – winzige Teilchen, die sich rasch in verhältnismäßig großen Mengen eines scheinbar leeren Raumes bewegen: Unsere Sinne stimmen mit dieser Kenntnis nicht überein, wie eine angestoßene Zehe leicht bestätigen wird. Wir zweifeln jedoch nicht an der Struktur der Materie, die aus Atomen aufgebaut ist, die wir nie gesehen haben. Wir beobachten einen schönen Sonnenuntergang und sehen dem rotgoldenen Lichtglobus zu, wie er hinter dem Horizont verschwindet, obwohl wir uns bewußt sind, daß er bereits acht Minuten früher verschwunden ist, weil das Licht, das wir sehen, acht Minuten braucht, um uns im Mittel über etwa 159,5 Millionen km Entfernung zu erreichen. Wir sehen eine rote Blume, weil sie alle Lichtstrahlen, außer den roten, absorbiert. Was wir sehen sind die Farben, die die Blütenblätter zurückgewiesen haben. Wir nehmen also Dinge wahr, die voneinander verschieden sind. Da die Sinne das Gemüt und die Gefühle einer Person unterrichten, hängt ihr Bericht zum großen Teil von der Haltung, den Stimmungen, dem Verständnis und der voreingenommenen Erfahrung des Individuums ab. Wegen der Unterschiede unseres geistigen Horizontes, scheint jemand, der mehr weiß als wir – ein Spezialist auf irgendeinem Gebiet, das uns nicht vertraut ist – Zauberkunststücke zu vollbringen.

Nichtsdestoweniger muß Wahrheit existieren: Das Universum existiert, folglich existiert auch Wissen über das Universum. In dem Lied der Illusion betritt das Gott-Selbst, Odin, das forschende, prüfende Bewußtsein, die materiellen Welten, indem es durch kosmische Untiefen substantieller Existenz absteigt, um dem Riesen Wafthrudnir zu begegnen und zu „sehen, wie seine Halle eingerichtet ist“, denn durch das Durchqueren der materiellen Sphären gewinnt das göttliche Bewußtsein den Met der Weisheit, der die Götter ernährt. Aber Odin weigert sich, sich auf der Bank in der Halle der Illusion niederzulassen. Das Bewußtsein ist in dieser Sphäre nicht zu Hause.

Während der ersten Hälfte der Geschichte (11–19) fragt Wafthrudnir den Gott: Die Materie wird von dem eintretenden Bewußtsein, das sich selbst Gagnrád (vorteilhafter Rat) nennt, informiert, inspiriert, und sie entwickelt sich durch ihn und lernt von ihm. Im letzten Teil ist es Odin, der lernt, indem er den Riesen fragt, bis bei der letzten Entscheidung der Besucher sich selbst als Allvater zu erkennen gibt. Das ist im wesentlichen der Lauf der Ereignisse, der in vielen Schriften erzählt wird: Erstens, das Spirituelle liefert seine Energien und Impulse der Materie, wobei es Formen für seine Wohnstätte organisiert, aufbaut und sich in ihnen verkörpert. Danach ist es die Materie, die einwärts gezogen wird, sozusagen, indem sie die Substanz für das Wachstum, für die Vervollkommnung und Erweiterung der spirituellen Natur liefert. So sind die zwei Seiten der Existenz für immer verwandt und paarweise angeordnet mit der Tendenz, zuerst die eine Richtung und dann die andere zu sein. Das Bewußtsein, das den Bereich des Riesen betreten hat, obwohl es zeitweise durch die Gewebe der Illusion gefangen wurde, wird, wie Wafthrudnir von Njörd sagt, „mit der Vollendung der Zeitalter … mit der Weisheit des Leides (39) zurückkehren.“ So auch wir.

Wafthrudnir wird gelehrt, und wir werden daran erinnert, daß das Fundament der Götter und jenes der Riesen nur durch den ewig fließenden Strom, genannt Zweifel, getrennt wird, auf dem keine Eisbrücke jemals gebildet werden kann; also, daß das ewige Schlachtfeld (Leben), auf dem die destruktiven und die wohltätigen Kräfte im Menschen und in der Natur kämpfen, für diesen Zweck existiert. Der Gott deutet hier den Lauf der Evolution der Wesenheiten an, wobei die materielle Seite der Existenz Zugang zu dem „Fundament der Wohltätigen Götter“ verschaffen kann.

Danach gibt die Riesenwelt ihre Weisheit preis, wenn Odin die Geschichte der vergangenen Schöpfung seinem Gastgeber entlockt. Vers 23 nennt Mundilföri als den Vater der Sonne und des Mondes und zeigt deren Nutzen als eine Maßeinheit für die Jahre an. Mundilföri ist der „Hebel“ oder die Achse, die die galaktische Sphäre rotieren läßt, der Zentralpunkt, der die Bewegung unserer Milchstraße vermittelt. Die nächste Antwort, in Vers 25, spricht nicht nur vom Tag und der Nacht der Erde sondern auch von den Mondphasen, die auch in der Völuspá genannt werden. Es ist nur ein kleiner Hinweis, aber wir können ohne übertriebene Kühnheit vermuten, daß die Barden einiges Wissens von Astronomie und den jahreszeitlichen Ereignissen besaßen, jedenfalls bedeutend genug, um in den Zeitdokumentationen der Mythen aufgenommen zu werden. Vers 42 ist bemerkenswert enthüllend, wenn wir in Betracht ziehen, daß dies des Riesen Antwort ist: Die Materie von neun Welten ist er, abstammend von den „Höllen unterhalb Niflhel“ – der wurzellosen Wurzel der Materie.

Im Gegensatz dazu, ruht das spirituelle menschliche Element „Leben und Überlebender … im Gedächtnisschatz der Sonne“ während des langen Fimbulvetr, dem kalten Winter der Inaktivität, wenn das Leben mit den Göttern (44) aus unserem Ökosystem gegangen ist. Sie werden mit Morgentau genährt werden und die zukünftigen Zeitalter schaffen.

Hier sehen wir wieder ein neues Leben, das dem Tod der gegenwärtigen Systeme von Welten folgt. Jene, die jetzt die Aesir sind, werden von ihren Nachkommen, einem neuen Thor und einem neuen Odin (in seinem Sohn Widar) gefolgt, die den „Tod“ des Vaters der Zeitalter „rächen“ wollen.

Schließlich enthüllt Odin seine Identität, indem er die unbeantwortbare Frage stellt – unbeantwortbar von jedem außer von der Gottheit selbst: Was hat Odin in das Ohr des toten Sonnengottes geflüstert? Wir mögen uns wundern, welches Geheimnis jenseits des Bereiches des Todes vom Allvater der vergangenen und zukünftigen Welten bewahrt wurde.

Wafthrudnismál

1. ODIN: Rate mir, Frigg, da ich zu Wafthrudnir, dem in Rätseln Starken,1 reisen möchte,
Um ihn in seiner Halle aufzusuchen!
Ich sehne mich danach, die alte Weisheit
Von ihm, dem allwissenden Titan, zu hören.

2. FRIGG: Daheim würde ich Heervater lieber verweilen sehen,
In den Höfen der Götter;
Denn keinen anderen Riesen weiß ich,
Der die gleiche Stärke wie Wafthrudnir besitzt.

3. ODIN: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft;
Viel von den verschiedenen Kräften habe ich gelernt.
Nun will ich in Wafthrudnirs Halle erfahren,
Wie es in dieser beschaffen ist.

4. FRIGG: Glück sei mit dir, und dann auf der Rückkehr
Möge Zufriedenheit auf den Wegen sein, die du nimmst!
Noch lasse dich dein Witz im Stich, Vater der Zeitalter.
Wenn du Wafthrudnir in ein Gespräch verwickelst.

5. Also fuhr Odin, um bei einem Diskurs die Weisheit zu Erforschen und den Witz des allwissenden Titanen:
An der Halle von Ims Vater angekommen, trat der Denker umgehend ein.

6. ODIN: Heil dir, Wafthrudnir, hier komme ich
In diese Halle, dich zu sehen.
Zuerst will ich wissen, ob du weise bist
Oder allwissend, Riese?

7. WAFTHRUDNIR: Wer ist der Mann, der in meiner Halle
Solche Worte gegen mich schleudert?
Niemals wirst du diesen Platz verlassen,
Wenn du nicht weise bist.

8. ODIN: Gagnrád2 ist mein Name. Ich kam zu Fuß
Und durstig zu deiner Halle;
Ich bin weit gewandert und brauche ein Willkommen
Und deine Gastfreundschaft, Riese.

9. WAFTHRUDNIR: Warum stehst du, Gagnrád, und sprichst an der Haustür?
Tritt vor und setz dich in die Halle. So werden wir beurteilen, ob der Fremde
Oder dieser alte Barde mehr weiß.

10. GAGNRÁD: Ein armer Mann, der in eines Reichen Haus kommt,
Sollte schweigen oder weise sprechen;
Eitles Geschwätz dient ihm schlecht.
Wer zu einem gefühlskalten3 Gastgeber kommt.

11. WAFTHRUDNIR: Sage mir denn, Gagnrád,
So du auf der Diele dein Glück versuchen willst:
Wie heißt das Roß, das jeden Tag herzieht
Über die Söhne der Ewigkeit?

12. GAGNRÁD: Glänzende Mähne [Skinfaxi] heißt er; der Rosarote
Zieht den Tag über die Söhne der Ewigkeit;
Er wird als das beste Roß von den Menschen gehalten;
Seine Mähne strahlt ewig Sonnenlicht aus.

13. WAFTHRUDNIR: Sage mir denn, Gagnrád,
So du auf der Diele dein Glück versuchen willst;
Wie heißt das Roß, das vom Osten
Die Nacht über wertvolle Mächte herzieht?

14. GAGNRÁD: Frostmähre [Hrimfaxi] heißt das Roß, das jede
Nacht im Raum über wertvolle Mächte herzieht;
Jeden Morgen fällt der Schaum von seinem Zaum:
Davon tropft der Tau in die Täler.

15. WAFTHRUDNIR: Sage mir denn, Gagnrád,
So du auf der Diele dein Glück versuchen willst:
Wie heißt der Strom, der den Grund der Götter
Und Titanen teilt und trennt?

16. GAGNRÁD: Zweifel heißt der Strom, der den
Grund der Götter und Titanen teilt und trennt;
Er wird für immer frei und offen fließen;
Kein Eis bildet sich je auf diesem Fluß.

17. WAFTHRUDNIR: Sage mir denn, Gagnrád,
So du auf der Diele dein Glück versuchen willst:
Wie heißt das Feld, wo die Schlacht geschlagen wird
Zwischen Surt und den wohltätigen Göttern?

18. GAGNRÁD: Wigrid heißt das Feld, wo die Schlacht geschlagen wird
Zwischen Surt und den wohltätigen Göttern.
Eine hunderttägige Reise auf jeder Seite,
Solches Feld ist für sie geschaffen.

19. WAFTHRUDNIR: Weise bist du, Gast. Gehe zu der Bank
Und laß uns sitzend sprechen.
Unsere Häupter wollen wir hier in der Halle wetten.
Auf unsere Weisheit und unseren Witz, Gast.

CAPITULUM

20. GAGNRÁD: Sage mir zuerst, wenn dein Witz ausreicht,
Und, Wafthrudnir, du es weißt:
Woher kamen zuerst die Erde und der Himmel über ihr;
Du kluger Riese?

21. WAFTHRUDNIR: Aus Ymirs Fleisch war die Erde geformt,
Die Berge wurden aus seinem Gebein gebaut;
Aus des eiskalten Riesen Schädeldecke der Himmel,
Und das wogende Meer aus seinem Blut.

22. GAGNRÁD: Sage mir zum andern, wenn dein Witz ausreicht,
Und, Wafthrudnir, du es weißt:
Woher kam der Mond, der über die Menschen wandert,
Oder ebenso die Sonne?

23. WAFTHRUDNIR: Mundilföri ist der Vater des Mondes
Und ebenso der Sonne.
Beide werden jeden Tag am Himmel gegenüber gehalten
Um die Jahre für den Menschen zu messen.

24. GAGNRÁD: Sage mir zum dritten, so du wissend genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Woher kommen der Tag, der über die Menschen zieht
Und die Nacht mit ihrer Dunkelheit?

25. WAFTHRUDNIR: Die Morgendämmerung [Delling] erzeugt den Tag,
Während die Nacht die Tochter der Abenddämmerung [Nörwi] ist.
Zunahme und Abnahme des Mondes sind die dienlichen Mächte,
Geschaffen zum Zeitmaß der Menschen.

26. GAGNRÁD: Sage mir zum vierten, so du vorherwissend genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Woher kam der Winter oder der warme Sommer
Zuerst zu den vorherwissenden Mächten?

27. WAFTHRUDNIR: Der Windkalte [Windswal] ist der Vater des Winters
Aber der Milde [Swasud] ist des Sommers Erzeuger;4

28. GAGNRÁD: Sage mir zum fünften, so du die Vergangenheit Wissender genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Wer von den Aesir als erster oder von Ymirs
Geschlecht in alten Zeiten aufwuchs?

29. WAFTHRUDNIR: Vor unzähligen Jahren, ehe die Erde erschaffen war,
Wurde Bärgälmir geboren;
Sein Vater, so wird gesagt, war Trudgälmir;
Örgälmir seines Vaters Vater.

30. GAGNRÁD: Sage mir zum sechsten, so du wissend genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Woher Örgälmir unter die Riesensöhne kam
Im Morgengrauen der Zeit, der weise Riese?

31. WAFTHRUDNIR: Aus Eliwágor entsprangen Gifttropfen
Bis sie zu einem Riesen5 wurden.

32. GAGNRÁD: Sage mir zum siebten, so du geschickt genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Wie erzeugte Nachkommen der kühne Riese,
da er keine Riesin kannte?

33. WAFTHRUDNIR: Nach und nach aus dem Wort des Frostriesen
Wuchsen Mann und Maid gemeinsam;
Fuß mit Fuß paarte sich und gebar dem Riesen
Einen vielhäuptigen Sohn.

34. GAGNRÁD: Sage mir zum achten, so du die Vergangenheit Wissender genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Was ist das erste, an das du dich erinnerst, oder was dir als frühestes bekannt ist,
Du allweiser Riese?

35. WATHRUDNIR: Vor unzähligen Wintern, ehe die Erde geschaffen war, wurde Bärgälmir geboren;
Das erste, an das ich mich erinnere, ist, daß der vorherwissende Riese in den Mehlkasten6
Gelegt wurde.

36. GAGNRÁD: Sage mir zum neunten, so du schlau genannt wirst,
Wafthrudnir, wenn du es weißt:
Woher kommt der Wind, der über den Wogen weht,
Obwohl er selbst nicht gesehen wird?

37. WAFTHRUDNIR: Räswälg hat sich am Ende der Himmel niedergelassen.
Ein Riese in Adlergestalt;
Von seinen Schwingen werden die umherziehenden Winde angefacht,
Die über der Menschen Schar heulen.

38. GAGNRÁD: Sag mir zum zehnten, Wafthrudnir, wenn du der Götter Los vollständig weißt:
Woher kam Njörd zu den Ása-Söhnen?
Er herrscht über Höfe und Heiligtümer,
Erzeugt vom Ása-Stamm.

39. WAFTHRUDNIR: Im Heim der Wanir schufen ihn weise Mächte
Und sandten ihn als Geisel zu den Göttern;
Am Ende der Zeiten soll er heimkehren
Mit der Weisheit des Leides.

40. GAGNRÁD: Sage mir zum elften, wo die Helden sich jeden Tag
Einander schlagen?

WAFTHRUDNIR: Sie bestimmen den Erwählten, reiten vom Kampf heim
Und sitzen versöhnt beisammen.

41. GAGNRÁD: Sage mir zum zwölften, Wafthrudnir, wie weit, weißt du,
Reicht die Ewigkeit der Götter Schicksal.
Von der Ewigkeit der Runen und der Götter,
Was ist am wahrsten, sag du, allweiser Riese.

42. WAFTHRUDNIR: Von den Runen der Riesen wie auch der Götter
Sage ich die Wahrheit;
Denn ich bin in neun Welten gekommen,
Aus Höhlen unterhalb tiefstem Niflhel.

43. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenartigen Mächten habe ich gelernt:
Welche Menschen leben noch, wenn für den Menschen
Der schreckliche Fimbul-Winter endet?

44. WAFTHRUDNIR: Leben und Überlebender, aber sie ruhen verborgen
Im Gedächtnisschatz der Sonne.
Morgentau ist ihre Nahrung, und von ihnen werden geboren
Zukünftige Zeiten.

45. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenartigen Mächten habe ich gelernt:
Woher wird die Sonne an einen spurlosen Himmel kommen,
Wenn Fenris diese überfallen [verschlungen] hat?

46. WAFTHRUDNIR: Eine Tochter nur gebar das Elfen-Rad
Ehe Fenris sie überfiel;
Die strahlende Maid wird auf ihrer Mutter Wege fahren,
Wenn die Götter gegangen sind.

47. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenartigen Mächten habe ich gelernt:
Wer sind die Mädchen, die über die wäßrige
Wüste unfehlbar den Weg finden?

48. WAFTHRUDNIR: Drei mächtige Flüsse fließen durch die Lande
Der Mädchen des einen Schwiegersohn Suchers7:
Sie sind selbst Hamingjor,
Obwohl sie durch Riesen aufgezogen wurden.

49. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenartigen Mächten habe ich gelernt:
Wer von den Aesir bleiben als Götter,
Wenn Surts Flammen erloschen sind?

50. WAFTHRUDNIR: Widar und Wali werden in Heiligtümern der Götter weilen,
Wenn Surts Flammen erloschen sind.
Modi und Magni sollen den Mjölnir schwingen
Und Vingnirs8 Aufgabe erfüllen.

51. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenen Mächten habe ich gelernt:
Was wird aus dem betagten Odin,
Wenn der Herrscher Herrschaft beendet ist?

52. WAFTHRUDNIR: Der Wolf wird den Vater der Zeiten verschlingen,
Aber Widar wird kommen, ihn zu rächen;
Widar wird die eisigen Kiefer spalten
Mit Vingnirs heiliger Waffe.9

53. GAGNRÁD: Viel bin ich gewandert, viel habe ich geprüft,
Viel von den verschiedenen Mächten habe ich gelernt:
Was flüsterte Odin in das Ohr seines Sohnes,10
Als letzterer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde?

54. WAFTHRUDNIR: Keiner weiß, was du in der Vorzeit
Am Scheiterhaufen in das Ohr deines Sohnes sprachst.
Mit dem Tod auf den Lippen habe ich meine Geschichte erzählt,
Runen der Vergangenheit und von Ragnarök.

Fußnoten

1. Wafthrudnir: Weber der Gewebe der Illusionen [back]

2. Vorteilhafter Rat [back]

3. Verschlagenen [back]

4. Der Rest des Verses fehlt im Codex Regius. [back]

5. Der Rest des Verses fehlt im Codex Regius. [back]

6. Mühle: Auflöser und Schöpfer der Materie [back]

7. Oder Familien-Suchers [back]

8. Thor [back]

9. Mjölnir, Thors Hammer [back]

10. Balder [back]