Band 10: Yoga und die Yoga-Lehre
Charles J. Ryan
Band 9: Theosophie und Christentum
H. T. Edge
Band 8: Runden und Rassen
Gertrude W. van Pelt
Die vierte Wurzelrasse
Vor ungefähr achtzehn Millionen Jahren gingen die menschlichen Egos auf ihrem Evolutionspfad langsam von der dritten in die vierte Wurzelrasse über; sie wurden zu den großen Atlantiern, deren riesiger Kontinent sich über ein Gebiet ausdehnte, das heute den Atlantischen Ozean ausmacht. Die Lebensmitte dieser Rasse fiel mit der Mitte der Lebensperiode dieses Planeten zusammen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Tür zwischen dem Tier- und Menschenreich geschlossen. Damals erreichte auch die Materie den Höhepunkt ihrer Evolution. Seit dieser Zeit befindet sich alles Leben auf dem aufsteigenden Bogen zum Spirituellen hin. Alles, was manifestiert war, war gewaltig. Sowohl Menschen als auch Tiere waren riesig groß. Die Menschen waren zwischen sechs und acht Meter groß. Sie besaßen eine hohe Intelligenz. Einen Hinweis darauf finden wir in der Behauptung, dass ihre degenerierten Nachkommen die ersten Pyramiden erbauten.
Am Beginn der vierten Wurzelrasse war das dritte Auge noch aktiv. Und so beherrschten die Atlantier viele der subtileren Naturkräfte, die für uns noch ein Geheimnis sind. In seinem Buch The Esoteric Tradition, Seite 1046, schreibt Dr. de Purucker:
Diese atlantische Rasse erreichte den Höhepunkt materiellen Reichtums ihrer Zivilisation und in ihrem materiellen Fortschritt vor etwa vier oder fünf Millionen Jahren. Jede Wurzelrasse ist durch ihre charakteristischen Entwicklungen sowohl in intellektuellen als auch in psychischen Gebieten gekennzeichnet. Das Hauptmerkmal aller atlantischen Völker war der Materialismus in seinen verschiedenen Arten und Ausdrucksformen. Es waren vielmehr materielle als spirituelle Dinge, die angebetet wurden. Allenthalben und zu allen Zeiten waren Beweise und Auswirkungen dieser dunklen, finsteren Anbetung zu bemerken. Materialismus und nicht Spiritualität – und zwar ein Materialismus, der mit einer vorsätzlichen Ausübung materieller wie auch psychischer Magie verbunden war – war der erklärte und anerkannte Glaube und das Ideal all der verschiedenen Unterrassen, als der Mittelpunkt der vierten Wurzelrasse erreicht war, welcher die atlantische Zivilisation kennzeichnete.
In jener fernen Vergangenheit war der gesamte Erdball derartig materialistisch geworden – nicht nur äußerlich, sondern tatsächlich, so in das Leben der Materie hinabgesunken, dass das Flüstern des Spirituellen im Menschen, das Flüstern seines inneren Gottes, die menschliche Seele nicht mehr so leicht erreichte. Trotzdem es während der langen Zeitalter, in welchen sich der Auf- und Abstieg der verschiedenen atlantischen Zivilisationen vollzog, Gruppen und Einzelne gab, die das geistige Leben aufrichtig und ernsthaft kultivierten, waren doch die Massen, die Menge, welche die individuellen Einheiten der atlantischen Stämme formten, eifrige Anhänger und oft tatsächlich Anbeter der dunklen, bösen Mächte, welche die Schattenseite der Natur bilden.
Wir können uns ein wirklich außergewöhnlich hochintelligentes Volk vorstellen – bei weitem intelligenter als wir in der arischen oder fünften Wurzelrasse –, aber mit einer gänzlich materiellen und oft das Böse suchenden Art von Intelligenz. Sie stellten das Materielle mit seinen Kräften und Früchten über das Spirituelle und sein Licht und beteten das Erstere an. Sie erreichten den Höhepunkt wirklichen Glanzes und Ruhmes, der zwar von gänzlich materieller Natur war, aber größer als alles, was unsere gegenwärtige fünfte Wurzelrasse bislang erreicht hat. Bei ihrem anschließenden rasenden Sturz in allgemeine Zauberei wurden sie nur durch die unaufhörlichen Anstrengungen gewisser Wesen gerettet, von denen wir als wirklich inkarnierte Gottheiten und Halbgötter sprechen können. Diese Großen und ihre Anhänger, von denen es im Ganzen viele gab, aber doch auffallend wenige im Vergleich zu den atlantischen Massen, gründeten zu einer Zeit, als Schandtaten und spirituelle Verderbtheit ihren Höhepunkt erreicht hatten, schließlich zur Rettung der Vielen und Einweihung der für würdig befundenen Wenigen die ersten echten spirituellen Mysterienschulen des Globus. Dies geschah – geologisch gesprochen – kurz bevor die Atlantier als Rasse durch ihr eigenes böses Tun untergingen.
Die ziemlich aufregenden Entdeckungen unserer eigenen Zeit sind nur schwache Erinnerungen an die Wunder und intellektuelle Größe der vierten Wurzelrasse. Und dies sind nur die Vorboten dessen, was kommen wird; wenn nämlich unsere gegenwärtige fünfte Rasse reifer wird, wird sie zurückgewinnen, was sie als Atlantier verloren hatte, aber dann mit größerer spiritueller Entwicklung und Einsicht. H. P. Blavatsky schreibt in einem Artikel, den sie The New Cycle nannte (aus La Revue Théosophique, übernommen in The Theosophical Path, September 1911):
Wir stehen den gesamten Möglichkeiten der Zukunft von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Die Stunde der großen zyklischen Wiederkehr der Gezeiten mystischen Denkens in Europa kehrt wieder. Auf allen Seiten sind wir vom Ozean der universalen Wissenschaft umgeben – der Wissenschaft des Ewigen Lebens –, der auf seinen Wellen die vergessenen und überfluteten Schätze von jetzt vergangenen Generationen mit sich führt, von Schätzen, die den modernen zivilisierten Rassen noch unbekannt sind. In den Tiefen des Ozeans ruhen prähistorisches Wissen und ebensolche Kunst, die zusammen mit den vorsintflutlichen Riesen verschlungen wurden, jenen Halbgöttern, die noch mit einem Rest von Sterblichkeit behaftet waren. Und aus den Tiefen dieses Ozeans steigt eine starke Strömung auf, schlägt in unser Angesicht und flüstert: „Das, was war, existiert wieder; das, was vergessen wurde und seit Ewigkeiten unter den Gesteinsschichten des Jura begraben liegt, kann aufs Neue ans Licht kommen. Bereite dich vor … . Der Kampf wird schrecklich sein zwischen grobem Materialismus und blindem Fanatismus einerseits und Philosophie und Mystizismus andererseits – einem Mystizismus, welcher der mehr oder weniger transparente Schleier ist, der die ewige Wahrheit verbirgt.
All diese Veränderungen, die während des sich entfaltenden Lebensdramas auftreten, zeigen, dass der Mensch während der Umdrehungen der zyklischen Schicksalsräder an einem Schöpfungsprozess teilhat. Jede Umdrehung des Rades fügt etwas hinzu. Wie bereits erwähnt, wird in jeder Runde ein Element evolviert, und der Mensch entwickelt sich physiologisch in Übereinstimmung dazu. Jede Wurzelrasse bringt einen neuen Sinn hervor – da wir uns jetzt in der fünften befinden, haben wir fünf Sinne. Wieder und immer wieder wiederholt jede Runde auf einem höheren Niveau die Erfahrungen, die in der vorigen Runde gemacht wurden, und dasselbe gilt für jede Wurzelrasse und Unterrasse. Die vierte Runde zum Beispiel zeigt eine Ähnlichkeit mit jeder vierten Rasse und mit jeder vierten Unterrasse in allen Runden.
Die Menschheit hatte jetzt genügend Kenntnisse und Verständnis erworben, um ihren eigenen Kurs zu bestimmen, aber leider zog eine große Mehrheit es vor, ihre Fähigkeiten für unheilvolle Zwecke anzuwenden, was für sie selbst und zukünftige Rassen ernsthafte Folgen hatte. Man sagt, dass wir noch immer unter den Folgen des Missbrauchs der Fähigkeiten als Atlantier leiden. Allmählich spaltete die Rasse sich in zwei Teile, die sich deutlich voneinander unterschieden; der eine Teil versuchte, zu einem Meister über sich selbst zu werden und verband sich mit den ‘Söhnen des Lichts’; und der andere Teil, der zum Sklaven von niedrigeren Kräften wurde, entwickelte sich zu Zauberern und Schwarzmagiern.
Während dieser Prozess vor sich ging, geschah in der Geschichte der Menschheit etwas, was die Tatsache verdeutlicht, dass Ursache und Wirkung nicht nur Individuen, Rassen und verschiedene Globen derselben Kette miteinander verbindet, sondern auch Planeten, Universen oder große Manvantaras. Tatsächlich wird nie eine in Bewegung gesetzte Kraft aufhören zu wirken, bevor sie nicht neutralisiert ist. Wir haben über die ‘Söhne des Lichts’ der heiligen Rasse gesprochen, welche die Menschheit stets beschützen und führen, soweit die Menschheit dies zulässt. Aber es gab auch andere mächtige Wesen, die sozusagen im Bösen vollkommen waren. Einer von ihnen war König Thevetat, der offensichtlich aus der Vergangenheit mit diesem Planeten verbunden war, und er wartete seine Zeit ab. Als seine Jünger erschienen – das heißt, als die Mehrzahl der Atlantier den falschen Weg einschlug und in ihrer niederen Natur lebte –, war er bereit, sie zu führen. Hätten sie einen anderen Weg gewählt, wäre er hilflos gewesen. Da das jedoch nicht der Fall war, gelang es ihm, eine Rasse von Zauberern zu erschaffen.
Als für diese Rasse schließlich die Zeit des Untergangs gekommen war, fegte eine ungeheure Naturkatastrophe die Körper jener Bösewichte vom Erdboden hinweg. Die erste große Sintflut fand im Miozän statt; aber kleinere Sintfluten, die der traurigen Geschichte ein Ende setzten, dauerten noch über 150.000 Jahre an. Die letzte Insel, Poseidonis, auf die sich Plato bezieht, versank vor etwa 11.000 Jahren. Die biblischen Erzählungen über die Sintflut sind auf diese großen atlantischen Katastrophen zurückzuführen.
Die spirituellen Eltern der Menschheit retteten jedoch den Samen für die kommende arische oder fünfte Rasse vor der Zerstörung. Es gibt eine Legende über eine ‘Heilige Insel’, mitten in Asien, nördlich des Himalaja-Gebirges, wo heute kahle Wüsten sind. Sie soll von überragender Schönheit gewesen sein und war als der Garten Eden (für jede Rasse gab es einen solchen Garten Eden) bekannt. Er war die Heimat der ‘Unsterblichen Rasse’, die dem Todeskampf von Atlantis entkam. Sie und ihre Vertreter waren es, die es den übriggebliebenen Atlantiern ermöglichten, ihre Reise als Arier zu beginnen.
Wir befinden uns gegenwärtig in der vierten Unterrasse der fünften Wurzelrasse und steigen noch immer zur Mitte oder dem kritischen Punkt dieser Rasse ab. Da jedoch der niedrigste Punkt der Runde in der vierten Rasse überschritten wurde, befinden wir uns auf dem aufsteigenden Bogen zum Spirituellen hin, allerdings noch mit einem schweren Karma beladen, das jeder Einzelne durch reine Gedanken und Taten zu erleichtern versuchen sollte.
Die fünfte Rasse als Ganzes wird vor ihrem Ende das Prinzip des Verstandes höher entwickelt haben als die Atlantier. ‘Manas’ oder der Verstand wird jedoch erst in der fünften Runde vollständig evolviert sein. Wenn diese Zeit anbricht, wird der große Moment der Wahl kommen – eine Wahl, die über Zeitalter hinweg vorbereitet wurde – in Wahrheit ein Tag des Urteils – und der Mensch allein wird sein eigener Richter sein. Das heißt, dass für alle ein Zeitpunkt kommen wird, an dem sie endgültig wählen, ob sie dem Pfad des Geistes folgen werden – hinauf zu ihrer eigenen wahren Natur – oder ob sie sich dem anderen Pol zuwenden, der in der schließlichen Vernichtung enden muss, nach langen Zeitaltern langsamer Auflösung. Denn das ist das Schicksal von evolutionären Fehlschlägen der Natur.
Die hier kurz umrissene Geschichte ist in der Geheimlehre von H. P. Blavatsky ausführlich ausgearbeitet. Die Überlieferung dieser Geschichte stellt einen Teil der Bemühungen dar, der von den Meistern der Weisheit in unserer Zeit gemacht wurde, den Vertretern der ‘Unsterblichen Rasse’, um in den Kindern der Erde das Wissen von ihrer Abstammung und Bestimmung zu erwecken. Diese Geschichte wäre ohne ihre Unterstützung verloren, denn unsere eigenen Aufzeichnungen – abgesehen davon, dass sie oft unzuverlässig und unvollständig sind – reichen nur ein paar Jahrtausende in die Familienrasse zurück, deren Lebensdauer ungefähr 30.000 Jahre beträgt.
Band 7: Die Lehre von den Zyklen
Dr. Lydia Ross
Kreisläufe in Mensch und Kosmos
Die Sonne ist das Herz der Sonnenwelt (des Sonnensystems) und ihr Gehirn ist hinter der (sichtbaren) Sonne verborgen. Von da wird Empfindung in jedes Nervensystem des großen Körpers ausgestrahlt; und die Wogen der Lebensessenz strömen in jede Arterie und Vene … . Die Planeten sind ihre Glieder und Pulsschläge.
… es findet eine regelmäßige Zirkulation des Lebensfluidums durch unser ganzes System statt, von dem die Sonne das Herz ist – so wie die Zirkulation des Blutes im menschlichen Körper – während der manvantarischen Sonnenperiode oder Lebenszeit; die Sonne zieht sich bei jeder Rückkehr davon rhythmisch zusammen, so wie es das menschliche Herz tut.
– The Secret Doctrine, I: 541
Der kursiv geschriebene Teil dieses Zitats ist ein Kommentar aus den Archaischen Aufzeichnungen, ‘gesammelt von Generationen von Adepten’. Da die Geheimlehre auf diesen Aufzeichnungen basiert, wird die auffallende Ähnlichkeit zwischen dem Herzen der Sonne und dem des Menschen dort als ein logischer Teil der einen universalen Evolution dargestellt. Als das Buch herausgegeben wurde – ungefähr sieben Jahre vor der Entdeckung der Röntgenstrahlen –, prophezeite H. P. Blavatsky, dass man – könnte das lebendige und pochende Herz leuchtend und sichtbar gemacht werden – das Phänomen der Sonnenflecken sehen könnte, das sich in jeder Sekunde wiederholt. Später öffneten das wachsende Interesse und ein vertiefendes Studium von Sonnenflecken und elektromagnetischen und anderen Einflüssen der Himmelssphären den Weg zu immer weiteren alten Lehren, die den Menschen in Zusammenhang mit der universalen Natur bringen.
Unser Sonnensystem mit seiner Sonne und seinem Mond, mit älteren und jüngeren Planeten, Kometen, Nebelflecken und so weiter – sichtbar und unsichtbar – ist eine große kosmische Familie. Jeder leuchtende Globus verkörpert ein intelligentes Wesen, eine Gottheit bestimmten Grades, die ihren eigenen Zyklus von Erfahrung und Wachstum durchläuft. Auch unsere Erde verkörpert eine planetarische Wesenheit; und auch die Menschheit hat ihren gesetzmäßigen Platz in der Sonnenfamilie, denn
… die „Schlangen der Weisheit“ haben ihre Berichte wohl aufbewahrt, und die Geschichte der menschlichen Evolution ist am Himmel ebenso verzeichnet wie auf unterirdischen Mauern. Die Menschheit und die Sterne sind unauflöslich miteinander verbunden – wegen der Intelligenzen, welche die letzteren beherrschen.
– The Secret Doctrine, II: 352
Diese „Schlangen der Weisheit“ sind die wenigen am höchsten entwickelten spirituellen und intellektuellen Menschen jeder aufeinanderfolgenden Runde und Rasse. Durch Initiation in den Mysterienschulen lernten sie, die inneren Lehren über den Menschen und das Universum zu belegen. Die göttlichen Lehrer der jungen Menschheit führten den menschlichen Geist zur Erfindung aller Künste und Wissenschaften, durch welche der kreative Impuls wieder zum Vorschein kommt und in wiederkehrenden Zivilisationen tätig ist. Diese Lehren umfassten unter anderem Gesetze und Gesetzgebung, Architektur, Metallurgie, Landwirtschaft, die medizinische Anwendung von Pflanzen, verschiedene Arten der Magie, Astronomie und so weiter. Echos all dieser Dinge wurden in der inneren Atmosphäre der Erde aufbewahrt und bilden die Quelle angeborener Ideen, die das Denken der Menschen durchziehen. Jedes Ego muss seinen Teil des Zyklus von aufbauendem Wissen durchlaufen, indem es sich dessen in seinem Inneren bewusst wird. Es wird gesagt:
Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was man getan hat, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
– Das Buch Kohelet, 1, 9
Jeder Mensch hat eine ewige Vergangenheit und eine grenzenlose Zukunft. Dass wir alle bei der majestätischen Prozession anwesend waren, die mit dem Lebenszyklus unserer Erde begann, bedeutet, dass wir das menschliche Stadium erreicht haben. Dies war der Moment, als „die Morgensterne zusammen sangen und alle Kinder Gottes vor Freude jauchzten“. Unter denen, die sich über die Geburt der jungen Menschheit freuten, waren unsere spirituellen Ahnen, die ihren eigenen menschlichen Zyklus vor sehr langer Zeit vollendet hatten. Sie sind sich eines karmischen Bandes mit uns bewusst, das nach ihrer Unterstützung ruft, damit wir ihnen auf dem vorbestimmten Pfad folgen.
Wie die Erde entlang ihrer zyklischen Bahn fortschreitet, so machen die Astronomen Fortschritte in ihrem Wissen. Die Technik hat sie dazu befähigt, in neue Gebiete des Universums vorzudringen. Sie entdeckten viele außergalaktische Systeme, die offensichtlich alle ihren eigenen Bahnen und ihrer eigenen Evolution folgen. Auch das deutet auf eine intelligente Leitung und ein gemeinsames Ziel hin. Schon der Gedanke an diese Tatsache erweitert das Denken, das hierin die Wirkung des Universalgesetzes zu erkennen vermag. Die harmonischen und geordneten Beziehungen zwischen den zahllosen Himmelskörpern zeigen den essentiellen Charakter von Zusammenarbeit und Ethik im Universum.
Die Bahnen der Himmelskörper bilden Spiralen von sehr komplizierter Art. Außerdem bringt die Sonne, indem sie ihre eigene Bahn beschreibt, die ganze Familie der sich drehenden Globen in neue Gebiete des Raums, wo sie nie zuvor waren und wohin sie auch nie wieder zurückkehren werden. Neue Bedingungen von Geist und Materie und ihrer Einflüsse nehmen ihren Anfang und vermischen sich mit denen der entschwindenden Vergangenheit.
Wir kommen auf den zuvor erwähnten Zyklus von 25 920 Jahren zurück, während dessen die Sonnenfamilie den Tierkreis durchläuft. Jedes Zeichen des Tierkreises hat einen anderen Einfluss auf die Erde und auf uns. H. P. Blavatsky sagte im Jahr 1887 darüber, dass – wenn wir in einigen Jahren in das Zeichen des Wassermanns eintreten – „die Psychologen zusätzliche Arbeit bekommen und die psychischen Eigenarten der Menschen am Anfang einer großen Veränderung stehen würden“ (Lucifer, I: 174). Ihre Worte haben sich durch die Zunahme von Geistes- und Nervenkrankheiten, die Sucht nach psychischen Phänomenen, die Anzahl sensitiver und mediumistisch veranlagter Menschen und so weiter bewahrheitet. Vor etwa hundert Jahren kamen diese Zustände viel seltener vor als heute.
Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Gedankenwelt von den gegensätzlichen Kräften eines wissenschaftlichen Materialismus und einer unlogischen Theologie beherrscht. Keine dieser beiden Kräfte war den Problemen der sich entfaltenden Natur des zusammengesetzten Menschen gewachsen, der in seiner Essenz mit dem Universum verbunden ist. Genauso wenig waren sie der psychologischen Phase der evolvierenden Menschheit gewachsen, die sich jetzt in den Störungen äußert, mit denen sich Ärzte, Politiker, Publizisten und auch der individuelle Mensch und Völker im Allgemeinen konfrontiert finden. Kurz gesagt, der selbstsüchtige, egozentrische Standpunkt der Menschen und Nationen liegt auf derselben Wellenlänge wie der mittelalterliche Glaube an eine flache Erde als dem Mittelpunkt einiger sie begleitender Globen. Die moderne Welt zeigt überdeutlich, wie sehr sie der praktischen Hilfe der Mystik der Alten bedarf. Unsere Staatsmänner könnten den Lauf der Geschichte ändern, wenn sie die Bedeutung sich wiederholender Ereignisse verstünden. Ein solches Wissen ist genauso wissenschaftlich wie die Voraussage eines kommenden Kometen oder Sterns. Wenn wir zum Beispiel auf die Zeichen des Jahres 1888 zurückblicken, lesen wir:
Es sind einfach Wissen und mathematisch korrekte Berechnungen, wodurch die WEISEN MÄNNER DES OSTENS zu der Vorhersage befähigt sind, dass zum Beispiel England am Vorabend dieser und jener Katastrophe steht; dass Frankreich sich einem solchen Punkt in seinem Zyklus nähert; und dass Europa im Allgemeinen von einer verheerenden Katastrophe bedroht ist oder vielmehr am Vorabend derselben steht, zu der es sein eigener Zyklus von Rassen-Karma geführt hat.
– The Secret Doctrine, I: 646
Die Meister der Weisheit lassen sich nicht auf Politik ein. Ihre Warnung betraf das, was in dieser durcheinander gebrachten Welt allmählich deutlich wird. Ihr rascher Fortschritt hat alle materiellen und spirituellen Interessen so miteinander verwoben und vermischt, dass die Welt ohne die brüderliche Sorge um das Wohlergehen der gesamten Menschheit nicht weitermachen kann. Die Meister, die den Zuständen in der Welt und den Einflüssen der Sterne so viel Beachtung schenken, kennen die Perioden des Tierkreises, in denen ihre Hilfe gebraucht wird. Darüber lesen wir:
Diesen Zyklus von 2 160 Jahren nennt man den Messianischen Zyklus – ein moderner Ausdruck, den man der Arbeit der Theosophischen Gesellschaft verdankt –, weil er die wiederkehrende Zeitperiode darstellt, zu deren Anfang oder Ende die Große Bruderschaft eine neue, ganz besondere spirituelle und intellektuelle Anstrengung macht und eine Anstrengung in der Öffentlichkeit unternimmt. Es darf ebenfalls offen ausgesprochen werden, dass H. P. Blavatsky ein Bote war und einen solchen Messianischen Zyklus einleitete, sowie dass der vorangegangene Messianische Zyklus etwa vor 2 160 Jahren endete – oder ein neuer begann –, ungefähr mit dem Leben und dem Werk des Avatāra, den das Abendland unter dem Namen Jesus der Christus kennt.
– G. DE PURUCKER, The Esoteric Tradition, S. 1058
Diese Verbindung der siderischen Zyklen mit dem Menschen war bei den Alten der esoterische oder heilige Teil der Astronomie. Für sie war die Astrologie genauso eine Wissenschaft wie die Astronomie; und das ist auch heute noch so. Die geheimen Aufzeichnungen gehen bis zu jenen des großen atlantischen Astronomen Asuramāyā zurück. Es wird erzählt, dass die atlantischen Aufzeichnungen nicht irren können, weil sie unter der Führung der göttlichen Lehrer (in Astronomie) der frühen Menschheit zusammengestellt wurden. Was bis heute davon übrig und sogar allgemein bekannt ist, bildet nur einen Bruchteil der umfangreichen und edlen Wissenschaft der alten Astrologie. Die Alten betrachteten alle Himmelskörper als Vehikel intelligenter Wesenheiten.
Das moderne Horoskop kann, wenn es auch in mancher Hinsicht richtig sein mag, eher zum Nachteil als zur Hilfe geraten. Der Mensch, der den Inhalt des Horoskops als unvermeidlich betrachtet, ist weniger dazu geneigt, seinen spirituellen Willen anzuwenden, um seinen Schwierigkeiten zu begegnen und diese unpersönlich zu verarbeiten. Unvorteilhafte Ereignisse nur als in Widerspruch zu unseren persönlichen Wünschen und Plänen zu betrachten, bedeutet den Verlust der Möglichkeit, karmische Erfahrung als ein Mittel zu Selbsterkenntnis und Charakterstärke zu erlangen. Wir können unsere vergangene Saat unglücklicher Ursachen nicht ändern. Aber wie wir der Ernte der Wirkungen begegnen und damit umgehen, liegt in unserer Macht. „Die Sterne machen geneigt, aber sie zwingen nicht.“
Die Alten wussten, wie das menschliche Leben durch die Berechnungen der kosmischen Natur-Uhr – die unfehlbar ist – reguliert werden kann.
Diese Uhr ist das Himmelsgewölbe; und die Sonne, der Mond, die sieben Planeten (wie die Alten sie berechneten) und die Sterne sind die „Hände“, welche die Zeitzyklen anzeigen.
– PURUCKER, Fundamentals of the Esoteric Philosophy, S. 206
Alle esoterischen Höhepunkte des Jahres, wie die vier heiligen Jahreszeiten – Winter- und Sommersonnenwende und die Frühlings- und Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche – beruhen auf der Wissenschaft, die das Schicksal der Menschen mit dem Lauf der Himmelskörper in Zusammenhang bringt. Der Mensch ist ein Kind der spirituellen Sonne, und sein Körper und sein ganzes Leben auf der Erde werden von der Sonnen-Vitalität unterstützt. Der Mensch ist ein werdender Gott. Die Götter waren einst in ihrem äonenlangen Zyklus des ‘Selbst-Werdens’ Menschen. Der Geist beseelt alle sich manifestierenden Formen der Materie – von der geringsten bis zur größten in der Einen Großen Runde.
Band 6: Der Tod: Was kommt danach?
Leonie L. Wriht
Die Wanderungen der Monade
Die Lehren der esoterischen Weisheit – die wir hier kurz umreißen werden – sind eine schöne Antwort darauf, was zu allen Zeiten ein intuitiver Traum von Dichtern und Denkern war. Wie oft hat sich der Geist des Menschen, der in die unermessliche Weite des mitternächtlichen Himmels emporblickt, nicht danach gesehnt, die Geheimnisse dieser strahlenden Welten, die sich in ihrer unerreichbaren Majestät über uns drehen, zu durchschauen! Und viele hatten die wahre Vision, dass es tatsächlich die Bestimmung des menschlichen Geistes ist, nach dem Tod andere Welten und Planeten zu besuchen, die uns in ihrer ruhigen Schönheit aus den Tiefen des Raums anblicken. Der Dichter und Astronom Camille Flammarion – einst ein Schüler der Theosophie – war einer von den modernen Denkern, der diese Überzeugung zum Ausdruck brachte, die eine so logische und gleichzeitig romantische Antwort auf die Herzensfragen der Menschheit ist.
Die Reisen des spirituellen Selbst des Menschen zu den Welten des äußeren und inneren Raumes werden in der Theosophie die Wanderungen der Monade genannt. Auf den vorigen Seiten haben wir sozusagen das Große Abenteuer vorbereitet, das auf den irdischen Tod folgt. Wir haben gesehen, wie sich die vier niederen Prinzipien oder Elemente des Menschen beim ersten und zweiten Tod auflösen und verschwinden, wie die höhere Natur der Persönlichkeit von Manas, dem selbstbewussten, reinkarnierenden Ego, absorbiert wird; und wie dann Manas für eine längere Periode glückseliger Ruhe in den Schoß der Monade, den ‘Vater im Himmel’, zurückgezogen wird.
Die Monade (Ātman mit ihrem spirituellen Vehikel oder Gewand – Buddhi) ist nun frei, um ihre Wanderungen oder Pilgerfahrten durch die inneren Welten fortzusetzen. Denn wir dürfen uns nicht vorstellen, dass die Monade, die ein göttliches Wesen mit einem kosmischen Bewusstsein und kosmischen Möglichkeiten ist, während der Perioden zwischen unseren irdischen Leben, in welchen sie das schlafende Ego in ihrem Schoße birgt, ruht. Die Monade bedarf dessen nicht, was wir Ruhe nennen. Sie ist immer aktiv und während der Perioden solarer Manifestation ständig in Tätigkeit – um jene Scharen weniger evolvierter Wesenheiten – mit denen sie ihr weites Feld karmischer Anziehungen in Kontakt bringt – im Sinne der Evolution zu emanieren und zu inspirieren. Und diese Hilfe und Inspiration verwirklicht sie, indem sie sich in von ihr selbst geschaffene Vehikel kleidet, die aus diesen niederen Wesenheiten bestehen – auf all diesen Ebenen, den inneren und äußeren, den ‘höheren’ und ‘niederen’, die sie auf ihren Wanderungen durchziehen muss. Zu diesen niederen Wesenheiten, die unmittelbar und indirekt als Vehikel für die Bedürfnisse und Aktivitäten der Monade dienen, gehören die sechs anderen, weniger entwickelten Prinzipien des Menschen und auch alle Formen in den niederen Reichen, die von der Monade beseelt werden, wie im vorigen Kapitel erklärt wurde.
Vielleicht werden die folgenden Lehren verständlicher, wenn wir hier kurz wiederholen, dass alles im Universum in seiner manifestierten Evolution oder Konstitution siebenfältig ist; das heißt, im Universum manifestiert sich das Leben in sieben verschiedenen Stufen von Bewusstsein und Substanz, für die die sieben Prinzipien unserer Konstitution ein Beispiel sind. Die sechs anderen Prinzipien oder Elemente, durch die sich sowohl die kosmische als auch die persönliche Monade manifestiert, sind unsichtbar. Ihre Substanz ist zu ätherisch, um von unseren physischen Sinnen, die nicht auf die feineren Vibrationen dieser ätherischen Substanz abgestimmt sind, wahrgenommen werden zu können. So ist auch unsere Erde Teil eines Systems von sieben Globen, von welchen die uns vertraute Erde den äußersten, physischsten und für unsere Sinne einzig wahrnehmbaren darstellt. Die sechs Schwestergloben unserer Erde existieren auf inneren und höheren Ebenen des Seins.
Wir müssen hier kurz innehalten und den Leser daran erinnern, diese Schwestergloben nicht als die sechs anderen Prinzipien der Erde zu betrachten, denn das sind sie nicht. Jeder dieser Globen ist selbst, so wie die Erde, eine vollständige siebenfache Wesenheit. Aber zusammen mit der Erde bilden sie eine Reihe von sieben evolutionären Bühnen oder Entwicklungsebenen, die wir alle irgendwann durchlaufen müssen, um unsere eigene siebenfache Evolution zu vollenden und so zu vollständigen Aspekten des Ganzen zu werden.1
Nach dem physischen und dem zweiten Tod beginnt die Reise der Monade oder des spirituellen Selbst zu diesen unsichtbaren Globen unserer Erdkette. Nach demselben Verfahren, das bereits beschrieben wurde, bringt die Monade auf jedem Globus ‘Körper’ oder Vehikel oder Formen hervor, die zu der Evolution auf diesen höheren Bewusstseinsebenen passen. Diese Wanderungen durch die unsichtbaren Globen unserer Planetenkette sind eine Phase der ‘Inneren Runden’. Wenn schließlich der Zyklus der monadischen Wanderungen auf diesen höheren Globen unserer Planetenkette vollendet ist, beginnt die Monade ihren Zyklus von Reisen in den ‘Äußeren Runden’ – das heißt, sie schreitet die Runde entlang jener Planeten fort, welche die Alten die ‘sieben heiligen Planeten’ unseres Sonnensystems nannten.
Aber was und welche sind diese heiligen Planeten, und warum nennt man sie heilig? Da die Wurzeln der Monade ihren Ursprung offensichtlich in einem organisierten Universum haben, das in all seinen Teilen durch unveränderliche Gesetze geleitet wird, irrt sie auf ihren Streifzügen durch die Sphären nicht ziellos umher. Sie folgt vielmehr jenen Pfaden, die in der esoterischen Philosophie die ‘Kreisläufe des Kosmos’ genannt werden. Die Wanderungen der Monade werden auch durch ihre eigenen angeborenen karmischen Affinitäten oder Anziehungskräfte sehr genau bestimmt und beschränken dadurch die kosmischen Reisen der Monade auf die sieben heiligen Planeten.
Diese Planeten sind Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Merkur, die Sonne und der Mond. Die beiden letzteren werden hier als Symbole verstanden, als Stellvertreter für zwei Planeten, über die in der exoterischen Literatur der Alten Weisheit sehr wenig Information zu finden ist.
Warum nun werden diese besonderen Planeten heilig genannt und worin liegt ihre karmische Beziehung zum Menschen? Auf diese Fragen finden wir in Fundamentals of the Esoteric Philosophy von Dr. de Purucker (S. 472) eine Antwort:
… Diese sieben Planeten sind für uns als Bewohner dieses Globus heilig, weil sie die Übermittler der sieben Grundkräfte des Kosmos von der Sonne zu uns sind. Unsere sieben Prinzipien und unsere sieben Elemente entspringen ursprünglich diesem siebenfachen Lebensstrom.
Diese sieben heiligen Planeten oder besser gesagt ihre ‘Leiter’ – die innewohnenden spirituellen Wesen, von denen diese Planeten die physischen Vehikel sind – beaufsichtigen jeder den Bau oder die Bildung eines der sieben Globen der irdischen Planetenkette und das ‘Swabhāva’ (oder die angeborenen karmischen Eigenschaften) dieses Globus. Weitere Information über diesen und andere Aspekte dieser Lehre kann der Leser in The Esoteric Tradition von G. de Purucker, Kapitel XXIX, ‘Circulations of the Cosmos’ finden.
In der The Secret Doctrine verweist H. P. Blavatsky auf diese Lehren, von denen hier ein Abschnitt zitiert wird (I: 577):
Der planetarische Ursprung der Monade oder Seele und ihrer Fähigkeiten wurde von den Gnostikern gelehrt. Auf ihrem Weg zur Erde, sowie auf ihrem Weg von der Erde zurück [zu ihrer ursprünglichen, göttlichen Heimat], musste eine jede in und aus dem ‘grenzenlosen Licht’ geborene Seele die sieben planetarischen Regionen in beiden Richtungen durchwandern.
Wenn die Monade ihre Inkarnationen auf den unsichtbaren Globen unserer irdischen Planetenkette vollendet hat, setzt sie ihre nachtodlichen Wanderungen auf diesen sieben heiligen Planeten und ihren jeweiligen Planetenketten fort. Folgende Beschreibung aus The Esoteric Tradition wirft Licht auf vieles, was bis jetzt nur umrissen wurde:
… Überdies wandert die Monade, nachdem ihre Aktivität mit der nachtodlichen Existenz des Menschen begonnen hat, von Sphäre zu Sphäre und durchläuft auf ihren endlosen Wanderungen während des Manvantaras die Runden aufs Neue. Sie durchläuft die Sphären nicht nur, weil sie in ihnen allen beheimatet ist und darum durch die eigenen magnetischen Anziehungskräfte und Impulse zu ihnen hingezogen wird, sondern auch, weil sie selbst es will; denn der freie Wille ist etwas Göttliches und ist eine angeborene, von ihr nicht zu trennende Eigenschaft.
– S. 857
Wir lenken die Aufmerksamkeit auf die Worte „durchläuft ihre Runden aufs Neue“, die sich natürlich auf die Tatsache beziehen, dass die Monade diese inneren und äußeren Runden nach jeder Inkarnation des Menschen auf der Erde durchläuft. Wir wollen auf den freien Willen als Eigenschaft der Monade hinweisen, die als göttliches Wesen freiwillig die enorme Aufgabe auf sich nimmt, sich in allen Klassen der niederen Lebensformen ihres eigenen Kosmos zu verkörpern, um sie emporzuheben und ihre eigene Evolution zum Göttlichen hin zu inspirieren.
Wir fahren fort:
Während der Pilgerfahrt der Monade durch die ‘Sieben Heiligen Planeten’ der Alten folgt besagte Monade zwangsläufig jenen Pfaden oder Kanälen oder Bahnen des geringsten Widerstandes, welche die Esoterische Philosophie als die ‘Kreisläufe des Kosmos’ oder ähnlich bezeichnete. Diese Kreisläufe des Kosmos sind sehr reale, wirkliche Verbindungswege zwischen Punkten, Orten oder Himmelskörpern, wie sie alle in den Gitterstrukturen des sichtbaren und unsichtbaren Universums existieren. Diese Kreisläufe sind nicht eine bloß poetische Metapher oder eine bildliche Darstellung; sie sind in der inneren, ökonomischen Wirksamkeit der sichtbaren und unsichtbaren Welten des Universums ebenso real wie die Nerven und Blutgefäße, die Arterien und Venen im menschlichen physischen Körper. Geradeso wie die Arterien und Venen die Kanäle, Wege oder Pfade darstellen sowohl für die Übertragung intellektueller, psychischer und nervlicher Impulse und Anweisungen als auch für die lebensnotwendige Blutflüssigkeit, stellen die Kreisläufe des Kosmos analog dazu die Kanäle, Wege oder Pfade dar, denen die auf- und absteigenden Lebensströme folgen. Diese setzen sich aus dem nie endenden Strom wandernder, pilgernder Wesenheiten aller Klassen zusammen und verlaufen rückwärts und vorwärts, hierhin und dorthin, ‘auf und nieder’ durch das gesamte Universale Gebäude.
– S. 859
Nachdem die Monade die siebenfältige Erdkette verlassen und den nächsten Planeten in der Reihe erreicht hat, erzeugt oder bildet sie während ihrer Wanderung in und durch diese Planetenkette einen Strahl oder eine Strahlung aus sich selbst heraus, einen psycho-mentalen Apparat oder eine ‘Seele’ von vorübergehender Existenz, die sich dort als Folge davon zeitweilig in einem entsprechenden geeigneten Körper oder Vehikel inkarniert, einem Körper spiritueller, etherischer, astraler oder physischer Art.
– S. 867
So sammelt die Monade, unser spirituelles Selbst, unser essentielles Selbst … auf jedem der sieben heiligen Planeten eine neue Ernte an Seelenerfahrungen, die nur auf jedem einzelnen dieser Planeten gewonnen werden kann. Eine jede solche ‘Ernte’ besteht aus den von der spirituellen Monade während der Verkörperung erworbenen angesammelten Erfahrungen, die in der essentiellen Charakteristik von Substanz und Energie zu den betreffenden Planeten gehören.
– S. 870-871
Ist dies nicht ein erhabenes Bild? Es führt uns von dem versandeten Hafen immer noch vorhandener mittelalterlicher Theologie oder dem modernen Materialismus weg, hin zu dem Meer des spirituellen Abenteuers! Es schildert in treffender Weise die Bedeutung eines in der Theosophie oft benutzten Ausdrucks: ‘Erweiterung des Bewusstseins’. Nein, wir sind keine Würmer im Staub und auch keine entwickelten Affen. Wir befinden uns weder auf dem Weg in einen unveränderlichen Himmel oder eine Hölle, noch führt unser Pfad in gnadenlose Vernichtung. Vor uns liegen grenzenlose Gebiete kosmischer Aktivität und Abenteuer, die unser Vorstellungsvermögen weit übersteigen.
Es ist wahr, dass die reinere Seite unseres heutigen Bewusstseins ihre glücklichen Träume in Devachan träumen wird, während der innere Gott – das spirituelle Selbst oder die Monade, die uns ‘in ihrem Schoße trägt’ – seine Reise entlang der Pfade des Sonnensystems vollendet. Die Adepten und Weisen der archaischen Weisheit zeichneten dieses Bild unserer großartigen Berufung für uns, als das Ziel inspirierten Bemühens. Sie zogen die verdunkelnden Schleier unserer Unwissenheit beiseite, um das unergründliche Panorama des Lebens zu enthüllen, das die inneren Reiche des Raums erfüllt. Sie versichern uns, dass wir unseren Platz haben, unsere fruchtbare und niemals endende Teilhabe an dem unermesslich abwechslungsreichen und faszinierenden Drama des Universums.
Wir erkennen nun etwas vom Sinn des Evolutionsprozesses, der im letzten Kapitel besprochen wurde. In diesem Prozess wird das reinkarnierende Ego am Ende seines großen Evolutionszyklus selbst zu einer Monade. Dann hat es aus dem Kern seines eigenen Wesens das Monadenhafte evolviert, das jetzt dort noch latent anwesend ist oder seine Entfaltung erst beginnt. In einem künftigen Manvantara wird es selbst als Monade zwischen seinen Perioden der Verkörperung den Kreisläufen des Kosmos folgen. Und was jetzt unsere animalische Natur ist, wird in der Evolution zur Ebene des Menschlichen erhoben sein.
Fußnoten
1. Eine weiterführende Erläuterung dieser sieben Globen unserer Planetenkette findet sich in The Secret Doctrine, Band I, S. 170 und folgende. Für ein Studium der sieben Prinzipien der Erde wird Fundamentals of the Esoteric Philosophy von G. de Purucker empfohlen. [back]
Band 5: Evolution
H. T. Edge
Die Entstehungsgeschichte des Menschen
In den vorigen Kapiteln haben wir über die Evolution als einen Prozess gesprochen, durch den der spirituelle Kern des Menschen oder jedes anderen Wesens sich in zunehmendem Maß manifestiert. Dazu benützt er ein äußeres Vehikel oder einen Körper, der dafür am geeignetsten ist. Daher ist Evolution nicht eine allmähliche Formveränderung durch die Vererbung von erworbenen Eigenschaften, sondern das Immer-mehr-zum-Ausdruck-Bringen von inhärenten Kräften und Fähigkeiten, was mit dem Gebrauch neuer, dafür geeigneter Körper verbunden ist. Wenn ein spiritueller Lebenskern oder eine Monade alle möglichen Erfahrungen gesammelt hat, die zu bestimmten Umständen und Körpern passen, und dadurch ihre inneren Kräfte entfaltet hat, so weit das unter diesen Bedingungen möglich ist, ist für die Monade die Zeit für neue Erfahrungen in Körpern anderer Art angebrochen. Diese Körper ermöglichen eine Weiterentwicklung.
Ein interessantes, engstens mit diesem Prozess der Verkörperung zusammenhängendes Phänomen ist das der Rekapitulation oder das biogenetische Gesetz. Die Entstehungsgeschichte des Menschen in einer neuen Inkarnation ist ein sehr allmählicher Prozess. Auf das Wachstum von der Empfängnis bis zur Geburt, das neun Monate erfordert, folgt das Heranwachsen des neugeborenen Babys zum Erwachsenen, der über alle intellektuellen und geistigen Fähigkeiten verfügt. Dieser Wachstumsprozess vom allerersten Beginn an bis zur vollständigen Entfaltung des Menschen ist in verkürzter Form eine Wiederholung der sehr langen Entwicklungsgeschichte der Menschheit; und das bezeichnet man als Rekapitulation. Je früher im Wachstum eines Embryos ein bestimmtes Kennzeichen auftritt, um so weiter müssen wir zurückgehen, um diese Eigenschaft in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit aufzuspüren. Später auftretende Eigenschaften und Kennzeichen wurden auch erst in einem späteren Stadium der Evolution entwickelt.
Das macht deutlich, dass aus dieser Tatsache bestimmte Schlussfolgerungen bezüglich der Abstammung des Menschen zu ziehen sind. Wir werden jetzt nicht näher darauf eingehen. Als ein erklärendes Beispiel mag hier ein Zitat aus Man in Evolution (S. 88) von G. de Purucker dienen:
… Eine Untersuchung des im Mutterschoße heranwachsenden Kindes zeigt, dass von der allerersten Periode an, da sein Fuß im embryonalen Wachstum gerade angedeutet wird, dieser genau die gleiche, einzigartige Gestalt erkennen lässt, die der Fuß des erwachsenen Menschen aufweist; und beachten Sie bitte ferner, dass sich diese Tatsache schon früh in der embryonalen Entwicklung zeigt. Daher muss er schon früh in der menschlichen Stammesentwicklung aufgetreten sein.
Ferner ist der Fuß des menschlichen Embryos niemals, zu keiner Zeit seines Wachstums, der Fuß eines Menschenaffen oder eines gewöhnlichen Affen; er ist ein typischer Menschenfuß von der Zeit seines ersten Erscheinens an – eine äußerst bedeutsame Tatsache, die zeigt, dass der menschliche Fuß ein spezifisch menschliches Merkmal darstellt und schon früh, vielleicht sogar sehr früh, in der menschlichen Stammesentwicklung erworben worden sein muss.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf das Kapitel Die Evolution des Menschen. Darin wird die theosophische Auffassung erläutert, dass der Mensch nicht vom Affen abstammt, sondern dass der Ursprung des Affen im menschlichen Stamm liegt; daher ist der Mensch viel älter. In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch ein Zitat aus Man in Evolution (S. 97) interessant. Dort ist von einem Gorilla-Embryo die Rede, der – obschon er deutliche Züge eines Affen trägt – trotzdem menschlicher aussieht als seine Eltern. So ähnelt der Fuß zum Beispiel viel eher dem Fuß eines Menschen.
Es ist wohlbekannt, dass das kleine Affenkind im Allgemeinen und im Detail menschenähnlicher ist, als der erwachsene Menschenaffe. Mit fortschreitendem Wachstum weicht die Stirn zurück, das Maul wird noch tierischer, der Fuß wird immer mehr zur typischen Fuß-Hand des anthropoiden Stammes; und auch in vielerlei anderer Hinsicht, wie zum Beispiel bei dem vorspringenden Kieferknochen, bildet sich die typische Menschenaffenform heraus. …
Die Theosophie sagt, dass es sich beim menschenähnlichen Aussehen des Menschenaffen-Embryos um eine Umkehr zu einem früheren Typus einer längst vergangenen geologischen Epoche handelt, in Richtung auf die menschlichen Halbeltern der Vorfahren des gegenwärtigen Menschenaffen-Stammes. Und da der besondere anthropoide Erbstrom, der dem Keimplasma der Zelle innewohnt, aus welcher der Menschenaffe hervorgeht und sich zum erwachsenen Tier entwickelt – da dieser Erbstrom oder diese Erbanlage der Keimzelle sich Ausdruck zu verschaffen sucht –, so folgt er dabei notwendigerweise der einzigen für ihn offenen Richtung – seiner eigenen Richtung. Er erklimmt seinen eigenen vorväterlichen Stammbaum.
Es dauert viele Jahre, bis das Kind nach der Geburt seine Denkfähigkeiten entwickelt und sie vollständig benutzen kann. Daraus können wir schließen, dass dieser Prozess des Erwachens sich auch in der Menschheitsentwicklung in einem späteren Stadium vollzog. Die Menschheit hat deshalb lange Perioden durchgemacht, die man mit dem Zustand eines Kindes vergleichen kann – ein Zustand, in dem der Mensch zwar über einen hochentwickelten Instinkt und ein gewisses Bewusstsein verfügt, aber noch nicht die Fähigkeit eines Erwachsenen zu bewusstem Denken besitzt. Wie bereits früher erwähnt, wird dieses Erwachen des Selbstbewusstseins durch das Herabsteigen der Mānasaputras dargestellt, was auf eine andere Weise mit dem Inkarnieren unseres eigenen intellektuellen Selbstes in uns umschrieben werden kann.
In dem vorhergehenden Zitat kommt der Ausdruck ‘Umkehr’ oder ‘Atavismus’ vor, was im Allgemeinen bedeutet, dass in einer bestimmten Generation Kennzeichen zutage treten, die eine weit zurückliegende Generation aufwies, die in dazwischenliegenden Generationen jedoch nicht auftraten. Die Ursache liegt in der Tatsache, dass der Mensch alle niedrigeren Formen von Organismen in seiner Evolution durchschritt – tierische, pflanzliche und andere. Deshalb bewahrt er in sich Rudimente all dieser verschiedenen Arten in sich. Eine rein mechanische Erklärung diesbezüglich ist vollkommen unbefriedigend, denn dieses sehr umfangreiche Potential müsste in einem mikroskopisch kleinen, materiellen Teilchen enthalten sein. Dieses Teilchen ist jedoch nur auf der materiellen Ebene mikroskopisch erkennbar. Auf anderen Ebenen der Materie – nicht weniger real, auch wenn für die materiellen Sinne nicht wahrnehmbar – ist es kein mikroskopisch kleines Pünktchen. Wir müssen den Gedanken akzeptieren, dass es andere Zustände von Materie gibt, die feinere Strukturen als die physische Materie aufweisen. Die feinstoffliche Materie kann als Vorratskammer dieser latenten Eindrücke dienen und sie zu bestimmten Zeiten zum Vorschein bringen.
Man könnte Atavismus als eine Art von Gedächtnis umschreiben; irgendwo in seinem Organismus führt der Mensch alle Erfahrungen aus der Vergangenheit in Form von gespeicherten Erinnerungen mit sich, die unter geeigneten Bedingungen reproduziert werden können. Ist das merkwürdiger als die Tatsache, dass die Stimme eines Menschen auf einer Schallplatte oder einem Tonband für unbestimmte Zeit gespeichert und Zuhörern gewissenhaft reproduziert werden kann, die heute vielleicht noch nicht einmal geboren sind? Wir wiederholen zum Schluss dieses Kapitels, dass jede Monade – sei es in der Pflanze, im Tier oder sogar im Atom eines Minerals – ihren Ursprung in der menschlichen Art hat und dazu neigt, dorthin zurückzukehren.
„Jede Form auf der Erde und jedes Stäubchen (Atom) im Raum strebt in seinen Bemühungen nach Selbst-Bildung danach, dem Vorbild zu folgen, das ihm im ‘HIMMLISCHEN MENSCHEN’ vorliegt. … Seine (des Atoms) Involution und Evolution, sein äußeres und inneres Wachstum und seine Entwicklung haben alle ein und dasselbe Ziel – den Menschen. …“
– H. P. BLAVATSKY: The Secret Doctrine, I, S. 183
Band 4: Die siebenfältige Konstitution des Menschen
Leonie L. Wriht
Band 3: Karma
Gertrude W. van Pelt
Das Karma der Nationen und Rassen
Wir haben festgestellt, daß das Leben eine Einheit ist, daß es einen gemeinsamen Ursprung hat, mit anderen Worten, daß das Universum ein großer Organismus ist, worin sich unzählbare kleinere Organismen in einem unendlich aufteilbaren Reich befinden. Sie alle haben ihre Wurzeln in der unbekannten Quelle und steigen daraus empor wie Kinder aus ihren Eltern. So existieren Herrscher über den Kosmos, über das Sonnensystem, über Planeten; es gibt Götter, Halb-Götter, große Seher und Weise. Absteigend erkennen wir, daß Menschen in Ländern, Städten, Familien und so weiter vereinigt sind. Daraus ergibt sich, daß Karma sowohl kollektiv als auch individuell wirken muß. Große Zyklen werden ihren Einfluß auf die Rassen in ihrer Gesamtheit haben, kleinere Zyklen werden die unterschiedlichen Unterteilungen beeinflussen. Manche sehen dies als Fatalismus, als ein unvermeidbares Schicksal, aber davon ist ebensowenig die Rede wie bei den individuellen Zyklen. Diese Gruppierungen sind nicht willkürlicher als jene, die der Chemiker unter den Elementen findet. Alle sind dort, wohin sie gehören. Und alle haben sie ihre eigenen Anziehungskräfte gebildet.
Die Wahl der Umgebung fängt beim Individuum an. Die reinkarnierenden Egos bringen bei ihrer Rückkehr zur Erde ihren eigenen Charakter mit, ein Axiom, das selbstverständlich zu sein scheint. Da die Egos bestimmte Neigungen haben, werden sie notwendigerweise zu den Eltern hingezogen, die in der Lage sind, ihnen einen Körper zu geben, der am besten mit ihren Charakterzügen übereinstimmt. Diese Lehre wirft ein neues Licht auf die Frage der Vererbung und stimmt mit der essentiellen Gerechtigkeit vollkommen überein. Von diesem Standpunkt aus gesehen können Kinder die Verantwortung für ihre eigenen schlechten Neigungen nicht ihren Eltern anlasten, oder für ihre Geburt und Umgebung dem Schicksal oder dem Zufall die Schuld anlasten.
So wie ein Mensch seine Familie wählt, so wählt die Familie ihre Nation und ihre Rasse, d. h. sie wird dort geboren, wo sie gemäß ihrer inneren Natur zu Hause ist. Persönliche Menschen sind am nationalen Karma beteiligt, weil sie geholfen haben, es zu gestalten. Ein engstirniger und intensiver Nationalismus kann jemanden in einer bestimmten Weise an eine Nation binden. Auf eine ganz andere Weise kann dies ebenso der Fall sein, nämlich durch ein starkes Pflichtgefühl dieser Nation gegenüber oder den Wunsch ihr zu helfen.
Die alten Azteken und andere alte Völker Amerikas starben aus, weil ihr eigenes Karma – das Resultat ihres eigenen nationalen Verhaltens in der fernen Vergangenheit – auf sie zurückfiel und sie vernichtete. Bei den Nationen zeigt sich diese vernichtende Wirkung Karmas in Hungersnöten, Kriegen, Naturkatastrophen und in der Sterilität der Frauen. Letztere Wirkung tritt gegen Ende ein und fegt alle Überreste der Nation hinweg. Die einzelnen Menschen in solchen Rassen oder Nationen mögen durch diese erhabene Lehre gewarnt sein, auf daß sie sich nicht durch achtlose Gedanken und Taten in das allgemeine Nationalkarma verstricken, weil sie sonst von dem nationalen oder Rassenkarma dem allgemeinen Schicksal zugeführt werden. Deshalb haben die alten Lehrer gefordert: „Darum gehet aus von ihnen und sondert euch ab.“
Zusammen mit der Reinkarnation macht diese Lehre von Karma das Elend und die Leiden der Welt verständlich. Die Natur kann dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
Das Elend einer Nation oder Rasse ist das direkte Resultat der Gedanken und Handlungen der Egos, die diese Nation oder Rasse bilden. In der fernen Vergangenheit handelten sie übel. Nun müssen sie leiden. Sie verletzten die Gesetze der Harmonie. Das unverbrüchliche Gesetz verlangt die Wiederherstellung der Harmonie, wenn diese gestört wurde. Daher bedeuten die Leiden dieser Egos eine Wiedergutmachung und Wiederherstellung des Gleichgewichts des okkulten Kosmos. Die ganze Menge der Egos muß in der Rasse oder Nation so lange reinkarnieren, bis sich die erzeugten Ursachen ganz ausgewirkt haben. Die Nation mag als physisches Gebilde zwar eine Zeitlang verschwinden, die zu ihr gehörenden Egos verlassen jedoch die Erde nicht; sie kommen vielmehr als die Erbauer einer neuen Nation zurück, in der sie mit ihrem Werk fortfahren müssen und je nach ihrem Karma Bestrafung oder Belohnung erfahren. Für dieses Gesetz sind die alten Ägypter ein Beispiel. Sie erreichten gewiß eine sehr hohe Entwicklungsstufe, aber ebenso gewiß wurden sie als eine Nation ausgelöscht. Aber die Seelen – die alten Egos – wirken weiter und erleben jetzt ihr selbstgeschaffenes Schicksal als eine andere Nation in unserer Zeit. …
Dieser Vorgang ist vollkommen gerecht. Nehmen wir zum Beispiel die Vereinigten Staaten und die Indianer. Letztere wurden von dieser Nation ganz schamlos behandelt. Nun werden die Indianer-Egos in einem neuen Eroberervolk geboren und als Mitglieder dieser großen Familie werden sie selbst die Werkzeuge sein, die die entsprechenden Resultate für die Handlungen zeitigen, die ihnen angetan wurden, als sie noch in den Indianer-Körpern lebten. So geschah es zuvor, und ebenso wird es wieder geschehen.
– W. Q. JUDGE, Das Meer der Theosophie, S. 122-3
Aus der Geschichte geht jedoch hervor, daß bei nationalen Katastrophen oftmals nicht alle Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir fragen uns, warum der Zyklon in seinem anscheinend irrsinnigen Dahinfegen seine Opfer so sonderbar auswählt; warum bestimmte Gebiete von einem Erdbeben betroffen werden und andere nicht; warum einige Menschen zufällig (?) irgendwo anders waren, als die Flutwelle die Stadt vernichtete. Diese bemerkenswerte Tatsache zeigt sich sogar im Falle von Katastrophen, die eine ganze Rasse treffen. Dies wird in der Geheimlehre anschaulich in der Darstellung des Versinkens des bedeutenden Kontinents Atlantis erklärt. Vor dem Ende der glänzenden und intellektuellen Atlantischen Zivilisation entfalteten sich viele spirituelle und höhere psychische Kräfte der Rasse. Viele Atlantier gebrauchten diese Kräfte auf selbstsüchtige Weise und wurden Zauberer und Schwarzmagier. Auf der anderen Seite gab es viele Völker und Stämme, die dem Pfad der rechten Hand folgten, wie dies esoterisch genannt wird, und weiße Magier wurden, die ihre Kräfte unpersönlich nutzten. Letztere wurden von den Großen, die ewig über die Menschenrassen wachen, vor der kommenden allgemeinen Katastrophe gewarnt. In der Geheimlehre, Teil II, Seite 445 – 446, wird eine treffende Beschreibung dieser Periode in der alten Geschichte gegeben. Auf diesen Seiten spielt H. P. B. darauf an, daß die Geschichte des Exodus im Alten Testament auf den Legenden dieses fernen Ereignisses beruht. Sie berichtet, wie der ‘große König mit dem glänzenden Gesicht’ seine Luftschiffe zu den Häuptlingen des ganzen Landes sandte, und wie die großen Adepten und ihre Anhänger in Vimanas oder Luftschiffen, welche die unseren weit übertreffen, in sichere Gegenden dieser Erde entkamen und die Gründer der fünften Wurzelrasse wurden. Die Beschreibung schließt folgendermaßen:
… die davongeführten Völker waren so zahlreich wie die Sterne der Milchstraße … Wie eine Drachenschlange langsam ihren Körper aufrollt, so trennten sie die Söhne der Menschen, angeführt von den Söhnen der Weisheit, ihre Gewirre und breiteten sich aus, ausgegossen wie ein rinnender Strom süßen Wassers … viele der Schwachherzigen unter ihnen gingen auf ihrem Wege zugrunde. Aber die meisten wurden gerettet.
– Die Geheimlehre, II, S. 446
Man kann hier das wohltätige Wirken der Natur erkennen. Wenn es auch die Bestimmung der bösartigen Atlantier war, in der fünften Rasse zu reinkarnieren, so wurden sie doch in neuen, unberührten Ländern geboren, wo die Nachfolger des Gesetzes die Herrschaft bereits übernommen hatten und wo die Möglichkeiten, sich zu bessern, größer waren. Wie dem auch sei, sie sind ein Teil von uns selbst, und man sagt, daß wir noch immer unter dem Atlantischen Karma leiden. Da wir wissen, daß enge Bande die menschliche Familie zusammenhalten, müssen wir daraus schließen, daß die Verantwortung für die störenden Elemente nicht enden wird, bevor alle abgegolten sind. Sollte man das nicht erkennen, dann wird das Leiden, welches sie den weiter Fortgeschrittenen unter uns zufügen, eine Erinnerung an unser unglückliches Atlantisches Erbe bleiben und uns zum Handeln zwingen.
Karma ist, wie gesagt, universal. Es vollzieht sich von Welt zu Welt. Planeten werden aus ihrem Elter-Planeten geboren, und das gilt auch für Sonnensysteme und Universen. Alles ist die Folge einer vorausgehenden Ursache. Nichts geschieht zufällig. Die Völker unserer Erde gestalten in der Tat ihre eigene Geschichte, sie erwecken Kräfte, die sich an einem bestimmten Punkt vereinigen werden, so daß die großen Seher die Zukunft voraussehen können, auf welche die Vergangenheit und die Gegenwart so deutlich hinweisen. Sie wissen, weshalb und wann eine Rasse ihren Lebensweg gehen muß, wann Katastrophen stattfinden werden, wann Zivilisationen ihre Höhe- und Tiefpunkte erreichen und deshalb wissen sie genau, wie und wann sie ihre Energie einsetzen müssen, um das schwere Karma der Welt etwas zu erleichtern, sofern es möglich ist.
Warum erfaßt diese (karmische) Unfruchtbarkeit gewisse Rassen zu ihrer „bestimmten Stunde“ und rottet sie aus? Die Antwort, daß dies eine Folge des „mentalen Mißverhältnisses“ zwischen der kolonisierenden und der eingeborenen Rasse ist, ist offenbar eine Ausflucht, da sie nicht die plötzlichen „Unterbrechungen der Unfruchtbarkeit“ erklärt, welche so häufig unvermutet eintreten. … Die Ethnologie wird früher oder später mit den Okkultisten übereinstimmen, daß die wahre Lösung in einem Verständnis Karmas gesucht werden muß. Wie Lefévre bemerkt: „Die Zeit naht heran, wo nur mehr drei große Menschentypen übrig bleiben werden.“ Wir stehen vor dem Aufdämmern der Sechsten Wurzelrasse; die drei Typen sind der weiße (arische fünfte Wurzelrasse), der gelbe sowie der afrikanische Negertypus – mit ihren Kreuzungen (atlanto-europäische Abteilungen). … Jene, welche begreifen, daß eine jede Wurzelrasse durch eine Stufenleiter von sieben Unterrassen mit je sieben Zweigen und so weiter hindurchläuft, werden das „Warum“ verstehen. Die Flutwelle der inkarnierten Egos ist über sie hinausgerollt, um in entwickelteren und weniger greisenhaften Stämmen Erfahrungen zu ernten; und ihr Verlöschen ist daher eine karmische Notwendigkeit.
– H. P. BLAVATSKY, Die Geheimlehre, II, S. 824-5
Doch ist in der Vorhersage zum mindesten solcher zukünftiger Ereignisse, welche alle auf Grund der zyklischen Wiederkehr vorausgesagt werden, kein physisches Phänomen enthalten. Sie ist weder Vorahnung, noch Prophezeihung; nicht mehr als die Ankündigung eines Kometen oder Sternes viele Jahre vor seinem Erscheinen. Einfach Kenntnis und mathematisch richtige Berechnungen befähigen die weisen Männer des Ostens vorauszusagen, daß zum Beispiel England am Vorabend dieser oder jener Katastrophe steht; daß Frankreich sich einem solchen Punkte in seinem Zyklus nähert; und daß Europa im allgemeinen von einer verheerenden Umwälzung bedroht ist, oder vielmehr am Vorabende derselben steht, zu welcher sein eigener Zyklus von Rassenkarma es geführt hat. Unsere Anschauung von der Verläßlichkeit der Mitteilung hängt natürlich von unserer Annahme oder Verwerfung der Behauptung einer ungeheuren Periode historischer Beobachtung ab. Östliche Initiierte behaupten, daß sie Aufzeichnungen über die Entwicklung der Rassen und über Ereignisse von universaler Bedeutung beständig seit dem Beginne der vierten Runde aufbewahrt haben – während ihre Kenntnis von den diese Epoche vorausgehenden Ereignissen auf Überlieferung beruht.
– ebenda, I, S. 708
Band 2: Reinkarnation
Leonie L. Wriht
Reinkarnation und Schicksal
Die Haltung, die wir gegenwärtig gegenüber jedem neuen Gedanken, mit dem wir konfrontiert werden, einnehmen, können wir vielleicht mit der oft gehörten Frage umschreiben: „Was habe ich damit zu tun?“ Und es ist nicht mehr als natürlich, daß jeder Fragesteller wissen möchte, zu welchem Ziel uns diese Entwicklung des Charakters viele Leben hindurch führt.
Eine der ersten Veränderungen, welche unsere Lebensauffassung durch das Studium der Theosophie annimmt, besteht darin, daß es weder in der Evolution noch für uns selbst keinen absoluten Anfang und kein endgültiges Ende gibt. Es kann nur von einem relativen Anfang und einem vorläufigen Ende die Rede sein. Alles entwickelt sich stufenweise, und nur die Formen, durch welche diese Stufen zum Ausdruck kommen, gehen vorbei. Die Evolution selbst verläuft, wie schon öfters festgestellt wurde, periodisch. Einer Zeit der Aktivität folgt eine Zeit der Ruhe, dann erfolgt eine neue Periode der Aktivität mit ihrer nachfolgenden Ruhepause, und das geht beständig so weiter – immer weiter aufwärts.
Am Beginn unserer Evolution als Menschen auf diesem Planeten kamen zuerst die tierische Seele und unser stofflicher Körper, gebildet von den niederen, instinktmäßigen Kräften der Natur, die den karmischen Linien unseres planetarischen Organismus folgten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt in diesem Prozeß der frühen Entwicklung, als das tierische Vehikel schließlich fertig war, wurde das darin wohnende latente Feuer des Geistes von jenen höheren Wesen erweckt, die in einer früheren großen Entwicklungsperiode Menschen gewesen waren.
So wie mit einer Kerzenflamme viele andere Kerzen angezündet werden können, ohne daß der ersten Flamme etwas verloren geht, so wird das Denkvermögen des Menschen auf mystische Weise durch unsere weiter fortgeschrittenen, göttlichen Brüder entfacht. Symbolisch gesehen kann das vorbereitete tierisch-stoffliche Vehikel des Menschen als eine Kerze und die gesamte Schar der höheren Wesen als eine große spirituelle Flamme betrachtet werden. Diese Schar göttlicher Wesen, die einst Menschen waren, stieg zur Erde herab und brachte den wartenden Vehikeln auf mystische Weise die Flamme des Göttlichen Geistes. So wurden die schlummernden Fähigkeiten des animalischen Menschen zum ersten schwachen intellektuellen Funken entzündet. Dadurch wurde die Rasse wirklich menschlich, zu einer Rasse denkender und selbstbewußter Menschen. Erst dann wurde es ihnen möglich, sich selbstbewußt mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen. In jedem einzelnen erwachte das besondere Gefühl der Selbsterkenntnis, das sagt: „Ich bin ich und niemand anderer.“ Von dieser Zeit an wurde der Mensch für sich selbst moralisch verantwortlich, und die Leitung seiner Evolution ging in seine eigenen Hände über. Künftig hing das, was aus seinem Körper wurde und in welche Richtung seine Evolution fortschritt, von seiner eigenen Anstrengung ab. Aber diese eben erwachten Menschen, die eigentlich erst jetzt ihre Evolution als wirkliche menschliche Wesen begannen, wurden nicht ihrem eigenen Schicksal überlassen. Zeitalterlang wurden sie von denselben Großen Wesen geleitet und beschützt, die den Anstoß für ihre Menschwerdung gaben, wie es H. P. Blavatsky ausführlich im 3. Band der Geheimlehre erläutert.
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, daß dies alles nicht zufällig und planlos geschah. Unsere Erde ist, nach ihrer eigenen angemessenen Ruheperiode, die direkte Wiederverkörperung von einer Welt, die ihr vorausging und von der sie die exakte Folge oder das karmische Resultat ist. Alle diese Prozesse von Aufbau und geistigem Erwachen vollziehen sich auf eine Art, die eine unvermeidliche Folge der vorangegangenen Evolutionsperioden darstellt.
So begannen wir unsere evolutionäre Reise entlang des Weges der Reinkarnation, durch den Zyklus der Notwendigkeit. Der ‘Zyklus der Notwendigkeit’ ist ein dichterischer, aber nicht minder anschaulicher Name für den evolutionären Kreislauf, den jede Bewußtseinseinheit im Universum durchlaufen muß. Der noch nicht selbstbewußte Gottesfunke tritt mit dem Beginn eines Manvantaras oder einer großen evolutionären Zeitperiode in diesen Zyklus ein und bewegt sich darin durch die Wiederverkörperung in stets weiter entwickelten Formen durch immer erhabenere Bewußtseinsphasen hindurch, bis schließlich das selbstbewußt Göttliche erreicht ist. Die Reinkarnation des Menschen stellt eine der Säulen dieser großen Spirale der Evolution dar.
Nachdem der Mensch zu einem selbstbewußten Denker herangereift war und mit der Entwicklung seiner latenten Kräfte begonnen hatte, wurde er zum Erbauer von Zivilisationen. Und dann inkarnierten einzelne der großen Wesen – wir können sie wirklich Götter nennen –, die in früheren Welten Menschen waren und zurückblieben, um die junge Menschheit zu leiten. Sie waren die göttlichen Lehrer in den grundlegenden Prinzipien der Religion, der Kunst, des Gesetzes, der Philosophie und der Lebensführung. Ihrem zyklischen Lauf folgend, verstrickte sich die menschliche Rasse immer tiefer in Zustände größerer Stofflichkeit. Angespornt durch das sich entwickelnde egoische Bewußtsein, gewann die Persönlichkeit an Bedeutung. Sie entwickelte ein Gefühl der Abgrenzung und Trennung von allen anderen Wesen, dazu Leidenschaft, selbstsüchtiges Verlangen, Gewinnsucht und Willenskraft, die gegen andere gerichtet waren. Dann entstand eine Disharmonie mit den großen, universalen, evolutionären Zielen. Der Mensch setzte seinen selbstsüchtigen Willen gegen die spirituellen Gesetze des Universums. Somit wurde die ‘Sünde’ geboren. Die Natur, die in ihrer Essenz Ausgleich und unpersönliche Harmonie ist, reagierte darauf. Leid, Kampf und Schmerz waren die unvermeidlichen Folgen. Krieg und Verbrechen kamen in die Welt und die moralische Atmosphäre von unserem Globus wurde derartig vergiftet, daß die wohltätigen Götter nicht länger dieselbe Luft mit uns einatmen konnten. Sie gaben ihren karmischen Auftrag jedoch nicht auf. Eine Rasse von Halb-Göttern und Helden folgte ihnen, Wesen, die halbgöttlich und teilweise aus den niedrigeren Elementen gebildet waren, welche die Erde entwickelte. Sie führten weiterhin die verschiedenen Rassen, solange diese auf sie hörten und ihnen folgten. Später, als unser Weg uns auf die nach unten gerichteten Windung der karmischen Spirale führte, auf den sogenannten ‘schattenhaften Bogen’ der Evolution, wurden diese halbgöttlichen Führer von den Mysterienschulen abgelöst, welche sie selbst einrichteten. Es waren Stätten von großer okkulter Gelehrsamkeit, wo die immer geringer werdende Zahl spiritueller Aspiranten noch unterrichtet und in die Göttliche Weisheit des Universums eingeweiht werden konnte.
Schließlich wurde die Religion materialistisch, korrupt und intolerant, und selbst die Mysterienschulen entarteten und wurden schließlich geschlossen. Aber nichts desto trotz gibt es auch heute noch an bestimmten reinen und unzugänglichen Orten unserer Erde Zentren des Wissens, wo die Mahatmas, unsere Älteren Brüder und die Nachfolger der früheren spirituellen Führer der Menschheit, das Feuer der Weisheit am Brennen erhalten und die göttlichen Lehren der Alten Weisheit bewahren. Dieser kurze Rückblick in die Geschichte unserer Vergangenheit bereitet uns auf einen mit ihr in Übereinstimmung stehenden Ausblick auf die Zukunft vor. Denn das Ziel unserer Evolution ist nichts Geringeres als die Göttlichkeit. Unter der Voraussetzung, daß wir die begonnene spirituelle Reise zu einem guten Ende bringen, werden wir, die Menschen von heute, in ferner Zukunft selbst einmal große Wesen – Götter – sein und zu unserem wiederverkörperten Planeten zurückkehren, um unseren Brüdern der niedrigeren Reiche zu helfen und sie zu leiten, Brüder, die jetzt nach uns die evolutionäre Stufenleiter zur Menschheit emporsteigen. Wir sind gegenwärtig dabei, uns für die wichtigste Aufgabe vorzubereiten, nicht nur dadurch, daß wir Selbstbeherrschung lernen, sondern dadurch, daß wir auf bescheidene Weise dasselbe hinsichtlich unserer eigenen Atome und aller anderen Wesen tun. Und was könnte, wenn wir darüber nachdenken, natürlicher und inspirierender sein als eine solche Schicksalsbestimmung?
Der folgende Abschnitt aus Quelle des Okkultismus von Dr. G. de Purucker, vermittelt uns einen kurzen Einblick in das, was die Zukunft für uns bereithält:
Der Mensch ist auf vielen Ebenen zu Hause. Er ist tatsächlich überall zu Hause. Unser Erdenleben ist nur ein kurzer Bogen auf dem Kreise des Daseins. Wie absurd wäre es, zu sagen, daß irgendein besonderer Ort, wie unsere Erde, das Richtmaß sei, nach dem die ganze Wanderung des Menschen beurteilt wird. Genauso ist es bei der Verkörperung und dem Wachstum eines Universums. Es hat ebenfalls seinen Höhepunkt und seinen Verfall, dem dann der Tod folgt. Verursacht wird die Verkörperung dadurch, daß die kosmische Wesenheit aus den unsichtbaren Sphären in die materiellen Bereiche heraustritt, sich in den Substanzen dieser Bereiche verkörpert, aus ihnen ein materielles Universum aufbaut und dann wieder verschwindet. Wenn dieses Dahinschwinden dem Ende entgegengeht, befindet sich das Universum in den Stadien seiner Auflösung.
So ist es auch bei einem Stern oder bei einer Sonne oder deren Heimat-Universum. So ist es bei jeder Wesenheit. Leben ist endlos, es hat weder Anfang noch Ende; und ein Universum unterscheidet sich im wesentlichen keineswegs von einem Menschen. …
Betrachtet die Sterne und die Planeten: Jeder von ihnen ist ein Lebensatom im kosmischen Körper, jeder von ihnen ist der organisierte Wohnort einer Vielzahl kleinerer Lebensatome, welche die leuchtenden Körper, die wir sehen, aufbauen. Überdies, jede funkelnde Sonne, die den Himmel schmückt, war zu irgendeiner Zeit ein Mensch oder ein dem Menschen gleichwertiges Wesen, das in gewissem Grade Selbstbewußtsein, intellektuelle Kraft, Bewußtsein, spirituelle Vision und einen Körper besitzt. Die Planeten und die Myriaden von Wesenheiten auf diesen Planeten, die solch einen kosmischen Gott, einen Stern oder eine Sonne umkreisen, sind jetzt die gleichen Wesenheiten, die in längst vergangenen kosmischen Manvataras (Zyklen der Offenbarung) die Lebensatome dieser Wesenheit waren. . . .
Ja, jeder einzelne von uns wird in weit entfernten Äonen der Zukunft eine Sonne sein, die in den Räumen des Raumes leuchtet. Das wird dann sein, wenn wir die Gottheit im Innersten unseres Wesens evolviert haben, und wenn diese Gottheit ihrerseits zu noch größeren Höhen fortgeschritten sein wird. Jenseits der Sonne gibt es andere Sonnen, die so hoch stehen, daß sie für uns unsichtbar sind, Sonnen, deren göttlicher Begleiter unsere Sonne ist.
Die Frage, die sich uns nach diesen Worten stellt ist: „Was versuchen wir gegenwärtig aus uns zu machen? Sind wir wirklich dabei, wenn auch unbewußt, unsere göttliche Bestimmung zu verwirklichen?“ Die Antwort auf diese Frage muß sich jedermann selbst geben. In uns liegen leuchtende Zentren des Bewußtseins, der Erinnerung und der spirituellen Vision, die gegenwärtig noch nicht erwacht sind. Nach Tausenden von Inkarnationen umrunden wir nun den Anfang des aufwärtsführenden Abschnitts der Evolutionsspirale, den ‘leuchtenden Bogen’.
Das menschliche Leben, wie wir es seit Jahrhunderten gelebt haben, bot jedermann zahllose Gelegenheiten zum Wachstum. Jedesmal wiederholten wir dieselben Fehler, die aus Selbstsucht, Leidenschaft und beschränkter persönlicher Sicht entstehen. Leben um Leben landeten wir als Sklaven in der gleichen Tretmühle von Schmerz, Leiden, Krankheit und Tod. Wir müssen aber keine Sklaven bleiben, sondern wir können unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Der Mensch
… ist gezwungen, dem sich ständig drehenden Rad des Lebens von Wiedergeburt zu Wiedergeburt zu folgen, bis er gelernt hat, die Einheit von allen sichtbaren und unsichtbaren Dingen dadurch zu erkennen, indem sein inneres Selbst ein intellektuelles Verständnis entwickelt … Wenn er dann die Einsicht entwickelt hat, ist er vom Rad des sich drehenden Schicksals befreit. Er hat Weisheit und Freiheit erreicht: Er ist ein Meister von und in dem Leben geworden und ist nicht mehr länger ein Sklave des Rades.
– G. DE PURUCKER, Man in Evolution, S. 60
Es gibt überall Männer und Frauen, Pioniere auf der Suche nach größeren, umfassenderen spirituellen Einsichten, die nicht mehr in irgendeiner Form des modernen Lebens oder mit einer seiner ungewissen Versprechungen zufrieden sind. In jedem Land findet man Menschen, welche die Wahrheit suchen.
Es gibt einen Weg, der schneller zum angestrebten Ziel führt, und dieser Weg wird Initiation genannt. Es ist der Pfad der Selbstvergessenheit jener, die sich in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen.
Das Wort ‘Initiation’ stammt aus der lateinischen Wurzel mit der Bedeutung ‘beginnen’. Esoterisch bedeutet es zugleich ein Neuwerden, der Beginn einer Lern- und Lebensrichtung, die schließlich alle spirituelle und intellektuelle Größe, die der einzelne in sich birgt, hervorbringt. Der evolutionäre Prozeß wird tatsächlich beschleunigt, nicht in dem Sinne, daß eine Stufe ausgelassen oder übersprungen wird, sondern daß innerhalb einer kurzen Zeit alles zusammengefaßt wird, was im natürlichen Ablauf Äonen des Strebens in Anspruch nehmen würde, um es zu erreichen. . . .
– G. DE PURUCKER, Quelle des Okkultismus, Bd. I, S. 65
Es sollte klar verstanden werden, daß diese Schulung, die aus Lernen und Selbstdisziplin besteht, aus den spirituellen und intellektuellen Regungen der eigenen Seele des Schülers kommt. Niemals waren und werden damit die familiären Rechte und Pflichten beeinträchtigt oder verletzt. Chelaschaft ist nichts Überirdisches, Exzentrisches oder Sonderbares. Wenn es sich so verhielte, dann wäre es keine Chelaschaft. Sie ist der natürlichste Pfad für uns, und wir sollten uns bemühen, ihm zu folgen, denn, indem wir uns mit dem Edelsten in uns verbinden, verbinden wir uns mit den spirituellen Kräften, die das Universum lenken und regieren. Bereits in diesem Gedanken liegt Inspiration.
Das Leben eines Neophyten ist wirklich schön und wird immer schöner, je mehr die Selbstvergessenheit in seinem Leben zunimmt. Zuweilen kann es aber auch sehr traurig sein; das kommt daher, weil es ihm unmöglich ist, sich selbst zu vergessen. Er sieht seine große Einsamkeit, und sein Herz sehnt sich nach Gefährten. Anders ausgedrückt, seine menschliche Natur sucht nach einem Rückhalt. Doch gerade durch die Überwindung dieser Schwächen wird er zum Meister des Lebens, mit der Fähigkeit, in jeder Situation aufrecht, stark und allein zu stehen. Man darf jedoch keinesfalls annehmen, die Mahatmas seien ausgetrocknete menschliche Exemplare ohne menschliche Gefühle und ohne menschliches Mitleid.
Im Gegenteil: In ihrem Inneren sind sie weitaus lebendiger als wir. In ihnen fließt ein weitaus kräftigerer und stärker pulsierender vitaler Strom. Ihr Mitgefühl ist so weitherzig, daß wir sie noch nicht verstehen können, doch eines Tages werden wir sie verstehen. Ihre Liebe schließt alles ein; sie sind unpersönlich, und daher werden sie universal.
Chelaschaft bedeutet: zu versuchen, den in uns wohnenden Meister hervorzubringen, denn er ist bereits dort gegenwärtig.
Wenn man jedoch weit genug voranschreitet, dann kommt einmal der Zeitpunkt, an dem sogar die Pflichten gegenüber der Familie aufgegeben werden müssen. Die Umstände werden dann aber so sein, daß dieses Aufgeben der Pflichten sowohl dem Betroffenen als auch seinen Angehörigen zum Segen gereichen wird. Es sollte sich jedoch niemand von der gefährlichen Theorie täuschen lassen, daß sich ein Mensch, je höher er steigt, um so weniger an das Gesetz der Moral zu halten brauche. Genau das Gegenteil ist wahr. Einem anderen Unrecht zuzufügen, ist niemals recht.
Bei keinem einzigen Schritt auf diesem erhabenen Pfad gibt es jemals irgendeinen äußeren Zwang. Es gibt nur das edle Begehren, das aus der sehnsuchtsvollen Seele des Aspiranten kommt, immer weiter und weiter nach innen und nach oben vorwärts zu schreiten. Am Anfang wird jeder Schritt dadurch gekennzeichnet, daß man etwas überwunden hat, daß man einen Teil der persönlichen Fesseln und Unvollkommenheiten, die uns an diese materiellen Bereiche ketten, fallengelassen hat. Immer wieder wird uns mit Nachdruck gesagt, daß die erhabenste Lebensregel darin besteht, in uns selbst unsterbliches Mitleid mit allem, was lebt, zu hegen. Dadurch wird man selbstlos, und die wandernde Monade ist schließlich imstande, das Selbst des kosmischen Geistes zu werden, ohne daß die Monade ihre Individualität verliert.
In dem soeben dargestellten liegt das Geheimnis des Fortschritts: Um größer zu sein, muß man größer werden; um größer zu werden, muß man das Geringere aufgeben; um ein Sonnensystem im eigenen Denken und Leben zu erfassen, muß man die Grenzen der Persönlichkeit, das, was nur menschlich ist, aufgeben, was bedeutet, sie zu überwinden und darüber hinauszuwachsen. Indem wir die Bereiche des niederen Selbst aufgeben, gehen wir in die Bereiche des größeren Selbst, in die Selbstlosigkeit ein. Niemand wird einen einzigen Schritt dem größeren Selbst, das bereits seine eigene höhere Natur ist, entgegengehen, ehe er nicht lernt, daß „für sich selbst zu leben“ das Hinabgehen in noch dichtere und begrenztere Sphären bedeutet, und daß „zu leben für alles, was ist“, bedeutet, daß sich die eigene Seele für dieses Leben erweitert. Alle Mysterien des Universums liegen latent in uns, alle seine Geheimnisse sind dort zu finden, und jeder Fortschritt in esoterischer Erkenntnis und Weisheit ist nur ein Entfalten dessen, was schon im Inneren vorhanden ist.
Wie unbedeutend erscheinen uns die menschlichen Probleme, die uns so sehr quälen, diese große Sorgenlast, wenn wir gelegentlich über diese unendlich trostvollen Tatsachen nachdenken. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn der christliche Schreiber erklärt, daß nicht einmal ein Sperling vom Himmel fällt, ohne daß der HERR es weiß; daß es kein einziges Haar auf unserem Haupte gibt, das nicht gezählt und für das nicht gesorgt würde. Und weitaus mehr noch wird für uns getan. Auch diese Welt der Wahngebilde und der Schatten ist ein wirklicher und untrennbarer Bestandteil des Grenzenlosen, aus dem wir hervorgegangen sind, und zu dessen göttlichem Herzen wir eines Tages auf den Schwingen unserer gesammelten Erfahrungen zurückkehren werden, auf Flügeln, die uns über die Täler hinweg zu den fernen Berggipfeln des Geistes tragen werden.
Band 1: Was ist Theosophie?
Charles J. Ryan
Theosophie und Psychologie
Die Psychologie, als die Wissenschaft der Seele, des Geistes oder des Bewußtseins, entwickelte sich aus der Philosophie und ist daher ursprünglich eine philosophische Psychologie. Gewöhnlich betrachtet man Aristoteles als ihren Gründer, auch wenn es vor ihm viele weise Griechen gab, die sich mit dieser Thematik beschäftigt hatten, war er der erste, der seine Ideen systematisch in seinen vielen Werken niederschrieb. Aristoteles lebte von 384 bis 322 v. Chr. und stand in enger Verbindung mit Plato. Seine Lehre betrifft das Leben von Menschen und Tieren.
Weil erkannt wurde, daß die Seele und der Geist unfaßbar sind, trat diese philosophische Psychologie allmählich in den Hintergrund, und es wurde dem Menschen und seinem Verhalten mehr Beachtung geschenkt, wodurch die Verhaltenspsychologie oder der Behaviorismus entstanden, was nicht heißen soll, daß man die Seele des Menschen immer in Abrede stellte.
Das Verhalten des Menschen fließt selbstverständlich aus seinem Charakter hervor, aus allen Elementen seiner inneren Natur, den psychischen, mentalen und geistigen Facetten. Die wahre Psychologie muß daher die Wissenschaft der unsichtbaren Konstitution des Menschen sein und alle Erscheinungen umfassen, die bei normalen als auch abnormalen Menschen zum Ausdruck kommen.
Worauf es bei den verschiedenen Auffassungen in der Psychologie häufig ankommt ist, ob man den Menschen als ein überwiegend physisches Wesen ansieht, oder als geistige Entität, die sich eines physischen Körpers als Mittel eines zeitlichen Ausdruckes bedient. Die Theosophie akzeptiert nachdrücklich letzteres und verwirft den Gedanken, der noch immer eine wichtige Rolle spielt, daß der Mensch von Natur aus verdorben ist oder in Sünde geboren wurde; es macht keinen Unterschied, ob der Gedanke auf einer bestimmten christlichen Sichtweise oder auf der Auffassung beruht, daß ein Mensch nicht mehr als ein weiter entwickeltes Tier ist. Zum Glück gibt es auch Psychologen, die eine andere Meinung zum Ausdruck bringen. Carl Rogers beispielsweise geht von der angeborenen Güte des Menschen aus und sagt, daß, wenn wir negative Eigenschaften wie beispielsweise Haß und Egoismus aufzeigen, wir diese erlernt haben. Ein anderer Psychologe, der 1970 verstorbene Abraham Maslow, erklärte, daß der Mensch mehr ist als nur seine Instinkte oder Reaktionen aufgrund von Erfahrungen und daß der Mensch als Ganzes studiert werden muß. Er war es, der sagte, daß Psychologen ihre Untersuchungen nicht auf Menschen richten müssen, die scheiterten oder geistig gestört sind, sondern auf die besten Vorbilder der Menschheit. Er widersetzte sich auch der Tatsache, daß bestimmte Psychologen ihre Ansichten auf aus Tierversuchen gewonnene Ergebnisse gründen, wodurch typische menschliche Eigenschaften wie Selbstaufopferung, Liebe, Schönheitssinn usw. nicht in die Betrachtung miteinbezogen werden. Wenn man den Menschen ausschließlich nach seinem Verhalten in einem bestimmten Moment beurteilt, kann das in vielen Fällen nur einer Verurteilung gleichkommen. Aber eine Momentaufnahme ist kein vollwertiger Maßstab. Ein Mensch ist ein Bewußtseinsstrom und muß in seiner Ganzheit betrachtet werden und nicht, was in einer bestimmten Periode, mitbestimmt durch karmische Einflüsse, äußerlich sichtbar wird.
Gegenwärtig wird viel über ‘Selbstverwirklichung’ gesprochen, was bedenklich ist, da der Mensch unter dem ‘Selbst’ wenig mehr versteht als die gewohnten emotionalen Impulse oder Äußerungen aus dem Alltagsdenken. Selbstverwirklichung hat jedoch eine tiefe Bedeutung, da der Mensch sie auch in bezug auf den inneren, göttlichen Kern erlangen muß, was sich aber heute bei den meisten von uns im Alltagsleben noch kaum offenbart. Später soll sie die ganze persönliche Natur umfassen und mehr aus dem Menschen machen, als die jetzt bekannte Alltagspersönlichkeit darstellt.
Häufig versucht man, die Wirkungen des Bewußtseins durch das zu erklären, was man von außen wahrnimmt, dann hat man es aber gewöhnlich mit der niederen Persönlichkeit zu tun. Die Theosophie fängt innen an: sie zeigt, wie man die Schlupfwinkel der eigenen Persönlichkeit mutig erforscht, denn der Schlüssel zur Erkenntnis liegt in der Selbstdisziplin. Das ist äußerst praktisch, und wenn der Mensch die Lehren befolgt kann er seinen eigenen Weg zum Herzen des Universums finden.
Der intellektuelle Aspekt der Theosophie ist von großer Bedeutung, aber ihr Studium muß immer auf eine unpersönliche, spirituelle Entwicklung zum Wohle der anderen ausgerichtet sein. Aber das ist nur ein Aspekt des großen Werkes: das Enthüllen des inneren Gottes, des ‘Bereiches der Unsterblichkeit’ in uns. Die Bedeutung des Wissens über Karma und Reinkarnation kann kaum überschätzt werden, aber wonach wir zuallererst streben müssen, ist die Rückerinnerung an unser göttliches Selbst, was bedeutet, daß wir uns vom Gefühl befreien müssen, wir seien von ihm getrennt. Wir müssen lernen, das separate niedere Selbst nicht weiter zu betonen, damit wir den Sinn und die Schönheit erkennen, unpersönlich zu sein. Das ist das wirkliche Studium der Psychologie. Die Offenbarungen der Selbsterkenntnis verleihen die Kraft, anderen zu helfen. Wenn die niederen Wünsche umgewandelt sind, wenn ein Mensch so unpersönlich geworden ist, daß er Beleidigungen bereitwillig vergibt, wenn er bei allen Gelegenheiten aus edelsten Motiven handelt, dann kann er die Probleme der anderen verstehen, und seine Intuition wird so stark werden, daß er genau weiß, was er in allen Fällen tun muß. Das ist kein leeres Versprechen, es ist ein bekanntes, eindeutiges Resultat der aufrichtigen Bemühung, das Leben, das von Jesus und Buddha gepredigt wurde, zu leben. Ihre Ratschläge waren äußerst praktisch. Dr. de Purucker deutet dies in seinem Buch Goldene Regeln der Esoterik (S. 162) an und sagt:
‘Dieser Wunsch nach unpersönlichem Dienen läutert das Herz, erhellt den Geist und löst die Knoten der niederen Selbstheit, so daß sich Herz und Geist öffnen und für die Weisheit empfänglich werden.’
In der Stimme der Stille sagt H. P. Blavatsky:
‘Selbst-Erkenntnis ist das Kind liebevoller Taten.’
Die wahre Psychologie, derer wir alle bedürfen, ist ein Prozeß der Selbstdisziplin, und nicht nur jene, die an den Universitäten Psychologie studieren, brauchen sie.
Es mag einigen seltsam erscheinen, daß das kostbarste Wissen, das der Mensch erwerben kann, nur durch eine unpersönliche Lebensweise erlangt werden kann, die stets auch auf das Wohl der gesamten Menschheit ausgerichtet sein muß. Dennoch ist es durchaus vernünftig, weil alles Wissen im Bereich des inneren Gottes liegt, dessen Lebensgesetz die Liebe ist. Es ist der Weg, auf dem die großen Meister der Weisheit und des Mitleids ihr Ziel erreicht haben. Ihre gereinigte Persönlichkeit behindert das innere Licht nicht mehr. Wie es ein orientalisches Sprichwort ausdrückt: ‘Die Lampe und der Docht sind rein.’