V – Körper und Astralkörper

Der Körper, eine Masse aus Fleisch, Knochen, Muskeln, Nerven, Gehirnsubstanz, Galle, Schleim, Blut und Haut ist für allzu viele Menschen der Gegenstand ihres ausschließlichen Interesses. Sie machen ihn zu ihrem Gott, weil sie sich im Laufe der Zeit selbst mit dem Körper identifiziert haben und nur ihn meinen, wenn sie ‘ich’ sagen. Sich selbst überlassen, ist der Körper empfindungslos, er funktioniert dann nur reflektorisch und automatisch. Das erkennen wir am Schlaf, in dem der Körper Haltungen annimmt und Bewegungen ausführt, die der wachende Mensch nicht zulassen würde. Der Körper gleicht insofern der Mutter Erde, insofern als er sich aus einer unendlichen Zahl von ‘Leben’ zusammensetzt. Jedes dieser Lebewesen ist ein sensitiver Punkt. Es gibt hier nicht nur Mikroben, Bazillen und Bakterien, sondern diese sind aus weiteren Leben zusammengesetzt und diese wiederum aus noch winzigeren Leben. Diese ‘Leben’ sind nicht die Zellen des Körpers, sondern sie bilden die Zellen und halten sich stets innerhalb der Grenzen, die der Zelle durch die Evolution gesetzt sind. Sie wirbeln und bewegen sich miteinander ständig durch den ganzen Körper und befinden sich sowohl in anscheinend leeren Räumen wie auch dort, wo man Fleisch, Haut, Knochen und Blut sieht. Sie treten sogar messbar ein Stück über die tatsächliche Oberfläche des Körpers hinaus.

Eines der Mysterien des physischen Lebens liegt in diesen ‘Leben’ verborgen. Ihre durch die Lebenskraft (Prāṇa oder Jīva genannt) bewirkte Tätigkeit bietet die Erklärung für die aktive Existenz und für den physischen Tod. Diese werden in zwei Klassen eingeteilt: in die der ‘Zerstörer’ und die der ‘Erhalter’. Beide bekämpfen sich von der Geburt an bis zum Sieg der Zerstörer. In diesem Ringen wird der Kampf durch die Lebenskraft selbst beendet, denn es ist das Leben, das tötet. Das mag ketzerisch klingen. Die theosophische Philosophie sieht diese Tatsache jedoch für gegeben an. Es wird gesagt, dass ein Säugling deshalb lebt, weil die Kombination gesunder Organismen die im Raum befindlichen Lebensenergien absorbieren kann. Sein Schlaf tagsüber wird von der überwältigenden Stärke des Lebensstroms hervorgerufen, zumal die ‘Erhalter’ in den Zellen des kindlichen Körpers noch nicht von der anderen Klasse beherrscht werden. Die Vorgänge des Einschlafens und Wiedererwachens bedeuten lediglich und ausschließlich, dass während des Schlafs das Gleichgewicht erneut hergestellt und dieses durch die während des Wachens ausgeübte Tätigkeit wieder gestört wird. Man kann das mit dem Licht der Glühbirne vergleichen, bei der der helle Lichtbogen in der Zone des Widerstands dem wachenden, aktiven Menschen entspricht. Im Schlaf absorbieren wir die Lebensenergie und setzen ihr keinen Widerstand entgegen. Im Wachzustand wehren wir die Lebensenergie ab. Da sie uns aber wie ein Ozean umgibt, in dem wir schwimmen, ist unsere Abwehrkraft gezwungenermaßen begrenzt. Im Augenblick des Erwachens sind wir mit unseren Organen und dem Leben im Gleichgewicht. Wenn wir einschlafen, sind wir jedoch stärker mit Lebensenergie aufgeladen als am Morgen. Sie hat uns erschöpft und tötet schließlich den Körper. Dieser Kampf kann nicht ewig geführt werden, da das Gewicht der Lebenskraft des ganzen Sonnensystems der Widerstandskraft entgegensteht, die sich in einem kleinen menschlichen Organismus konzentriert.

Der Körper wird von den Meistern der Weisheit als der vergänglichste, unbeständigste und illusorischste Teil in der ganzen Reihe der menschlichen Komponenten angesehen. Keinen Augenblick lang bleibt er gleich. Immer in Veränderung, voller Bewegung in allen Teilen, ist er eigentlich nie fertig oder vollendet, obwohl er greifbar ist. Die alten Weisen haben das klar erkannt, denn sie entwickelten eine Lehre , die sie Naimittika1 Pralaya nannten. Darunter wird die ständige Veränderung in den materiellen Dingen, die fortwährende Zerstörung verstanden. Dieser Prozess ist jetzt auch der modernen Wissenschaft bekannt, wenn sie lehrt, dass sich der Körper innerhalb von sieben Jahren vollständig verändert und erneuert. Am Ende der ersten sieben Jahre ist der Körper nicht mehr derselbe, der er anfangs war. Bis zum Lebensende hat sich der Körper siebenmal und vielleicht öfter völlig erneuert. Dennoch zeigt er von der Erwachsenenstufe an bis zur Todesstufe ungefähr das gleiche Erscheinungsbild und auch von der Geburt bis zur Reife ist er menschenförmig. Das ist ein Mysterium, das die Wissenschaft nicht erklärt. Das Problem hängt mit der Zelle und mit der Art und Weise zusammen, wodurch die allgemeine menschliche Gestalt aufrechterhalten wird.

Die ‘Zelle’ ist eine Illusion. Es ist nur ein Wort. Sie hat als materielles Ding keine Existenz, denn jede Zelle setzt sich aus weiteren ‘Zellen’ zusammen. Was ist dann eine Zelle? Sie ist das ideelle Modell, in das sich die wirklichen physischen Atome – die sich aus ‘Leben’ aufbauen – einordnen. Da zugestanden wird, dass die physischen Moleküle fortwährend den Körper verlassen, so müssen sie auch ständig die Zellen verlassen. Deshalb gibt es keine physische Zelle, sondern nur die ausschließenden Grenzen einer solchen, ihre ideellen Wände und ihre allgemeine Form. Die Moleküle nehmen ihre Lage innerhalb der ideellen Form entsprechend den Naturgesetzen ein und verlassen sie fast wieder im gleichen Augenblick, um anderen Atomen Platz zu machen. Und wie beim Körper ist es auch bei der Erde und beim Sonnensystem. So ist es überhaupt mit allen materiellen Gegenständen, wenn auch in trägerem Ablauf. Alle sind in fortwährender Bewegung und Veränderung. Das ist moderne, aber auch uralte Weisheit. Mit dieser Tatsache lassen sich auch Hellsehen, Hellhören, Telepathie und Gedankenlesen physikalisch erklären. Wir können daraus entnehmen, wie illusorisch und unbefriedigend unser Körper ist.

Obwohl genau genommen der Astralkörper die zweite Komponente des Menschen ist – im Sanskrit Linga-Śarīra genannt – wollen wir ihn zusammen mit der Lebenskraft – im Sanskrit Prāṇa und Jīva – behandeln, weil uns das Phänomen des Lebens klarer vorgeführt wird, wenn wir es in Verbindung mit dem Körper betrachten.

Das Leben ist kein Resultat der organischen Funktionen, noch erlischt es, wenn sich der Körper auflöst. Es ist ein universal vorherrschendes Prinzip. Es ist der Ozean, in dem die Erde treibt; es durchdringt den Globus und alle seine Wesen und Dinge. Es wirkt unaufhörlich in und um uns; es pulsiert ständig gegen und durch uns. Wenn wir einen Körper bewohnen, dann benützen wir damit lediglich ein Instrument, das im Vergleich zu anderen besser für den Umgang mit Prāṇa und Jīva spezialisiert ist. Genau genommen ist Prāṇa Atem, und da der Atem für die Erhaltung des Lebens im menschlichen Mechanismus notwendig ist, ist Prāṇa das bessere Wort. Das Wort Jīva bedeutet ‘Leben’, es wird auch für die lebende Seele verwendet, denn das allgemeine Leben ist selbst aus den Höchsten Leben abgeleitet. Jīva kann deshalb allgemeiner gebraucht werden, während Prāṇa spezieller ist. Es kann nicht gesagt werden, dass man eine bestimmte Menge von dieser Lebensenergie besitzt – die beispielsweise bei der Verbrennung des Körpers wieder zu ihrem Ursprung zurückkehren würde. Vielmehr arbeitet sie mit jeder beliebigen materiellen Masse, die darin enthalten ist. Wenn wir leben, benützen wir sie oder scheiden sie sozusagen aus. Deshalb ist es ganz gleich, ob wir lebendig oder tot sind, die Lebenseneregie ist immer da. Während des Lebens wirkt sie in unseren Organen zu deren Erhaltung und während des Todes wirkt sie in unzähligen Wesen, die sich aus unserer Auflösung ergeben. Wir können diese Lebenskraft genauso wenig beseitigen wie die Luft, in der der Vogel fliegt; und wie die Luft erfüllt die Lebenskraft alle Räume des Planeten, so dass wir nirgends ihren wohltuenden Nutzen verlieren oder ihrer schließlichen Zerstörungskraft entkommen können. Um auf den physischen Körper einwirken zu können, benötigt diese Lebenskraft – Prāṇa – einen Träger, einen Mittler oder einen Führer, und dieser Träger ist der Astralkörper.

Für den Astralkörper gibt es viele Bezeichnungen. Hier sind einige wenige: Linga-Śarīra, ein Sanskritwort mit der Bedeutung ‘Modellkörper’. Das ist die beste von allen Bezeichnungen. Ferner etherisches Doppel, Phantom, Gespenst, Erscheinung, Doppelgänger, persönlicher Mensch, Naturgeist, unvernünftige Seele, Tierseele, Bhūta, Elementar, Spuk, Teufel, Dämon. Einige dieser Bezeichnungen gelten nur für den nach dem Tod vom Körper befreiten Astralkörper. Bhūta, Teufel und Elementar sind nahezu synonym. Ersteres ist Sanskrit. Bei den Hindus bezeichnet Bhūta den nach dem Tod vom Körper und Denkvermögen losgelösten Astralkörper. Da er auf diese Weise vom Gewissen getrennt ist, stufen sie ihn als Teufel ein. Wenn wir die alte Vorstellung aufgeben, dass ein Teufel ein vom Himmel gefallener Engel sei, dann haben sie gar nicht so unrecht, denn dieser körperliche Teufel ist etwas, was von der Erde hochsteigt.

Man mag einwenden, die Bezeichnung Astralkörper sei für diesen Zweck nicht geeignet. Dieser Einwand ergibt sich aber nur aus der Art und Herkunft der englischen Sprache. Da diese Sprache von Menschen entwickelt wurde, die sich gegen die Natur stellten und Kaufleute wurden, haben sie noch nicht die Worte geprägt, die zur Bezeichnung der riesigen Skala von Fähigkeiten und Organen des unsichtbaren Menschen erforderlich sind. Und da die westlichen Philosophen die Existenz dieser inneren Organe bis jetzt nicht anerkannt haben, existieren dafür natürlich auch noch keine Namen. Bei der Suche nach einer Bezeichnung für den inneren Körper war ‘Astralkörper’ die einzige, die zu finden war. Sie kommt auch den wirklichen Tatsachen sehr nahe, da – allgemein gesprochen – die Substanz dieses Körpers aus kosmischer Materie oder Sternenstoff besteht. Das alte Sanskritwort beschreibt die Sache jedoch genau: Linga-Śarīra = Modellkörper, weil er das Muster oder das Modell des physischen Körpers ist. Linga Śarīra ist besser als ‘etherischer Körper’, weil man von diesem sagen könnte, er sei nach dem physischen Körper entstanden, wohingegen er in Wirklichkeit dem materiellen Körper vorausging.

Im Vergleich zum sichtbaren Körper besteht der Astralkörper aus sehr feinstofflicher Materie. Er besitzt eine große Spannkraft, so dass er sich während einer Lebenszeit nur wenig verändert, wohingegen sich der physische Körper mit jedem Moment verändert. Der Astralkörper besitzt aber nicht nur diese gewaltige Widerstandskraft, er ist gleichzeitig auch so elastisch, dass er beträchtlich gedehnt werden kann. Er ist biegsam, plastisch, dehnbar und sehr stark. Die Materie, aus der er besteht, ist in ihrer Essenz elektrisch und magnetisch. Sie entspricht dem Material, aus dem sich die ganze Welt in ferner Vergangenheit zusammensetzte, als die Evolutionsprozesse noch nicht den Punkt der Erzeugung des materiellen Körpers des Menschen erreicht hatten. Es handelt sich jedoch um keine rohe und grobe Materie. Da die astrale Materie bereits eine ungeheure Evolutionsdauer und unzählige Reinigungsprozesse durchlaufen hat, ist ihre Beschaffenheit in einem Maß verfeinert worden, so dass sie die Beschaffenheit der groben physischen Elemente, die wir mit physischen Augen sehen und mit Händen greifen können, weit übertrifft.

Der Astralkörper ist das maßgebende Modell für den physischen Körper. Alle anderen Naturreiche haben dasselbe Astralmodell. Pflanzen, Minerale und Tiere besitzen das etherische Doppel. Das ist somit die einzige Theorie, die Antwort auf die Frage gibt, wie ein Same seine eigene Art und wie alle fühlenden Wesen wieder ihresgleichen hervorbringen. Die Biologen können nur sagen, dass die Tatsachen so sind, wie wir sie kennen. Sie können aber keinen Grund angeben, warum aus einer Eichel stets nur eine Eiche hervorwachsen wird, außer dass kein Mensch je etwas anderes beobachtet hat. Den alten Schulen der Vergangenheit war die echte Lehre bekannt, und sie ist jetzt durch die Bemühungen von H. P. Blavatsky und jener, die von ihren Werken inspiriert wurden, dem Westen wieder einmal gegeben worden.

Diese Lehre besagt, dass zu Beginn der Evolution dieses Globus die verschiedenen Naturreiche zunächst als Plan oder in ideeller Form umrissen werden. Mit Hilfe des Lebensprinzips fängt dann die Astralmaterie an, nach diesem Plan zu arbeiten, bis nach langen Evolutionperioden die menschliche Astralform evolviert und vollendet ist. Sie ist somit die erste Form, die die Menschenrasse besaß. Sie entspricht in gewissem Sinn dem allegorischen Zustand des Menschen im Paradies. Nach einer weiteren langen Periode, während der der Zyklus des Abstiegs in die Materie weiterläuft, bedeckt sich die Astralform schließlich mit einem ‘Rock aus Fellen’ und die gegenwärtige physische Form erscheint auf der Weltbühne. Das erklärt den Vers in der Genesis, wonach Adam und Eva ‘Röcke aus Fellen’ erhielten. Es ist der endgültige Fall in die Materie, denn von diesem Punkt an bemüht sich der innere Mensch darum, die ganze Masse an physischer Substanz auf eine höhere Stufe zu erheben und ihr einen größeren spirituellen Einfluss zu vermitteln, damit sie nach Abschluss der gegenwärtigen Evolutionsphase fähig ist, sich in der nächsten noch weiterzuentwickeln. Daher ist gegenwärtig der Astralkörper, das Modell für das im Mutterleib heranwachsende Kind, schon vollkommen geformt, ehe das Kind geboren wird. Nach diesem Astralmodell arrangieren sich die Moleküle, bis das Kind vollendet ist. Die Existenz des etherischen Modellkörpers erklärt auch, wie sich die Gestalt formt, wie die Augen sich von innen an die Oberfläche des Gesichts schieben und viele andere rätselhafte Vorgänge der Embryologie, die von den Ärzten mit einer Beschreibung, aber ohne Erklärung umgangen werden. Das erklärt auch besser als alles andere die Merkmale des Kindes im Mutterleib, was von den Ärzten manchmal verneint, von aufmerksamen Beobachtern jedoch als häufiges Vorkommen erkannt wird. Die heranwachsende physische Gestalt ist vom Astralkörper abhängig. Diese ist durch physische und psychische Organe mit der Imagination der Mutter verbunden; wenn die Mutter aufgrund eines Schrecks oder aus Furcht oder aus anderen Ursachen ein starkes Gedankenbild erzeugt, dann wird das Astralmodell des Kindes entsprechend beeinflusst. Wenn ein Kind ohne Beine geboren wird, haben die Gedanken und die starke Einbildungskraft der Mutter das veranlasst. Sie wirken derartig auf das Astralbild, dass die astralen Glieder förmlich abgetrennt werden oder zusammenschrumpfen. Die Moleküle haben dann kein Modell, an das sie sich angliedern können, so dass die Entstehung der physischen Beine unterbleibt. So ist es auch in allen ähnlichen Fällen. Bei einem Menschen jedoch, der immer noch sein Bein fühlt, das ihm chirurgisch entfernt wurde, oder der seine amputierten Finger noch spürt, liegt das daran, dass die Astralglieder durch die Operation nicht betroffen wurden. Der Betroffene hat daher das Gefühl, diese Glieder befänden sich noch immer am Körper. Messer und Säuren können das Astralmodell nicht verletzen. In den ersten Stadien seines Wachstums können Gedanken und Vorstellungen jedoch wie Säuren und geschliffener Stahl wirken.

Beim Durchschnittsmenschen, der nicht im praktischen Okkultismus geschult wurde oder diese Fähigkeit nicht von Geburt an besitzt, kann sich der Astralkörper nicht weiter als etwa einen Meter vom physischen Körper entfernen. Er ist ein Teil des Physischen; er erhält es und ist in es eingebettet, so wie die Fasern der Mango die ganze Frucht durchziehen. Es gibt aber Menschen, die aufgrund ihrer Praktiken in früheren Erdenleben eine angeborene Fähigkeit zur unbewussten Aussendung des Astralkörpers besitzen. Es handelt sich dabei um Medien, darunter auch Seher, und oft auch um hysterische, kataleptische und skrofulöse Menschen. Jene Menschen aber, die sich durch eine lange, äußerst harte Schulung ausgebildet haben, die in die sittliche und mentale Natur hineingeht und die Kräfte des heutigen Durchschnittsmenschen weit übersteigt, können die Astralform bewusst gebrauchen, denn sie haben sich völlig von der Illusion befreit, dass der physische Körper ein beständiger Teil von ihnen sei. Außerdem kennen sie die chemischen und elektrischen Gesetze dieser Materie, in ihrem Fall handeln sie bewusst in voller Kenntnis der Gegebenheiten. In den anderen Fällen dagegen kann dieser Vorgang von den Betreffenden weder verhindert noch bewusst herbeigeführt werden, auch können sie nicht die Risiken vermeiden, die mit dem Gebrauch so hoher Naturkräfte verbunden sind.

Der Astralkörper trägt die wirklichen Organe der äußeren Sinneswerkzeuge in sich. In ihm liegt das Sehen, Hören, der Geruchs- und der Tastsinn. Er besitzt ein eigenes, vollständiges System von Nerven und Arterien für den Transport des astralen Fluidums, das für diesen Körper die gleiche Bedeutung hat wie das Blut für den physischen Körper. Er ist der wirkliche, persönliche Mensch. In ihm befindet sich die unterbewusste Wahrnehmung und das latente Gedächtnis, mit dem sich unsere heutigen Hypnotiseure befassen und von dem sie so verblüfft sind. Beim Tod des Körpers wird der astrale Mensch frei. Da beim Tod der unsterbliche Mensch – die Triade – in einen anderen Zustand übertritt, wird der Astralkörper zur ‘Hülle’ des einst Lebenden. Diese benötigt eine gewisse Zeit zu ihrer Auflösung. Sie bewahrt alle Erinnerungen aus dem Leben dieses Menschen und kann reflektorisch und automatisch wiederholen, was der Verstorbene gewusst, gesagt, gedacht und gesehen hat. Der Astralkörper bleibt fast immer in der Nähe des verlassenen physischen Körpers, bis zu dessen völliger Auflösung, denn er muss einen eigenen Sterbeprozess durchmachen. Er kann unter gewissen Bedingungen sichtbar werden. Er ist der ‘Geist’ in den spiritistischen Séance-Zimmern und wird dort dazu veranlasst, sich als der wirkliche Geist dieser oder jener Person auszugeben. Von den Gedanken des Mediums und der Teilnehmer des Zirkels herbeigezogen, flattert er unsicher in deren Nähe umher und wird dann von einer ganzen Schar von Elementalkräften und von dem aktiven Astralkörper des Mediums, das die Sitzung abhält, oder eines anderen Mediums unter den Teilnehmern zu einem Scheinleben erweckt. Von dieser ‘Hülle’ werden dann (wie von einer Fotografie) die bekannten Einzelheiten in das Gehirn des Mediums reflektiert, die den Spiritisten als Beweis der Identität mit verstorbenen Freunden oder Verwandten dienen. Diese Zeugnisse gelten als Beweis für die Anwesenheit des Geistes der Verstorbenen, weil das Medium und die Zirkelteilnehmer weder mit den Gesetzen vertraut sind, die ihre eigene Natur regieren, noch mit der Konstitution, Kraft und Funktionsweise der astralen Materie und des astralen Menschen.

Die theosophische Philosophie streitet die in den spiritistischen Sitzungen auftretenden Tatsachen nicht ab, sie gibt ihnen aber eine Deutung, die der spiritistischen völlig entgegengesetzt ist. Die Behauptung, dass diese ‘Geister’ keinerlei Wissen mitteilen können, wird auch durch die Tatsache gestützt, dass von diesen sogenannten Geistern keinerlei logische, wissenschaftliche Erklärung für die Phänomene gegeben wird, die sie hervorzubringen pflegen. Sie können lediglich verschiedene Phänomene verursachen. Diese zu untersuchen und zu analysieren, vermag jedoch nur ein geschulter Intellekt, der von einer lebenden Dreiheit aus Geist, Seele und Verstand geleitet wird. Hier muss auch noch eine andere Klasse spiritistischer Erscheinungen kurz erwähnt werden, und zwar das Erscheinen des sogenannten ‘materialisierten Geistes’.

Dafür gibt es drei Erklärungen. Erstens: Der Astralkörper des lebenden Mediums löst sich von dessen Körper und nimmt die Gestalt des sogenannten Geistes an, denn es ist eine der Eigenschaften der astralen Materie, ein unsichtbar im Ether existierendes Bild widerspiegeln zu können. Zweitens: Die wirkliche astrale Hülle des Verstorbenen, die von seinem Geist und Gewissen völlig verlassen ist, wird sichtbar und fühlbar, wenn der Zustand der Luft und des Ethers die molekularen Schwingungen der astralen Hülle so verändert, dass sie sichtbar werden kann. Die Phänomene der Dichte und anscheinenden Schwere werden durch andere Gesetze erklärt. Drittens: Eine unsichtbare Menge elektrischer und magnetischer Materie wird gesammelt, auf die dann aus dem Astrallicht das Bild einer beliebigen gewünschten toten oder lebenden Person reflektiert wird, dieses Bild wird dann für den ‘Geist’ des betreffenden Menschen gehalten, was aber nicht zutrifft. Der Vorgang wurde von H. P. Blavatsky mit Recht als ein ‘psychologischer Betrug’ bezeichnet, weil etwas Falsches vorgespiegelt wird. Obwohl ein ‘Geist’ bei einer regulären Sitzung genau diese Erklärung für Materialisationen gegeben hat, wurde sie von den Spiritisten nie akzeptiert, weil sie ihre Anschauung über die Rückkehr der Geister Verstorbener über den Haufen werfen würde.

Schließlich bietet der Astralkörper eine Erklärung für nahezu alle sonderbaren psychischen Erscheinungen, die sich im täglichen Leben und beim Umgang mit echten Medien abspielen. Er zeigt, was eine Erscheinung sein kann und wie sie möglicherweise sichtbar wird; außerdem bewahrt er den wissenschaftlichen Skeptiker vor der Missachtung seines gesunden Menschenverstandes, indem behauptet wird, dass man gar nicht sehen kann, was man gesehen hat. Durch die Erläuterung der wahren Hintergründe dieser Phänomene wird der Aberglaube beseitigt. Die unvernünftige Furcht vor dem Unbekannten, die dem Menschen Angst einflößt, einen ‘Geist’ zu sehen, wird beseitigt. Mit dem Astralkörper lässt sich auch die Apportation von Gegenständen ohne physische Berührung erklären, denn die astrale Hand kann ausgestreckt werden, um einen Gegenstand zu ergreifen und zum Körper zu ziehen. Wenn das als möglich erwiesen ist, dann wird man auch Reisende nicht mehr auslachen, die von ihren Beobachtungen berichten, dass Hindu-Yogis Kaffeetassen durch die Luft fliegen ließen und entfernte Gegenstände anscheinend aus eigenem Antrieb, ohne dass diese von ihnen oder anderen berührt wurden, herbeischafften. Alle Fälle von Hellsehen und Hellhören können ebenfalls mit Hilfe des Astralkörpers und des Astrallichts erklärt werden. Die astralen Organe – die wirklichen Organe – führen das Sehen und Hören aus. Da alle materiellen Gegenstände sich ständig unter ihren eigenen Atomen bewegen, wird die astrale Seh- und Hörfähigkeit nicht behindert; sie kann vielmehr auf Entfernungen ausgeübt werden, die der Ausdehnung des Astrallichts oder der Astralmaterie rings um die Erde und über ihr entspricht. Auf diese Weise konnte der große Seher Swedenborg Häuser in Stockholm brennen sehen, obwohl er sich viele Kilometer davon entfernt in einer anderen Stadt befand. Auf die gleiche Weise sieht und hört auch jeder heutige Hellseher auf Entfernungen.

Fußnoten

1. [Der korrekte Sanskrit-Begriff ist Nitya.] [back]