Band 10: Yoga und die Yoga-Lehre
Charles J. Ryan
Yoga-Therapie1
Heutzutage besteht ein wachsendes Interesse für Yoga als Methode zur Gesundheitsförderung. Verschiedene Organisationen, darunter auch Sportvereine, empfehlen bestimmte Yoga-Übungen, um den Körper zu stärken oder fit zu halten. Es gibt auch Ärzte, die zur Heilung von Krankheiten Yoga-Therapien anwenden, manchmal auch zur Vorbeugung, indem sie die Körperfunktionen ins Gleichgewicht bringen, wodurch die großen Spannungen dieser Zeit besser verkraftet werden können.
Es wäre alles wunderbar, wenn diese Therapien sich auf normale Körperübungen beschränken würden und die Atemübungen sich lediglich damit beschäftigten, was jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand tut, nämlich seine Lungen mit reinem Sauerstoff zu füllen. Auch wenn die Übungen anfangs ganz harmlos zu sein scheinen, wage ich dennoch zu behaupten, dass viele Menschen schon recht bald darin unterrichtet werden, wie sie ihren Atem „beherrschen“ können, und zwar durch das, was die Yogis Prāṇāyāma oder die Regulierung der Prāṇas oder des „Lebensatems“ nennen, der dem Körper Leben schenkt und ihn gesund erhält, wenn er in normaler Weise funktionieren kann. Und dies kann gefährlich werden, weil die ersten Stadien dieser Übungen oft eine größere körperliche Energie zur Folge haben. Abgesehen von den spirituellen und moralischen Risiken, die man trägt, wenn man seine Energien aus der richtigen Bahn bringt, ist auch eine körperliche Gefahr damit verbunden. Wenn das natürliche Fließen der Lebensströme durch eine unvernünftige und gewöhnlich falsch geführte Beherrschung des Atemprozesses gestört wird, könnte die Auswirkung auf unsere Gesundheit äußerst schädlich sein. Und was noch viel schlimmer ist: Wenn die Prāṇas, die lediglich die äußerlichen Manifestationen der Lebenskräfte darstellen, welche sich in und durch die feinen Zentren unserer Konstitution bewegen, im physischen Bereich aus dem Gleichgewicht geraten, neigen sie dazu, das Gleichgewicht unserer inneren Natur zu stören. Das ist der Grund dafür, dass wir derartig häufig psychischer und mentaler Labilität begegnen, besonders im Westen, wo wir unsagbar naiv sind, was diese Dinge anbelangt. Dies ist eine direkte Folge der falschen Anwendung von Yoga oder sogenannten „okkulten“ Heilmethoden.
Das klingt vielleicht unfreundlich, aber ich habe die bedauernswerten Menschen gesehen, deren Zustand durch unbesonnenen und unwissenden Gebrauch von Yoga-Techniken verursacht wurde, durch die Beherrschung des Atems und andere Formen der Spielerei mit den vitalen Körperzentren. Der gesamte Bereich der Heilmethoden, die sich von den jahrhundertelang als erfolgreich etablierten Vorgehensweisen unter-scheiden, muss einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen werden, bevor sie zur Anwendung kommen.
Zunächst einmal stellt sich die Frage, was wir eigentlich vom Körper wissen? Was wissen die Ärzte? Sehr viel, gewiss, was seine Physiologie anbelangt, seine Funktionen, und die Behandlung von Krankheitsfolgen. Aber die besten unter ihnen geben sofort zu, dass sie nicht wissen, weshalb uns eine Krankheit trifft; warum der eine Krebs bekommt, der andere einen Herzfehler und wieder ein anderer die Zuckerkrankheit und all die anderen fremden, sogar rätselhaften Leiden, welche die menschliche Rasse heimsuchen. Und was soll man von den Tausenden von Männern und Frauen halten, die heutzutage unter mentalen und nervösen Erkrankungen leiden? Sind die Ursachen psychischer Natur oder liegen sie tiefer, vielleicht in unserer inneren Konstitution?
Paulus sagte über den Menschen, dass er einen „natürlichen oder physischen Körper“ habe und einen „spirituellen Körper“, Worte, die wir einfach mit „Leib und Seele“ übersetzt haben. Es sollte schlicht bedeuten, dass die Wurzeln des Menschen spirituell sind und sein Körper der Spielplatz der Seele ist. Aber in alten Zeiten – wie man der Literatur Griechenlands und Persiens, Ägyptens und Indiens entnehmen kann – glaubte man, dass der Mensch fünf, sieben oder sogar zehn Essenzen oder Energien besitzt, die alle aus dem göttlichen Zentrum oder dem Gott im Inneren emanieren. Man gab ihnen verschiedene Namen, mit denen man versuchte zu zeigen, dass der wahre Mensch unsichtbar ist und dass das, was wir sehen – das Physische – nur ein kleiner Aspekt von der flammenden Intelligenz ist, die den Menschen bildet.
Wir sind wie ein Eisberg, von dem nur ein Siebtel oder Zehntel sichtbar ist und dessen größter Teil unter der Oberfläche verborgen ist. Welch ausgezeichnete Analogie! Der maßgebliche Teil des Menschen unsichtbar, und deshalb ist es verwegen und gefährlich, uns in ein Gebiet hineinzuwagen, das für uns noch nicht kartiert ist.
Ab und zu hört man Berichte über Kranke, die auf eine normale medizinische Behandlung nicht reagieren, die aber durch die Anwendung von Yoga geheilt wurden. Dies löst natürlich das Interesse vieler Menschen aus, denn fast jeder hat die eine oder andere körperliche Schwäche.
Es ist vollkommen richtig, dass in der Anfangsperiode einer Behandlung mit Yoga das körperliche Leiden zurückgeht und die Vitalität wächst. Aber gerade darin lauert die Gefahr, die in der Potenz eine weitaus vernichtendere Auswirkung hat als die Folgen einer Atomexplosion. Als Rasse wurden wir nicht unterwiesen, den Unterschied zwischen dem Spirituellen und dem Psychischen oder zwischen dem Astralen und dem Physischen zu erkennen. Wenn wir durch Unwissenheit andere als die physischen Heilmethoden anwenden, ist die Chance groß, dass wir eine Tür öffnen und Kräfte der unsichtbaren Seite der Natur freisetzen; und wir sind ganz sicher völlig unvorbereitet, um mit diesen Kräften umzugehen.
In den letzten Jahrzehnten sind wir uns in zunehmendem Maße der vielen ungreifbaren Energien bewusster geworden, die durch die Materie wirken, und zwar so, dass unsere Gelehrten zögernd über ‘Anti-Gravitation’, ‘Anti-Protonen’ und von einer möglichen ‘Art der Materie der linken Hand’ sprechen, die das Gegenteil oder die Matrix sein könnten, auf welcher die materielle Welt aufgebaut ist. Wer durch eine forcierte und vorzeitige Entwicklung von psychischen und astralen Kräften versucht, den schützenden physischen Schleier zu zerreißen, vergisst, dass die Natur sowohl eine helle als auch eine dunkle Seite hat. Anstatt seine Aufmerksamkeit der Förderung des moralischen und spirituellen Wachstums zu widmen, wird er von der Faszination der niedrigeren Astralebene in Bann gezogen. Wer diesen natürlichen Schleier durch die Anwendung von Yoga vorzeitig transparenter zu machen versucht, ohne den Schutz einer intelligenten und moralischen Kontrolle, ruft das Unheil herbei, denn genau wie der Zauberlehrling werden wir nicht imstande sein, die Tür wieder zu schließen, die wir so unbesonnen öffneten.
Unlängst hörte ich von einem Patienten, der schon länger ein Leiden hatte, das es ihm unmöglich machte, seine Arbeit zu verrichten. Er hatte bereits viele Ärzte und Spezialisten konsultiert, die ihm allesamt nicht helfen konnten. Schließlich begegnete er jemandem, der Yoga-Therapie praktizierte und ihn behandelte. Sein Zustand besserte sich ziemlich schnell und allmählich konnte er wieder den ganzen Tag arbeiten. Dieser Mann, der Frau und Kinder hatte, für die er sich an erster Stelle verantwortlich fühlte, machte die Yoga-Übungen, weil er einfach keine andere Lösung sah und nahm die eventuellen Risiken mit in Kauf.
Man könnte sich fragen, ob er so falsch gehandelt hat. Die Natur ist streng in ihrer Gerechtigkeit, aber auch barmherzig; und wenn die Motive dieses Mannes wirklich selbstlos sind, wird das Übel, das er möglicherweise durch die Übungen hervorruft, durch den Einfluss der selbstlosen Seite seiner Natur gemildert. Man kann nur hoffen, dass die Übungen, die ihm vorgeschrieben werden, einfach bleiben und dass in seinem fundamentalen pranischen Gleichgewicht keine ernsthaften Beeinträchtigungen auftreten. Ich habe großes Mitgefühl für alle, die sich scheinbar zu bestimmten Schritten gezwungen sehen, weil sie die Dinge lediglich kurzfristig betrachten, die sie aber aus einer größeren Perspektive als unvernünftig einschätzen würden. Außerdem gibt es im Leben eines jeden Menschens Momente, in denen er handeln muss, auch dann, wenn er sich über die wahre Natur seines Problems nicht im Klaren ist oder wenn es bedeutet, dass er etwas opfern muss, auf das er großen Wert legt. Letztlich bestimmt das Motiv alles und wird die Waagschale entweder zu seinem Vor- oder Nachteil neigen.
Nein, ich verurteile die Anwendung von Yoga im Westen nicht nur, weil er importiert wurde und fremd für uns ist, auch nicht, weil er mit so wenig Sachverstand in unseren westlichen psychologischen Boden verpflanzt wurde. Aber gerade weil unsere Entwicklung sich in einer ganz anderen Richtung vollzieht als im Osten, können wir gar nicht sicher sein, dass die hinduistischen Methoden der Seelenkultur für uns geeignet sind. Es kommt noch dazu, dass die Yogis und Swamis, die hierher kommen, um zu unterrichten, wie aufrichtig sie auch sein mögen, in den meisten Fällen nicht viel mehr mitbringen als das Beiwerk einiger entarteter Kenntnisse – die Reste einer einst wahrhaft spirituellen Wissenschaft. Die Yogis des alten Indien besaßen große Kenntnisse bezüglich der feineren Energien, die im Menschen ihre Brennpunkte haben und die durch ihn wirken. Sie lehrten, dass das Ausüben von Yoga mit dem ausschließlichen Ziel, einen starken Körper zu bekommen, gleichbedeutend damit ist, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen. Für sie war Yoga an erster Stelle ein Prinzip der Reinigung und der Übung. Das einzige Ziel dieses Prinzips war es, die „Vereinigung“ zu erreichen (das ist die Bedeutung des Wortes Yoga) oder das Eins-Sein mit dem Göttlichen Selbst oder Ātman in uns. Wenn als Nebenprodukt der Körper gesund wurde, war das wunderbar, aber es war nie das Ziel.
Ich richte meine Worte gegen die falsche Anwendung dieser Praktiken durch östliche Yogis in unserer Zeit und auch durch westliche Anwender, die keine vollständige Kenntnis über die innere Konstitution des Menschen haben. Das Problem wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Lehren der Yogis im Kern nicht falsch sind, sondern dass sie auf Halbwahrheiten basieren, die nur teilweise verstanden und im Allgemeinen daher falsch angewendet werden. Der reine Yoga, so wie er in der Bhagavad-Gītā gelehrt wird, ist eine spirituelle Übung, die das Äußerste an Selbstaufopferung und Selbstbeherrschung verlangt und überhaupt nichts mit körperlichen oder psychischen Übungen zu tun hat.
Nun, wohin führt all das?
Es hat vielleicht den Anschein, als ob ich mich um die Schwierigkeit herumwinde, und das ist in gewissem Sinne auch der Fall, aber nicht ohne Grund. Was ich versuche, ist, das Bewusstsein zu erheben, damit wir den Menschen aus einer höheren Perspektive betrachten und nicht von einem Maulwurfshügel im Tal aus. Wie Sie bemerken, ist dies kein einfaches Thema, da wir es nicht nur mit dem physischen Körper zu tun haben – einem komplizierten, wunderbaren Instrument –, sondern mit einer ganzen Reihe unsichtbarer Energien, die durch den Menschen fließen. Energien und Kräfte, die sich nicht auf unser eigenes Wesen beschränken, sondern die in und durch die uns umgebende Natur fließen, andere menschliche Wesen einbegriffen.
Krankheiten spielen im Leben des Menschen eine wichtige Rolle, denn fast jeder hat oder bekommt damit in seinem Leben zu tun. Lange Zeit ging man davon aus, dass Krankheiten lediglich physisch verursacht werden, aber allmählich entdeckte man, dass auch psychische und andere Faktoren Krankheiten hervorrufen können.
Vom theosophischen Standpunkt aus gesehen haben alle Krankheiten, unabhängig davon, in welcher Form sie sich zum Ausdruck bringen, ihren Ursprung und ihr Ende im Denken. Ich spreche jetzt von Ursachen, denn die Folgen wirken sich natürlich im physischen Körper aus. Wir brauchen nicht die Einzelheiten zu kennen, wann und wie die Krankheit beginnt und auch nicht, welcher bestimmte Gedanke oder welche Tat sie entstehen ließ; aber wenn wir innerlich geduldig sind und ausreichend Ruhe haben, können wir meistens herausfinden, welche Eigenschaft der inneren Disharmonie der verursachende Samen gewesen sein könnte, der die äußere Störung schließlich verursacht hat. Wenn in unserer Lebensgeschichte die Folgen von Verfehlungen in der Vergangenheit schließlich die physische Ebene erreichen, entsteht automatisch eine Störung im Gleichgewicht, und diese Störung wiederum verursacht das Un-wohlsein. Es kann sich um eine lediglich zeitlich begrenzte Störung handeln, deren Ursache leicht auf einen emotionalen oder mentalen Zustand zurückzuführen ist. Aber wenn wir von einem ernsthaften Leiden oder von einer nicht heilbaren Krankheit getroffen werden, die scheinbar vom Himmel fällt, ist es wahrscheinlich, dass die Ursachen in einer fernen Vergangenheit liegen.
Alle heiligen Schriften lehren, dass das, was wir mit Gedanken oder Taten säen, einmal von uns geerntet werden muss; dass jeder Aktion eine damit übereinstimmende Reaktion folgt und dass es für jede Folge einmal eine Ursache gegeben hat. Daraus folgt, dass alles, was wir in diesem Leben erfahren, das Resultat der Qualität der Samen ist, die wir einst in das Feld unseres Denkens säten. Diese Samen werden zu ihrer Zeit in der Form von Freude oder Leid erblühen. Wenn wir nun Schmerzen empfinden oder uns unwohl fühlen, können wir erstens sicher sein, dass dies der wirksamste Weg der Natur ist, uns dabei zu unterstützen, dass wir unsere innere Gesundheit wieder ins Gleichgewicht bringen, und zweitens uns zu befähigen, auf der Leiter des Wachstums einen kleinen Schritt höher zu steigen.
Was geschieht nun aber, wenn wir in der Gesundbeterei Zuflucht suchen oder versuchen, das Leiden durch mentale Heilung oder Yoga-Therapie zu beheben, die, unter welchem Deckmantel auch immer, den Geist und den Willen des Patienten in falscher Weise beeinflussen? Vielleicht gelingt es, den Schmerz zu vertreiben. Aber ist damit das störende Element, das den Schmerz verursachte, recht behandelt worden und bekam es eine Gelegenheit, unseren Organismus zu verlassen? Oder wurde die Krankheit weiter nach innen zurückgedrängt, in eine subtilere Ebene unserer Konstitution, um später noch machtvoller wiederzukehren? Das sind Fragen, die wir uns äußerst ernsthaft stellen sollten.
Wenn ich krank wäre und die üblichen Mittel wie Ruhe und viel zu trinken keine Linderung brächten, würde ich einen zuverlässigen Arzt aufsuchen, zu dem ich Vertrauen hätte; und ich würde versuchen, mit seiner Hilfe meinen Organismus von Unreinheiten zu befreien. Unsere Ärzte behaupten nicht, dass sie alles wissen, und sie selbst sind die ersten, die das eingestehen; die Ärzteschaft besteht zum größten Teil aus aufrichtigen und ergebenen Männern und Frauen, die einen heiligen Eid ablegten, um mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu versuchen, Kranke zu heilen und das Leben zu bewahren. Selbstverständlich ist eine zu unachtsame und häufige Anwendung von Medikamenten gefährlich und sollte vermieden werden, vor allen Dingen in den Fällen, wo gesunde Methoden der Hygiene und Ruhe der Natur Gelegenheit geben können, den Heilungsprozess zu leiten und die gestörten Prāṇas zu ordnen.
Vergessen wir aber nicht, dass Karma uns in diesem besonderen Zyklus inkarnieren ließ, einem Zyklus in dem jeder Aspekt des menschlichen Könnens eine Umwälzung erlebt, auch die Heilmethoden. Alte Maßstäbe werden durch neue ersetzt, und obgleich die neuen nicht immer besser sind als die alten, hat die medizinische Wissenschaft enorme Fortschritte gemacht und hat durch ihre erstaunlichen Entdeckungen hunderttausenden von Männern und Frauen unsagbar viel Gutes gebracht. Das heißt nicht, dass wir, sobald wir krank werden, jedes neue Medikament ausprobieren müssen; sowohl auf diesem wie auch auf anderen Gebieten muss man sein Unterscheidungsvermögen gebrauchen.
Wenn wir gründlich darüber nachdenken, liegt die eigentliche Schwierigkeit vielleicht bei uns selbst. Die meisten von uns müssen unter Druck arbeiten, wir haben das Gefühl, dass wir es uns nicht leisten können, krank zu werden. Wenn dann doch etwas schief geht, muss eine Injektion mit der einen oder anderen kräftigen Medizin uns wieder rasch auf die Beine bringen. Wir haben kein sonderliches Interesse daran, uns selbst einmal gründlich zu beobachten, um herauszufinden zu versuchen, was die Ursache unserer Schwierigkeiten gewesen sein mag. Was wir brauchen sind nicht mehr Arzneimittel, sondern eine Tinktur von echtem, altmodischem, gesundem Menschenverstand, kombiniert mit der Wiederherstellung der spirituellen Werte. Wir müssen allmählich verstehen lernen, warum der Mensch hier auf Erden ist, was sein wahres Ziel ist und woher es kommt, dass das, was er denkt und fühlt, sein körperliches Wohlbefinden unmittelbar beeinflusst.
Es wäre natürlich ideal, sowohl für die Patienten wie für die Ärzte, wenn wir Meta-Ärzte würden, das heißt Ärzte für den ganzen Menschen und nicht nur für den Körper. Alles was der Arzt machen kann, ist die Diagnose der in Erscheinung getretenen Störung zu stellen, ein Gegengift zu verordnen und zu hoffen, dass der Körper stark genug ist, das Gift aus dem Körper zu schaffen.
Dies mag so sein und die heutige medizinische Wissenschaft (und auch wir) haben noch einen langen Weg vor uns. Ich würde dennoch lieber eine zeitlich begrenzte körperliche Störung infolge einer Überdosierung von Arzneimitteln erleiden, als mich dem so viel schädlicheren und langwierigen psychologischen Einfluss eines anderen zu unterwerfen – ob es sich dabei um einen Yoga-Therapeuten, einen Gesundbeter oder einen Geistheiler handelt, wenn sie auch alle mit den besten Absichten handeln. Wenn ein Arzt einen Fehler macht, kommt nur der physische Körper zu Schaden. Das ist der einzige Teil unserer ganzen Konstitution, der darunter leiden würde. Das wirkliche Selbst, das Element, das Geburt und Tod überlebt, bleibt unberührt und könnte sogar durch die Härte der Erfahrung gestärkt werden.
Ich muss gestehen, dass diese Argumente für diejenigen nicht sehr hilfreich sind, die von der Reinkarnation nicht überzeugt sind. Es ist nicht unser Ziel zu versuchen, die Reinkarnation zu beweisen. Wie jemand darüber denkt, ist seine eigene Sache. Aber es ist schwierig, über das Thema der Krankheiten zu sprechen, ohne es vom Standpunkt des reinkarnierenden Egos zu betrachten.
Nehmen wir zum Beispiel einmal an, dass ich an einer ernsthaften Krankheit leide und dass mein Arzt mir überhaupt nicht helfen kann. Ich fasse den Entschluss, einen Heiler aufzusuchen, um dort Erleichterung zu finden. Er erkennt, was mir fehlt und sagt, er könne mir helfen, wenn ich dies oder jenes tun würde. Es fängt alles ganz harmlos an, aber es kann ganz anders enden, möglicherweise werde ich die Folgen erst in der nächsten Inkarnation begreifen. Wenn ich es zulasse, dass irgendein Aspekt der psychischen Natur des Heilers oder des Yoga-Therapeuten sich mit meiner eigenen psychischen Natur verbindet, ist die Möglichkeit umso größer, dass ein negativer Einfluss zur Auswirkung kommt; wie unbewusst diese Beeinflussung auch sein mag, es befindet sich darin ein Element, das die Alten Zauberei oder schwarze Magie nannten. Das sind scharfe Worte, aber es ist höchste Zeit, dass wir uns die Warnungen zu Herzen nehmen, die durch Jahrhunderte überliefert wurden und die so überzeugend von dem Apostel Jakobus formuliert wurden, wenn er sagt, dass es eine „Weisheit gibt, die von oben ist“, die „rein … voller Gnaden und guten Früchten“ ist und eine andere „Weisheit, die nicht von oben kommt, sondern irdisch, sinnlich und teuflisch“ ist.
Was heißt das? Wir haben gesagt, dass alle Krankheiten im Denken ihren Ursprung haben; aber wo enden sie? Wir dürfen nicht vergessen, dass der Verstand in seiner Funktion eigentlich dual ist; das heißt nicht, dass er geteilt ist, sondern dass seine höheren Bereiche mit dem spirituellen und intuitiven Teil des Menschen verschmelzen, mit Buddhi oder dem ‘erleuchteten’ Aspekt, während seine niedrigeren Aspekte sich mit unserer Begierde und unserer leidenschaftlichen Natur verbinden. Daher können wir sagen, dass das Denkvermögen zwei unterschiedliche Charaktere in sich trägt: Der eine ist mit der „Weisheit, die von oben ist“, verwandt und der andere wird von dem, was „irdisch und sinnlich“ ist, angezogen. Das höhere Denkvermögen gehört zum unsterblichen Teil unserer Konstitution oder zum höheren, reinkarnierenden Element, das in zahllosen Leben seine Erfahrungen gemacht hat, und zwar während Millionen von Jahren, von dem Augenblick an, da die Menschheit sich zum ersten Mal ihrer selbst bewusst wurde und beschloss, sich den Weg zum Spirituellen zurück zu erkämpfen.
Wo haben nun Krankheiten ihren Ursprung? In uns selbst, in jenem Bereich des Denkvermögens, der andauernd „zum Irdischen“ hinabgezogen wird anstatt „empor“. Beim Fortschreiten der Zyklen und dem Immer-wieder-auf-Erden-geboren-Werden, sinken die Folgen unseres falschen Denkens allmählich bis in den äußersten Teil unserer Konstitution hinab, um am Ende mittels körperlicher Krankheiten einen Ausweg aus unserem Organismus zu suchen. Aus Disharmonie geboren, werden die Folgen der Fehltritte, wenn sie den Körper erreichen, automatisch Schmerz verursachen. Und weshalb? Um uns auf die einzige Art, zu der die Natur imstande ist – nämlich durch Leiden – mitzuteilen, dass irgendetwas irgendwo geändert werden muss.
Die Gefahr einer nicht natürlichen Genesung liegt an erster Stelle auf der inneren Ebene, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die unmittelbaren Wirkungen der Heilung dem Menschen oftmals viel schneller Erleichterung von den Folgen der Schmerzen bringen als die übliche Medizin. Aber genau das ist der springende Punkt: Wenn wir – anstatt einer Krankheit die Gelegenheit zu geben, sich durch unseren physischen Körper auf natürliche Weise auszuwirken – zu schnell geheilt werden, indem wir uns diesen sogenannten okkulten Heilmethoden unterwerfen, durchkreuzen wir möglicherweise den mitleidsvollen Plan der Natur. Eigentlich müssten wir sehr dankbar sein, dass die Krankheit, deren Kern in einer mentalen oder emotionalen Instabilität verborgen liegt, am Ende die physische Ebene erreicht, auf der wir die Ursache ein für alle Mal endgültig beseitigen können.
Lassen Sie körperliche Folgen mit der richtigen medizinischen Fürsorge auf der Ebene der Folgen behandeln, aber schauen Sie nach innen, um die Ursachen zu erkennen. Was wir auch tun, wir sollen die Umstände, die für uns eine Erfahrung bedeuten, nicht so hastig aus dem Weg räumen, dass der Wert des Schmerzes für uns nicht verloren geht. Letztendlich sind Schmerzen und Unbequemlichkeiten Wegweiser der Natur auf der Straße des Lebens, die uns immer wieder dazu zwingen, uns selbst zu prüfen und herauszufinden, wo wir in unserem Denken und in unserer inneren Haltung in die Irre gegangen sind. Indem wir den Schmerz durch die Anwendung von unnatürlichen und nicht-physischen Methoden unmittelbar beseitigen, bevor wir die Gelegenheit hatten, seine segensreichen Nebenwirkungen zu erfahren, berauben wir uns einer kostbaren Gelegenheit, gerade die Lektion zu lernen, die wir brauchen.
Manchmal scheint es, als müssten die besten Charaktere am meisten leiden. Wir alle haben Menschen gekannt, deren Leidensbecher, mental und körperlich, überzulaufen scheint und die sich trotzdem nicht schlecht fühlten. Sie weigern sich, dem Selbstmitleid zu erliegen und lassen sich deshalb nicht durch Umstände behindern, die weniger starke Seelen übermannen könnten. Ihre Schwierigkeiten sind für sie zweitrangig in Vergleich zu dem Wissen, dass sie – sobald sie die Laufzeit ihres Leidens zu Ende bringen, selbst wenn der Tod dazwischen kommt – in der Zukunft für einen größeren Dienst befreit und gestärkt sein werden. Vom inneren Standpunkt aus gesehen wird Schmerz für einen ernsthaften Schüler zum Schönsten, was es auf der Welt gibt. Nichts, auch nicht der Samen in der Erde, kann ohne Schmerzen wachsen. Intellektuell können wir das wohl einsehen, aber wenn es uns persönlich überfällt, vergessen wir es gerne. Dennoch ist es die einfache Arithmetik des reinen Okkultismus, die wir verstehen und festhalten müssen, wenn wir je das ABC unseres Daseins hier auf Erden begreifen wollen.
Es gibt noch eine andere Art von Leiden, das nur jene seltenen Wesen kennen, die freiwillig Leiden auf sich nehmen, damit anderen geholfen wird. Sie aber gehören einer Klasse an, die weit über dem Gewöhnlichen steht; und ihr Opfer wird mit Glorie gekrönt.
Fußnoten
1. Zusammenfassung eines „Gespräches am runden Tisch“, wiedergegeben in Sunrise, Heft 5/1960, Vorsitzender: James A. Long. [back]
Band 1: Was ist Theosophie?
Charles J. Ryan
Theosophie und Wissenschaft
Als H. P. Blavatsky dem Westen die Theosophie brachte, kritisierte sie die materialistischen Begrenzungen der führenden Wissenschaftler heftig und bot eine philosophische Betrachtung der Natur an. Ihre Lehren erschienen den führenden Wissenschaftlern jedoch so ungewöhnlich und unkonventionell, daß sie diese allgemein ignorierten. Die Wissenschaft befaßte sich damit, das westliche Denken von den kirchlichen Bindungen zu befreien und alles, was nach spirituellen Idealen aussah, wurde von ihr abgelehnt. Heute hat sich das geändert. Eine große Anzahl, vielleicht die Mehrzahl ihrer grundlegenden physikalischen Lehren, werden von den führenden Denkern entweder völlig angenommen oder sie werden ernsthaft erörtert und erforscht. Dieser Wandel wurde von H. P. B. vorhergesehen als sie feststellte, daß die Geheimlehre der Zeitalter, die von ihr in dem gleichnamigen Werk in großen Zügen dargestellt wurde, im zwanzigsten Jahrhundert anerkannt werden würde.
Es bedarf keiner Beweise, daß im Laufe dieses Jahrhunderts bedeutende Entwicklungen eintraten, welche die Tür zu weniger mechanistischen Interpretationen weiter öffneten, wodurch die Wissenschaft die Gelegenheit bekam, sich von dem groben Materialismus zu entfernen. Sachverhalte, die früher durch das wissenschaftliche Denken verneint wurden, wie beispielsweise die Existenz der Astralebenen und die Anwesenheit eines geistigen Prinzips hinter der stofflichen Erscheinung, sind nun Gegenstand ihrer Untersuchungen.
Die Theorien über die Zusammensetzung der Materie stellen ein bedeutendes Beispiel dafür dar, wie sich die gängige wissenschaftliche Auffassung durch den Einfluß der Alten Weisheit verändert hat. Es liegt noch nicht sehr weit in der Vergangenheit zurück, daß man das Atom als das kleinste und unteilbare Element annahm, aus dem aller Stoff besteht. Dieser Gedanke unterlag einer gewaltigen Veränderung. Von dem Atom, von dem durch wissenschaftliche Untersuchung mit modernen Hilfsmitteln bewiesen werden kann, daß es teilbar ist und aus Teilchen besteht, bleibt wenig ‘Stoffliches’ übrig. Es stellte sich heraus, daß die Bestandteile der Materie vielmehr ‘nicht-stoffliche’ Strukturen besitzen. In seinem Buch Der kosmische Reigen schreibt Fritjof Capra in Kapitel 15:
‘Die Untersuchung der subatomaren Welt im zwanzigsten Jahrhundert hat den aus sich selbst heraus dynamischen Charakter der Materie enthüllt. Sie hat bewiesen, daß die Bausteine des Atoms, die subatomaren Teilchen, dynamische Modelle sind, die nicht als isolierte Wesenheiten, sondern als Teilstücke eines unaufteilbaren Netzwerks von Wechselwirkungen bestehen. Die Wechselwirkungen umfassen einen unaufhaltbaren Energiestrom, der in sich das Austauschen von Teilchen manifestiert; ein dynamisches Wechselspiel, in dem unaufhörlich Teilchen geschaffen und vernichtet werden, in einer fortdauernden Variation von Energiemodellen. Die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen bringen die stabilen Strukturen hervor, die zusammen wieder die materielle Welt formen; aber auch die Strukturen bleiben nicht statisch, sondern oszillieren in rhythmischen Bewegungen. So verkehrt das gesamte Universum in unaufhaltsamer Bewegung und Aktivität; in einem fortdauernden kosmischen Energiereigen.’
In ihrem bereits 1888 erschienenen Werk Die Geheimlehre (Band I, 565 f.) schreibt H. P. Blavatsky:
‘Das Atom ist elastisch, folglich ist das Atom teilbar, und muß aus Teilchen oder Unteratomen bestehen. Und diese Unteratome? Sie sind entweder nicht-elastisch, und in einem solchen Falle sind sie dynamisch ohne Bedeutung; oder sie sind auch elastisch, und in diesem Falle sind sie ebenfalls der Teilbarkeit unterworfen. Und so fort ins Unendliche. Aber die unendliche Teilbarkeit der Atome löst die Materie in einfache Kraftzentren auf, d.h. sie schließt die Möglichkeit aus, die Materie als objektive Substanz vorzustellen.’
Vor einigen Jahren machte Semyon Kirlian in Rußland eine Entdeckung, die, wie zu erwarten ist, für die Heilkunde und die Landwirtschaft von Nutzen sein kann. Er fand eine Möglichkeit, die Biolumineszenz (Licht, das durch lebende Organismen hervorgebracht wird) zu fotografieren, welche die gesamte lebende Materie als eine Sonnenkorona umschließt. Seine eigene Hand, die auf diese Weise fotografiert wurde, sah aus wie ‘die Milchstraße an einem Himmel voller Sterne. Vor einem Hintergrund in Blau und Gold vollzog sich in der Hand etwas, das einem Feuerwerk ähnelte.’1 Bei weiteren Untersuchungen ergab sich, daß eine Münze aus Metall von einer anhaltenden Glut umgeben ist, während das frische Blatt einer Pflanze ein schillerndes Bild von flimmernden und schimmernden Funken aufzeigte. Wenn das Blatt verwelkt, wird das Licht statischer, bis die Energie-Impulse sterben. Großes Aufsehen erregte die Entdeckung, daß ein Blatt einer kranken Pflanze ein völlig anderes Bild zeigte als ein augenscheinlich identisches Blatt einer gesunden Pflanze, obwohl noch keine stofflichen Anzeichen von Krankheit erkennbar waren. Kirlian und seine Frau bemerkten zu ihrer Überraschung, daß das gleiche auch bei Menschen stattfindet, das heißt daß der Astralkörper Krankheiten anzeigt, bevor sie erscheinen: ‘Es schien so, daß lebende Dinge zwei Körper besäßen . . . Der Energiekörper schien nicht nur eine Ausstrahlung des stofflichen Körpers zu sein. Der stoffliche Körper schien auf die eine oder andere Weise widerzuspiegeln, was im Energie-Körper stattfand.’2
Ein weiterer Gesichtspunkt, den wir hier zur Sprache bringen wollen, ist der Unterschied, der früher zwischen Energie und Masse oder Kraft und Materie gemacht wurde. ‘Fester Stoff’ besitzt nach heutiger Auffassung eine Anhäufung von elektrischen Ladungen; das harte und unteilbare Atom scheint eine Welt starker Kräfte zu sein, die sich ständig in Bewegung befinden – eine theosophische Auffassung.
Auch die Evolutionstheorie darf nicht unbeachtet bleiben. Jeder denkt unmittelbar an Darwin, der im Jahre 1859 sein berühmtes Buch über den Ursprung der Arten herausgab.
Obwohl Darwins Evolutionstheorie lediglich die physische Umwandlung ohne intelligentes Ziel oder Leitung erklärte, war seine Arbeit doch insofern wertvoll, als daß sie dogmatischen Aberglauben auflöste und den Gedanken der Evolution im Gegensatz zur einmaligen Schöpfung allgemein populär machte. Aber sie war einseitig. Sie übersah die innere, unsichtbare aber sehr reale Essenz, die ihren Weg nach außen und vorwärts erzwingt und materielle Formen in höhere Zustände umwandelt, so daß jede Lebensform besser geeignet wird, die Kraft der Monade oder des Geistes zu offenbaren, wie sie sich aus dem unerschöpflichen Vorrat im Inneren entfaltet oder evolviert. Die Formen sind wie eine Leiter, auf welcher der wahre Bergsteiger emporklettert; die Sprossen sind nicht der Kletterer. Der Mensch ist ein Atom des Göttlichen Lebens, das zu voller selbstbewußter Göttlichkeit aufwärts steigt. Er ist durch viele Zustände der Materie gegangen, die weniger dicht waren als der physische Zustand. Diese ätherischen Zustände verlangten Körper von ähnlicher Art. Die Spuren hiervon liegen in dem Komplex der bereits besprochenen ‘Prinzipien’ verborgen. Die Transformationen des Embryos im Stadium vor der Geburt spiegeln einige davon kurz wider.
Die darwinistische Lehre der Abstammung des Menschen vom Affen liegt im Widerstreit mit dem theosophischen Gedankengut, daß nämlich die menschliche Rasse, als ein Ganzes betrachtet, die ursprünglichste aller Säugetierstämme auf der Erde ist, und daß die Affen teils vom Menschen, teils von tierähnlichen Wesen abstammen. Es ist interessant, auf den Anthropologen Louis Leaky zu hören, der darauf hinweist, daß die Abspaltung des Menschen von seinem ‘nächsten Zweig, dem Affen’ vor mindestens 20 Millionen Jahren stattfand. Daß er über den Affen als ‘Zweig’ des Menschen spricht, gibt seine Überzeugung – wie auch die Überzeugung anderer Anthropologen – wieder, daß sich der Mensch niemals aus einem Affen-Vorfahren entwickelte, sondern daß sowohl die Hominiden als auch die Pithekoiden aus einem gemeinsamen, noch unidentifizierten, Wurzelstamm entstanden.
In seinem Buch Nicht von den Affen [Not from the Apes, 1972] schreibt der finnische Anthropologe Björn Kurten, daß die Primatenfossilien selbst unmißverständlich davon zeugen, daß der Mensch niemals vom Affen abstamme, und daß es exakter sei zu sagen, daß die Affen und Menschenaffen von früheren Vorfahren des Menschen abstammten.
Auch Professor Björn Hupten von der Universität in Helsinki äußerte sich in diesem Sinne. In dem Magazin Daily Pilot, Orange County, Kal. vom 23. Oktober 1971, schreibt er:
‘Wir sollten uns selbst fragen können, ob es nicht die Affen waren, die von den Vorfahren der Menschen abstammten, anstelle der gegensätzlichen These.’
Schließlich wollen wir hier einige Zitate von Dr. Harlow Shapley3 anfügen. Er führte uns nicht nur zu den Grenzen neuer Gebiete und erweiterte unseren Horizont des Universums über die Milchstraße hinaus, er vertrat auch eine Auffassung von Evolution, die den gesamten Bereich des Kosmos bis zu den entlegensten Winkeln miteinbezog. Er sprach von der Injektion des ‘Bewußtseins’ in den Lebensprozeß, sozusagen als Stachel des Wachstums. Eine seiner Aussagen lautet wie folgt:
‘Die Menschheit ist aus Sternenstoff gemacht und wird durch universale Gesetze beherrscht. Der Faden der kosmischen Evolution läuft sowohl durch ihre Geschichte als auch durch alle Fasern des Universums – den Mikrokosmos der atomaren Konstruktionen, die molekularen Formen mikrokosmischer Organismen und den Makrokosmos höherer Organismen, von Planeten, Sternen und Milchstraßen. Die Evolution in den Systemen der Milchstraße und im Menschen setzt sich beständig noch weiter fort – und den Zweck können wir nur vage vermuten.’
– The View from a Distant Star
Mit dem Vorhergehenden haben wir auf eine deutliche Tendenz der Wissenschaft verwiesen, zu den ursächlichen Gebieten vorzudringen und sich nicht länger auf die äußere Natur zu beschränken, weil der Mensch in zunehmendem Maße erkennt, daß die äußere Natur lediglich die Manifestation innerer spiritueller Kräfte darstellt.
Theosophie und Wissenschaft sind keine getrennten, nebeneinander stehenden Größen. Die Wahrheit ist eins, sowohl religiös, philosophisch als auch wissenschaftlich.
Theosophie ist archaische Weisheit. Sie kleidet Natur, Struktur, Ursprung, Bestimmung und das Wirken des kosmischen Universums und aller darin lebenden Wesen in die menschliche Sprache. Die Wissenschaft, die versucht, das Leben und alle Naturerscheinungen zu erklären, sucht auf ihre Weise schließlich nach derselben Wahrheit. Wir schließen mit einem Zitat des östlichen Weisen Patañjali:
‘Das Universum, das sichtbare und das unsichtbare eingeschlossen … existiert für die Erfahrung der Seele und für ihre Befreiung.’
– Yoga Aphorismen, Yoga Sūtra, II, 18