Die Übersetzung und Herausgabe dieses Werkes ist für den Verlag von besonderer Bedeutung, da es sich hierbei um einen Auszug aus der einzigen uns bekannten Überlieferung der Alten Weisheitslehren vom afrikanischen Kontinent handelt. Ein glücklicher Zug des Schicksals brachte einen besonderen Menschen des Westens, Patrick Gillman Bowen* mit einem besonderen Lehrer dieser Region der Welt zusammen, dem Berber­philosophen und Lehrer Mehlo Moya. Mit großer Sicherheit gehen wir selbstverständlich davon aus, dass in Afrika noch viele weitere Überlieferungen existieren, um so wichtiger ist es aus der Sicht des Verlages, den LeserInnen diesen Beweis ihrer Existenz vorzulegen.

Die Sprüche des Alten

P. G. Bowen

Mit einer Einführung und erläuternden
Artikeln von P. G. Bowen

Beigefügt:

P. G. Bowens Artikel „Afrikas weiße Rasse“
aus The Theosophical Path, Ausg. xlii, Oktober 1932

Übersetzung der Originalausgabe
„The Sayings of the Ancient one“
von P. G. Bowen

sowie des Artikels aus der Zeitschrift
The Theosophical Path, „Africa‘s White Race“
Ausgabe XLII, Oktober 1932, S. 185-190

Übersetzt von Franz Schaaf und Armin Zebrowski

Copyright © 2023, alle Rechte vorbehalten

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Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier.

Papier: Munken Print Cream 1.5 150 g/m2

FSC Logo

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme:

Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei der Deutschen ­Bibliothek erhältlich.

ISBN PDF eBook: 978-3-940866-72-1

ISBN Paperback: 978-3-940866-74-5

Hergestellt in Deutschland.

Vorwort des Herausgebers

Die Übersetzung und Herausgabe dieses Werkes ist für den Verlag von besonderer Bedeutung, da es sich hierbei um einen Auszug aus der einzigen uns bekannten Überlieferung der Alten Weisheitslehren vom afrikanischen Kontinent handelt. Ein glücklicher Zug des Schicksals brachte einen besonderen Menschen des Westens, Patrick Gillman Bowen1 mit einem besonderen Lehrer dieser Region der Welt zusammen, dem Berber­philosophen und Lehrer Mehlo Moya. Mit großer Sicherheit gehen wir selbstverständlich davon aus, dass in Afrika noch viele weitere Überlieferungen existieren, um so wichtiger ist es aus der Sicht des Verlages, den LeserInnen diesen Beweis ihrer Existenz vorzulegen.

Bowens Leben ist gekennzeichnet von seiner tiefen Spiritualität. Er arbeitete und wirkte mit Menschen wie George Russell (A.E.), Dr. Kingsford, Charles Johnston, Stephen MacKenna, James Stephens, W. Q. Judge und vielen anderen. Gemeinsam brachten sie die bedeutende literarische Renaissance der irischen Literatur hervor.

Vor dieser Zeit, während des ersten Weltkrieges, verbrachte er bald 25 Jahre in Afrika, wo ihn sein Karma mit dem spirituellen Lehrer Mehlo Moya zusammenführte. Die Frucht dieser Begegnung ist das vorliegende Buch.

Die Kommentare und Erläuterungen Bowens, die sich dem Auszug aus der afrikanischen Tradition anschließen, können mit ihren sehr wertvollen Hinweisen und Anleitungen insbesondere für jene Menschen von außer­ordentlicher Bedeutung sein, die sich dafür entschieden und auch die dafür notwendige Reife und Haltung entwickelt haben, einen wahrhaft spirituellen Pfad zu wählen.

Gerne hätte der Verlag die übermäßige Verwendung von Auszeichnungen – Kursivierungen, Versalien, Kapitälchen und Kombinationen daraus – reduziert. Nach ­ein­gehender Prüfung sind wir aber Bowens Vorgaben gefolgt, die sich aus seinen folgenden Erläuterungen ergeben:2

Eine gewisse offensichtliche Exzentrizität im Stil dieser Übersetzungen bedarf der Erklärung. Das Isinzu-Manuskript, obwohl größtenteils in alphabetischer Schrift verfasst, wurde nicht vollständig verschriftet. In zahlreichen Fällen wurden Worte und Phrasen durch Symbole ersetzt … Aus diesen Gründen habe ich die Notlösung gewählt, ein Symbol, wann immer es auftritt, durch ein englisches Wort oder einen Satz mit einer analogen Bedeutung darzustellen, indem ich es je nach Bedarf als Eigennamen, kursiv oder in Kapitälchen usw. angebe, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich eine subtilere Bedeutung als üblich hinter dem Begriff verbirgt.

… Als sehr grobe, allgemeine Richtlinie kann gesagt werden, dass ein als Eigenname in Versalien geschriebenes oder kursiv gedrucktes Wort für eine Vorstellung steht, die mehr oder weniger analog zu seinem üblichen Sprachgebrauch ist, dabei jedoch eine höhere Ebene betrifft. Wenn es in Kapitälchen gedruckt ist, zeigt dies an, dass die Vorstellung nicht nur den spirituellen Bereich betrifft, sondern dass das diese Vorstellung enthaltende Bewusstsein spiritueller Natur ist. Zum Beispiel spricht „Der Schüler“ in seiner ersten Frage vom Pfad des Lichts, während „Der Alte“ in seiner Antwort vom Pfad des Lichts spricht, was zeigt, dass seine Vorstellung, obwohl sich beide auf dasselbe beziehen, eine spirituellere ist als die des Schülers. Damit muss der Schüler zufrieden sein und darauf vertrauen, dass seine eigene Intuition über ein besseres Verständnis verfügt.

Wir wünschen erhellende Einsichten aus der Lektüre dieses Werkes.

Armin Zebrowski Eberdingen, im April 2023

Einleitende Anmerkungen

Die drei in diesem Buch enthaltenen Fragmente tragen jeweils den Titel (1) Die Wildnis des Menschlichen Verstandes; (2) Der Pfad zum Menschsein; und (3) Die Vision vom Tempel und vom Teich. Es handelt sich dabei um Übersetzungen von Kapiteln oder Lektionen aus einem Band mystischer Schriften des Berberphilosophen und Lehrers Mehlo Moya. Mit Ausnahme einiger Erläuterungen in Berber und Arabisch ist der Band fast vollständig in Isinzu verfasst, einer der Philologie unbekannten archaischen Form des Bantu, auf dessen Grundlage sich vermutlich alle modernen Bantu-Dialekte entwickelten. Dieses Isinzu-Werk stellt seinerseits eine Übersetzung einiger sehr alter Aufzeichnungen dar, welche Mehlo Moya eigenen Angaben zufolge in einer unterirdischen Kammer in einer der alten zerstörten Städte des südlichen Afrikas fand. Ob es sich dabei um das bekannte Simbabwe handelt oder um eine andere, weniger bekannte Stadt, von denen es viele gibt, insbesondere in der Kalahari-Region, kann ich nicht sagen, denn mein Freund Mehlo Moya ist in dieser Angelegenheit sehr zurückhaltend. Mit ziemlicher Sicherheit kann gesagt werden, dass die Stadt demselben Zivilisationszyklus angehörte wie Simbabwe. Die Original­aufzeichnungen, die ich gesehen habe, sind für mich bedeutungslos, da sie auf Blättern aus pergamentartiger Haut, auf Tafeln aus Elfenbein und Knochen sowie auf Fragmenten aus Stein und Keramik in Symbolen und Hieroglyphen aufgezeichnet wurden, und ich kann daher nicht für die Richtigkeit der Übersetzung meines Freundes bürgen, obwohl ich nicht daran zweifle, dass sie im Wesentlichen korrekt ist.

Die Isinzu-Übersetzung ist in einer alphabetischen Schrift verfasst, mit der ich vertraut bin, nachdem ich sie vor vielen Jahren unter Anleitung eines anderen Lehrers, eines Kollegen von Mehlo Moya, erlernte.3 In ihrer gegenwärtigen Form hat sie einen Umfang von etwa einer halben Million Worten, und ins Englische übertragen würde sie eine ganze Million Worte umfassen. Sie besteht aus mehreren verschiedenen Abschnitten. Mehrere Hundert sehr kurze Kapitel machen etwa ein Viertel ihres Umfangs aus. Soweit ich sie verstehen kann, stellen sie eine Beschreibung der Geburt des Universums und des Menschen, deren Entwicklung und Schicksal in einer sehr mystischen Ausdrucksweise dar. Die Ausdrucksweise ist außerordentlich verschleiert, und das Verständnis wird durch die Tatsache noch weiter erschwert, dass in fast jeder Zeile Worte durch Symbole ersetzt wurden. Die Absicht ist tatsächlich, wie Mehlo Moya offen zugab, es jemandem wie mir unmöglich zu machen, die Kapitel in eine europäische Sprache zu übersetzen.

Ein weiteres Viertel des Bandes besteht aus Kommen­taren eines Lehrers – möglicherweise verschiedener Lehrer – zu den genannten Kapiteln. Teile dieses Kommentars sind einigermaßen verständlich, aber insgesamt betrachtet fast genauso schwierig wie die Kapitel selbst.

Der größte Teil der verbleibenden Hälfte des Bandes besteht aus verschiedenen okkulten und mystischen Lehren, hauptsächlich in Form von Gleichnissen und Allegorien, Mysterien-Dramen und Dialogen. Die in dem vorliegenden Buch übersetzten Fragmente sind ziemlich typisch dafür.

Der Band schließt mit einem Abschnitt, der eine Geschichte der Zivilisation zu sein scheint, zu der die ursprünglichen Aufzeichnungen gehörten.

Während Mehlo Moya mir gestattete, seine gesamte Übersetzung durchzulesen, durfte ich lediglich einige ausgewählte Teile kopieren oder übersetzen; und von diesen erlaubte er mir, lediglich die drei in diesem Buch enthaltenen zu veröffentlichen. Ob er in Zukunft die Veröffentlichung weiterer Teile zulassen wird, weiß ich nicht, aber ich denke, es wird davon abhängen, wie die gegenwärtigen Lektionen von Mystikern, Okkultisten und Theosophen aufgenommen werden.

Eine kurze Zusammenfassung des vermeintlich historischen Abschnitts könnte von Interesse sein:

Die Stadt oder Nation, zu der die ursprünglichen Aufzeichnungen gehören, soll in der Zeit „des Ersten Sonnenkreises in der Ersten Generation der Baumeister“ gegründet worden sein. Sie wurde von den ursprüng­lichen Menschen im „Einundzwanzigsten Sonnenkreis in der Einhundertsten Generation der Baumeister“ verlassen. Über die Aussage hinaus, dass der „Ort verbraucht war“, wird kein Grund für seine Aufgabe angegeben.

Es ist unmöglich zu entscheiden, wann diese Zivili­sation florierte, aber es gibt eine Reihe wichtiger Hinweise, die eine plausible Vermutung ermöglichen. Folgende sind typisch:

„Der Mächtige Altar, der die Mündung des Nordflusses in die Nordsee bewacht.“

„Das Nordland und sein Großer Altar.“

„Die Weisen, welche Weisheit von den Steinen des Altars des Nordens sammeln.“

„Im Ersten Sonnenkreis, in der Neunundvierzigsten Generation der Baumeister, gaben die Weisen dem Altar seine Gewänder und hoben den Schleier von seinen Augen.“

Sollten diese und zahlreiche ähnliche Sprüche nicht rein mystischer Natur sein, was zugegebenerweise höchst wahrscheinlich ist, können sie sich meines Erachtens auf nichts anderes als auf Ägypten und die Große Pyramide beziehen. Unter der Annahme, dass dies zutrifft, gibt das letzte Zitat einen Hinweis auf das Zeitalter, in dem die Zivilisation der „Baumeister“ florierte. Ihre „Generation“ scheint eine Zeitspanne von vierzig Jahren umfasst zu haben, denn obwohl ein „Neununddreißigster Sonnenkreis“ mehrfach erwähnt ist, wird nirgends eine höhere Zahl angegeben.

Einer Generation vierzig Jahre zugestehend und von dem allgemein akzeptierten Datum für die Fertigstellung der Pyramide ausgehend, nämlich 3350 v. Chr., wäre das Datum der Gründung der „Baumeister“-Stadt das Jahr 5310 v. Chr.; und 1390 v. Chr. wäre das seiner Evaku­ierung. Das ist natürlich reine Spekulation.

Die Aufzeichnung endet nicht mit dem Abgang der „Baumeister“. Als sie gingen, ließen sie eine „Familie von Weisen“ zurück, und diese und ihre Nachkommen oder Nachfolger fügten von Zeit zu Zeit neue Geschichten hinzu. Die späteren Einträge sind stark beschädigt und unvollständig, aber so wie sie sind, erwecken sie den Anschein, dass die Stadt oder die Städte der „Baumeister“ in den darauffolgenden etwa zweitausend Jahren von vielen verschiedenen Völkern besetzt und wieder bewohnt wurde, für welche die „Weisen“ Lehrer oder Priester waren. Die letzten Einträge sprechen von der Ankunft „Wilder, Dunkler Krieger aus dem Norden“ und von zunehmend gewaltigen Angriffen, die sie auf die Städte verübten. Dies scheint auf die frühen Einfälle von Bantu-Kriegerstämmen in das südliche Afrika hinzuweisen, und wenn das zutrifft, stammen die letzten Einträge aus vergleichsweise jüngerer Zeit. Die Berichte der Zulus über die Anzahl der Könige, die über sie herrschten seit ihre Vorfahren den Sambesi überquerten, und über die Dauer aller Regierungszeiten sind absolut eindeutig und genau; und sie zeigen, dass die Bantus aus dem Osten Südafrika nicht vor der Mitte des 17. Jahrhunderts erreicht haben konnten. Frühe portu­giesische Kolonialaufzeichnungen unterstützen meine Einschätzung, da das „Reich von Monomotapa“ vielfach erwähnt wird, welches sich in Simbabwe befand. Wer Monomotapa und sein Volk waren, ist nicht näher bekannt, aber sie waren sicherlich keine Bantus.

Den „Dunklen Kriegern“ gelang es schließlich, die Städte einzunehmen, und sie zwangen die „Weisen“, sich „nach Osten und Norden“ zurückzuziehen, nachdem sie zunächst ihre Aufzeichnungen verborgen hatten, die sie nicht mehr sicher transportieren konnten.

Die von mir angefertigten Übersetzungen geben nicht vor, mehr als eine grobe Annäherung an die Originale zu sein. Eine echte Übersetzung derartig schwer verständ­licher und deutbarer Ideen ins Englische oder in eine andere europäische Sprache aus einer Sprache, deren Struktur so fremdartig ist wie die des Isinzu, ist fast unmöglich. Neben den Sprachschwierigkeiten gibt es noch weitere Probleme: In dem gesamten Werk wurden Worte und Phrasen häufig durch Symbole ersetzt, und ein Großteil des Werkes, einschließlich der Teile, mit denen ich mich befasste, ist Poesie oder hochpoetische Prosa.

Ich habe mich, glaube ich, mit bescheidenem Erfolg bemüht, durch die Verwendung einfacher, fast biblischer Prosa etwas vom Rhythmus und von der Atmosphäre des Originals zu vermitteln oder zumindest anzudeuten und seine Weisheit somit zu bewahren. In Bezug auf Letzteres bin ich zufrieden, dass es mir gelungen ist, so weit es möglich war; und wenn auch nur ein schwacher Geschmack des Ersteren den Leser erreicht, werde ich damit ebenfalls zufrieden sein.

Die Wildnis des
Menschlichen Verstandes

Die Worte des Alten an die Neophyten im Verborgenen Tempel der Verborgenen Sonne. Gesprochen im Dreizehnten Mond des Siebten Sonnenkreises in der Siebenundsiebzigsten Generation der Baumeister.

Der Alte sagte:

Es gibt drei Fragen, welche die Vielen stellen, aber nur die Wenigen können sie beantworten. Diese sind:

Woher Kommen Wir ?

Was machen Wir Hier ?

Wohin Gehen Wir Danach ?

Das Leben stellt diese Fragen, aber nur das Leben selbst kann sie beantworten, denn Weisheit und Leben sind zwei Namen für ein und dieselbe Sache. „Was bist du?“, fragt der Mensch das Leben.

Das Leben antwortet: „Ich bin alles, was du weißt, ich bin alles, was du gewusst hast, von dem du aber denkst, du hättest es vergessen. Ich bin alles, was du noch erlernen musst. Ohne mich bist du nichts, denn ich bin dein Selbst.“

Beachtet meine Geschichte, Oh Schüler, denn es ist eure eigene. Ich kenne ihren Anfang, ihre Mitte und ihr Ende; ihr aber kennt nur seine Mitte, und das nur schwach: Deshalb habt Acht und lernt.

In meiner Jugend lebte ich in einem Garten mit meinen Brüdern, deren Gesichter mein eigenes widerspiegelten, geschützt von der Liebe eines Vaters, dessen Gestalt wir niemals schauten: Und wir kannten weder Streit noch Trauer noch Schmerz noch irgendein menschliches Verlangen. Wir gingen und spielten an den Ufern eines Teichs, dessen Wasser so klar wie Kristall schimmerte und so kalt war wie der ewige Schnee, der die ­Mächtigen Berge krönt. Wenn wir müde waren, schliefen wir inmitten von Baumhainen mit gefiederten Bögen und weichen, glänzenden Blättern und mit goldenen Früchten, die der Teich in Schönheit widerspiegelte, welche die Schönheit selbst verhüllte.

Doch meine Brüder und ich nahmen diese Herrlichkeit nicht wahr, denn wir waren der Garten und seine Schönheit. Wir sahen die Bäume nicht, denn wir brauchten keinen Schatten. Wir sahen die Früchte nicht, denn wir verspürten keinen Hunger. Wir sahen den Teich nicht, denn wir waren nicht durstig. Wir kannten den Garten nicht, denn wir sehnten uns nicht nach Besitz. Wir waren der Garten und der Teich und die Frucht und die Bäume; und sie waren wir selbst.

Doch eines Tages erreichte die Stimme unseres unsichtbaren Vaters mein Ohr und sagte: „Mein Sohn, du bist der Garten und du selbst, aber du kennst weder den einen noch den anderen. Bevor du dich selbst erkennen kannst, musst du dich selbst zum Herrn des Gartens machen; und bevor du sein Herr wirst, musst du den Garten ausfüllen. Hinter unserem Haus liegt eine Wüste, die den Garten umgibt und die du mit deiner Starken Hand ergreifen, erobern und zu deinem Eigen machen musst. In ihrem brennenden Sand liegt ein Teich, den du mit deinem Starken Herzen suchen musst; und wenn du ihn gefunden und bezwungen hast, wirst du als Herrscher über dieses Königreich regieren.“

Ich ging in die Wüste hinaus und wanderte dort eine Zeit lang müde umher; und ich lernte Hunger, Durst und Schmerz kennen und vergaß den Frieden, der einst mein war. Das Land war eine Böse Wildnis; und doch war es mit Menschen erfüllt; und ich wusste, dass sie meine Brüder waren und umherwandernde Söhne des Gartens. Verwundert betrachtete ich diese Brüder, denn sie schienen blind zu sein für ihre Sorgen: Sie bemühten sich nicht, dieses karge Land zu verlassen, sondern banden sich eng daran, türmten mächtige Werke auf, bauten Städte und schnitten Straßen in die Landschaft, bis alles ein riesiges Labyrinth war. Von den Straßen, die sie machten, verlief jedoch keine direkt zu irgendeinem Ziel, sondern sie drehte und wendete sich und erreichte nichts außer Verwirrung.

Ich sah Menschen mit Karten und Werkzeugen in den Händen, die sich ängstlich im Kreis herum bewegten, in der Erde suchten und gruben; und ich befragte sie, und sie antworteten: „Wir suchen nach dem Verlorenen Land des Wissens“; und jene, die in der Erde gruben, antworteten: „Wir graben nach dem Brunnen der Wahrheit.“

Es schien, als ob diese Brüder das suchten, was auch ich suchte, und ich machte mich zu einem der ihren, um sie bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Doch nach vielen Tagen erkannte ich, dass unsere Arbeit vergeblich war: Sie brachte uns nichts ein als tief ausgefahrene Spuren und Gruben, in die sich die Menschen verirrten und in die sie hinein stolperten und aus denen sie nur unter Schmerzen und mit noch mehr Arbeit entkamen, und viele entkamen gar nicht mehr.

Ich gab diese sinnlose Arbeit auf und sagte: Ich werde einen Führer suchen, einen Menschen der Weisheit: Es muss einen solchen geben, der den Weg zum Verlorenen Land weisen wird. Dann sah ich ein Haus aus dunklem Rotem Stein und einen Mann in einem Purpurroten Gewand, der Wache hielt an seiner Tür. Der Mann trug einen Stab aus diesem heiligen Holz, das meine Verlorenen Brüder Autorität nannten; und er hielt ihn hoch, als ich mit ihm sprach und ihm von meiner Not erzählte. Er lächelte und sagte: „Hoffe, mein Sohn! Siehe, du hast deinen Führer gefunden, denn ich halte den Pass zum Verlorenen Land der Erkenntnis und bewache den Brunnen der Wahrheit.“

Er legte einen Purpurroten Schleier auf meinen Kopf und führte mich ins Haus und eine steile Treppe hinunter tief in die Eingeweide der Erde. Und wir kamen in eine riesige Höhle, in der sich dichte Schatten sammelten, und der Boden unter den Füßen war ein widerlicher Morast, überwuchert von blassen Flechten und giftigem Unkraut. „Dies ist das Land des Wissens“, sagte mein Führer, „und dort liegt der Brunnen der Wahrheit.“

Ich watete durch den feuchten Morast und trank aus dem Teich, den ich in seiner Mitte vorfand; aber das Wasser war faulig vom Schlamm und vom Schleim, und mein Durst wurde nicht gestillt.

Dann drang die Stimme meines unsichtbaren Vaters deutlich an mein Ohr: „Suche mit Starkem Herzen und ergreife mit Starker Hand, mein Sohn“, und ich stand auf und ging aus dem Roten Haus und richtete meinen Blick auf die Wüste.

Hunger, Durst und Müdigkeit überfielen mich, als ich suchte; und ich suchte nach einer starken und freund­lichen Hand, um mir auf meinem Weg behilflich zu sein: Und so kam ich zu einem Haus aus reichem Purpurstein und sehnte mich nach der Hilfe des Mannes, der seine Tür bewachte. Der Mann war in ein Lilafarbenes Gewand gekleidet und hielt einen großen Stab der Autorität hoch. „Du bist weise, meine Hilfe gesucht zu haben“, antwortete er, „denn ich bin der Hüter der Wahrheit und des Wissens.“

Er umwickelte mich mit einem lilafarbenen Schleier und führte mich zur Tür eines dunklen Gewölbes; dann zeigte er mit seinem Stab nach vorne und befahl mir folgende Bewegungen: „Gehe sieben Schritte vorwärts und dann drei rückwärts. Gehe sieben Schritte nach rechts und verneige dich bei jedem deiner Schritte. Die Tore des Wissens sind niedrig, sehr niedrig, also verbeuge dich tief, sehr tief. Folge deinen Schritten wieder zurück und verhalte dich so wie zuvor. Dann mache vier Schritte zurück und knie dich auf den Boden.“

Ich tat, wie mir befohlen war, stand dann auf und sah mich um; und ich sah, obwohl nur schwach durch meinen Schleier, einen riesigen Raum, der von Bäumen umgeben war. Der Boden war hell bedeckt mit wunderschönen Blumen, und eine funkelnde Fontäne spielte vor mir. Ich eilte zum Brunnen und trank einen großen Schluck seines Wassers; dann wusste ich, dass es kein Wasser war, sondern warmer, gewürzbeladener Wein. Ich warf den Schleier von meinem Kopf und sah mich wieder um; und ich erkannte, dass das Gras und die Blumen und die Bäume nichts als gemalte Bilder waren.

Dann erinnerte ich mich an die Gebote meines Vaters und an den Garten und den Teich und die Bäume und die Früchte; und ich verließ das Lilafarbene Haus und stellte mich allein der Wüste.

Wieder erfüllten Zweifel mein Herz, und die Kraft verließ meine Glieder, und ich suchte nach einem weisen und mächtigen Führer, der meine stockenden Schritte leiten konnte. Und ich kam zu einem Haus aus Kristall, das vor lauter Juwelen glänzte, und ich bat den Mann an seiner Tür, mir auf meinem Weg zu helfen. Der Mann war in ein wunderschönes Gewand mit vielen prächtigen Farben gekleidet; und er winkte mir mit einem milchweißen Zauberstab vom Heiligen Baum der Autorität zu: „Mein Sohn, komm’ herein und ruhe dich aus“, sagte er und nahm mich an der Hand. „Ich erbitte keinerlei Dienst, außer dass du die Kleider trägst, die ich dir geben werde.“

Er kleidete mich in strahlende Gewänder und beschattete meine Augen mit seltsam gefärbten Kristal­len; dann half er mir sanft vorwärts und ließ mich in einem wundersamen Garten allein zurück. Der Ort war seltsam und lieblich und voller wechselnder Geheimnisse; endlose Ausblicke auf Bäume und Blumen erstreckten sich zu allen Seiten. Zwischen den Bäumen befanden sich unzählige Seen, die in nebliger Schönheit leuchteten; und mit freudigem Herzen rannte ich zu einem von ihnen, um meinen Durst mit seinem Wasser zu stillen.

Dann prallte ich im vollen Lauf auf eine kalte, harte Barriere, die sich vor meinen Füßen erhoben hatte, und zerschrammt und fassungslos stürzte ich hin: Die herrliche Landschaft war zerbrochen. Um mich herum schien es nichts zu geben, außer einem Chaos wechselnder Farben und riesiger, spöttischer Formen. Ich erhob mich, riss das Gewand von meinem Körper und riss die ­Kristalle zornig von meinen Augen, und ich sah, dass ich in einem engen Hof mit Wänden stand, die alle mit Spiegeln behangen waren. Die herrliche Aussicht auf wiegende Bäume stammte von nichts anderem als einem Gewirr kränklichen Unkrauts. Die unzähligen glitzernden Seen waren nichts als ein paar seichte, abgestandene Pfützen.

Wieder drang die Stimme meines Vaters deutlich an mein Ohr: „Stelle dich der Wüste mit Starkem Herzen, mein Sohn“, sagte sie. „Ergreife das Verlorene Königreich mit deiner Starken Hand, denn nur so wirst du das Königtum erlangen.“

Dann ging ich in die Wüste hinaus und setzte mein Herz daran, sie zu erobern und bat niemanden mehr um Hilfe. Ich wandte mein Gesicht von den Wegen der Menschen ab und meine Augen von ihren törichten Werken. Ich reiste allein durch den Wüstensand, bis der Hunger mein Fleisch geschmolzen und der Durst die Quellen meines Lebens ausgetrocknet hatte und der Tod dicht hinter mir herging, seine Hand ausgestreckt, um mich zu ergreifen. Aber seine Finger ergriffen mich nicht, obwohl sie mich oft berührten, denn obwohl ich immer wieder ohnmächtig wurde und fiel, erhob ich mich wieder, immer und immer wieder. Immer wieder fand ich im Tau der Nacht, in einem Rinnsal inmitten des brennenden Sandes, im hohlen Herzen der Wüstenblume, genug reines, kaltes Wasser, um erfrischt weiterzugehen.

Aber ich fand weder Land noch Teich, die ich suchte, und schließlich war ich mit meiner Kraft am Ende. Meine Gewänder waren in Fetzen zerfallen, und meine Füße steckten in zerrissenen Sandalen. Die Wüstennacht stand mir bevor. Dunkelheit und Stille umgaben mich. Ich schwankte und fiel auf die Erde hin, und ich dachte bei mir, jetzt würde ich sterben!

Lange lag ich da wie ein Toter: Dann, siehe da! Meine ausgestreckten Hände berührten weiches und taufeuchtes Gras. Wohltuender Blumenduft erfüllte meine Nase und ein angenehmes Rauschen von Wasser meine Ohren. Ich schlug die Augen auf und erkannte, dass ich an einem Ort des Lichts und der Schönheit lag: Juwelenbesetztes Gras und fruchtbehangene Obstbäume erstreckten sich zu allen Seiten. Aus der Mitte der Lichtung schimmerte ein tiefer, kühler See zart im goldenen Sonnenaufgang; und die azurblaue Luft über mir entzückte mit dem Gesang strahlendgeflügelter Vögel.

Ich erhob mich, stürzte mich in den Teich und trank eine Fülle des süßen, kalten Wassers; und die Kraft kehrte in meinen Körper zurück, reines und junges Fleisch bekleidete meine welken Glieder. Dann stand ich nackt am Rande des Sees und streckte meine Arme zum Himmel und zur Sonne aus; und blickte auf die Bäume und die Blumen und das Land wie ein Neugeborener auf die Erde.

Mein Blick fiel auf eine riesige Säule, die am Ufer des Sees stand und im Licht der Morgensonne wie ein Silberner Berg schimmerte. Auf jedem Gesicht der Säule waren Zeichen in den Stein eingraviert, und ich näherte mich ihnen und untersuchte sie, und dies waren die Worte, die ich las.

Auf dem der Wüste zugewandten Gesicht der Säule las ich die Worte:

Draußen ist Die Wildnis des
Menschlichen Verstandes.

Auf jenem dem Fruchtbaren Land zugewandten Gesicht las ich:

Hier Liegt die Oase des Wissens.

Auf dem Dritten Gesicht, das auf den See blickt, las ich:

Der Teich der Wasser der Wahrheit.

Ich schaute auf das Vierte Gesicht auf der Säule, aber meine Augen versagten mir den Dienst, denn dieses Gesicht schien in alle Richtungen gleichzeitig zu weisen. Ich wollte die Worte lesen, von denen ich wusste, dass sie darauf eingraviert waren, konnte sie aber nicht entziffern. Ich wandte mich ab und hörte eine Trompetenstimme aus der Erde, dem Wasser und der Luft rufen und sagen:

Das Königreich ist Noch Nicht Gewonnen.

Da wusste ich, dass meine Arbeit noch nicht vollendet war, denn obwohl ich selbst errettet war, waren meine Brüder doch verloren. Und ich überlegte, dass ich in die Wildnis zurückkehren und das Los der Verlorenen mit Wasser aus diesem Teich, den ich gefunden hatte, erhellen würde.

Ich baute einen Kanal von dem See durch das Wüstenland; und ich grub tiefe Brunnen in den Städten, um das Wasser der Wahrheit zu speichern. Ich nannte mich selbst den Wächter des Wassers und rief die Durstigen zum Trinken auf, und viele kamen auf mein Gebot hin und tranken, wie ich sie anwies.

Dann wunderte ich mich, denn ich sah, dass alle, die kamen, unerfrischt abreisten, und ich schmeckte das Wasser meiner eigenen Brunnen und fand es warm und salzig.

Dann plante ich, von den Städten aus eine Straße zum Teich zu bauen, um den Weg für die Füße meiner müden Brüder leicht und eben zu machen; doch als ich meine Straße gebaut hatte, kehrten alle, die sie benutzten, wieder in die Städte zurück und beschimpften mich als Betrüger. Ich wunderte mich sehr darüber und machte mich auf den Weg, den ich mir ausgedacht hatte; doch ich stellte fest, dass tatsächlich kein Weg existierte, denn der Sand hatte ihn verschluckt.

Und schließlich erblühte die Weisheit in meinem Herzen, und ich erkannte, dass Wissen und Wahrheit niemals auf einfache und angenehme Weise erreicht werden können: Sie können niemals durch eine List des menschlichen Geistes gefunden werden. Die Wahrheit Muss Durch die Kraft der Herzens Erreicht Werden; und das Wissen muss mit der Kraft der Hand Ergriffen Werden.

Ich stand auf und kehrte zu der Oase und dem Teich zurück; und die Augen meines Wahren Wesens öffneten sich und betrachteten die Säule; auf jenem Gesicht, das gleichzeitig in alle Richtungen weist, sah ich folgende Worte eingraviert:

Ich bin der Garten der Ewigen Weisheit.

Ich betrachtete diese Schönheit im Goldenen Licht der Weisheit; und voller Liebe und Entzücken wurde mir bewusst, dass ich mein Königreich gefunden hatte: Der Garten war die Heimat von Vater, Söhnen und Brüdern, und Ich War Jetzt Sein Herr.

Sehet meine Geschichte, Oh Schüler, denn diese Geschichte ist eure eigene. Ihr seid Söhne des Gartens und Bewohner der Wildnis. Ihr seid Erben des Gartens, aber erst wenn ihr die Wildnis erobert habt, werdet ihr das Verlorene Land verlassen und euer Erbe erhalten.

Mit eurem eigenen Mut müsst ihr der Wüste trotzen. Durch eure eigene Stärke müsst ihr ihre Gefahren überwinden. Hunger und Durst dürfen euch nicht entmutigen. Gefahr, Schmerz und Müdigkeit dürfen eure Schritte nicht bestimmen. Wenn ihr fallt, müsst ihr euch ohne fremde Hilfe wieder erheben und weiterschreiten, ohne an Ruhe zu denken. Denn es gibt weder Ruhe noch Hilfe noch Ausweg im Kampf in der Wildnis des Menschlichen Verstandes.

Der Pfad zum Menschsein

Der Schüler fragte:

Sag mir, Oh Alter, was ist die Natur des Pfades des Lichts, und wie kann sich ein Schüler darauf vorbereiten, ihn zu betreten?

Der Alte sagte:

Der Pfad des Lichts ist steil und schmal. Wer ihn betreten will, muss Mensch sein. Sein Tor wird von einem Riesen versperrt, der nur Bewährte Krieger passieren lässt.

Der Schüler fragte:

Was sind die Merkmale des Menschen, Oh Alter, und inwiefern zeichnet sich der Krieger durch Mut aus?

Der Alte sagte:

An Vier Kennzeichen kann der Mensch und der Krieger erkannt werden, Oh Sohn. Und das sind sie:

1. Er sieht das, was selbst der Geier nicht sehen kann, denn die Leiden der Kinder haben seine Augen mit Tränen getrübt.

2. Er hört das, was selbst der Wüstenbussard nicht hören kann, denn die Rufe der sich bekriegenden Stämme der Welt haben seine Ohren betäubt.

3. Im Rat der Alten spricht er mit Klängen wie die Noten einer Goldenen Posaune, denn auf das Kriegsgeschrei seiner Feinde kann er nicht flüsternd antworten.

4. Am weiten Ufer des Flusses des Blutes trotzt er den Fluten und steht nackt, rein und furchtlos vor den versammelten Alten.

Der Schüler fragte:

Sag mir, Oh Alter, kann ein schwaches und ängst­liches Kind jemals hoffen, zum Menschsein heranwachsen zu können?

Der Alte sagte:

Alle können zum Menschsein gelangen, Oh Sohn, wenn sie nur den Spielplatz der Kindheit verlassen und den Pfad des Wachstums betreten wollen.

Der Schüler fragte:

Wie kann ich den Pfad des Wachstums beginnen und wie ihm folgen, wenn ich ihn gefunden habe?

Der Alte sagte:

Der Weg des Wachstums wird in Drei Schritten erreicht: Höre, was ich darüber sage, und befolge meine Anweisungen:

1. Arbeite immer wie jemand, der für eine gut erledigte Aufgabe eine königliche Belohnung erbittet. Finde deinen Lohn jedoch immer in der Fortsetzung der Arbeit und niemals in deren Beendigung.

2. Freue dich, wenn dein Los glücklich ist, doch erweist es sich als elend, freue dich ebenso. Freude und Traurigkeit sind deine von Geburt an miteinander verbundenen Zwillingssklaven, und sie müssen dir entweder gemeinsam oder gar nicht dienen.

3. Liebe das Leben, denn es ist der Große Lehrer; aber liebe auch den Tod, denn er ist das andere Selbst des Lebens, das dir allein nichts beibringen kann.

Der Schüler sagte:

Ich sehne mich danach zu wachsen, Oh Alter. Doch mein Herz bittet mich, mich von diesem von dir beschriebenen Weg abzuwenden und an die Enden der Welt zu fliehen.

Der Alte sagte:

Wahr, Oh Sohn, denn ein Fluss des Giftes, das alle wachsenden Dinge verdorrt, entspringt im Herzen des Kindes. Seine Wasser überfluten den Pfad des Wachstums und lenken die Füße des Wandernden in die Ödnisse des Lebens. Er entspringt sowohl dem Herzen des eifrigen Pilgers als auch dem Herzen des Kindes, und wenn er ungehindert fließt, wird er den Pfad zum Menschsein versperren. Wenn du diesen Pfad beschreiten willst, Oh Schüler, musst du dieses Gift aus deinem Herzen saugen: Und das Herzleben wird verdorren und vergehen wie ein Haus aus Sand, das vom Wüstenwind getroffen wird. Alle müssen diese Prüfung bestehen, Oh Kind, die den Weg zum Menschsein beschreiten: Entscheide dich daher, ob du dich ihr stellen oder ein hilfloses Kleinkind bleiben willst.

Der Schüler sagte:

Ich fürchte mich nicht. Doch sag’ mir kurz, Oh Weiser Vater, wann ich mich auf diese Prüfung freuen darf. Wenn sie nahe ist, kann ich sie in meiner Schwäche ertragen? Wenn sie noch fern ist, habe ich die Kraft, voran­zukommen und ihr zu begegnen?

Der Alte sagte:

Niemand kann sagen, wann die Prüfung kommen wird. Sie kann dich auf Deinen ersten Drei Schritten treffen, oder sie kann an der Schwelle zum Menschsein in einem Hinterhalt lauern. Doch denke überhaupt nicht darüber nach, mein Sohn, denn tatsächlich ist sie lediglich ein Schritt auf dem Pfad. Konzentriere dich auf jeden Schritt, während du ihn ausführst, und keiner wird schwerer erscheinen als alle anderen.

Der Schüler sagte:

Der Pfad des Wachstums und der Weg des Leidens scheinen dasselbe zu sein, Oh Vater. Doch sage mir, hat das Leiden wirklich niemals ein Ende?

Der Alte sagte:

Du reist auf einer endlosen Straße, Oh Schüler, wenn du auf dem Weg der Menschen gehst; denn du schaust zurück und siehst, dass sie keinen Anfang hat, und du schaust nach vorn und erkennst, dass sie kein Ende hat. Schaue daher weder zurück noch nach vorne, sondern richte deine Augen auf jeden einzelnen Schritt, während du ihn ausführst. Dann wirst du feststellen, dass die Straße nur so lang ist wie der Schritt. Menschen wandeln auf dem Pfad der Zeit, Oh Kind, und sie trauern um die Vergangenheit und fürchten die Zukunft: Tilge alle Gedanken an Vergangenheit und Zukunft, und das Leiden existiert nicht mehr für dich.

Der Schüler sagte:

Ich vertraue deiner Weisheit, Oh Vater; doch deine Worte sind beängstigend zu hören, denn wie kann das Leben ohne Erinnerung an die Vergangenheit oder eine Vision der Zukunft weitergehen?

Der Alte sagte:

Trenne die Vergangenheit ab und schließe die Zukunft aus, und du verlässt das Leben der Welt der Menschen; doch wenn das Leben der Welt verblasst, wird das Licht der Ewigkeit in deinen Augen erstrahlen. Jetzt ist die Ewigkeit, Oh mein Sohn! Angst und Leid haben dort keinen Platz. Die Nebel vom Fluss des Giftes verbergen die Sonne des Ewigen Tages nicht.

Der Schüler sagte:

Deinen Worte erwecken meinen Mut wieder, Oh Vater. Lass deine Weisheit mich noch weiter erleuchten.

Der Alte sagte:

Von Drei sicheren Schritten habe ich gesprochen, Oh Kind, und von anderen, deren Anzahl du lernen wirst, wenn du sie nimmst. Höre jetzt, was ich über Vier weitere Schritte sage, und profitiere von dem, was du hörst.

1. Betrachte deine Fünf Sinne als Steuereintreiber eines Königs, denn sie bringen dir den Tribut vom Reichtum deines Königreichs; aber hüte dich davor, dich von dem, was sie einsammeln, täuschen zu lassen und darüber zu vergessen, dass das nur der Zehnte ist.

2. Freue dich, dass du der Same bist, aus dem ein Mensch erwachsen kann. Dann wende dich dem Buch der Natur zu, und lies dort folgende Lektion:

Siehe den Samen, der zu gegebener Zeit zu einer hohen Palme heranwachsen wird! Während er noch ein Sämling ist, kämpft er sich nicht weiter vor als bis zur Oberfläche des Bodens, denn die Wüstensonne würde ihn verbrennen und der Wüstenwind seinen Lebenssaft aussaugen. Bis er tief und fest eingebettete Wurzeln hat, sucht er nicht die Luft darüber. Er sprießt nicht in unzeitgemäßer Eile, sondern treibt beim Erwachen des Jahres aus und ruht, wenn das Jahr in den Schlaf versinkt. Lerne von der Palme, und freue dich, zu wachsen. Denke überhaupt nicht an deine Gestalt. Setze deinem Wachstum keine Grenzen. Es gibt keine Grenzen, außer denen, die du durch dein eigenes Wollen und Denken erschaffst: Denke daher nur daran, zu wachsen und niemals erwachsen zu werden.

3. Schaue ernsthaft in diesen Spiegel, der die Welt der Menschen genannt wird, und erkenne darin die unzähligen Bilder, jeder der Schatten ist ein Teil deiner Natur. So lerne, dass deine Mitmenschen nur Schatten sind; und dass du, während du unter ihnen lebst, auch nur ein Schatten bist. Lerne also, dass Mangel, Schmerz und Trauer allesamt Schatten von Wesen sind, die in deiner Natur Krieg führen und dass das, was die Welt der Menschen gut nennt, ebenfalls nur ein Schatten ist.

4. Bedecke den Spiegel, der die Welt der Menschen genannt wird, mit dem Schleier des Wissens, und betrachte dein Selbst. Lerne also, dass dein wahres Selbst nur eines ist, obwohl deine Schatten zahlreich sind. So lerne, dass du in allen Welten weder Bruder noch Feind noch Lehrer hast; und wisse, dass der Spiegel nur existiert, um dir zu helfen, deine eigene Natur zu ergründen.

Der Schüler sagte:

Ich bin beunruhigt, Oh weiser Lehrer und würde gerne den Namen dieses Giftigen Flusses erfahren, von dem du sagtest, er entspringe im Herzen des Kindes.

Der Alte sagte:

Der Name dieses Flusses ist Verlangen, Oh Sohn.

Der Schüler sagte:

Wie kann ich dann leben, wenn ich ihn vermeide, da Verlangen und Leben sicherlich dasselbe sind?

Der Alte sagte:

Verlangen und Leben sind dasselbe, mein Kind, aber das, was du unter diesen Namen kennst, ist nur ein Schatten im Spiegel. Verdecke ihn mit dem Schleier des Wissens, und lasse dich von dem wahren Fluss weitertragen.

Der Schüler fragte:

Wohin soll ich steuern, Oh Alter, wenn ich auf dem Wahren Fluss reise?

Der Alte sagte:

Wenn du mit dem Strom des Wahren Wassers reist, erreichst du sechs verschiedene Häfen, und dies sind ihre Namen:

1. Licht

2. Stärke

3. Frieden

4. Reichtum

5. Selbst

6. Weisheit

Der Schüler fragte:

Wie erkenne ich die wahren Häfen, Oh Vater, da so viele auf der Welt dieselben Namen tragen?

Der Alte sagte:

An diesen Zeichen wirst du das Wahre vom Falschen unterscheiden können:

Wahres Licht liegt verborgen hinter Riesigen Felsen, und sein einziger Zugang führt durch die Höhlen des Geistes.

Wahre Stärke ist von Dämonen umgeben, die Kräfte genannt werden und erst erlangt werden können, wenn sie ertötet werden.

Der Wahre Frieden ist von Brodelnden Strudeln umzingelt und kann nur erreicht werden, wenn Stürme toben.

Wahrer Reichtum ist in Schatten gehüllt, die Besitztümer genannt werden, und kann erst erlangt werden, wenn sie verstreut sind.

Wahres Selbst wird von unzähligen Reflexionen maskiert und wird erst sichtbar werden, wenn sie weggespült sind.

Wahre Weisheit hat keine Schatten und wird in Sonnendurchfluteten Gewässern gefunden, wenn alle anderen Häfen passiert wurden.

Der Schüler sagte:

Das Feuer der Dankbarkeit flammt in meinem Herzen für deine Ratschläge, Oh Alter: Nun bitte ich dich, die Lektion in wenigen Schritten zu wiederholen, damit ich sie niemals vergessen werde.

Der Alte sagte:

Merke dir gut, was ich sage, und erinnere dich daran. So wirst du Weisheit finden:

Suche nach dem Pfad zum Menschsein sowohl in als auch außerhalb von dir. Er liegt in dir, denn in deiner Natur existieren alle Menschen und alle Dinge. Er liegt außerhalb von dir, denn das Leben, das dir gehört, ist auch das Leben der Welt. Er ist in allen Dingen, aber er kann nicht in einem einzelnen Ding allein gefunden werden, denn ein jedes ist ein Teil von allen anderen. Du wirst es in vielen Dingen und auf vielerlei Arten suchen, und in allem zusammen; doch den Pfad zum Menschsein wirst du erst finden, wenn du mit allem eins geworden bist.

Verachte nicht deine eitlen Bemühungen, denn nur wenn du das Falsche und Unvollkommene erlernt hast, kannst du das Wahre und Vollkommene erkennen.

Verachte nicht deine Unvollkommenheiten, und trauere nicht wegen deiner Fehler, sondern verstehe ihre Natur, und mache sie zu Schritten, durch welche du dich höheren Zuständen nähern kannst.

Ruhe dich auf keiner Stufe aus, wie hoch sie auch sein mag: Wenn du dies tust, wird sie sich in eine Schlinge verwandeln.

Betrachte jeden Schritt, den du voranschreitest, als eine Unvollkommenheit, die zurückgelassen werden muss.

Lerne, dass es in der gesamten Natur weder Gut noch Böse gibt, außer wenn sich etwas jenseits von Dir befindet oder du dich außerhalb davon. Wenn du nicht abseits von allem stehst, sondern alle Dinge in deinem Selbst betrachtest, wirst du weder Gut noch Böse kennen; weder Freude noch Trauer; weder Gewinn noch Verlust, noch etwas anderes als Vollkommenheit. Dann wirst du den Pfad zum Menschsein kennen und wissen, dass Du mit dem Pfad eins bist.

Der Schüler fragte:

Darf ich nach einem Zeichen suchen, um mich zu vergewissern, dass ich den Pfad des Wachstums gefunden habe?

Der Alte sagte:

Suche nach dem Stern! Der Stern, Oh Kind, der ein Mensch werden will, wird auf dich herab scheinen, wenn die Nacht schwindet und sich die Stürme der Dunklen Stunden in einen Frieden auflösen, welcher der Herold der Morgenröte ist. Dieser Stern geht weder auf noch unter: Jenseits der Wolken hat Er in den Tiefen eines fleckenlosen Himmels einen festen Platz; doch erst wenn die Donner verstummen und der Sturmnebel zerfetzt ist, kann sein Goldenes Licht auf die Erde herabsteigen und die Finsternis eurer Nacht vertreiben.

Wisse, Oh Sohn, dass diese Natur, in der du lebst und wirkst, dem Spielplatz und dem Schlachtfeld der Sturmgötter gleicht, wie die Luft über hohen Bergen. Erst wenn du die Engel des Streits beherrschst und in Legionen aufgestellt hast, die deinem Worte folgen, werden sich die Wolken ihres zornigen Atems der Wut heben und der Stern der Morgendämmerung die Schlafende Erde erleuchten. Dann, und nur dann, wenn das Sternenfeuer auf dem Weg aufflammt, kannst du in Frieden ruhen und den Schleier von ihrem Gesicht lüften.

Der Schüler fragte:

Sag mir, Oh Alter, welche Form hat der Stern, und in welchem Teil des Himmels darf ich suchen, um ihn ­erblicken zu können?

Der Alte sagte:

Das kann ich nicht sagen, mein Sohn, denn Worte können den Stern nicht beschreiben. Das Auge kann sein Licht nicht wahrnehmen, und der Verstand kann seine Form nicht erfassen. Doch der Mensch, der den Zweifel überwunden hat, kennt sein Licht, seine Form und seinen Ort.

Der Schüler fragte:

Sag mir, Oh Alter, wird mir das Leuchten des Sterns ewigen Frieden bringen?

Der Alte sagte:

Nein, Oh Kind! Frieden wird dein sein, solange das Licht andauert, doch es kann nur einen Moment der Zeit bestehen. Obwohl es ein Zeitalter überdauert, muss es am Ende verblassen. Immer wieder werden sich deine Legionen erheben und das Licht mit dem Staub der Verwirrung auslöschen, denn die Götter des Sturms werden erst dann dauerhaften Frieden finden, wenn dein Weg mit ihrem eins geworden ist.

Der Schüler sagte:

Wunderbar ist die Lektion, mit der du mich gesegnet hast: Doch bevor ich darüber meditiere, sage mir noch einmal, Oh Weisester der Lehrer, welche sind die Zeichen des Wahren Menschen, der Den Pfad des Lichts beschreitet?

Der Alte sagte:

Ich sprach, Oh Schüler, von Vier bestimmten Zeichen, an denen du den Menschen und den Krieger erkennst: Merke dir nun, was ich jetzt über Vier weitere Zeichen sagen werde.

Wer den Pfad des Lichts wandelt, ist gekennzeichnet durch:

1. Mitempfinden: Denn er versteht die Bedürfnisse des müden Tieres, den Kummer des Kindes und das Gemüt des Fremden.

2. Harmonie der Seele: Denn dieses Auge nimmt die Natur wahr, sein Herz erfasst die Natur, und sein Mut ermöglicht es ihm, mit der Natur zu leben.

3. Geschick: Denn er liebt seine Aufgabe, er Kennt seine Aufgabe, und er Arbeitet Freiwillig ohne Lohn.

4. Universale Vision: Denn er liebt alle Dinge, er ist gerecht gegen alle Wesen, und freudig dient er dem Gesetz.

Oh mein Sohn, sind die Zeichen des Wahren Menschseins erst einmal in die Substanz deines Wesens eingraviert, wirst du nicht mehr um Wissen bitten und dich auch nicht danach sehnen, es zu besitzen, weil du das Wissen selbst sein wirst!

Ngsisi kuve hambaseke kahlese!

(Folge dem Frieden!)

Der Tempel und der Teich

Der Alte sagte:

Am Morgen erwachte ich aus der Tiefe der Nacht und Traumlosem Schlaf und schaute auf das Land, in das ich gekommen war. Hinter mir schoss der Fluss des Blutes, den ich überquert hatte, brüllend herab, bevor mich die Dunkelheit ereilte, und vor mir lag ein Land Ruhiger Schönheit. Leuchtend grüne Wiesen mit vielen bunten Blumen, die sich im sanften Schlaf zwischen dunkelgrünen Hügeln und Wäldern ausbreiteten und zehntausend subtile Düfte ausströmten. Bäche, die wie Ketten aus Silber und Opal funkelten, flossen von den Hügeln hinab durch die Wälder und verloren sich in einem breiten Fluss, der in langsamen Windungen durch weite Täler floss und in einem dunstigen Gold schimmerte. Keine Regung von Mensch noch Tier störte den Frieden der Landschaft, und kein Vogelgesang entzückte die sanfte, azurblaue Luft: Doch der Ort war vom Leben und vom Lied des Lebens erfüllt: Und das Leben war das Licht, und seine Form war der Klang.

Dann nahm der Klang in meinem Ohr die Gestalt einer Stimme an und sagte: „Bruder, was siehst du?“

Und ein Echo in mir antwortete und sagte: „Ich sehe Licht.“

Die Stimme fragte: „Bruder, was fühlst du?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich fühle die Kraft des Menschseins.“

Die Stimme fragte: „Bruder, was hörst du?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich höre das Lied des Friedens.“

Die Stimme fragte: „Bruder, wo sind deine Kleider?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich habe meine Kleider unter den Kindern verteilt.“

Die Stimme fragte: „Bruder, wie ist Dein Name?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich bin Ich.“

Die Stimme fragte: „Was suchst du, Oh Mensch?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich suche Getreide für die Hungernden.“

Die Stimme sagte: „Wenn du die Hungrigen nähren willst, dann lehre sie zu säen, denn was einer im Garten des Königs sät, erntet kein anderer.“

Das Echo in mir war still, aber ich hörte meine eigene Stimme sprechen und sagen: „Wie soll ich Samen für andere finden, und wie soll ich sie lehren, zu säen, da ich nackt bin und nichts besitze und die Zeiten und die Jahreszeiten dieses Landes nicht kenne.“

Die Stimme antwortete nicht, aber mein Blick wurde in Richtung Osten gezogen, wo sich die Erde sanft nach oben krümmte, bis ihr grüner Mantel die blauen Gewänder des Himmels berührte. Und aus Licht formte sich dort vor meinen verwunderten Augen ein großer Tempel mit Sieben breiten Giebeln. Die Wände waren strahlend und feurig, als wären sie aus der Substanz der Sonne erbaut, und sie wurden von einer Blauen Kuppel gekrönt, deren Wölbung sich im Blau des Himmels verlor. Sieben hohe Türme umgaben die Kuppel wie ein Diadem, und jeder der sieben trug eine der Farben des Regenbogens.

Hoch in der Westlichen Wand, die in meine Richtung ausgerichtet war, befanden sich mächtige Tore aus Gold und Perlen: Und eine wundersame Treppe mit Sieben Läufen aus jeweils Sieben Stufen, die sich wie ein großer Regenbogen auf einen Bogen stützten, erhob sich von der grünen Erde weit unten bis zu einer Schwelle in der Wand.

Wieder formte sich der Klang zu einer Stimme in meinem Ohr und sagte: „Wenn du den Samen der Weisheit sammeln willst, gehe zum Tempel der Weisheit, Oh Mensch, und lies dort die Lektion, die für alle geschrieben steht, die Augen haben zu lesen.“

Ich ging nach Osten, den Grünen Hügel hinauf und stieg die Regenbogentreppe hinauf. Die Tore aus Gold und Perlen schwangen bei meiner Berührung weit auf, mit einem Klang wie das Geräusch von zehntausend Goldenen Stimmen, welche die Morgenhymne singen. Ich ging hinein und sah eine riesige Halle mit einem mondlichtblauen Gewölbedach und einem Boden aus Milchweißem Kristall. Um mich herum sah ich dunkle, ferne Wände und hoch aufragende, skulpturale Säulen aus Farbtönen und Umrissen, die schwankten und sich veränderten wie die Nebel, die beim Anblick der Morgensonne aus der schlafenden Erde aufsteigen.

Dann schaute ich Ostwärts und sah einen großen Weißen Altar in Form eines Zehnstrahligen Sterns. Zehn von Silberketten getragene Lampen schwangen über den Strahlen des Sterns, und jede Lampe war aus einem einzigen prächtigen Juwel geschnitten. Sieben verströmten die Sieben heiligen Regenbogenstrahlen über den Altar und den Boden; die anderen Drei jedoch, die im Osten hingen, leuchteten im wechselvollen Licht des Geheimen Opals.

Die Lichter ergossen sich und umfassten mich, und sie zogen mich weiter nach Osten. Ich ging Sieben Stufen des Regenbogenkristalls hinauf und drei weitere Stufen des nebelumfangenen Opals, und dann kniete ich nieder und betete den Heiligen Stern an. Ich stand auf und sah nach Westen auf die Tempelhalle hinunter; und ich sah, dass das Kristallpflaster zu einem Teich geworden war, klar und still wie ein vollkommener Spiegel und tief und leer wie ein Glas, das den mitternächtlichen Himmel widerspiegelt.

Dann, als ich auf den Teich blickte, sah ich verwundert, doch ohne Furcht, dass das Wasser schnell und leise bis zu meinen Füßen hoch anstieg. Stufe um Stufe versank die Altartreppe unter die stille Fassade der Umgebung und verschwand völlig aus meinen Augen, als hätte sie nie existiert.

Die Flut küsste meine Füße und umarmte meine Knie, doch ich fühlte weder Kälte noch Nässe. Die stille Welle umfloss meinen Hals und verschlang den Altarstern. Nur die hohen Säulen, das mondlichtblaue Gewölbe, die Lampen, ihre Silberketten und ich blieben über der Flut.

Dann formten sich die Heiligen Lichter als Stimme in meinem Ohr und sagten: „Was suchst du, Oh Mensch?“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „Ich suche Getreide für die Hungernden und Leben für jene, die umkommen.“

Die Stimme sagte: „Wisse, Oh Suchender, dass Du allein Leben bist und dass nur du den Samen des Lebens besitzt.“

Und das Echo in mir antwortete und sagte: „All dieses Ich bin ich teile ich mit denen, die sich nach dem Leben sehnen, und alles was mir gehört, gebe ich den Hungernden.“

Und ich wusste, dass ich selbst all die von mir ausgesprochenen Worte war, aber dass die Worte nicht mir gehörten; und ich senkte meinen Kopf in die Wasser und ging in eine Region ohne Länge noch Breite, ohne Höhe noch Tiefe. Deren Herrscher war Schwärze, und sein Thron war Stille. Und ich nahm dieses Reich an mich und stieß den Monarchen von seinem Platz, und Schwärze wurde mein Diener und Schweigen mein Fußschemel.

Dann verließ ich das Land, das ich erobert hatte und betrat ein fremdes Land. Und ich sah eine weite Landschaft, ruhig und grün und voller Blumen, die sich zu meiner Rechten weit nach Osten erstreckte und aussah wie das Land, in dem der Tempel stand, nur dass sich ein außergewöhnliches Licht darüber ergoss, das keine Sonne jemals auf die Erde geworfen hatte, obwohl es am Himmel keine Sonne gab. Und zu meiner Linken sah ich ein weiteres Land, sturmgepeitscht, baumlos und voller schwarzer, formloser Felsen, das sich weit nach Westen hin erstreckte und das wie das Land jenseits des Flusses des Blutes aussah, abgesehen von einer Düsternis, die es wie ein Leichentuch umhüllte, so wie keine Nacht es jemals über die Erde legt. Und über dem Hellen Land formte sich eine schneeweiße Wolke gegen den Himmel zu Buchstaben; und die Buchstaben formten folgende Worte:

Das ist das Land des Tages.

Und über dem Dunklen Land formte sich eine trübe, rote Wolke vor der Dunkelheit zu Buchstaben; und die Buchstaben ergaben folgende Worte:

Das ist das Land der Nacht.

In den Landschaften vor mir sah ich zwei Menschen erscheinen, einen im Land des Tages und einen im Land der Nacht. Der Erste ging aus einer riesigen weißen Flamme hervor, die den fernen Horizont im heiligen Osten überflutete. Der Zweite kam aus einer dichten Schwarzen Wolke, welche die wilde Landschaft im fernen, traurigen Westen verhüllte. Er, der im Land des Tages wandelte, hatte eine aufrechte und königliche Gestalt und war in ein bis zu den Füßen reichendes schneeweißes Gewand gehüllt, sein Kopf war jedoch von seinem eigenen Licht verhüllt, und ich konnte seine Gesichtszüge nicht ­ausmachen. Er bewegte sich mit stiller, gemächlicher Anmut, wie sich ein Herrscher durch ein loyales Königreich bewegt, und ich sah, dass er dem Tageslauf der Sonne folgte. Meine Augen folgten dem Pfad, der einen riesigen Kreis um das Land herum beschrieb, und ich erkannte, dass er in der Mitte die Grenzen des Landes der Nacht berührte.

Ich wandte mich um und schaute auf das andere Land und auf den Menschen, der dort wandelte. Er war gebeugt, von dürftiger Gestalt und in einen zerfetzten, erdbefleckten Umhang gekleidet, die Umrisse seiner Gesichtszüge waren jedoch undeutlich, denn eine Finsternis breitete sich aus und verbarg sie wie hinter einem Schleier. Er bewegte sich mit ängstlichen, stockenden Schritten, fiel oft und drehte sich zur Seite, aber ich sah, dass seine Straße ebenfalls dem Tageslauf der Sonne folgte. Meine Augen folgten dem Pfad, der einen weiten, ungleichförmigen Kreis um das Land beschrieb und ich sah, wie er sich auf halbem Weg den Grenzen des Landes des Tages näherte.

Ich wandte mich wieder dem Hellen Land zu und sah und bemerkte etwas, das mir zuvor nicht aufgefallen war: Der Helle Mensch wurde auf seinem Weg von einer Gruppe Heller Wesen begleitet. Es gab menschenähnliche Kreaturen und andere, die wie Tiere aussahen. Einige von ihnen schwirrten wie strahlende Vögel durch die Luft, und andere schwebten wie fröhliche, geflügelte Insekten umher. Einige waren anders als alle anderen Geschöpfe der Erde und waren Jungfrau und Rehkitz und schnellflüglige Biene und süßstimmige, hoch hinaufsteigende Lerche in einer einzigen sich wandelnden, leuchtenden Gestalt. Einige gingen vor dem Hellen Menschen und ebneten den Weg zu seinen Füßen. Andere bewegten sich in seiner Nähe und bewahrten ihn vor jeglichem Missgeschick. Einige kühlten mit ihren Flügeln die Luft über ihm; andere wiederum erfüllten sie mit Melodien der Traumwelt und malten mit ihnen strahlende Formen in Millionen schöner Farben. Alle waren liebevolle Sklaven des Menschen; und jeder, obwohl mit seiner eigenen Aufgabe beschäftigt, übernahm auch die Arbeiten jedes anderen und vereinte sich mit allen im Dienst für den Strahlenden Meister von Allem.

Dann schaute ich auf den Dunklen Pfad und sah, was ich vorher nicht bemerkt hatte, dass eine Horde Grimmiger Wesen den Dunklen Menschen auf seinem Weg begleitete. Einige waren schwarz wie die Mitternacht, andere wiederum trugen die Farbe der Dämmerung. Einige, hier und da weit verstreut, hatten einen schillernden Farbton und eine schöne Form, aber bei ihnen handelte es sich scheinbar lediglich um einige Migranten aus dem fernen Land des Tages. Die Dunklen hatten viele schreckliche Formen: einige menschlich, jedoch deformiert und unvollständig, und andere seltsame, grausame Bestien. Einige waren reptilienförmig, und andere, die auf der Erde krochen, hatten überhaupt keine feste Form. Viele hatten riesige Fledermausflügel und Körper, die aus Frau, Tier, Spinne, Eidechse und Skorpion in einer abscheulichen Form vereint waren. Alle waren Peiniger und Feinde des Menschen und hätten ihn schnell zerstört, aber sie bekämpften sich gegenseitig in unaufhörlichem und sinnlosem Zorn. Sie gingen dem Menschen voraus und belagerten seinen Weg und rissen ihn mit ihren Reißzähnen, als er vorüberging. Sie hemmten seine Füße mit ihren Körpern und drängten ihn hin und her; und oftmals zwangen sie ihn mit waghalsigen Sturzflügen, zwischen Schwarzen Felsen Zuflucht zu suchen. Die fliegenden Monster blendeten seine Augen durch die wütenden Schläge ihrer finsteren Schwingen, betäubten seine Sinne und Ohren durch den schrecklichen Lärm ihrer Stimmen. Wieder und wieder dachte ich, er sei verloren, aber immer wieder kam in seiner dringendsten Not ein Helles Wesen auf schnellen Flügeln daher und schlug die Dunklen Heerscharen in die Flucht. Trotz all seiner Schwierigkeiten blickte der Dunkle Mensch niemals zurück, sondern arbeitete sich auf seiner Reise in das ferne Land des Tages immer weiter voran.

Und nun gelangten die beiden Menschen in das Grenzland, wo das Reich des Tages und das Reich der Nacht zusammentrafen, und dort, wo ihre Wege nebeneinander lagen, konnte ich erkennen, dass sie nur auf Armeslänge voneinander entfernt nebeneinander hergehen mussten, einer neben dem anderen. Über ihnen leuchteten die vom Feuer aus dem Land des Tages purpurrot gefärbten Wolken und tauchten das neblige Grenzland in eine gespenstische Farbe. Der Dunkle Mensch drehte seinen Kopf von einer Seite zur anderen und tastete mit den Händen, wie ein Blinder, der nach einer Lampe sucht, die er nicht sehen kann; und der Schimmer erhellte sein gequältes Gesicht, und ich sah, dass er tatsächlich blind war.

Der Helle Mensch wandte sich dem Land der Nacht zu, sah seinen Dunklen Bruder an und streckte die Arme aus, um ihn in einer Geste der Liebe und des Mitleids zu umarmen. Der Blinde spürte die angebotene Hilfe, fiel auf die Knie und betete laut.

Das Erste Gebet des Dunklen Menschen

Oh geheimes Licht! Oh Verborgenes Feuer! Oh Rettende Herrlichkeit!

Hebe diesen Schleier der Finsternis von meinen Augen, und Lasse Mich Meine Peiniger Erkennen!

Gib meinen Händen Kraft, damit ich sie Versklaven und Vernichten Kann,

Und als König über dieses Reich herrsche, so wie Du in Deinem Reich Regierst.

Der Dunkle Mensch beendete sein Gebet, und der Schleier aus Licht hob sich einen Moment lang vom Gesicht seines Hellen Bruders. Und ich sah ein Gesicht von mächtiger Kraft, Frieden und vollkommener Schönheit: Und meine Augen trafen Augen von unergründlichem Mondlichtblau, die von unendlichem Mitgefühl überflutet waren. Doch der Strahlende Schleier sank wieder herab, und die mitfühlenden Arme senkten sich. Und der Helle Mensch drehte langsam mit sorgenvollen Schritten auf dem Weg um und ging zu seinem Haus im Großen Weißen Feuer, das im heiligen Osten brannte. Und der Dunkle Mensch erhob sich langsam von seinen Knien und ging auf seinem blinden und überlaufenen Weg, bis ich ihn in der grausamen Finsternis seines Hauses im düsteren Westen aus den Augen verlor.

Der Helle Mensch kehrte wieder aus dem Weißen Feuer des Ostens zurück; und sein Dunkler Bruder kehrte aus der Schwarzen Wolke des Westens zurück; und jeder setzte wie zuvor seine Reise in Richtung des Grenzlandes fort, wo ihre Königreiche aufeinander trafen. Nichts von alledem, was ich beschrieb, hatte sich verändert, außer dass die Strahlend­geflügelten Wesen, die den Dunklen Menschen in seiner Not unterstützten, in größerer Zahl als zuvor auftauchten.

Ein zweites Mal begegneten sich die beiden Menschen, der Dunkle Mensch und sein Heller Bruder, im Land des Zwielichts, wo ihre beiden Reiche aneinander grenzten. Ein zweites Mal stand der Helle Mensch dort und streckte voller Mitgefühl seine Arme aus; und wieder kniete der Dunkle Mensch nieder und erhob seine Stimme im Gebet.

Das Zweite Gebet des Dunklen Menschen

Oh Geheimes Licht! Oh Verborgenes Feuer! Oh Ungesehene Herrlichkeit!

Hebe den Schleier von Deinem Gesicht, damit Sein Licht Meine Finsternis Erhellen kann.

Erhebe mich zu Deinem Diener in Deinem strahlenden Land;

Und lasse Meinen Feinden die Dunkelheit dieses Landes Zuteil werden.

Lange und traurig betrachtete der Helle Mensch die Gestalt seines flehenden Bruders; und eine wunderbare Verheißung lebte und erglühte in der unergründlichen Tiefe seiner Augen; dennoch wandte er sich ab wie zuvor und ging zu seinem Haus im Großen Weißen Feuer des Ostens; und der Dunkle Bruder machte sich auf den Weg in den Westen und dessen düstere Finsternis.

Ein drittes Mal beobachtete ich, wie die Menschen ihre Wege fortsetzten; und nichts von alledem, was ich erzählt habe, hatte sich geändert, außer dass diese Strahlend­geflügelten Wesen, die wachsamen Freunde des Dunklen Bruders, in größerer Anzahl erschienen, als ich es zuvor beobachtet hatte.

Wieder begegneten sich die Menschen im Zwielicht der Grenze und der Dunkle Mensch fiel auf die Knie und erhob die Hände zu seinem Strahlenden Bruder. Und ich sah in dem Leuchten, das von den Roten Wolken auf ihn herabstrahlte, dass der Schleier von seinem Gesicht gefallen war, und seine Augen waren die Augen eines sehenden Menschen. Dann hörte ich die Worte dieses Gebets:

Das Dritte Gebet des Dunklen Menschen

Oh Geheime Sonne! Oh Verborgenes Feuer! Oh Strahlender von Namenloser Herrlichkeit!

Der Schleier ist von Meinen Augen Gefallen; und Ich Sehe Dein Leuchtendes Gesicht,

Doch die Nacht Rückt Näher; und die Schwärze Erhebt sich, um Mich zu Umfangen.

Erhöre mein Gebet, Oh Strahlende Vision, Bevor Ich Meinen Weg Fortsetze.

Gib mir die Kraft, Meinem Land und den Meinen zu Dienen und über sie zu Herrschen, Oh König:

Dem Frieden dieses aufgewühlten Landes Widme Ich Meine Kraft.

Berühre Mich, Heller Bruder, mit Deinem Feuer.

Dann flammte ein Lächeln der Herrlichkeit über das Antlitz des Strahlenden Menschen, das meine Augen blendete; und er berührte mit seiner Hand die Stirn, den Hals und das Herz seines knienden Bruders. Nachdem all dies vollzogen war, wandte er sich seinem ruhigen Weg zu seinem Haus im Heiligen Osten zu: Und der Dunkle Mensch machte sich auf den Weg zu seinem Haus im Düsteren Westen. Aber ich erkannte, dass der Pfad des Dunklen Menschen nicht mehr überfüllt und verschlungen war; denn das Feuer auf seiner Stirn, seinem Hals und seinem Herzen beschwichtigte die Wut der Dunklen Legionen; und ergoss helle Farbtöne auf sie; und ihre abscheulichen Formen verwandelten sich in Schönheit.

Und jetzt, während ich zum vierten Mal die Bahnen der Menschen beobachtete, verwandelte sich die Szene langsam, unverständlich für mich. Wie beim langsamen Kommen der Mitternacht verdichtete sich die Finsternis im Land der Nacht, bis von ihrem ganzen Leben nichts mehr zu sehen war, mit Ausnahme des Feuers auf der Stirn, dem Hals und dem Herzen des Dunklen Bruders und den Leuchtenden Flügeln seiner Strahlenden Diener. Und langsam wurde das Licht über dem Land des Tages intensiver, bis mit Ausnahme seines Strahlenden Herren sämtliche Formen in ihm zu einem Weißem Feuer verschmolzen waren.

Dann tauchten die beiden Brüder wieder im Zwielicht der Grenze auf; und der Dunkle Mensch sank im Gebet auf die Knie, und diese Worte ertönten leise in meinen Ohren:

Das Vierte Gebet des Dunklen Menschen:

Oh Geheime Sonne! Oh Verborgenes Feuer! Oh Heiliges Licht Unvorstellbaren Glanzes!

Erneut Schaue ich Deine Herrlichkeit und Bade in Deinen Goldenen Strahlen.

Doch es Sammeln sich Mitternachtsschatten um Mein Haupt; und die Schwärze Steigt auf, um Mich zu Umhüllen:

Erhöre Mein Gebet, Oh Bruder des Lichts, Bevor ich Meinen Weg Beschreite.

Entfache Meine Feuer Wieder, Oh Du, der Du Weder Docht noch Brennstoff Brauchst:

Ich bin der Diener meines Landes und der Meinen; Oh König:

Gewähre Mir Meinen Dienst, Oh Du, den keine Wolke zu Verdunkeln vermag:

Lass mich Dein Licht durch die Schwärze tragen, Oh Strahlender Herr der Flamme!

Der Dunkle Bruder erhob sich und stand mit gesenktem Kopf da; und der Strahlende König zeichnete mit der Hand aus Weißem Feuer einen Kreis um seine Stirn. Aus dem Feurigen Kreis erhoben sich zehn Flammenspitzen und ruhten wie eine Krone auf seinem Haupt. Eine Zeit lang standen die Brüder da und hielten sich an den Händen; dann wandten sie sich um und gingen ihre eigenen Wege getrennt, und einer der beiden war für meine Augen in unergründlicher Schwärze und der andere in unermesslichem Licht verborgen.

Ein Zeitalter lang lebte ich allein mit der Schwärze und mit dem Licht; und dann sah ich die beiden Brüder im Land des Zwielichts noch einmal erscheinen. Ruhig, gelassen und herrlich wie zuvor war das Gesicht und die Form des Leuchtenden, doch die Gestalt seines Dunklen Bruders war müde und gebeugt, mit Ausnahme seiner Flammenden Krone waren all seine Feuer erloschen. Und ich sah, dass das Dunkle Gesicht verhüllt war wie zuvor, und dass die Augen, obwohl sie auf den Strahlenden Bruder gerichtet waren, ihn überhaupt nicht sahen. Und ich sah die vorgebeugte Gestalt auf die Erde sinken und hörte seine Stimme dieses Gebet murmeln:

Das Fünfte Gebet des Dunklen Menschen:

Oh Schlafende Sonne! Oh Verborgenes Feuer! Oh Namenlose Herrlichkeit!

Die Morgendämmerung ist nahe, doch die Schwärze zu Meinen Füssen Verdichtet sich,

Peinigt mein Herz und Blendet meine Augen.

Kehre Zurück, Oh Rettende Herrlichkeit: Kehre auf Deine Bahnen Zurück, Oh Herr der Flamme!

Berühre Mich Nochmals mit Deiner Heilenden Flamme

Und Bringe Meine Feuer Erneut zur Geburt.

Eine lange Stille folgte dem Gebet: Dann hörten meine wartenden Ohren die Goldene Musik der Stimme des Leuchtenden Bruders:

Die Goldene Stimme fragte:

Was ist Dein Verlangen, Oh müder Bruder?

Der Dunkle Bruder antwortete:

Ich wünsche mir Dein Kommen, Oh Herr des Lichts, damit dieses Dunkle Land den Tag kennt.

Die Goldene Stimme fragte:

Was willst Du Deinem Verlangen opfern, Oh Geduldiger Wächter der Nacht?

Der Dunkle Mensch antwortete:

Ich werde meinen Schatten opfern und mein Licht.

Der Dunkle Bruder verneigte sich mit seiner Strahlenden Krone in den Staub; und ihr Licht wurde gelöscht; und die Schwärze verschluckte die kniende Gestalt.

Zeitlose Stille hielt an, während der Dunkle Bruder in der Schwärze verweilte. Schließlich ertönte aus den Tiefen der Stille eine Stimme aus unermesslicher Musik mit diesen juwelenbesetzten Worten:

Licht für Dunkelheit: Ruhe für Mühsal: Freude für Schmerz:

Zu ihm, der Alles für Alle Aufgibt, gelangen all diese Wertvollen Juwelen.

Dein Angebot ist Angenommen, Oh Diener der Nacht:

Erhebe Dich aus der Dunkelheit des Westens; und Empfange Deinen Gerechten Lohn.

Bruder, Empfange diesen Körper und dieses Licht

Ich sah nichts mehr, denn die Form verschmolz mit dem Licht, und die Strahlen zehntausend verborgener Sonnen hüllten den Grenzenlosen Raum ein. Ich hörte nichts mehr, denn Worte verloren sich im Klang, und die Stimmen aller Kreisenden Sterne vereinten sich zu einem Friedensgesang.

Zeit existierte nicht, und ich wohnte in der Ewigkeit beim Licht und fiel in das Lied des Friedens ein.

Der Gesang der Kreisenden STERNE:

Oh Alle in Allen Vereinte!

Oh Sonnen, die Alle Winde Überwinden:

Oh Winde, Die Alle Meere Überwinden:

Oh Meere, Die Alle Länder Überwinden:

Oh Alle in Allen!

Wir leben in Dir, wir und alle Wesen und Dinge:

Oh Alle in Allen!

Lass uns, Deine Kinder, Eins sein mit Deinem Selbst:

Oh Alle in Allen!

Lass das Schlagen Unserer Herzen zu Einem Grossen Puls Verschmelzen,

Wenn Wir der Flamme Deines Unverschleierten Gesichtes Gegenüberstehen:

Oh Vater, Herr und Heimat Aller:

Oh Alle in Allen Vereint!

Dann nahm das Licht wieder Gestalt an, nicht mehr die eines Strahlenden Landes und eines Dunklen Landes, sondern nur die Eines Landes, das sich in Goldener Herrlichkeit vom unendlichem Osten bis zum Unend­lichen Westen erstreckte. Und es gab nun nicht mehr zwei Menschen, sondern nur einen Menschen, die Hoch Auf­­ragende Gestalt einer Reinen Weißen Flamme, die ruhig und still in dem Stillen Leuchtenden Land stand.

Wieder hatte ich meine Wohnstatt in der Ewigkeit, sah das Licht und hörte das Lied. Die Zeit entthronte ihren Meister, und ich schaute nach Osten und sah das Land des Tages, und nach Westen und sah das Land der Nacht. Und das Dunkle Land war leer, denn kein Dunkler Bruder befand sich dort; aber im Strahlenden Land sah ich zwei Strahlende Figuren, und jede von ihnen war in jeder Hinsicht das Gegenstück der anderen. Seite an Seite wandelten die beiden Leuchtenden Gestalten weiter, bis sie das Zwielicht der Grenze erreichten, und dort machten sie eine Pause und blickten in unendlichem Mitgefühl nach Westen auf das wüste Land der Nacht. Dann stand die eine Strahlende Gestalt der anderen gegenüber und breitete ihre Arme weit aus, und die Worte, die sie sprach, klangen tief und süß in meinen Ohren wie das Geläut der geheimen Tempelglocken zum Sonnenuntergang:

Das Gebet des Zweiten Bruders

Oh Strahlender Herrscher von Allen In Allen! Glorreich ist die Stunde Deines Bruders, der Dein Antlitz Unverschleiert erblickt.

Doch das Dunkle Königreich Kann Deine Pracht Nicht Erkennen.

Noch kann Sein Verdunkeltes Leben Licht und Leben von Deinem nehmen:

Ein Milderer Strahl mag Diese Dumpfe Glut Entfachen:

So kann Dein Bruder Seinem Mutterland und Dir Dienen.

Lass Mich im Dunkelsten Westen Träger Deines Strahls sein, Oh König!

Siehe, dieser Aufgabe Opfere ich Meinen Sternenkörper,

Und übertrage Mein Licht auf Eine andere Irdische Form.

Dann nahm der Bruder von der Erde einen zerfetzten, erdbefleckten Umhang auf und wickelte ihn um seine Makellos Weißen Gewänder. Dreimal neigte er den Kopf vor dieser anderen Leuchtenden Form; dann ging er mit langsamen und gemessenen Schritten über die Schattengrenze und bog auf den alten, Dunkel Umwölkten Pfad durch das Aufgewühlte Land der Nacht ab.

Wieder sah ich, wie die Menschen ihren Bahnen folgten, und wieder sah ich, wie sie sich im Zwielicht des Grenzlandes begegneten. Wieder sah ich den Dunkel Gekleideten Bruder im Stillen Gebet niederknien; und ich hörte, wie die Stimme des Strahlend gekleideten Königs in folgenden Worten antwortete:

„Zustimmung“:

Oh Stern, Vollkommen geworden durch Vollkommenes Opfer,

Das Königreich der Vollkommenheit ist jetzt Dein,

Wie Es Mein ist, War und in Ewigkeit Sein Wird.

Dein Thron Erwartet Dich! Komm, Geliebter Bruder,

Setze Dich zu Mir im Reich des Endlosen Lichts.

Und Führe mit Strahlender Weisheit diesen Niederen Schatten,

Der im Dunklen Westen für die Erde und für alle Arbeitet.

Und ich sah die Dunkle Form und die Strahlende wie Morgenwolken von der Erde aufsteigen und zusammenfließen und sich umarmen und in Eine Einzige Gestalt verschmelzen. Und als ich hinschaute, kannte ich die Wahrheit, dass es nie zwei gegeben hatte, sondern immer nur Einen: den Leuchtenden und Seinen Schatten.

Ich eilte durch die Sphäre der Schwärze und der Stille, stieg durch das Wasser des Tempelbeckens und stellte mich auf die Stufen des Altarsterns. Von dort ging ich, einem Schatten gleich, an die Ufer des Flusses des Blutes. Dann schaute ich auf meinen Körper und sah, dass er nicht mehr nackt war, denn ein Gewand, Weiß wie Schnee, bedeckte mich bis zu meinen Füßen, und eine Krone aus Reinem Gold schmückte meine Stirn. Ich schaute nach unten und sah zu meinen Füßen einen zerfetzten, erd­befleckten Umhang liegen, von dem ich wusste, dass er das Kleidungsstück war, das ich jenseits des Flusses zurückgelassen hatte. Ich zog diesen Umhang über mein Leuchtendes Gewand und blickte nicht zurück, sondern stürzte mich in die Tosende Flut und erreichte das andere Ufer.

Wisse, Oh Schüler, dass Du, obwohl ich bei Dir bin, nicht Mich siehst, sondern nur meinen Schatten; und obwohl ich zu dir spreche, hörst du nicht meine Stimme, sondern lediglich ihr Echo; denn ich wohne jenseits des Flusses, bete im Tempel der Weisheit und sammle den Samen der Weisheit im Wasser des Tempelbeckens. Achte deshalb auf meine Worte und nutze sie; denn sie sind die Weisheit des Tempels und tief in den Kristall über dem Tor der Tempelhalle eingraviert.

Willst Du die Hungrigen Nähren, Lehre Sie zu säen, denn Kein Mensch Erntet, Was ein anderer
im Garten des Königs Sät.

Wenn Du Vollkommen Sein Willst,
Oh Diener des Lebens,
musst Du im
Licht Wohnen
und im
Schatten Arbeiten.

Ili Tongo ka lase nwaye zu ze esu nka dhlineni.

(Mögest Du mit Allen Vereint
zusammen in der Ewigkeit wohnen.)

Der Weg zur Jüngerschaft

Teil 1

Es gibt zahlreiche Schüler der Theosophie und des Okkultismus, doch nur wenige von ihnen verstehen die wahre Bedeutung der Jüngerschaft. Ungeachtet all dessen, was zu diesem Thema von denjenigen gesagt und geschrieben wurde, deren Wissen nicht in Frage gestellt wird, besteht weiterhin der Irrglaube, dass das Verlangen nach Okkultismus allein einen Menschen zur Jüngerschaft befähigt. Dies trifft aber überhaupt nicht zu. Dieses Verlangen manifestiert sich in einem Durst nach geheimnisvollem Wissen oder nach Macht, Jahre, vielleicht Menschenalter, bevor sich die Fähigkeit einstellt, über den Pfad nachzusinnen, ganz zu schweigen von der Fähigkeit, ihn gar zu betreten; und er lockt den Anwärter auf manchen Nebenweg und in manche Sackgasse, bevor ihn schließlich Ernüchterung und Schmerz an die Schwelle des Wahren Weges treiben.

Der Weg zur Jüngerschaft ist nicht die Jüngerschaft selbst. Es ist der Pfad des Neophyten im Wahren Okkultismus. Er liegt zwischen dem Alltagsleben und einem anderen, höheren Leben und Bewusstsein. Dort hindurch muss der Aspirant selbst gehen, ohne von irgendeinem ihm gegenwärtigen Meister geführt zu werden, und durch seine eigenen Bemühungen. Und durch die Erfahrungen, die er angesammelt hat, muss ein spirituelles oder universales Bewusstsein entstehen, das es ihm ermöglicht, seinen Meister, wenn er erscheint, zu erkennen und von seiner Lehre zu profitieren.

Was ich sage, wurde schon oft gesagt, und es ist in den Worten aller Großen Lehrer der Menschheit enthalten. Es ist nichts anderes als eine kurze Erklärung des universalen Gesetzes, das alle für sich selbst lesen können, wenn sie nur innehalten, um es zu betrachten. Ich schreibe das einfach, um noch einmal auf die Tatsache dieses Gesetzes aufmerksam zu machen und habe keine andere Entschuldigung dafür.

Wer sich bereit fühlt, ein echter Schüler zu werden, sollte für einen Moment das Wissen beiseite stellen, das zu besitzen er meint, und die folgenden Tatsachen betrachten:

Zunächst gilt es, die Art und Weise zu verstehen, wie sich das menschliche Bewusstsein entwickelt. In der frühesten Kindheit manifestiert es sich lediglich als körperliche Empfindung. Ein wenig später erscheint es als diffuses, animalisches Bewusstsein. Noch später wird es zu einem primitiven, menschlichen Verlangen, das nicht durch Gedanken kontrolliert wird. Schließlich wird es individualisiert und zu einem bestimmten menschlichen oder persönlichen Bewusstsein, das durch Verantwortungsbewusstsein gekennzeichnet ist, was in früheren Jahren gänzlich fehlte.

Das große Gesetz der Entsprechungen oder der Analogie, dessen Existenz nicht nachgewiesen werden muss, da es von allen Studierenden allgemein akzeptiert wird, sollte als nächstes in die Betrachtung einbezogen werden. Es besagt, dass alles, was auf irgendeiner Ebene geschieht, lediglich eine Wiederholung eines Ereignisses auf einer vorangegangenen und niedrigeren Ebene darstellt und sich auf einer nachfolgenden und höheren Ebene erneut wiederholen wird. Auf die im Säuglingsalter herrschenden Bedingungen angewandt zeigt sich, dass sie sich zu Beginn jedes neuen Evolutionszyklus analog wiederholen.

An diesem Punkt sollte klar verstanden werden, dass das spirituelle oder universale Bewusstsein, über das Jünger, Eingeweihte und Meister in unterschiedlichen Graden verfügen, nicht lediglich eine Erweiterung der persönlichen menschlichen Vielfalt darstellt, sondern insgesamt eine andere und höhere Natur aufweist. Die Kultivierung persönlicher Kräfte und Fähigkeiten, egal wie intensiv, wird den persönlichen Menschen niemals in einen Jünger verwandeln. Sie kann und wird normalerweise seinen Fortschritt in Richtung des spirituellen Lebens infrage stellen, gleichermaßen wie beim Kind eine Überentwicklung der animalischen Natur die Entwicklung höherer menschlicher Qualitäten hemmt. Dies bedeutet nicht, dass vom Intellekt beherrschte menschliche Fähigkeiten vernachlässigt werden sollten. Sie alle sind Werkzeuge der Erfahrung, und nur durch Erfahrung wird Weisheit gewonnen. Die wahre Funktion des Intellekts, des herrschenden Prinzips im menschlichen Bewusstsein, ist, so seltsam der Gedanke vielen auch erscheinen mag, dem Menschen seine eigene Unwissenheit zu lehren.

Im Wahren Okkultismus ist der Neophyt ein spirituelles Baby. Er wird in seine neue Welt hineingeboren, wenn er in die Jüngerschaft eintritt und ist, wie das menschliche Kind, zunächst lediglich empfindungsfähig, aber nicht bewusst, gleich den älteren Bewohnern dieser Welt im einen oder anderen Grad. Seine Entwicklung in seinem neuen Leben verläuft genau analog zu der eines Kindes in Richtung menschlicher Individualität. Sein primitives spirituelles Empfinden entwickelt sich zu gegebener Zeit zu einem trüben, diffusen spirituellen Bewusstsein, das sich in späteren Stadien herauskristallisiert oder zu spirituellem Selbstbewusstsein aufblüht. Diese Blüte markiert seinen Eintritt in die Jüngerschaft.

Das menschliche Kind ist nicht in der Lage, einen einzelnen Lehrer zu erkennen oder von speziellen Unterweisungen zu profitieren, bis das Gefühl der persönlichen Verantwortung in ihm zu dämmern beginnt; und so hat der Neophyt analog ein erkennbares „Schulalter“, das, wenn es erreicht ist, ihn dazu befähigt, die Aufmerksamkeit des Meisters zu erlangen.

Man könnte fragen, wie der Neophyt lernt, wenn er nicht direkt belehrt wird. Er lernt, wie das Kind lernt, von Gefährten und etwas älteren Brüdern; aus den Bedingungen, in die er hineingeboren wurde und aus der allgemeinen Anleitung seiner Eltern: Die „Eltern“ sind die Großen Lehrer, die ihre Worte zur Führung spiritueller Kinder von Zeitalter zu Zeitalter hinterlassen. Er ist sich des Lernens (geistig) nicht bewusst und wird es auch nicht, bis seine Ausbildung an der Hand eines Meisters beginnt. Das Gesetz ist leicht zu verstehen, wenn es unvoreingenommen betrachtet wird. Für beide Seiten wäre es eindeutig eine Verschwendung von Zeit und Energie, würde ein Meister versuchen, einem unentwickelten Kind spirituelles Wissen zu vermitteln. Spirituelle Energie darf nicht fruchtlos verbraucht werden, und dies ist ein Gesetz, das ebenfalls verstanden werden sollte.

In Bezug auf das menschliche Bewusstseins bedeutet Wachstum keinesfalls, etwas bereits vorhandenem etwas weiteres hinzuzufügen. Im Gegenteil, es wird dadurch verursacht, dass nichtmenschliche Veranlagungen erschöpft und abgelegt werden und auf diese Weise der Mensch hervortreten kann. Von der Empfängnis an rekapituliert das Wesen in verkörperter Form die gesamte Entwicklung längst vergangener Zeiten. In schneller Folge erschöpft es die Erfahrungen, die jede Stufe erfordert, fügt ihre Auswirkungen zur Summe seines Bewusstseins hinzu und legt die überkommenen Bedingungen ab. Das Wesen taucht erst allmählich als Mensch auf, bei der Geburt und einige Jahre nach der Zeit, in welcher die animalischen Einflüsse vorherrschen – und nur dadurch, dass man diese Einflüsse durchlebt und überwindet, bis sie erschöpft sind. Nur wenn ein Kind relativ frei von der animalischen Natur ist, kann es sich bewusst dem Erwerb rein menschlichen Wissens zuwenden und so bereit sein, von der Unterstützung eines bestimmten Lehrers zu profitieren.

Analog dazu ist der gerade in die geistige Welt geborene Neophyt zunächst ein rein körperlicher Mensch, der lediglich von Mitgliedern dieser höheren „Rasse“ als geistiges Wesen erkannt werden kann. In seinem neuen Leben wird das Wachstum erreicht, indem er die ihm anhaftenden persönlichen Veranlagungen schnell durchlebt und sie Stück für Stück ablegt, bis er frei genug ist, um individuelle Anstrengungen als verantwortungsbewusstes spirituelles Wesen zu beginnen. Erst dann kann er sich mit Hilfe eines Meisters dem Erwerb spirituellen Wissens zuwenden.

Wenn all das hier Gesagte verstanden wird, was problemlos möglich sein sollte, wird deutlich, wie groß die Kluft ist, die den Wahren Okkultismus, den Weg der Jüngerschaft, von den gewöhnlichen Okkulten Bestrebungen und Praktiken unterscheidet. Jede Form der Letzteren kann im persönlichen Bewusstsein verfolgt werden, und ein „Adept“ dieser Künste kann als Ausbilder fungieren, wenn der Wunsch nach einem Lehrer beharrlich genug vorhanden ist. Dies ist jedoch nicht der Pfad. Weit davon entfernt, den Aspiranten in übermenschliche Zustände zu versetzen, belasten ihn diese Aktivitäten mit zusätz­lichen persönlichen Angelegenheiten und erschweren den Fortschritt in der Jüngerschaft unkalkulierbar. Sich mit okkulten Künsten zu beschäftigen mag zusätzliches Wissen und Kraft bringen, aber so seltsam und fremd dies der Welt auch erscheinen mag, im Allgemeinen sind dieses Wissen und die Kraft rein menschlicher und nicht spiritueller Natur. Es verkompliziert das Leben, verstärkt die Empfindung der Getrenntheit und steht deshalb dem Naturgesetz der Evolution entgegen. Obwohl es falsch wäre zu behaupten, die okkulten Künste und Praktiken seien der Pfad der schwarzen Magie, sind sie dennoch Schattenpfade, denn sie halten die Menschen vom Pfad des Lichts fern.

Der echte schwarze Pfad ist spiritueller und nicht persönlicher Natur und kann nur von jemandem eingeschlagen werden, der geistig verantwortlich geworden ist. Dies ist ein dunkles und schreckliches Geheimnis, das nur von sehr, sehr wenigen verstanden werden kann. Der Schüler sollte sich nicht damit befassen, sondern sich mit dem vielen oder wenigen hier Mitgeteilten zufriedengeben. Alles, was jemals von den Großen Lehrern der Menschheit geschrieben und gesagt wurde, ist in erster Linie an Neophyten oder potenzielle Neophyten gerichtet. Das geistige Wort enthält für alle eine Botschaft, und das ist sein Erkennungszeichen; Eingeweihte lesen darin jedoch, was geringere Geister nicht wahrnehmen können, und die gewöhnlichen Menschen verstehen es überhaupt nicht oder bestenfalls vage oder schwach. Der Neophyt ist das spirituelle Kind, und den Kindern spendet der Lehrer seinen unmittelbarsten Segen.

Die Weltlehrer unterrichten keine Jünger, denn das ist die Aufgabe einzelner Meister. Wenn sie sich auf Jüngerschaft beziehen, tun sie dies in Gleichnissen und Alle­gorien, die den Schülern ein schwaches Ideal davon geben, nach dem er streben kann. Das brauchen sie, denn sie sind in ihrer Persönlichkeit immer noch selbstisoliert und würden ohne äußere Anreize dazu neigen, in eine selbst­zufriedene Stagnation zu verfallen.

Aus den bedeutenden Äußerungen der Lehrer baut der Neophyt in seinem Bewusstsein ein schattenhaftes Ideal der spirituellen Menschheit auf, analog zu dem vagen Bild des Menschseins im Verstand eines Kindes. Analog dazu beginnt er mit der Verwirklichung des Ideals. Genauso wie tierhafte Gemütszustände erlebt wurden und allmählich wegfallen, müssen auch persönliche Zustände überwunden werden. Das ist das Gesetz, und darum beschränken sich die großen universalen Lehren fast ausschließlich auf Ermahnungen, das persönliche Leben fallen zu lassen, und auf Ermunterungen, ein höheres Leben anzustreben. Dies wird verstanden, aber oft wird gefragt, warum die Worte des Lehrers so vage und paradox sind; und warum er so viel darüber sagt, was erreicht werden muss und so wenig darüber, wie man etwas erreichen kann.

Eine für alle zufriedenstellende Antwort ist nicht einfach zu geben. Eine spirituelle Botschaft kann mit menschlichen Worten nicht übermittelt werden, nach dem Motto: „Wer kandidiert, darf lesen.“ Folgendes sollte verstanden werden: Die persönliche Natur ist selbstisoliert und somit von allem, was außerhalb ihrer selbst liegt, abgeschnitten. Deshalb muss sie notwendigerweise und auf eigene Art versuchen, sich selbst zu entdecken. Jeder Einzelne ist für sich der Pfad und muss die Mittel, ihn zu betreten, in sich selbst finden. Andererseits ist das Bewusstsein des Jüngers nicht isoliert, sondern eins und, soweit es spirituell ist, mit dem des Meisters verbunden; folglich sind alle Anweisungen, die im Bewusstsein des Meisters formuliert sind, auch die des Schülers, weil sie nicht von außen kommen, sondern von innen. Der phänomenale Körper des Meisters ist getrennt, was für alle derartigen Körper gilt, einer vom anderen, aber als solcher wurde er nicht im Körper des Jüngers erbaut, sondern in der spirituellen Sphäre seiner neuen Selbstheit.

Wenn dies verstanden wird, kann es den Schüler dazu führen, sich vor jenen zu hüten, die ihm feste Regeln auferlegen wollen, die er ohne nachzudenken und zu hinterfragen einzuhalten hätte. Bestenfalls sind sie blinde Führer der Blinden; aber wie oft sind sie Agenten der Dunkelheit, die versuchen, seinen geistigen Willen zu fesseln. Es ist bei Weitem besser, sich durch Unwissenheit zu irren als blind auf Anweisung eines anderen richtig zu handeln; denn im ersten Fall erkennt man seinen Fehler, indem man die Auswirkungen erlebt und davon profitiert, im zweiten Fall jedoch lernt man überhaupt nichts und leidet mehr oder weniger durch die Aufgabe der indivi­duellen Verantwortung.

Wie das Kind vom Vorbild und der Kameradschaft älterer Kinder am meisten lernt, ist für den Neophyten der Kontakt mit anderen, weiter Fortgeschrittenen am förderlichsten. Kinder beziehen Nahrung für ihr inneres Wachstum aus dem Boden und der Atmosphäre, welche der liebevolle Rat und die Ermahnungen der Eltern für sie erschafft. Ebenso beziehen Neophyten geistige Nahrung aus dem Boden und der Atmosphäre, die mittels der Worte der Großen Lehrer erschaffen werden, welche unsere geistigen Eltern sind.

Ein älterer Schüler kann einem jüngeren immer in einem gewissen Maß helfen, indem er Teile der ­Lektionen der Eltern-Lehrer in Worten wiederholt, die für den Verstand des Kindes besser geeignet sind – Worte, die dem Neuling mehr bedeuten können als die des Lehrers, da sie aus einem Verstand stammen, der seinem eigenen ähnlicher ist. In Teil II dieses Artikels wird versucht, eine solche Lektion zu erteilen. Er beansprucht keinerlei Autorität; und sein Wert ist nur daran zu messen, inwieweit er zum Verständnis der großen universalen Lehren beiträgt. Alles, was er enthält und nicht mit den Worten der Meisterlehrer übereinstimmt, sollte zwar nicht insgesamt zurück­gewiesen, aber doch beiseite gelegt werden, bis ein breiteres Wissen, das nicht plötzlich erlangt werden kann, seine Falschheit beweist.

Teil 2

Seine Haltung gegenüber dem Leben und seine Auffassung darüber zu verändern ist die Aufgabe, mit der sich der Neophyt im Wahren Okkultismus konfrontiert sieht. Am Beginn seines Weges als Neophyt ist er sich in keinem Fall seiner spirituellen Selbstheit bewusst, gleich einem neugeborenen Baby, das seine menschliche Selbstheit noch nicht kennt. Die Arbeit oder die Pflichten des Lebens; die Lebensumstände; und die gegensätzlichen Gegebenheiten von Leben und Tod stellen ihn vor Herausforderungen, nur schwach ahnt er, dass er sie annehmen muss, um ihrer Herr zu werden und nicht ihr Sklave zu bleiben. Sie und ihre Verwandten binden und unterdrücken ihn unaufhörlich; dies zu realisieren ist der allererste Schritt. Schwäche und Unwissenheit sind untrennbar mit der selbstisolierten Natur verbunden, und indem er das erkennt, kommt das Verständnis für die wahre Natur der von ihm geforderten Anstrengung, nämlich die persönliche Selbstheit abzulegen und durch eine andere zu ersetzen. Was die Natur dieses anderen Bewusstseins sein mag, weiß er nicht und kann sie vorerst lediglich negierend als unpersönlich beschreiben.

Zu leben und zu wachsen und schließlich zum Beherrscher des Lebens zu werden bedeutet, seine Gesetze zu erlernen und in Harmonie mit ihnen zu arbeiten. Die Gesetze des spirituellen Lebens ohne fremde Hilfe durch direkte Erfahrung zu erlernen, wäre eine Aufgabe für viele Leben, aber glücklicherweise ist der Neophyt nicht gezwungen, diesen Weg zu beschreiten. Von Jüngern und Vertretern der Meister verfasste Bücher über die Philosophie des Wahren Okkultismus sind für alle erreichbar, und indem der Schüler sie studiert, kann er die notwendige Erfahrung in verkürzter Form erlangen. Werke, die von Menschen mit echtem Wissen geschrieben wurden, sind nicht, wie es den Anschein haben mag, uninformierte, bloße Leitfäden, in denen die Konfiguration des Universums beschrieben wird. Sie sind Erfahrungsfelder, in welchen sich das Bewusstsein selbst üben und auf diese Weise die Gesetze der universalen Natur direkt kennenlernen kann. Diesen letzten Satz sollte sich der Schüler gedanklich einprägen und darüber nachdenken, bis er seine volle Bedeutung erfasst.

Bei bestimmten okkultistischen Autoren ist es Mode geworden, Schüler nach ihren persönlichen Neigungen zu klassifizieren. Anscheinend glaubt man, dass ein Schüler am meisten Fortschritte macht, indem er die Linie verfolgt, die ihm am besten gefällt. Das wäre völlig korrekt, wäre das Ziel der persönliche Fortschritt, doch wie bereits gezeigt, ist das nicht zutreffend. Klares Denken und Unterscheidung sind erforderlich, um den Kern in seinem wahren Licht zu sehen. Jeder Schüler hat natürlich Vorlieben für eine bestimmte Richtung seiner Studien und wird, wenn sie ihm gewährt wird, scheinbar schneller und reibungsloser vorankommen als andere, die nicht ihren eigenen Neigungen folgen; die Angelegenheit stellt sich jedoch ganz anders dar, wenn man sich daran erinnert, dass seinem persönlichen Verlangen zu dienen bedeutet, jener Natur zu stärken, von der man sich befreien will.

Die Schüler gehören im Allgemeinen natürlicherweise einer von zwei großen Klassen an, nämlich (1) dem Philosophischen und (2) dem Hingebungsvollen Typus. Der erste ist durch einen mehr oder weniger entwickelten Intellekt und eine ziemlich gut kontrollierte emotionale Natur gekennzeichnet. Schüler dieser Art haben einen Wissenshunger, den die spekulative Philosophie befriedigt, was es ihnen ermöglicht, dem Verstand gefällige Daseinsvorstellungen zu bieten. Bei den zweiten dominieren normalerweise die höheren Empfindungen, und der Intellekt ist weniger entwickelt. Das Studium von Büchern zieht sie nicht an. Vielmehr könnten sie sich dadurch verwirrt fühlen, weil es ihnen im Allgemeinen an Konzentrationsfähigkeit mangelt. Die von den Lehrern in den großen Werken dargelegte Struktur des Universums interessiert sie nicht, weil sie meist nicht fähig sind, sie zu verstehen. Sie können Bücher lesen, die sich mit der praktischen oder hingebungsvollen Seite des Okkultismus befassen, und tun dies üblicherweise auch, verstehen jedoch selten ihre Bedeutung, sie gewinnen lediglich eine transzendentale emotionale Befriedigung durch die Betrachtung der Ideale des Dienens und Aufopferns. Ihre Absichten sind immer von höchster Qualität, werden aber selten in die Praxis umgesetzt, eine Tatsache, die sie seltsamerweise selten erkennen.

Diese beiden Typen, die nach gewöhnlichen Maßstäben in vielerlei Hinsicht überaus würdig sind, nähren jeweils die persönliche Natur, anstatt sie zu beseitigen, wenn sie ihren Neigungen entsprechend arbeiten. Der Philosophische Schüler sammelt aus seinen Studien einen ständig wachsenden Vorrat von Fakten, wie er sie sich vorstellt; aber er erkennt nie, dass dies überhaupt keine Tatsachen sind, sondern lediglich Aspekte der Wirklichkeit, wie sie dem getrennten Bewusstsein erscheinen. Aus ihnen baut er mentale Vorstellungen auf, die er für real hält, die aber in Wirklichkeit ebenso wenig real sind wie das Bewusstsein, dass sich diese Vorstellungen erschafft, im Vergleich zu jenem eines vollkommenen Wesens. Er erweitert und verkompliziert lediglich seine persönlichen Erfahrungen, anstatt sie auszuarbeiten.

Der Hingebungsvolle Mensch tendiert ebenfalls zum Persönlichen. Seine Suche nach transzendentalen emotionalen Erfahrungen ist selten etwas anderes als das Streben nach einer auf eine höhere Ebene angehobene Empfindung. Die Hingabe an das „höhere Leben“, wie er es kennt, verstärkt lediglich die Empfindung des Getrenntseins, indem er sich „besser“ fühlt als sein Mitmensch.

Im Falle des Neophyten sollte kein Gedanke daran verschwendet werden, individuelle Bemühungen zu fördern. Im spirituellen Leben ist er ein Baby und kann keinem individuellen Pfad folgen, bevor er nicht eine verantwortungsvolle Individualität erlangt hat. Die Analogie des Kindes sollte in Erinnerung behalten werden.

Auf persönliche Neigungen sollte Rücksicht genom­men werden, so wie weise Eltern den Charakter eines Kindes berücksichtigen. Sie sind die dominierenden Merkmale seiner Natur, und in ihnen sollte das unmittelbarste Erfahrungsfeld gesehen werden, das ausgearbeitet und zurückgelassen werden muss. Der Philosophische Schüler kann sich weiterhin der spekulativen Philosophie hingeben, sofern er die richtige Einstellung dazu hat. Er sollte verstehen, dass die gegebenen „Fakten“ keine endgültigen Realitäten darstellen, sondern Wegweiser sind, die zeigen, in welchen Richtungen die Wirklichkeit gefunden werden kann und dass er seine natürlichen Neigungen angemessen und gewinnbringend nutzen kann. Dies ist das Geheimnis, die Natur zu nutzen und ihr nicht als Sklave zu dienen.

Der weniger intellektuelle Schüler, der als hingebungsvolle Natur bezeichnet wird, sollte seine besonderen Neigungen ebenfalls als sein unmittelbares Erfahrungsfeld nutzen. Anstatt es zu genießen, sollte er sich bemühen, es zu betrachten und zu studieren und nach den Gesetzen zu suchen, die sich darin manifestieren.

Keiner der beiden Typen sollte sich von den neuen Bemühungen sofortige und beeindruckende Ergebnisse versprechen. Dies zu tun würde bedeuten, sich lediglich in einem weiteren der vielen Fallstricke zu verfangen, die das persönliche Selbst auslegt, denn nur das getrennte Bewusstsein kann sich vorstellen, sich selbst etwas hinzuzufügen. Das Ziel ist es, sich eine Haltung anzueignen und nicht ein Bauwerk zu errichten. Der Schüler sollte sich als Samensäer betrachten, nicht als Ernter von Früchten. Die Erntesaison wird zur richtigen Zeit kommen, doch jetzt hat gerade erst der Frühling begonnen.

In der Vergangenheit erschaffene Ursachen können einen Schülern manchmal dazu zwingen, allein zu arbeiten, in der Regel zieht er jedoch andere Menschen an oder wird von jenen angezogen, von denen er möglicherweise Hilfe erhalten oder sie ihnen geben kann. In einer Gruppe können schnellere Fortschritte erzielt werden, als dies bei Einzelbemühungen möglich ist, vorausgesetzt, es kann immer eine Harmonie zwischen ihren Mitgliedern hergestellt werden. Harmonie besteht weder aus zugeneigten Beziehungen noch aus übereinstimmenden Ansichten, zwei Dinge, die praktisch unmöglich zu erreichen sind. Bei dem Versuch, sie zu erreichen, brechen die meisten Gruppen unerfahrener Schüler auseinander. Die zu suchende Harmonie ist von ganz anderer Natur, aber nicht leicht zu definieren. Es wurde gesagt, dass sie eine Haltung und ein Verständnis umfasst. Die Haltung ist gekennzeichnet durch eine Leidenschaftslosigkeit in Bezug auf persönliche Dinge, und ein Verständnis bezieht sich darauf, dass sich die persönlichen Naturen aller voneinander unterscheiden. Einheit in der Absicht, jedoch Vielfalt in der Art, die Absicht zu manifestieren: Zu verstehen, dass dies das unveränderliche Gesetz ist, schafft wahre Harmonie.

Regeln für die Gruppenarbeit können ebenso wenig festgelegt werden wie für die Einzelarbeit, aber es können einige detailliertere Hinweise auf gewinnbringende Arbeitsweisen gegeben werden. Es handelt sich um Hinweise und nicht um Anweisungen, die zu befolgen sind, um Einblicke in das Gesetz der Arbeit zu geben und nicht mehr. Der westliche Schüler macht fast ausschließlich die philosophischen Studien zur Grundlage seiner Arbeit, ­insbesondere in einer Gruppe. Zu Beginn sollte sein Ziel klar verstanden werden. Es wird nicht nach Fakten gesucht, sondern nach Unterweisung, und das letztere Wort kann auch als Gesetz interpretiert werden.

Ein konkretes Beispiel dafür, wie ein universales Gesetz durch philosophisches Studium entdeckt und angewendet werden kann, mag hilfreich sein. Betrachten Sie die vertraute Lehre der Planetenkette: Sie lehrt, dass die Monade, der individuelle Funke des universalen Bewusstseins, von einem der sieben Globen auf den anderen übergeht, auf jedem einen anderen Aspekt des Bewusstseins entwickelt und schließlich nach sieben Umrundungen der Kette auf dem siebten Globus eine selbstbewusste Vollkommenheit erreicht (in Bezug auf diesen besonderen Evolutionszyklus). Gemeinsam mit den damit verbundenen Lehren von den sieben Rassen, sieben Unterrassen usw., zeigt dieses universale Gesetz, dass sich das Bewusstsein, egal in welcher Form es sich manifestiert, ob als Universum oder als der kleinste Gedanke, kontinuierlich durch einen Zyklus von sieben Stufen bewegt und der Aspekt oder die Form, die es zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellt, lediglich einer von sieben ist und in der Tat synthetisiert werden muss, um vollständig zu werden.

Wendet man dieses Gesetz nun auf das Verständnis unserer selbst an, so wird der Eindruck entstehen, dass keine zu einem beliebigen Zeitpunkt existierende Phase des Bewusstseins, sei es eine einzelne Idee oder eine umfassende Sicht des Lebens, vollständig oder dauerhaft sein kann, egal wie real sie wirken mag. Sobald das verstanden ist, hilft einem dieses Verständnis einen Schritt weiterzugehen, wodurch es möglich wird, Ideen wahrzunehmen, und das Bewusstsein wird als Ganzes unterschiedliche Phasen durchlaufen, die, wenn sie untersucht werden, den auf bestimmten „Globen“ herrschenden Zuständen entsprechen, wie die Philosophie lehrt. Der gewöhnliche Verstand kann nicht alle sieben Phasen wahrnehmen, aber er kann genug erfassen, um unmittelbare Gewissheit über das Gesetz zu erlangen.

Es ist sehr leicht einzusehen, dass diese Erkenntnis, auf das Leben angewandt, eine Menge Leid verhindern könnte. Neophyten, insbesondere solche von der sogenannten hingebungsvollen Art, erleben häufig Perioden von Depressionen, Pessimismus und sogar Unglauben an irgendetwas Spirituelles, die Anwendung des Gesetzes der Veränderung würde ihnen aber zeigen, dass diese Phasen vorübergehen und es ihnen ermöglichen, sie leidenschaftslos zu erleben. Das weitere Verständnis dafür, dass sich solche Phasen in mehr oder weniger modifizierter Form immer wiederholen, wird eine distanziertere Haltung fördern.

Der denkende Schüler braucht keine weitere Führung. Es wurde ausreichend gesagt und aufgezeigt, wie schnell und wie weit ein einmal entdecktes Gesetz erweitert werden kann und wie seine Anwendung dazu dient, die Grenzen der persönlichen Sichtweise aufzulösen. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass nicht zu viel Vertrauen in die eigenen Beobachtungen und Schluss­folgerungen gesetzt wird, da Erstere möglicherweise unvollkommen und Letztere möglicherweise falsch sein könnten. Mit anderen Worten, denken Sie daran, dass es die Übung ist, die sich aus der Arbeit ergibt und bedeutsam ist, nicht ihre unmittelbaren Ergebnisse.

Aus der vorstehenden Übung wird sich die Gewohnheit der Selbstbeobachtung natürlich entwickeln, und sie sollte so weit und tief wie möglich ausgedehnt werden, bis es zur zweiten Natur wird, die gesamte Persönlichkeit objektiv zu betrachten. Die vielfältigen Aktivitäten der verschiedenen Aspekte seiner Natur zu beobachten und zu hinterfragen, sollte das ständige Bestreben des Neophyten sein. Auf diese Weise löst er seine Individualität oder sein Selbst immer vollständiger von deren Erfahrungsinstrumenten ab. Auch hier ist Vorsicht geboten, um zu vermeiden, aus dem Beobachteten feste Vorstellungen zu entwickeln und Antworten auf seine Selbstbefragung zu erwarten. Die Haltung eines Fragenden ist richtig, denn solange sie das bleibt und nicht mehr, ist sie rein unpersönlich. Eine Haltung jedoch, welche Antworten verlangt, ist falsch, denn sie ist rein persönlich. Der Schüler, in dem das geistige Bewusstsein aktiv ist, kann vom äußeren Leben verlangen, dass es seine Fragen beantwortet, nicht jedoch der Neophyt. Seine äußere Natur ist sein Erfahrungsfeld; der Schüler sollte damit zufrieden sein, es zu beobachten und zu wissen, dass es nicht er selbst ist, und zu gegebener Zeit werden sich ihm seine Geheimnisse offenbaren. Im Moment sieht er nur den kleinen Teil, der von der Sonne des Bewusstseins beleuchtet wird, und er kann ihn nicht richtig verstehen, solange er nicht auch seine vielen dunklen Ecken erkennt.

Wenn der Schüler sich selbst beobachtet und hinterfragt, kann es geschehen, dass er die Studien der anderen zu schätzen lernt, indem er alle Mitmenschen nicht mehr als getrennte Wesen betrachtet, sondern als Aspekte seiner eigenen Natur, welche ihm als Anschauungs­unterricht vorgelegt werden. Philosophisch gesagt ist es nicht unwahr, wenn nicht gar wortwörtlich, dass alle Wesen, mit denen wir in Kontakt kommen, nur objektivierte Aspekte unserer eigenen Natur darstellen. Das als Karma bekannte Gesetz lehrt, dass jeder Mensch seine eigene Natur und seine eigenen Umstände selbst erschafft – und nicht jene Wesenheiten, die er mit den integralen Bestandteilen seiner Umstände in Zusammenhang bringt. Obwohl das für das gegenwärtige Bewusstsein nicht wörtlich zu verstehen ist, kann diese Ansicht sehr dabei helfen, den Menschen immer näher an das universale Bewusstsein heranzuführen, für welches es absolut zutrifft.

Das große, allgegenwärtige Problem, mit dem alle konfrontiert sind, die diesen Weg beginnen, ist die Eroberung des Verlangens. Je mehr dies in Betracht gezogen wird, desto schwieriger erscheint es jemandem, der nachdenkt, aber immer noch kein klares Verständnis hat. Das Verlangen ist in seinem Verständnis die große Triebkraft des Lebens, und wenn es zerstört wird, was könnte dann seinen Platz einnehmen? Ohne Verlangen, denkt er und liegt damit richtig, gäbe es Apathie und Stagnation, aber er versteht nicht, dass Verlangen als Prinzip in der ­universalen Natur etwas völlig anderes ist als das menschliche Verlangen. Das Begierdenprinzip kann genauso wenig beseitigt werden wie das Universum, mensch­liches Verlangen stellt jedoch einfach das selbstisolierte Bewusstsein dar, das innerhalb dieses Prinzips tätig ist, so wie es auch im mentalen und selbst im spirituellen Prinzip wirken kann. Dies sollte sorgfältig durchdacht werden.

Doch die Lehrer scheinen selbst die höheren Wünsche zu verurteilen, lauten die Beschwerden. Kann es Fortschritt geben, ohne das Verlangen nach Fortschritt? Die Antwort ist, dass die sogenannten „gehobenen Wünsche“ lediglich raffinierte „Tricks“ des persönlichen Selbst sind. Während das Bewusstsein persönlich ist, muss das Verlangen des Menschen, egal wie gehoben es auch sein mag, auch seine individuellen Seinsaspekte darstellen. Indem das selbstisolierte Bewusstsein durch sie agiert, zieht es ständig Material aus dem Leben, um seine eigene Kraft zu verstärken, und woher das Material kommt, ist ohne jede Bedeutung.

Der Schüler sollte ausschließlich eine und nur diese bestimmte Form des Verlangens fördern, und das ist der Wunsch, nichts zu begehren. Das ist der mächtige Motor, dessen Kraft ihn an die Schwelle der Jüngerschaft bringen wird. Trotzdem – und das ist das am wenigsten verstandene Geheimnis der Jüngerschaft – ist der Wunsch, wunschlos zu sein, immer noch persönlich. Er kann alle anderen Wünsche in sich selbst absorbieren, aber am Ende wird es das Wesen der persönlichen Selbstheit bleiben, das den Schüler an der Schwelle der Jüngerschaft erwartet. Das ist die Wirklichkeit des „Hüters der Schwelle“. Die schreckliche, der Einweihung in die Jüngerschaft vorausgehende Prüfung kommt, wenn der Pilger seiner menschlichen Selbstheit in ihrer größten Macht gegenübersteht, dem Selbst, das seine Kinder geopfert und verschlungen hat, und er muss sich in diesem letzten schrecklichen Kampf selbst töten. Ist es verwunderlich, dass so viele scheitern, die verfrüht zu dieser Begegnung eilen, wo der Sieg ohne Hilfe oder Ermutigung durch Menschen, den Meister oder Gott errungen werden muss?

Während der Neophyt Wünsche ausmerzt, indem er sie in den einen Wunsch absorbiert, Wunschlos zu sein, findet er sich immer freier, neue Wissensfelder zu erkunden. Bereiche des Geistes, die bisher getrübt und untätig waren, werden aktiv. Eine Empfindung von Frieden tritt ein, wenn sich die Reihen der widerstreitenden Wünsche lichten. Die Ausgeglichenheit wird immer größer, wenn das Verlangen, sich von anderen abzuheben oder über ihnen zu stehen, nachlässt und das Wissen darüber zunimmt, was wahre Macht bedeutet. Das Leben wird ausgefüllter und reicher, wenn persönliche Bedürfnisse verschwinden. Dorthin trägt das in einen einzigen Strom konzentrierte universale Begierdenelement den Neophyten, der seine Kraft nicht länger in tausend mäandernden Bächen zerstreut, und noch zu vielem mehr. Wenn kein Hindernis seinen Fluss aufhält, kann es ihn unwiderstehlich durch die letzte Begegnung und durch die quer vor der Schwelle liegende Schwärze und Stille ins Licht des Geistes dahinter befördern.

Das Entstehen des Bewusstseins aus der dunklen Kluft des Nicht-Seins, welche die Seele durchsteigen muss, nachdem das letzte Opfer der persönlichen Selbstheit erbracht wurde, kann passend mit dem Aufgehen des Morgensterns verglichen werden, welcher auf die dunkelste und kälteste Stunde der Nacht folgt. In jedem natürlichen Zyklus kann der Mensch seinen ihm bestimmten Kurs lesen, wenn er nur Augen zum Sehen und einen Verstand zum Verstehen hat; kein Mensch kann es jedoch einem anderen beschreiben, der nicht das Wunder des Beginns eines irdischen Tages gesehen hat, noch können Worte dem persönlichen Verstand vermitteln, was das Erwachen zum spirituellen Bewusstsein bedeutet. Um es zu verstehen, muss es erlebt werden. Mehr kann nicht gesagt werden.

Eine letzte Warnung kann dem Schüler hinterlassen werden, der sich dem Ende seiner Probezeit nähert. Jüngerschaft ist das Ziel, das er erreichen möchte, aber nicht in größerem Maße als das Erreichen der mensch­lichen Individualität ein Ziel für das heranwachsende Kind darstellt. Sie ist der Anfang eines neuen Kreislaufs von Anstrengung und Fortschritt für das jetzt relativ verantwortungsbewusste und selbstbewusste spirituelle Wesen. Der Sieg über den Riesen der persönlichen Selbstheit, der den Schüler zum Schüler gemacht hat, bedeutet nicht, dass dieser große Feind getötet wurde und keine Bedrohung mehr darstellt. Im Gegenteil, er wurde nicht getötet, sondern lediglich dominiert und vorerst zu einem ordentlichen und gehorsamen Diener gemacht. Eigentlich ist seine Stärke weitaus größer als zuvor. Die Koordinierung der unzähligen widerstreitenden Aspekte des Begierdenselbstes in die zuvor beschriebene einzige Einheit bedeutet, dass die persönliche Selbstheit in großem Maße gestärkt und vitalisiert wurde; einer undisziplinierten Nation vergleichbar, die von einem großen Führer zu einer gehorsamen Armee gedrillt wird. Wie jedes nationale Heer der Menschen können die Kräfte der niederen Natur jederzeit in Unordnung geraten und ihre internen Streitigkeiten wieder aufflammen, sollte ihr Kommandant, das Spirituelle Selbst, seine Disziplin lockern und seine Identität verlieren, indem er sich unter sie begibt.

Abgesehen von seinem spirituellen Bewusstsein ist der Jünger in jeder Hinsicht ein Mensch und muss in der Welt ewig als Mensch wirken. Sein Bewusstsein muss daher notwendigerweise immer wieder in die persönliche Natur hinabsteigen und durch sie hindurch arbeiten und aus ihr aufsteigen, wenn die Arbeit getan ist. Es ist nicht nur möglich, sondern praktisch unvermeidlich, dass das Heer der persönlichen Begierden zu Unordnung oder sogar zu offener Meuterei neigt, sobald seine distanzierte Kontrolle gelockert wird. Der anfängliche Sieg ist nur der erste von vielen, den er erreichen und beständig verteidigen muss, bis seine Arbeit im rein menschlichen Bereich endlich vollständig abgeschlossen ist und er an der Schwelle eines anderen Reiches steht, das nicht von dieser Welt ist. Diese Schwelle kann er nicht überschreiten, bis sowohl das geringste und als auch das größte der menschlichen Wunschgebilde, welche das Heer der Persönlichkeit bilden, mit ihm selbst in die Sphäre der geistigen Menschheit aufgestiegen sind. Der Meister kann nicht in das Reich der Götter eintreten, bevor nicht die Menschheit, der er angehört und mit deren Schicksalen er untrennbar verbunden ist, als Ganzes in die Sphäre des geistigen Bewusstseins aufgestiegen ist.

Der jüngere Schüler kann diese Ideen vielleicht nicht auf einmal verstehen, aber es wird sich für ihn lohnen, sie zu studieren und darüber zu meditieren. Dabei wird ihm die Philosophie durch ihre Lehre helfen, dass sie alle Teile eines Ganzen sind, und damit alles, was einen von ihnen betrifft, alle betrifft. Der Mensch lebt und arbeitet nicht für sich selbst, sondern für alle. Es ist nicht seine eigene Seele, die er durch seine Arbeit und sein Opfer rettet, sondern die vereinte blinde Seele der verlorenen Menschheit. Wie gezeigt wurde, muss er zur Erfüllung dieser Aufgabe, wenn die Bedeutung richtig verstanden wird, nicht nur einmal, sondern unzählige Male bereit sein, das gerade erst gewonnene geistige Reich zu opfern und erneut in das Leben der Welt hinabzusteigen. So muss er wieder und wieder das Opfer der menschlichen Selbstheit wiederholen und durch den Abgrund des Nichtseins in seine wahre Heimat in die Reiche des Lichts zurückkehren, damit die Menschen den Pfad des Pilgers und den Pilger auf dem Pfad sehen können, wenn sie Augen haben zu sehen.

Davon sprechen die Lehrer, wenn sie vom Pfad des Leids erzählen: Leid, das aus dem Gesetz entsteht, welches die geistige Selbstheit dazu zwingt, aus ihrer eigenen strahlenden Sphäre in die trübe Welt der Menschen hinabzusteigen; Leid, weil die menschliche Selbstheit die Selbstvernichtung akzeptieren muss, um die Menschheit zu erwecken; aber Leid nur für den Kurzsichtigen, der die ewige Gerechtigkeit, die das unendliche Universum durchdringt und unterstützt, nicht wahrnehmen kann.

Für die Spirituelle Seele bedeutet der Pfad kein Leid. Er ist ein Pfad des Mitgefühls, den diejenigen, die ihn betreten, vollkommen verstehen. Er ist ein Pfad der Harmonie, denn er wird glatt getreten von den Füßen, die sich zum richtigen Zeitpunkt im Rhythmus des Lebens bewegen. Er ist ein Pfad der Schöpfung, denn die Baumeister des Lebens wandeln bei ihrer Arbeit auf ihm hin und her. Und schließlich ist er der Pfad der Seher, und die Streitwagen des Gesetzes rollen auf ihm.

Was ich vermitteln möchte, ist nichts Neues, sondern alt, so alt, dass es nie eine Zeit gab, in der es nicht existierte. Ich wiederhole es auf meine individuelle Weise und glaube, dass hier und da eine Seele, die von den Worten anderer unberührt bleibt, von den von mir benutzten Worten berührt werden kann. Die Wahrheit ist Eins, die Formen aber, in denen sie sich manifestiert, sind unzählig: Dennoch ist keine Form, wie grob sie auch sein mag, für irgendeinen Verstand bedeutungslos. Dies ist das Gesetz, und dies ist der Grund, warum die unveränderlichen Wahrheiten des Lebens im Laufe der Jahrhunderte von denen, die ihren Glanz eingefangen haben, immer wieder neu formuliert werden müssen.

Das Universum, der Planet,
die Welt und der Mensch

Auf den folgenden Seiten wird versucht, einen Überblick über die in dem als „Die Sprüche des Alten“ bekannten Manuskript enthaltenen rein philosophischen Lehren zu geben, wie sie mir von Zeit zu Zeit über einen Zeitraum von fast dreißig Jahren von dem in der Einleitung zu diesem Buch erwähnten Berberlehrer, der sich Mehlo Moya nennt, erklärt wurden.

Was gegeben wird, stellt notwendigerweise lediglich eine Skizze dar, abzüglich einer Vielzahl von Details, die selbst in einem Band mit dem vierfachen Umfang des vorliegenden Buches nicht ausreichend Platz fänden. Es enthält jedoch Ideen und Standpunkte, die meines Erachtens für alle ernsthaften Schüler von Interesse sein sollten und die sich für einige wenige als sehr wertvoll erweisen könnten, was auch für mich selbst gilt. Ich sehe jedoch die Möglichkeit, sogar die extreme Wahrscheinlichkeit, dass einige der „orthodoxeren“ Schüler der Theosophie gegen viele Teile dieser Darstellung Einwände erheben werden, weil es den Lehren der bedeutenden Repräsentantin H. P. Blavatsky widerspricht. Mein eigenes Wissen reicht nicht aus, um mit absoluter Sicherheit behaupten zu können, die von mir skizzierten Lehren stünden nicht im Widerspruch zu den Lehren anderer Autoritäten. Ich kann lediglich sagen, dass meiner Meinung nach die Lehren von Madame ­Blavatsky, soweit ich sie verstehe, im Wesent­lichen mit denen übereinstimmen, die ich von Mehlo Moya empfangen habe, der von ihnen behauptet, sie wären den „Sprüchen des Alten“ entnommen.

Die Schüler wären weise, würden sie sich bemühen zu verstehen, dass die Wahrheit, da sie unbegrenzt ist, in so vielen verschiedenen Gewändern erscheinen muss wie es Menschen gibt, die nach ihr suchen. Die Gewänder, die dem einen gefallen, mögen den anderen abstoßen, aber das gibt ihm nicht das Recht abzustreiten, dass sie die Gewänder der Wahrheit seien. Wie Mehlo Moya selbst in einem Brief an einen Schüler schrieb:

„Alle Wahrheitssuchenden sollten die einfache Tatsache verstehen, dass zwar keine individuelle Sicht des Lebens jemals ganz wahr sein kann, dass aber jede Sicht, die man einnehmen kann, in einem relativen Sinn wahr ist, weil sie ein Aspekt ihrer selbst ist, der dem Suchenden von der Wahrheit präsentiert wird. Ein Aspekt mag weniger ausgeprägt sein als der andere, aber das bedeutet nicht, dass der andere überhaupt keine Wahrheit enthält oder dem ersten widerspricht. Wir Wissenssucher gleichen Reisenden in einem unbekannten Land mit Ebenen, Flüssen und Bergen; mit Wüsten, Hügeln und Wäldern. Man steht in der Ebene und beschreibt, was man vor sich sieht. Ein anderer klettert im Wald auf einen hohen Baum und erzählt, was er beobachtet. Ein Dritter steigt auf einen Hügel und kehrt mit seinen Erfahrungen zurück. Ein Vierter ist erst zufrieden, wenn er die Landschaft vom Gipfel des höchsten Berges aus betrachtet. Jedem Beobachter präsentiert das Land ein anderes Erscheinungsbild; und selbst wenn zwei es vom selben Punkt aus betrachten sollten, werden sich die von ihnen darüber gegebenen Berichte voneinander unterscheiden. Solche Unterschiede führen jedoch nicht dazu, dass kluge Reisende sich streiten. Im Gegenteil, sie streben nach vollständigerem Wissen, indem sie die verschiedenen Berichte abwägen und vergleichen und eine Grundlage erreichen, auf der sie weitere Untersuchungen durchführen können, nicht aus dem, was ein Beobachter gesehen hat, sondern aus dem, was sie aus den vereinten Berichten ableiten.

Diejenigen, die sich bemühen, die mysteriösen Welten von Geist und Seele zu erforschen, sind selten so weise, und sie streiten sich oftmals mit denen, die auf derselben Suche sind und möglicher­weise andere Ansichten haben als ihre eigenen, anstatt die offensichtlichste Tatsache im Leben anzuerkennen, dass alle Menschen verschieden sind und sie niemals dasselbe Verständnis vom Leben haben können. Wenn ich meine eigene Ansicht als richtig und die aller anderen, die sich von mir unterscheiden, als falsch behaupte, dann erhebe ich damit einen der beiden folgenden Ansprüche, nämlich dass ich entweder die absolute Wahrheit kenne oder dass ich mir vorstelle, alle Menschen stünden auf ein- und derselben Stufe. Mit jeder dieser beiden Überzeugungen würde ich mich lächerlich machen oder als kindisch erweisen.

Wenn ich feststelle, dass ich mich von meinem Bruder unterscheide, frage ich mich immer: ‘Scheint mein Bruder das Leben von einem höheren oder einem niedrigeren Standpunkt aus zu betrachten als ich? Sollte Ersteres zutreffen, könnte er mir nicht dabei unterstützen, dass ich mich auf seine Stufe erhebe? Sollte Letzteres der Fall sein, kann ich ihn vielleicht beim Aufstieg unterstützen? Aber um so oder so sicher zu sein, müssen wir uns geduldig erweisen und unsere Ansichten messen, vergleichen und sehen, wo sie sich unterscheiden und in welcher Hinsicht sie übereinstimmen.’ “

Das sind weise Worte, denen meiner Meinung nach jeder ernsthafte Schüler zustimmen wird. Es lohnt sich, nach dem Geist in ihnen zu suchen, denn wenn er gefunden wird, werden alle Menschen zu Brüdern.

In diesem Entwurf habe ich mich bemüht, die Lehren genauso wiederzugeben, wie sie mir gegeben wurden, ohne ihnen irgendwelche Ideen beizumischen, die mir aufgrund meiner eigenen Spekulationen in den Sinn gekommen sein könnten. Es ist jedoch kaum möglich, dass mir der Versuch in dem Maße gelungen ist, wie ich es mir zu wünschen erhoffte, da mir die Lehren größtenteils mündlich, jedoch nicht in der englischen Sprache erteilt wurden.

Was ich daher gebe, ist möglicherweise keine echte Darstellung dessen, was ich erhalten habe. Folglich präsen­tiere ich es lediglich als Interpretation, für die ich verantwortlich gemacht werden muss und nicht mein Lehrer.

Das Universum

Das Universum ist Unendlich und Ewig, grenzenlos, ohne Anfang und ohne Ende.

Über seine Natur zu spekulieren ist nicht nützlich, da der menschliche Geist in der Zeit existiert und sich die Ewigkeit nicht vorstellen kann; und das menschliche Leben ist endlich und kann daher keine Beziehung zur Unendlichkeit herstellen. Das reale Universum ist weder das sichtbare Universum noch eine Erweiterung dessen im Raum, was sich das Bewusstsein vorstellen kann. Das Sichtbare Universum ist nicht einmal das im Bewusstsein enthaltene Universum, sondern lediglich unbedeutende und unzusammenhängende Aspekte davon, die der Mensch durch seine unvollkommenen und unent­wickelten Sinne objektiv wahrnimmt. Das Universum ist Leben und manifestiert sich in und durch eine unendliche Menge von Wesen. Aber das Leben ist nicht ein Wesen, denn es ist grenzenlos, und Sein impliziert eine Begrenzung.

Weil es Unendlich ist, sind auch die Wesen unendlich, in und durch die das Leben sich manifestiert, sowohl in Bezug auf ihre Vielfalt als auch auf ihre Anzahl. Obwohl sie in unterschiedlichem Grad unvollkommen sind, denn Begrenzung bedeutet Unvollkommenheit, sind sie in ihrer Essenz Vollkommen, denn das, was sie zum Ausdruck bringen, ist grenzenlos und daher Vollkommen. Wenn der Schüler dies verstanden hat, sollte er auch das Folgende verstehen. Indem er dem Gesetz seines Daseins folgt, das ihn dazu zwingt, immer mehr Wissen über sich selbst, seine Welt und das Leben zu erlangen, sucht er nach jener Vollkommenheit, welche die elementare Natur aller Dinge und von allem ist. Er strebt daher nach einer bewussten Einheit mit allem Seienden, da Vollkommenheit nicht anders als das Eine sein kann. Dies zu wissen bedeutet, den Zweck der Existenz zu kennen. Bewusst oder unbewusst streben alle Wesen nach ausgedehnter Erfahrung: Sie bedeutet Wissen, und wie gezeigt, ist das Streben nach Wissen das Streben nach Vollkommenheit. Der Mensch strebt bewusst nach Wissen; doch ist er noch kein erwachsener, sondern lediglich ein Kindlicher Mensch, bis er sich der Tatsache bewusst wird, dass seine Suche die Suche nach Vollkommenheit ist.

Wesen zeichnen sich durch Eigenschaften oder Attribute aus, deren Vielfalt unzählbar ist; und dies sind alles Einschränkungen oder Modifikationen des Lebens, die der Besitzer dazu verwendet oder verwenden sollte, ihn bei der Erreichung der Ziele seiner Existenz zu unterstützen. Das Leben selbst hat lediglich ein Attribut: Wissen über seine eigene Vollkommenheit zu suchen. Doch das Leben ist grenzenlos, und daher ist dieses eine Attribut das Leben Selbst.

Für die Manifestation des Lebens als Wesen sind drei primäre Modifikationen notwendig, nämlich das Bewusstsein; Energie oder Kraft; und Substanz. Diese drei Aspekte des Lebens interagieren unaufhörlich im gesamten manifestierten Universum, und ihre Interaktion ist es, die alle individuelle Existenz und alle Eigenschaften hervorbringt, die eine Wesenheit aufweist. Sie stellen die in den weiterentwickelten religiösen Philosophien der Welt unter verschiedenen Namen personifizierte Göttliche Dreifaltigkeit dar. Im Hinduismus sind sie Brahma, Vishnu und Shiva. Brahma ist Bewusstsein. Vishnu ist Energie. Shiva ist Substanz, das Prinzip, welches Bewusstsein und Energie verschleiert und umgrenzt, daher der Zerstörerische Gott. Miteinander interagierend bringen die drei Krishna hervor, ein vollkommenes individuelles Wesen. In ähnlicher Weise steht der Vater im Christlichen System für das Bewusstsein; der Heilige Geist ist Energie und die Jungfräuliche Mutter Substanz. Gemeinsam manifestieren die Drei Christus, den Sohn, den Vollkommenen Menschen.

Ohne das Zusammenspiel dieser drei Elemente ist eine Manifestation individuellen Lebens unmöglich. Getrennt existieren sie nicht, sie sind eins mit dem Leben selbst. Dieses Leben wird von einigen Philosophen als Absolutes Bewusstsein bezeichnet, aber es kann mit demselben Recht als Absolute Energie oder Absolute Substanz bezeichnet werden. Der Begriff des Absoluten sollte korrekterweise niemals dazu verwendet werden, etwas zu qualifizieren; noch sollte ein anderer, eine Qualität implizierender Begriff dazu verwendet werden, das zu bezeichnen, was keine Eigenschaften aufweist. Der unqualifizierte Begriff des Lebens scheint es am besten auszudrücken.

Weil Bewusstsein, Energie und Substanz untrennbar mit der offensichtlichen Existenz verbunden und in allem Wahrnehmbaren enthalten sind, was der Mensch als Leben definiert oder sich als solches vorstellen kann, folgt daraus, dass es so etwas wie „tote Materie“ nicht gibt und auch nicht geben kann. Das niedrigste Mineralatom und das höchste geistige Wesen sind gleichermaßen das Ergebnis der Wechselwirkung der Elemente der Göttlichen Dreifaltigkeit. Sie unterscheiden sich lediglich dadurch, dass sich die drei Elemente in unterschiedlichen Anteilen in ihnen manifestieren. Gewöhnliche Menschen betrachten Mineralien als „tote Materie“. Der Wissenschaftler sieht darin ein Feld, in welchem enorme Energien spielen. Keiner von beiden erkennt darin das Wirken des Bewusstseins; aber könnten diese Beobachter sagen, das Mineralatom würde weiter existieren, wenn das Bewusstsein aus dem Universum eliminiert würde? Das Leben wird in der Pflanzenwelt als etwas wahrgenommen, von dem die meisten denkenden Menschen zugeben, dass es dem Prozess des Bewusstseins ähnelt, und dieses Phänomen zeigen fast alle Pflanzenformen auf. In der Tierwelt erscheinen die drei Elemente Bewusstsein, Energie und Substanz mehr oder weniger in gleichen Anteilen gemischt zu sein. Im Menschen allein ist das Bewusstsein das beherrschende Element, und seine Herrschaft wird immer ausgeprägter, je höher der Mensch auf der Stufenleiter des Seins steigt.

An diesem Punkt sollte klar verstanden werden, dass Substanz, das Mutterelement, nicht das ist, was der Mensch als Materie kennt. Materie ist lediglich eine Erscheinung, die vom Bewusstsein als Einschränkung seiner Reichweite erkannt wird, und wie jede andere Erscheinung beruht ihre Existenz auf dem Zusammenspiel der drei Elemente der Göttlichen Dreifaltigkeit. Diese Definition sollte bedacht werden, denn wenn sie verstanden wird, zeigt sie, dass Materie viel mehr ist als das, was für die Sinne offensichtlich ist, da das subjektive Bewusstsein auch seine Grenzen hat, obwohl sie möglicherweise weniger eingeschränkt sind.

Wer das Vorstehende versteht, wird feststellen, dass die Dreifaltigkeit in der christlichen Lehre eine Wahrheit symbolisiert. Das vollkommene, individuelle Sein wird in der Muttersubstanz durch die Wirkung des Heiligen Geistes empfangen, des dynamischen Prinzips der Natur. Zu gegebener Zeit wird es als Mensch geboren, einem Wesen, in welchem das Bewusstsein begonnen hat, die anderen Elemente zu dominieren. Die Erzählung von Christus ist auch ein wahres Symbol, denn der Mensch schreitet immer weiter zu einem vollständigeren Bewusstsein seiner selbst als Bewusstes Wesen fort und überschreitet und begreift schließlich seine Begrenzungen, an das Kreuz der Materie geschlagen. Die Interaktion zwischen den drei Elementen endet dann, wenn der Sohn in den Himmel aufsteigt: Das manifestierte Leben wird wieder vom Leben selbst absorbiert.

In der letzten Essenz sind alle Wesen Unbegrenzt und Ewig, und in den Manifestationen sind sie alle endlich. Wie gezeigt ist der Kurs, den sie mittels der Manifestation verfolgen, ein ständiges Streben nach Kenntnis ihrer essenziellen Vollkommenheit. Dies ist in der Natur der Dinge unerreichbar und muss für das Endliche ewig unerreichbar bleiben; daher muss sich das Leben, das sich im Sein manifestiert hat, um sich der Vollkommenheit, die es selbst ist, bewusst zu werden, erneut manifestieren, um seine Suche da fortzusetzen, wo es sie aufgegeben hat, und so weiter bis in alle Ewigkeit.

Es gibt Philosophen, die diesen Prozess als „Wiederverkörperung des Bewusstseins“ bezeichnen, doch erweckt dieser Ausdruck wahrscheinlich eine falsche Vorstellung von dem, was tatsächlich geschieht. Es ist nicht das Bewusstsein, zumindest nicht mehr als Energie oder Substanz, das sich selbst verkörpert oder verkörpert ist. Es ist das Leben, das sich selbst begrenzt und auf diese Weise in der Göttlichen Dreifaltigkeit manifestiert und das sich aufgrund seiner unbegrenzten Natur ewig neu manifestieren muss. Als dreieiniges Wesen entwickelt es diesen Aspekt seiner selbst, der als Bewusstsein bekannt ist, als ein Werkzeug, mit dem die Vollkommenheit erkannt werden kann, die es selbst ist.

Der Planet

Jeder Aspekt des Lebens, der vom Bewusstsein berührt wird oder den man sich vorstellen kann, ist ein Wesen. Das Universum ist, da das Bewusstsein es sich vorstellen kann, ein Wesen. So auch die klitzekleinen, sogenannten Energieteilchen, die den Lehren der Wissenschaftler zufolge jeden Körper und jede sichtbare und unsichtbare Form von Materie im gesamten Raum aufbauen. Weil das Universum unendlich ist, muss jedes Wesen in einem größeren Wesen existieren, denn in der Unendlichkeit kann es kein Wesen geben, das so groß ist, dass nicht ein noch größeres gedacht werden könnte. Aber da das Bewusstsein, das Element, das erschafft, untrennbar mit dem Sein verbunden ist, kann mit genau derselben Berechtigung behauptet werden, dass das größere Wesen im kleineren existiere, da das Bewusstsein des Letzteren es mit einschließt. Alles existiert in Allem: Dies ist eines der großen Grundgesetze des Lebens.

Der Schüler sollte das Gesagte sorgfältig prüfen. Es mag schwer zu verstehen sein, aber wenn es in irgendeinem Grad verstanden wird, kann es viel dazu beitragen, viele der Geheimnisse der Existenz zu enthüllen. Es wird zu der Erkenntnis führen, dass der Mensch durch das Studium des größeren Wesens, innerhalb dessen er existiert, beginnen kann, sich selbst zu erkennen; und umgekehrt, dass er durch die Suche in sich selbst lernen kann, das zu erkennen, was außerhalb und jenseits von ihm zu sein scheint.

Betrachten Sie nun das Leben des Planeten, in dem der Mensch existiert. Er ist ein lebendiges Wesen. Er hatte einen Anfang und muss ein Ende haben. Gleich jedem anderen Wesen ist er eine Stufenleiter, die das Leben hinaufsteigt, um die Erkenntnis seiner eigenen Vollkommenheit zu erlangen: eine der endlosen Reihen, das Ergebnis derer, die ihm vorangingen und die Ursache derer, die ihm folgen werden. Mit den Vergangenen und den noch Kommenden hat der Schüler nicht unmittelbar zu tun, er muss nur wissen, dass sie waren und sein werden.

Der Planet durchläuft sieben Hauptphasen oder Grade der Begrenzung des Bewusstseinselements seines Seins, bis er schließlich die relative Vollkommenheit des vollständigen Bewusstseins seiner Begrenztheit erreicht und danach wieder in das Leben absorbiert wird, von dem er eine Manifestation darstellt. Bestimmte Philosophen haben häufig wiederholt, der Planet und alle anderen Wesen seien in einigen Phasen ihrer Entwicklung „geistig“ und in anderen „materiell“. Es wäre richtiger zu denken, dass Wesen niemals etwas anderes als geistig sind, da sie die Essenz oder der Geist sind, der manifestiertes Leben ist. Wenn man vom Wachstum irgendeines Wesens spricht, ist es notwendig, den Begriff des Materiellen in Bezug auf bestimmte seiner Phasen zu verwenden, aber er sollte in der bereits definierten Weise als Zustand der Begrenzung des Bewusstseins verstanden werden. Es ist nicht das Leben, sondern eines der drei Elemente, in denen sich das Leben manifestiert, nämlich das Bewusstsein, das die Begrenzungen der „Materie“ kennt. Das Leben selbst ist in der Göttlichen Dreifaltigkeit begrenzt und kennt seine Grenzen durch das Bewusstsein.

Der Planet wächst oder entwickelt sich in sieben Phasen wie folgt:

(1) In der Ersten Phase des Wachstums ist das Leben gerade aus seinem freien, unbegrenzten Zustand hervorgegangen. Es ist in die Gestaltung von Grenzen vertieft, innerhalb derer es sich zum Ausdruck bringen und durch die es sich seiner eigenen Vollkommenheit bewusst werden kann. Das Bewusstsein, das Element oder Prinzip, durch dessen Nutzung das Wesen diese Bewusstheit erreicht, ist vollständig verschleiert, und der Manifestierer ist in den Schöpfungsakt gehüllt, ein Wort, das die Begrenzung seiner selbst bedeutet. In den späteren Phasen des Ersten Wachstumsstadiums werden die Begrenzungen des Seins schließlich eindeutig, und es zeigt sich in einer Form, die im Sinne des menschlichen Bewusstseins als vollständig materiell bezeichnet wird, dem Mineral entsprechend.

(2) In der Zweiten Wachstumsphase nimmt die materielle Form der Ersten Wachstumsphase mehr den Charakter einer lebendigen Form an. Das Leben, das sie ausmacht, ist weder bewusst noch empfindungsfähig, sondern von der Natur dessen, was in einem Ei oder in einer Kugel aus Protoplasma eher gefühlt als wahrgenommen werden kann, potenziell, aber noch nicht aktiv.

(3) In der Dritten Wachstumsphase wird die Lebensform der Zweiten Stufe zu einem fühlenden Wesen und entwickelt gegen Ende eine Art niederes Animalisches Bewusstsein.

(4) In der Vierten Wachstumsphase tritt das Bewusstseinselement weiter hervor, und in seiner zweiten Hälfte wird so etwas wie ein Gleichgewichtszustand der drei Elemente der Göttlichen Dreifaltigkeit hergestellt, der dem entspricht, was der Mensch als höheres Animalisches Bewusstsein kennt.

(5) In der Fünften Stufe des Wachstums tritt das Bewusstsein noch weiter hervor und beginnt, die anderen Elemente der Dreifaltigkeit zu dominieren. Ein Zustand, der dem menschlichen Zustand entspricht, wird dann vom Planetarischen Wesen erreicht.

(6) In der Sechsten Stufe des Wachstums beginnt das Bewusstsein, seine Grenzen zu verstehen, und in seiner zweiten Hälfte wird sich das Wesen seiner Identität mit dem Leben bewusst.

(7) In der Siebten und letzten Phase des Wachstums beherrscht und versteht das Bewusstsein seine Begrenzungen vollständig und eignet sich letztendlich das gesamte Wesen an. Die Interaktion zwischen den ­Elementen der Dreifaltigkeit endet dann. Die Manifestation geht zu Ende, und das Sein wird wieder in das Nicht-Sein absorbiert.

Der weniger erfahrene Schüler sollte klar verstehen, dass die hier beschriebenen Wachstumsstadien nicht bedeuten, dass der Planet oder ein anderes in nichtmenschlichen Bedingungen existierendes Wesen exakt dieselben Stadien wie der Mensch durchläuft, um zu wachsen oder sich zu entwickeln. Die Stufen entsprechen denen, durch die sich der Mensch entwickelt, aber ihre genaue Natur muss immer von den besonderen Bedingungen abhängen, unter welchen die Entwicklung des Wesens stattfindet.

Unser Planet hat sein Viertes Wachstumsstadium erreicht, das des Gleichgewichts der drei Elemente des Seins. Der Grund für diese Aussage, die ohne weitere Erläuterung als rein dogmatisch erscheint, ist folgender. Der Mensch lebt, arbeitet und manifestiert sich teilweise als Meister der Animalischen Natur. Er tut das auch in Bezug auf seinen Planeten. Die Animalische Natur repräsentiert die Vierte Wachstumsstufe eines jeden Wesens, und daher kann sich das Planetarische Wesen auch nur in seiner Vierten Wachstumsstufe befinden. Ein besseres Verständnis davon wird durch das gewonnen, was im letzten Teil dieser Darstellung über den Menschen gesagt wird. Das Ziel ist, ein gewisses Verständnis des Gesetzes des Lebens zu vermitteln, denn wenn dies einmal erreicht ist, wird sich alles andere von selbst erklären.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass alles, was das Bewusstsein möglicherweise berühren kann, wesenhaft ist. Folglich stellt jede der sieben Wachstumsstadien des Planeten ein Wesen dar. Dieses Wesen wächst oder entwickelt sich in sieben Stufen analog zu den Stufen des Planeten, in welchem es existiert und der es mit den Bedingungen ausstattet, die für diese besondere Manifestation des Lebens notwendig sind.

Der Schüler mag dies als eine schwierige Vorstellung empfinden, da gesagt wurde, dass die Erste Stufe des ­planetarischen Wachstums vollkommen materiell war. Wie kann von einem vollständig materiellen Wesen ein ­Spirituelles Bewusstsein entwickelt werden? Die Schwierigkeit wird zumindest teilweise verschwinden, wenn man bedenkt, dass Begriffe wie „materiell“ in jedem Fall relativ zu der besonderen Manifestation des Lebens zu verstehen sind, auf die sie angewendet werden und dass sie überhaupt keine absolute Bedeutung haben. Allein das Leben selbst ist absolut und hat keine Bedingungen oder Qualitäten. Das Leben manifestiert sich in dem Wesen, das die Erste und materielle Wachstumsstufe des Planeten darstellt, und auch in allen anderen Stadien; und dieses Wesen ist folglich vom Geist, genauso wie das sich in der Siebten Stufe manifestierende. Die Stadien seines Wachstums sind relativ zu sich selbst und zu nichts anderem. Es kann durchaus sein, dass das Verständnis solcher Lehren wie dieser nicht durch den Intellekt erreicht werden kann und dass der Schüler, wenn er sie nicht bereits entwickelt hat, abwarten muss bis seine Intuition angewachsen ist, um wirklich verstehen zu können.

Noch einmal, jede Wachstumsphase oder Entwicklung eines Stadiums im Wachstum des Planeten stellt ein Wesen dar; und es entwickelt sich in einer Art, die der des Planeten entspricht. Eines dieser Wesen hat besonderes Interesse am Menschen, weil es das ist, was es seine Welt nennt. Eine Zusammenfassung bestimmter Punkte kann den Schülern zu einem klareren Verständnis verhelfen:

(a) Alle Wesen entwickeln sich durch die sieben bereits beschriebenen und aufgelisteten Stufen.

(b) Unser Planet hat die Vierte Stufe seines Wachstums erreicht.

(c) Jede Wachstumsphase eines Wesens ist ebenfalls ein Wesen.

(d) Das Wesen, das die Vierte Stufe des planetarischen Wachstums darstellt, hat seine eigene Vierte Stufe des Wachstums erreicht.

(e) Die Vierte Stufe des Wachstums des unter Punkt (d) erwähnten Wesens ist jene, die der Mensch als seine Welt bezeichnet.

Bei vielen Philosophen ist es üblich, in Bezug auf den Globus oder die Sphäre von der Welt des Menschen zu sprechen. Dies führt viele Schüler, auch vergleichsweise erfahrene, zu der Annahme, dass es sich um die objektive, „feste Erde“ handelt, die für die menschlichen Sinne und das Bewusstsein kugelförmig erscheint. Das ist ein Fehler. „Die Erde“ ist lediglich ein sehr begrenzter Aspekt des Wesens, in dem er lebt, die Welt, die für die Sinne und das Bewusstsein, die gegenwärtig vom Menschen entwickelt werden, objektiv geworden ist. Die Welt ist auch nicht der Planet, sondern lediglich ein Aspekt oder eine Unterphase des Wachstums des Planeten.

Der intuitive Schüler kann aus dem Gesagten ableiten, dass zwar jede der Wachstumsphasen des Planeten, und genauso jede ihrer Phasen, ein Wesen mit seinem eigenen individuellen Leben darstellt; aber jedes dieser Wesen ist während seiner Existenz auch der Planet selbst, da der Planet es selbst manifestiert.

Durch solche Gedanken wird sich allmählich ein Verständnis für die Lebensgesetze entwickeln, und für den wahren Schüler ist dies das Wichtigste.

Die Welt

Es sei wiederholt, dass die Welt weder der Planet ist noch das, was die Menschen die Erde nennen. Die Welt ist jener Aspekt der planetarischen Manifestation, welchen das menschliche Bewusstsein unmittelbar wahrnimmt. Die Erde ist jener Aspekt der Welt, den das Bewusstsein des Menschen für sich selbst objektiv oder äußerlich gemacht hat. Die Welt ist ein Wesen und wächst oder entwickelt sich wie alle anderen in sieben Stufen zur Vollkommenheit. Dem Schüler wird deshalb klar sein, dass jede Stufe in der Entwicklung des Bewusstseins der Menschheit eine relative Veränderung des Weltwesens von einer Phase seines Wachstums zur nächsten bedeutet. Aus diesem Grund muss das Wachstum der Welt nicht unabhängig vom Wachstum der Menschheit betrachtet werden, und in dieser Betrachtung werden wir unser Hauptaugenmerk auf Letztere legen.

Für alle Wesenheiten existieren sieben Wachstums­stadien, und entsprechend gibt es auch für das Wesen, das sich gegenwärtig als Menschheit manifestiert, sieben Wachstums- oder Evolutionsstufen. Jede dieser Stufen kann als eine „Rasse“ bezeichnet werden und wird von vielen Philosophen so genannt. Der Begriff ist passend, vorausgesetzt, der Schüler lässt sich von ihm nicht zu der Vorstellung verleiten, die Wesen früherer Rassen der Menschheit seien den uns bekannten Menschen vergleichbar gewesen.

Eine Beschreibung des Wesens, das sich ­gegenwärtig durch die sich in den ersten beiden oder Rassen befindende Menschheit manifestiert, muss nicht vorgenommen werden, da es sowohl aus dem bereits über das planetare Wachstum Gesagten als auch aus dem ­verstanden werden kann, was im Folgenden über das ­Individuum mitgeteilt wird. Diese frühen Rassen wären für alle Sinne oder das Bewusstsein, das moderne Menschen normalerweise besitzen, überhaupt nicht verstehbar. Erst in der empfindungsfähigen Phase der Dritten Rasse gab es überhaupt Wesen auf der Welt, die wir als Menschen betrachten sollten; und selbst diese könnten wir lediglich am Gebrauch von Sinnen und an einem Bewusstsein erkennen, das beim durchschnittlichen Menschen noch nicht entwickelt war. Diese Menschen der Dritten Rasse waren nicht physisch, wie wir das Wort verstehen, und ihre Welt war keine Welt, in welcher der heutige Mensch existieren könnte. Wie kommt es dann, wie viele Philosophen lehren, dass der Mensch der Dritten Rasse Städte baute und großartige Dinge physischer Natur vollbringen konnte, von denen immer noch Überreste erhalten sind?

Eine Erklärung, die dies wirklich verständlich machen wird, kann nicht gegeben werden. Es ist Teil dieses Geheimnisses, das erst dann vollständig enthüllt werden wird, wenn das Bewusstsein der Menschheit beginnt, seine Begrenzungen zu verstehen. Mithilfe von Analogien kann das Nachsinnen darüber etwas unterstützt werden. Bestimmte Lebewesen ohne erkennbares Bewusstsein, die in der Lage sind, in der physischen Natur außerordentliche Dinge zu vollbringen, existieren auch heute auf der Welt. Der Schüler soll seine Vorstellungskraft bemühen und versuchen zu erkennen, wie deren Welt aussehen könnte und dann überlegen, ob er es überleben würde, in sie hineinversetzt zu werden. Die Kontinente, auf welchen diese entfernten Vorfahren des Menschen angeblich wohnten – befinden sie sich jetzt unter dem Meer? Oder befanden sie sich schon immer unter dem „Meer“; und sind ihre sogenannten Überreste überhaupt keine Überreste sondern vielmehr Projektionen ihrer Welt in unsere eigene hinein?

Auf derartige Fragen kann kein Mensch eine Antwort geben, die der Wahrheit nahe käme und für den menschlichen Verstand fassbar wäre. Die Intuition mag einige flüchtige Einblicke in die Wirklichkeit bringen, aber nicht mehr.

Erst in der Mitte der Vierten Rasse erschienen Menschen mit einer gewissen Ähnlichkeit mit dem modernen Menschen auf der Erde. Doch die Welt dieser Menschen der Vierten Rasse war weder die Welt, die heute bekannt ist, noch besaßen sie dasselbe Bewusstsein, das der moderne Mensch benutzt. Obwohl sie hoch­intelligente Wesen waren, ist es unwahrscheinlich, dass sie sich mit uns austauschen könnten. Es wird gelehrt, dass sie Kräfte ausübten, die weitaus größer waren als alle, die der moderne Mensch kontrolliert oder deren Existenz er sich bewusst ist, und der Schüler mag sich fragen, wie das möglich sein soll. Eine Antwort kann gefunden werden, wenn die Tatsache betrachtet wird, dass die Vierte Rasse ein Wesen in einer Wachstumsphase darstellte, in welcher sich die drei Elemente der Göttlichen Dreifaltigkeit im Gleichgewicht befanden. Dieses „Kräftegleich­gewicht“ würde bedeuten, dass zu dieser Zeit kein Konflikt zwischen dem Bewusstsein und seinen Grenzen bestünde, was für das sich im Kräftegleichgewicht befindliche Wesen wiederum bedeutet, dass es die universalen Kräfte und die angeborenen Fähigkeiten mühelos zu beherrschen vermag, die der moderne Mensch verloren hat. In diesem Zustand befände sich der Mensch in einer Einheit mit seiner Welt, in Frieden mit seinen Begrenzungen.

Der moderne Mensch gehört zur Fünften Rasse oder repräsentiert jene Wesenheit, welche sich in der Menschheit in ihrer Fünften Wachstumsphase manifestiert. In ihm hat das Element des Bewusstseins gerade erst begonnen, seine Begrenzungen zu erkennen, und folglich ist in seiner Natur ein innerer Kampf oder eine Schlacht entbrannt: Das Bewusstsein bemüht sich, seine Begrenzungen zu zerbrechen, und das Ergebnis ist, dass der Mensch schwach und kraftlos erscheint. In Wirklichkeit ist er nicht weniger mächtig als sein Vorfahre der Vierten Rasse, aber vorerst wirken seine Kräfte innerlich und nicht äußerlich. In unserer modernen Zivilisation gewinnen wir durch die Vermittlung einiger weniger Individuen eine modifizierte Kontrolle über unsere eigenen Kräfte und über die der Natur zurück, wie sie alle Menschen der Vierten Rasse ganz natürlich besaßen. Wir sind sehr geneigt, stolz auf das zu sein, was wir erreicht haben, aber es sollte nicht vergessen werden, dass alle unsere Leistungen das Werk wirklich weniger sind, und der Großteil der Menschen außerordentlich hilflos ist.

Obwohl in gewisser Hinsicht schwach, ist der Mensch der Fünften Rasse in einem anderen Punkt dem der Vierten Rasse dennoch voraus, weil er langsam den Zweck des Lebens zu erkennen vermag, die Verwirklichung seiner eigenen Vollkommenheit; und er nutzt seine angeborenen Kräfte, um das Bewusstsein zur Herrschaft über die Materie zu erheben, was es dem Wesen schließlich ermöglicht, sie von seinen Füßen abzuschütteln.

Das Wesen, das sich jetzt in unserer Fünften Rasse manifestiert, wird sich in einem späteren Zeitalter in der höheren Stufe der Sechsten Rasse erneut manifestieren und sich dort seiner Identität mit dem Leben selbst bewusst werden. Und in der Siebten wird es Herr seiner eigenen Begrenzungen werden und ins Leben zurückkehren. Dann wird die Welt, wie wir sie kennen, verschwinden, doch das Leben, das dem Menschen durch sich selbst offenbar wurde, wird als neue Welt wiedererscheinen, wenn der Mensch selbst auf der unendlichen Klaviatur der Existenz die erste Note einer höheren Oktave anschlagen wird.

Der Mensch

Der individuelle Mensch ist ein Wesen, das auf eine Weise wächst oder sich zur Vollkommenheit entwickelt, die sich genau analog zu der aller anderen Wesen verhält. Die Rasse, in der er lebt und von der er eine Einheit ­darstellt, ist ein Wesen, das die Fünfte Stufe seines Wachstums erreicht hat, in der das Bewusstsein seiner selbst als Bewusstes Wesen gerade erst zu dämmern begonnen hat. Dies bedeutet überhaupt nicht, dass jeder einzelne Mensch dieselbe Stufe seines eigenen Wachstums erreicht hat wie die Rasse insgesamt. Die Mehrheit der Menschen befindet sich in derselben Wachstumsphase wie die Rasse insgesamt, doch einige sind ihr voraus und andere hängen nach. Aus diesem Grund muss sich der Schüler, obwohl er durch das Studium der größeren Aspekte des Lebens außerhalb und jenseits von sich selbst ein großes Verständnis des Gesetzes erlangen kann, dem Studium seiner selbst zuwenden, um sein Verständnis zu vervollständigen.

Das Selbststudium des Menschen bedeutet ­tatsächlich das Studium seines eigenen Bewusstseins, oder korrekter formuliert, das Studium der Entwicklungsphasen seines Bewusstseins. Es gibt sieben davon, ihrer Natur nach analog zu den Wachstumsstadien, die alle Wesen durchschreiten. Diese Phasen werden oft als Prinzipien bezeichnet. Zu Recht bedeutet dieser Begriff einfach die Modi, in denen sich die als Mensch bekannte Manifestation des Lebens von Zeit zu Zeit zeigt. Sie sind:

(1) ein rein materieller Modus;

(2) ein lebenswichtiger, aber nicht empfindungs­fähiger Modus;

(3) ein empfindungsfähiger Modus;

(4) ein Modus Animalischen Bewusstseins;

(5) ein Modus Menschlichen Bewusstseins: Dies ist ein Zustand, in welchem sich das Wesen als bewusstes Wesen wahrzunehmen beginnt;

(6) ein Modus Spirituellen Bewusstseins, in der das Wesen sich seiner Identität mit dem Leben bewusst wird;

(7) relative Vollkommenheit, bei der das Wesen seine Begrenzungen vollständig beherrscht.

Der denkende Schüler wird schnell erkennen, dass die hier aufgezählten Modi oder Prinzipien nicht alle in den gewöhnlichen menschlichen Wahrnehmungsbereich fallen. Lediglich vier von ihnen können beobachtet und untersucht werden. Der Erste Modus oder das Prinzip kann nicht untersucht werden, da es bereits vor der eigentlichen Empfängnis existiert. Der Zweite Modus umfasst die Empfängnis und den Zeitraum danach, bis der Fötus Anzeichen unabhängigen Lebens aufweist. Von da an manifestiert sich der Dritte Modus, bis der Säugling beginnt, ein verständiges Interesse an seiner Umgebung zu entwickeln. Den Vierten Modus weist das Individuum in der frühen Kindheit auf. In der späten Kindheit oder vor der Pubertät tritt er im Fünften Modus auf, und so verbringt er dann normalerweise praktisch den gesamten Rest seines Lebens. Bei den Durchschnittsmenschen zeigen sich der Sechste und der Siebte Modus oder diese Prinzipien als inaktiv; aber in dem einen oder anderen Grad können sie bei den meisten Menschen als Potenziale erkannt werden.

Das Gesagte gilt für das gesamte sogenannte „Erdenleben“ eines Menschen. Der Schüler sollte jedoch sorgfältig betrachten, dass das Bewusstsein winzigste Aspekte des Menschen ständig berührt oder wahrnimmt, und jeder dieser Aspekte ist daher selbst ein Wesen, für den Moment der Mensch selbst. In diesen Aspekten werden alle beobachtbaren Modi oder Prinzipien unaufhörlich gezeigt.

Bei vielen ist es üblich, vom physischen Körper als einem der Prinzipien des Menschen zu sprechen. Dies ist sicherlich ein großer Fehler. Wie seine Erde ist der ­physische Körper des Menschen nur der begrenzte Aspekt des Wesens, den das Bewusstsein, das zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzt wird, objektiv oder außerhalb von sich selbst erschaffen kann. Der Mensch ist in dem Maße, in dem er sich seiner selbst bewusst ist, der Kreis, der sein Bewusstsein begrenzt und innerhalb dessen er sich bewegt. Seine „Erde“ ist so sehr Teil dieses Kreises, als er es geschafft hat, sich durch seine Sinne als von sich selbst getrennt zu externalisieren und zu betrachten. Sein physischer Körper ist die Verbindung oder der Kanal, über den dieser Prozess der Externalisierung fortgesetzt wird. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wie es im Siebten Stadium des Wachstums der Fall sein wird, betrachtet das Wesen seine „Erde“ als seinen Körper: Der Kanal, der jetzt als physischer Körper bezeichnet wird, verschwindet und hört auf, durch ihn hindurch zu bestehen, und danach wird die Manifestation enden.

Die Welt (in Erinnerung daran, wie der Begriff ­definiert wurde) ist in der gegenwärtigen Wachstumsphase des Menschen weitgehend ein subjektiver Bereich. Wenn sich das Bewusstsein immer mehr von seinen Begrenzungen befreit, werden immer breitere Aspekte der Welt für sie objektiv, und die gegenwärtige Erde und der physische Körper des Menschen werden verschwinden und durch andere Erden und andere Körper ersetzt. Deshalb wird von vielen Lehrern gelehrt, dass der Mensch neben dem sogenannten physischen noch weitere Körper besitzt, und neben der Erde noch in andere Welten eintreten und darin leben kann. Dies ist nicht wirklich wahr, wie aus dem Gesagten zu verstehen ist, obwohl es eine notwendige Ausdrucksweise sein kann, um jenen mit einem unentwickelten Verständnis ein wenig Licht zu vermitteln. Der Mensch hat nur einen Körper und eine Erde, die jene Aspekte seiner Begrenzungen sind, welche sein Bewusstsein veräußerlicht hat, und die er als von sich selbst getrennt betrachtet.

Gegen das Vorstehende mögen viele Schüler Einwände erheben, denn selbst wenn ein Mensch sich anderswo innerhalb einer anderen Reihe von Grenzen bewusst ist, sich hingegen seines physischen Körpers und seines Lebens auf dieser Erde möglicherweise nicht mehr bewusst ist, verschwindet sein physischer Körper dennoch nicht, sondern bleibt für andere sichtbar und greifbar: Daher werden die Gegner sagen, es muss etwas sein, das an sich real ist und sich von dem anderen Körper oder den Körpern unterscheidet, in denen das abwesende Bewusstsein funktionieren kann.

Wer so denkt sollte versuchen zu verstehen, dass das, was er als den physischen Körper eines Menschen bezeichnet, in keiner Weise der Mensch selbst ist, sondern lediglich jener Aspekt seines Seins, welcher ihn für das Bewusstsein derjenigen als objektiv erscheinen lässt, die ihn beobachten. Folglich werden sie diesen Aspekt auch immer wahrnehmen, ob er ihn selbst wahrnimmt oder nicht. Es sei jedoch daran erinnert, dass Veränderungen unterschiedlichen Grades in diesem Körper des Menschen von anderen wahrnehmbar sind, wenn er träumt, schläft oder sich in Trance befindet. Sie verfügen über ein unbewusstes Wissen, dass er nicht bei ihnen ist, und dies wird von ihrem Bewusstsein in der unterschiedlichen Ausstrahlung, die sein Körper für sie hat, zum Ausdruck gebracht. Dieses innere oder instinktive Wissen ist der Grund dafür, das ein toter Körper fast universal ein Gefühl der Abstoßung erregt. Es wird unbewusst erkannt, dass der Mensch „nicht anwesend“ ist und dass die Leiche daher eine Illusion ist, die nicht existieren sollte. Der Prozess des Verwesung und des Zerfalls eines toten Körpers ist die Art und Weise, in der das Bewusstsein der anderen externalisiert wird.

Der Menschen kann Aspekte der Welt ins objektive Bewusstsein bringen, die normalerweise subjektiv sind. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, jedoch immer auf eines abzielend: die normale, objektive Erde auszuschließen und so das Bewusstsein zu zwingen, andere Aspekte seines Begrenzungskreises zu berücksichtigen. Dieser „Besuch anderer Welten“ oder „die Erweckung der inneren Sinne“, wie viele es nennen, wird von denen, die dies praktizieren oder es zu praktizieren versuchen, als Beschleunigung des Evolutionsprozesses dargestellt. In gewissem Sinne kann es als Erweiterung des Begrenzungskreises, der das Bewusstsein einschränkt, angesehen werden, da es dazu führt, dass Aspekte davon objektiv werden, die dies für das gewöhnliche Bewusstsein nicht sind. Aber es ist keine gute und nützliche Praxis, denn es wird etwas künstlich erzwungen, was im normalen Lebensverlauf ohne Anstrengung geschieht. Wie bereits gezeigt, lautet das Gesetz, dass jedes Wesen spirituell werden muss, d. h. sich seiner Identität mit dem Leben aktiv bewusst werden muss, bevor es seine Grenzen endgültig auslagern kann. Letzteres muss es tun, bevor es das Leben selbst wiedererlangen kann und bereit ist, es in einem fortgeschrittenen Maßstab des Seins wieder­zuverkörpern. Der rechtmäßige Weg für den Menschen, der als Mensch der Fünften Stufe in seinem Wachstum selbstbestimmt geworden ist, besteht darin, alle seine Bemühungen auf das Erreichen der Spirituellen Stufe des Wachstums zu konzentrieren und keine Versuche zu unternehmen, in Welten einzudringen, für die er noch nicht ausreichend vorbereitet ist.

Häufig argumentieren die Befürworter der erwähnten Praktiken, die daraus gewonnenen Erfahrungen bereiteten den Menschen auf das Leben in höheren Sphären des planetarischen Seins vor. Wer das behauptet, zeigt mangelndes Wissen, denn es existiert eine natürliche und rechtmäßige Art und Weise, wie eine solche Vorbereitung durchgeführt wird. Es sei angenommen, dass das Bewusstsein nicht immer diese objektive Welt oder Erde betrachtet. Der Schlaf kommt jede Nacht über den Menschen; seine Erde ist dann ausgeschlossen; und sein Bewusstsein erwacht in anderen Aspekten seines Begrenzungskreises und nimmt einige von ihnen objektiv wahr. Mit anderen Worten, sein Schlaf wird in Zuständen verbracht, von denen einige als Träume bezeichnet werden, andere als traumlose oder Tiefschlaf-Phasen. Was als Traum bekannt ist, besteht im Fall eines Durchschnittsmenschen aus einigen unzusammenhängenden Eindrücken, die das Wachbewusstsein der Erfahrungen aus anderen Begrenzungen bewahrt hat. Was die tatsächliche Erfahrung war, kann der gewöhnliche Mensch nicht sagen, denn diese Eindrücke sind niemals wahre Erinnerungen, sondern lediglich die Art und Weise, wie ein Eindruck in einer anderen Phase des Bewusstseins, im Traum, empfangen und vom Wachbewusstsein ­interpretiert wird. Was Letzterer registriert, ist nicht der tatsächliche Eindruck, sondern seine Reflexion.

Aus dem Tiefschlaf werden niemals Eindrücke eingefangen, was nicht heißt, dass sie nicht von irgendeinem Aspekt des Bewusstseins empfangen werden, doch spiegeln sie sich im Wachbewusstsein nicht wider.

Nun sind die Zustände, in die der Mensch im Schlaf übergeht, von Natur aus analog zu denen, durch die er nach dem Tod des Körpers hindurchgeht; und wiederum zu denen, in welche die Menschheit, das Rassenwesen, übergeht, wenn ihre Siebte Wachstumsphase abgeschlossen ist und das Leben, das sich darin manifestiert, sich in einer anderen Rasse, die einer neuen und höheren Welt, neu verkörpert. Der einzelne Mensch ist, wie bereits gezeigt, eine Einheit, die innerhalb des größeren Wesens der Rasse und der Welt existiert. Wenn diese Welt, die Vierte Wachstumsstufe eines Hauptaspekts des Planetarischen Wachstums, einer anderen Welt Platz macht, der Fünften, folgt auch der Mensch, und zu gegebener Zeit wird ihm sein sich entwickelndes Bewusstsein bestimmte Aspekte davon als seine objektive „Erde“ erscheinen lassen.

Die Stufen, durch die der Mensch zwischen Einschlafen und Erwachen, zwischen physischem Tod und Wiedergeburt, in einem neuen physischen Körper auf der Erde wandelt, sind die normalen Vorbereitungen für den größeren Schritt, der unternommen wird, wenn das Weltwesen in seine Fünfte Wachstumsphase übergeht.

Eine Betrachtung des Aspekts des Menschen, der als der Tages-Mensch bezeichnet werden kann, wird zu einem besseren Verständnis führen. Der Tages-Mensch ist ein vollständiges Wesen in sich selbst (unter Berücksichtigung der Definition des Wesens). Wie jedes andere Wesen wächst oder entwickelt er sich durch sieben Modi, oder mit anderen Worten, er zeigt sich im Verlauf der vierundzwanzig Stunden in sieben Modi. Die ersten drei Modi herrschen vor dem tatsächlichen Erwachen in den Tag vor. Der Mensch erwacht tatsächlich und wird sich seiner Umgebung im Vierten Modus bewusst, und dies dauert länger oder kürzer an, obwohl verstanden werden sollte, dass Zeit in Bezug auf Bewusstseinsmodi keine Bedeutung hat. Dann kommt vollständiges Erwachen in den Tag, was bedeutet, dass seine Welt das Tages-Dasein ist, und der Mensch befindet sich in seiner Fünften Bewusstseinsform oder Fünften Wachstumsstufe. In dieser ist er im Fall des normalen Menschen praktisch den ganzen Tag aktiv, bis ihn die Nacht schläfrig macht und er in seinem Tages-Wesen in seine Sechste Bewusstseinsform oder Sechste Wachstumsstufe übergeht.

An diesem Punkt werden in den Köpfen der Schüler Zweifel aufkommen. Die Sechste Stufe soll eine Stufe des Geistigen Bewusstseins oder des Bewusstseins der Identität mit dem Leben sein, und die Vorstellung, dass sie eine Entsprechung in der Schläfrigkeit haben könnte, erscheint schwierig. Für den Intellekt muss diese Vorstellung in der Tat schwierig sein, aber es sei daran erinnert, was über die Prinzipien des Menschen gesagt wurde, nämlich dass das Sechste und das Siebte Prinzip im durchschnittlichen Menschen lediglich Potenziale darstellen. Was wäre einem normalen Beobachter zufolge der tatsächliche Bewusstseinszustand, der im Fall eines schlafwandelnden Mitmenschen im Verhältnis zum Leben besteht? Er könnte lediglich feststellen, dass er im seinem alltäglichen Fünften Modus inaktiv ist. Tatsächlich gibt er die Sinngebung für eine von sich selbst getrennte Welt auf und tendiert zur Einheit mit dem Leben, das nicht Manifestation ist. Die Siebte Wachstumsstufe des Tages-Wesens oder Bewusstseins-Art tritt im eigentlichen Moment der Ruhe direkt vor dem Einschlafen ein; einige Menschen sind sich dessen bewusst, und die meisten haben davon gehört. In diesem Moment wird der gesamte Begrenzungskreis, der den Tag ausmachte, vom Bewusstsein erfasst und einbezogen.

Die Kenntnis dieser Sechsten und Siebten Art kann im gewöhnlichen Wachbewusstsein, dem Fünften, nicht erlangt werden. Das Bewusstsein kann offensichtlich nicht mehr wissen als es selbst weiß.

Wenn das Tages-Wesen in den Schlaf übergeht, verschwindet seine Tages-Welt für es. Es lässt die Welt der Vierten Wachstumsphase hinter sich, und sie erscheint ihm, als wäre sie für immer vergangen. Wenn es sich dann wieder seiner selbst bewusst wird – was in dem als Traum beschriebenen Zustand geschehen wird – befindet es sich in einer Welt der Fünften Wachstumsphase in einer Wiederverkörperung oder Wiedermanifestation seines Tages. Es wird sich dann selbst ebenfalls in seiner Fünften Stufe befinden. Nur aus dieser Phase des Bewusstseins, wie aus dem Studium des bereits Gesagten hervorgeht, können jegliche Eindrücke jemals in ein gewöhnliches Wachbewusstsein reflektiert werden. Wenn der Schüler sich an den außer­gewöhnlichen Charakter einiger seiner Traumimpressionen erinnert und die Kräfte bemerkt, die er, ein Mensch der Fünften Stufe, in dieser Traumwelt, der Fünften, auszuüben schien, kann er eine schwache Ahnung von den Kräften des Menschen der Vierten Rasse in einer Welt der Vierten Stufe erhalten.

In seiner Welt der Fünften Stufe durchläuft das Tages-Wesen seine eigenen Wachstumsphasen wie in der Wachwelt und geht dann zu einer Sechsten und dann zu einer Siebten Welt über. Es muss nicht wiederholt werden, dass möglicherweise keine Eindrücke dieser verschiedenen Zustände und „Welten“ ins Wachbewusstsein reflektiert werden können. Wenn die Siebte Welt überwunden wurde, beginnt ein neuer Zyklus von Welten, dessen vierte Stufe oder Welt die Welt von Morgen sein wird.

Diese Gliederung ist notwendigerweise vage und soll lediglich die intuitiven Kräfte des Schülern anregen. Ein schwieriger Punkt, der wahrscheinlich bemerkt werden wird, ist: Wie kommt es, dass der Tages-Mensch, wenn er die skizzierten gewaltigen Evolutionsprozesse durchläuft, in der Welt von Morgen scheinbar nicht weiter fortgeschritten ist als er war und sich sogar häufig als weniger fortgeschritten zeigt?

Die Antwort ist, dass es nicht der Mensch ist, der diese Entwicklung durchläuft, sondern ein winziger Aspekt seines Seins als Tages-Mensch. Dieses besondere Wesen ist weit fortgeschritten, aber normalerweise zeigt sich der Mensch nicht am nächsten oder an irgendeinem anderen Tag in ihm oder durch es, sondern er zeigt sich in einem anderen Aspekt, der weniger oder weiter fortgeschritten sein kann. Es ist ein wahres Sprichwort, dass das einzelne Leben eines Menschen das des gesamten Manifestierten Universums verkörpert. Durch das Studium seines täg­lichen und nächtlichen Lebens kann der Mensch ein Verständnis der Gesetze des Universums erlangen, und seine Gesetze zu kennen bedeutet, sich selbst zu kennen.

Der Weg des Menschen durch das Leben und nach dem physischen Tod ist genau analog zu dem des Tages und der Nacht. Viele Lehrer geben ausführliche Beschreibungen über die Bedingungen, die nach dem Tod herrschen, die aber für den Schüler von geringem oder keinem Nutzen sind. Offensichtlich können keine zwei Menschen dieselben Erfahrungen machen. Es ist weitaus klüger für den Schüler, nach einer Kenntnis der Existenzgesetze zu streben, als seinen Geist mit Details zu füllen, die für diejenigen, die sie liefern, Tatsachen sein können, für ihn jedoch keine Tatsachen sind und die folglich sein Bewusstsein verstopfen und ihn daran hindern, ein echtes Verständnis des Gesetzes zu erlangen.

Es gibt nichts zu gewinnen und viel zu verlieren durch erzwungenes Eindringen in die Traumwelten, wie aus dem Gesagten hervorgeht. Auch wenn Beharrlichkeit in ihnen dazu führen kann, dass klarere Eindrücke auf das Wachbewusstsein entstehen, werden sie auf Kosten der normalen Wacherfahrungen erworben und können derartige Erfahrungen leicht beeinträchtigen, die durch Verwechslung mit ihnen entstehen und so das Gleich­gewicht der Natur stören. Welche Eindrücke auch immer aus Traumzuständen stammen, sie müssen immer dem Bewusstsein entsprechen, das sie empfängt und interpretiert. Wenn das nur Menschlich und nicht ­Spirituell ist, werden sie es ebenso sein. Daher ist die einzig richtige Anstrengung, die der Mensch unternehmen kann, die Erreichung seiner nächsten Wachstumsstufe, der Sechsten. Wenn dies erreicht ist, werden seine von Träumen empfangenen Eindrücke wahrhaftiger und ­wertvoller, weil sie wie das Bewusstsein, das sie empfängt, Spirituell sein werden.

Wenn die Siebte Wachstumsstufe, die der Vollkommenheit in Bezug auf diese Welt der Vierten Stufe, vom Menschen überwunden wurde, wird sich das in ihm manifestierte Leben in einem fortgeschritteneren Menschen in einer Welt der Fünften Stufe des Wachstums wiederverkörpern. Ein individueller Mensch, der selbstbestimmt geworden ist, hat die Macht, diesen großen Fortschritt noch vor seiner Rasse zu machen; aber wenn oder falls er dies tut, wird er nicht aus dem Bewusstsein der Menschen dieser Welt verschwinden. Er wird immer noch bei ihnen sein, aber tatsächlich nicht als einer von ihnen, denn obwohl sie ihn weiterhin in ihrer Welt sehen, wird seine eigene Welt nicht die ihre sein.

Die Erwähnung von Zuständen nach dem Tod macht es notwendig, einige Worte über eine Angelegenheit zu verlieren, an der die meisten Schüler großes Interesse zeigen, die Möglichkeit einer Kommunikation zwischen den „Lebenden“ und den „Toten“. Um eine gewisse Klarheit des Denkens in dieser Angelegenheit zu erreichen, sei daran erinnert, dass der Impuls des Lebens immer weiter in Richtung seiner eigenen Vollkommenheit geht. Ein normaler Mensch der Fünften Stufe, der nach dem „Tod“ des Menschlichen Bewusstseins in einer Welt der Fünften Stufe erwacht, kann nicht zurückkehren, um mit dieser Welt der Vierten Stufe zu kommunizieren. Sie existiert für ihn nicht mehr als die Welt der Dritten Stufe für „lebende“ Menschen. Der Strom seines Seins fließt weiter in Richtung der Sechsten und Siebten Welt. Auch können gewöhnliche Menschen der Fünften Rasse dieser Welt nicht ihren Weg in die Fünfte Welt erzwingen und mit etwas zurückkehren, das einer echten Darstellung von Gesprächen mit ihren Bewohnern ähnelt, wie bereits erklärt wurde. Nur diejenigen, die diese Welt überwanden, darüber hinausgegangen und zurückgekehrt sind und ihre Fünfte Welt mitgebracht haben, wie im letzten Absatz erläutert, haben die wirkliche Macht erlangt, „mit den Toten zu kommunizieren“; und diese üben es nicht aus, weil es keinen Gewinn bringt, sondern Schaden anrichtet. Der Mensch der Fünften Rasse in seiner postmortalen Fünften Welt ist trotz bestimmter Kräfte, die er dadurch erworben hat, dass er mit seinen Einschränkungen im Frieden ist, nicht weiser und spiritueller als er es in dieser Welt war.

Darüber hinaus muss daran erinnert werden, dass der in seine Fünfte Welt übergegangene Mensch nicht lange dort verweilt, sondern darin „stirbt“ und in höhere Welten übergeht. So wie er die in dieser Welt als Leichnam bezeichnete illusorische Erscheinung verlässt, lässt er auch in seiner Fünften Welt eine entsprechende Erscheinung zurück, wenn er von ihr weicht. Es sind fast ausnahmslos diese „Leichname“, von denen viele zu den früheren Rassen der Fünften Welt gehören, welche das unkontrollierte und unentwickelte Bewusstsein der als Medien bezeichneten Menschen fast immer erkennt und ihnen dabei ein Wesen und ein Bewusstsein zuschreibt, das nicht ihr eigenes ist.

Das Verständnis von allem, was vermittelt werden soll, ist nicht ohne Schwierigkeiten zu erlangen. Worte sind schwache Instrumente: Die Schüler sollen nach dem Geist suchen, den sie verkörpern, und zu gegebener Zeit wird sie das zu einer wahren Vision der Höheren Welten führen.

Die Lehrer des Menschen

Wer die Alte, Universelle Weisheit studiert weiß, dass der Mensch und alle anderen Wesen von fortgeschritteneren Wesen und fortgeschritteneren Menschen lernen. Die wahre Natur der Lehrer und die Art und Weise, wie sie unterrichten, wird nur von wenigen wirklich verstanden.

Um ein Verständnis darüber erlangen, sollten wir gedanklich einen umfassenden Überblick über die Fakten der Universalen Existenz zusammenstellen. Der Mensch ist im Wesentlichen Leben. Er ist die Göttliche Dreifaltigkeit, ein Spirituelles Wesen in seiner Manifestation. Existenz bedeutet für ihn ein ständiges Wachstum oder eine Weiterentwicklung zu einer Bewusstheit seiner essenziellen Vollkommenheit. Dieses Wachstum findet innerhalb des „Körpers“ eines anderen Wesens statt, das er seine Rasse nennt. Die Rasse wächst oder entwickelt sich innerhalb der Welt. Die Welt entwickelt sich in einer der Wachstumsphasen des Planeten. Jede Wachstumsphase des Planeten ist ein Wesen, das sich innerhalb des Planeten entwickelt. Der Planet ist ein Wesen, das sich im Sonnensystem entwickelt; und Letzteres entwickelt sich in einem größeren Wesen, das als „Heimatuniversum“ bezeichnet werden kann, um es vom Unendlichen Universum zu unterscheiden. Und so weiter bis in die Unendlichkeit.

Zusätzlich zu diesem Verständnis soll die Vorstellung begründet werden, dass die erwähnten sich entwickelnden Wesen alle Spirituelle Entitäten darstellen und in ihrer Gesamtheit eine Spirituelle Hierarchie bilden. Diese ­Hierarchie bildet eine Klasse von Lehrern des Menschen. Die Art und Weise, wie sie lehren, ist anders, als was die Menschen darunter verstehen würden, wenn sie vom Geben oder Empfangen der Lehren sprechen. Sie lehren mittels der Umstände, welche sie dem Menschen und allen sich in ihm entwickelnden Wesen zur Verfügung stellen; und diese Bedingungen oder Erfahrungsfelder bieten sie aufgrund dessen, was sie ihrer eigenen Natur nach sind – was sie in ihrer Entwicklung erreicht haben.

Jeder Mensch weiß, dass das, was er als die natürlichen ihn umgebenden Bedingungen bezeichnet, einen tiefgreifenden Einfluss auf sein Leben ausübt. Alle Menschen haben einen Instinkt oder ein traditionelles Wissen darüber, dass ihr Schicksal von Sonne, Mond, Planeten und den Sternen-Scharen beeinflusst wird. Aber sie wissen nicht, wie umfassend diese Einflüsse tatsächlich sind. Sie wissen nicht, dass diese „Himmlischen Erscheinungen“ lediglich infinitesimale Aspekte sind, die durch das gegenwärtige Bewusstsein einer Hierarchie von Wesen, in denen sie leben, objektiv gemacht werden und durch deren Entwicklung ihre eigene bedingt ist.

Wenn diese Vorstellungen etabliert sind, werden sie den zur Erkenntnis seines Daseinszwecks erwachten Menschen lehren, dass er für das, was er tut, um sein Wachstum zu beschleunigen oder zu verzögern, für unendlich viel mehr als nur für sich selbst verantwortlich ist, denn nicht nur die Welt, der Planet und das Universum enthalten ihn und bestimmen seine Bedingungen, sondern er selbst verhält sich in ganz ähnlicher Weise gegenüber Hierarchien von Wesen, die in ihm leben und sich entwickeln.

Diese Vorstellung kann nun um die zusätzliche Tatsache erweitert werden, dass das Bewusstsein des Menschen, ein untrennbares Element seines Seins, seiner Welt, seines Planeten, seines Universums usw. umfasst, obwohl sich lediglich geringfügige Aspekte davon als objektiv erweisen. Er schließt daher diese „größeren“ Wesen in sein Sein mit ein, und wenn er seine Pflicht gegenüber sich selbst nicht erfüllt, sein Wachstum zu beschleunigen, versagt er auch in seiner Welt und in seinem Universum.

Wenn der Mensch in die Siebte Wachstumsstufe übergeht und sich schließlich von den Begrenzungen des gegenwärtigen Seins befreit, wird er nach einer Zeit der Freiheit in einer höheren Daseinsstufe als Leben wiederverkörpert oder neu manifestiert. Auf dieser Stufe wird er in einer Welt leben wie in der gegenwärtigen; und seine neue Welt wird eine tatsächliche Wiederverkörperung der alten sein und die Fünfte Wachstumsstufe einer Hauptphase in der Evolution des Planeten darstellen. Mit seinem eigenen Aufstieg auf der Stufenleiter des Seins wird er also auch seine Welt erhöht haben. Es sollte jedoch daran erinnert werden, dass die alte Welt für die Masse der Menschheit, die zurückgeblieben ist, immer noch existieren wird; und der Mensch selbst kann weiterhin unter den Menschen leben, unerkannt von den meisten, und nur von einigen wenigen als Mitglied einer erhabenen Rasse anerkannt.

Der Schüler wird diese schwierigen Vorstellungen nur erfassen, indem er an dem Verständnis festhält, dass alles, was war, ist oder jemals sein wird, eine Manifestation des Unendlichen und Ewigen Lebens ist und in Ewigkeit und Unendlichkeit existiert. Wie einer der Großen dieser Erde gesagt hat: „Alles, was war, IST; und alles, was IST, wird sein.“ In diesen wenigen kurzen Worten ist die Weisheit der Zeitalter in einem einzigen Atemzug enthalten.

Wer auf diese Weise voranschreitet und das mit sich erhebt, was sein Bewusstsein umfasst, bilden eine ­Hierarchie von Lehrern einer anderen Ordnung als die erste. Ihr Lehren manifestiert sich in einer unendlichen Vielfalt von Modi und Arten, aber in der wesentlichen Natur sind sie alle eins. Das Verständnis kann durch die Betrachtung einiger spezifischer Beispiele unterstützt werden.

Der Mensch steht auf einer höheren Stufe des Seins als die Tiere, aber sein Bewusstsein hat Kontakt mit ihnen, und er schreibt ihnen viele Aspekte davon zu. Tatsächlich verkörpert er dadurch jene Aspekte seines eigenen Seins im Tier, und sie stellen für das Tier eine höhere Natur dar, die der niederen hilft, sich zu entwickeln. Dieses höhere „Sein“ wird nicht zum sich entwickelnden Wesen des Tieres: Es begegnet ihm und stimuliert es durch den Kontakt. Es selbst entwickelt sich jedoch mit dem Menschen und auf der höheren Stufe des Menschen.

Analog dazu existieren Wesen, die sich in einer Größenordnung entwickelt haben, die völlig über der menschlichen Größenordnung auf diesem Planeten liegt, und die den Menschen genauso wahrnehmen und ihm Aspekte ihres Wesens zuschreiben wie er das Tier in Bezug auf das Tier tut. Diese Aspekte bilden das, was als das Höhere Selbst des Menschen bezeichnet wird, wovon oft gesprochen, es aber selten verstanden wird. Es ist nicht seine eigene sich entwickelnde Selbstheit des Menschen oder das Bewusstsein seines Seins, sondern Aspekte eines überlegenen Wesens, die auf es einwirken und mit ihm interagieren, während sie ihre eigene Entwicklung auf ihrer eigenen Stufe verfolgen. Es ist ein schwaches Spiegelbild dieses Wissens, das den vorherrschenden Vorstellungen über „Schutzengel“, „Schutzgötter“, „Genien“ und dergleichen zugrunde liegt. Viele, die im Lauf der Entwicklung eines kleinen Aspekts ihrer selbst das Spirituelle Bewusstsein berühren, nehmen dieses Höhere Wesen, welches das Selbst und doch nicht das Selbst ist, wahr und sehen in ihm den „Himmlischen Besucher“, ohne zu wissen, dass es immer bei ihnen ist.

Jede wirklich etwas vermittelnde Form von Schulung, die Wesen auf ihrem Evolutionskurs hilfreich ist, wird auf analoge Weise wie der beschriebenen ausgeführt. Einige Wesensaspekte des Lehrers sind im Unterrichteten verkörpert und werden für ihn zu einer Höheren Selbstheit, deren Entwicklung, mit seiner eigenen interagierend, ihn erhebt und weiter voranbringt. Daraus kann der Schüler die immense Verantwortung all jener erkennen, die mit bewusstem Wissen unterrichten; denn der Lehrer verbindet sich mit dem Belehrten, und Misserfolg oder Rückfall des Schülers werden zu einer Belastung für den Meister, was ihn aufhalten kann und wiederum diejenigen aufhält, die ihn lehren. Das Versagen eines sich des Zweckes der Existenz bewussten Menschen ist daher eine „Sünde“ gegen das Leben selbst.

Nur in dem Maß, wie der Mensch sich ent­wickelt, tritt dieses selbstgesteuerte Bewusstsein auf. Es ist daher nur der Mensch und höhere Wesen, die „Sünden“ begehen können, um den ausdrucksstarken christlichen Begriff zu verwenden. Je vollständiger das Wissen über sein Wesen als Mensch ist, desto schwerer ist die Sünde, die er begehen kann. Wenn er zum Wahren Menschsein gelangt ist, was bedeutet, dass er sich seiner dreifachen Verantwortung gegenüber sich selbst, denen unter ihm und denen über ihm bewusst ist, werden seine Sünden zu Schritten auf dem Pfad der Schwarzen Magie.

Wenn es angewendet wird, erklärt das bezeichnete Gesetz die Natur jener Großen Lehrer, die von Zeit zu Zeit unter den Menschen auftreten und in den höher entwickelten religiösen Philosophien Avataras, Buddhas und Christusse genannt werden. Aus vielem, was zu diesem Thema gesagt und geschrieben wurde, geht hervor, dass es selbst von denjenigen, die es am vertrautesten diskutieren, nicht verstanden wird. Eine kurze Erklärung im Lichte der dargelegten Gesetze kann den Schülern hilfreich sein.

Der Buddha und der Avatara oder Christus gehören nicht zur selben Seinsordnung. Der Buddha ist ein Mensch, der alle Aspekte des planetarischen Wachstums durchlaufen hat und nun bereit ist, in die Siebte Stufe einzutreten, in der das Wesen, das er ist, zum Betrachter und Erfasser seiner Grenzen wird. In diese Phase einzutreten würde bedeuten, den engen Kontakt zu verlieren, den der Mensch mit seinen Mitmenschen hat, und daher wird der Buddha, der sich immer noch als Mensch kennt und für die Menschheit wie für sich selbst fühlt, dies nicht tun. Dennoch kann er nicht auf unbestimmte Zeit in der Welt verweilen, denn ein immerwährender Körper wäre ein Phänomen, das nur Wunder und vielleicht Angst erzeugen und so eher Schaden als Hilfe verursachen würde. Er kann auch nicht als Kind wiedergeboren werden, da dies bedeuten würde, die jetzt völlig transzendierten Wachstumsphasen erneut zu erleben, und dies erlaubt das Gesetz nicht. Er verkörpert sich daher in einer Form, die für den Menschen unsichtbar und nicht greifbar ist, hilft der Welt und lehrt auf Ebenen, die für das Menschliche Bewusstsein noch subjektiv sind.

Jetzt, zu bestimmten Zeiten im Leben der Erde des Menschen, entsteht im Bewusstsein der Rasse eine Bewusstheit für die schweren Belastungen, die seine Fehler und Rückschritte mit sich gebracht haben; und ein großer Ruf, bewusst oder unbewusst, nach der Hilfe Höherer Mächte ertönt. Es ist der Buddha, der Höchste Mensch, welcher den Ruf erhört und beantwortet, denn nur der Mensch kann den Menschen hören und Antwort geben. Es ist ein Ruf, der nur in Form eines Menschen beantwortet werden kann, und wie bereits gezeigt, erlaubt das Gesetz dem Buddha nicht, wiedergeboren zu werden. Als sein wesentliches Selbst kann er nicht als menschliches Kind wiedergeboren werden, aber er kann Aspekte seines Wesens erneut zur Geburt bringen, und das bewirkt er auch. Sie sind Aspekte, die ihrer Natur nach analog zu den allgemeinen mentalen und psychologischen Prinzipien des Menschen sind; jenen Elementen des Bewusstseins, die ihn tatsächlich zu einem Menschen machen. Daher ist die Wiederverkörperung und Geburt dieser Elemente des Buddha-Wesens, obwohl sie nicht die Wiedergeburt seines essenziellen Selbst sind, dennoch in jeder Hinsicht eine normale menschliche Geburt. Da aber die im Kind verkörperten Prinzipien Teil der ­Konstitution des Buddhas sind, eines Wesens an der Schwelle zur Vollkommenheit, wird auch das Kind selbst, seine Manifes­tation auf der Erde, ein perfektes Menschliches Wesen sein. Nun wird dieses Wesen, wie alle Menschen, von einer dieser Hierarchien Erhabener Wesen erkannt, die jedem Menschen seine Höhere Selbstheit verleiht; und wenn es zum Menschsein heranwächst, wird seine vollkommene Natur vollständig vom Höheren Selbst erleuchtet, da kein „Mensch-Selbst“ mehr existiert, welches sein Licht absorbiert. Dies ist der Avatara oder Christus, der sogenannte „Abstieg eines Gottes“ in die Menschliche Form.

Abgesehen von dem philosophischen Interesse dieses Verständnisses lehrt es eine Lektion, die sich der Schüler zu Herzen nehmen und anwenden sollte, nämlich dass es allein die eigene Selbstheit des Menschen ist, die den „Gott“, der in und über ihm ist, daran hindert, seine Natur zu erhellen und seine Erde zu erleuchten.

In gewissem Sinne sind alle Avataras gleich und manifestieren sich durch eine menschliche Form des Höheren Selbst, des „Genies“ oder des „Inneren Gottes“. In einem anderen Sinn handelt es sich um zahlreiche Arten. Zum Verständnis sei angenommen, dass jeder Mensch an der Schwelle der Siebten Wachstumsstufe des Wesens, in dem er sich entwickelt, einen dem Buddha analogen Zustand erreicht. Er kann daher in seinem kleinen Reich so handeln wie ein Buddha und ein Vehikel bereitstellen, durch das sich das Höhere Selbst auf der Erde manifestieren kann.

Ein Verständnis der Gesetze, die in der vorstehenden Darstellung dargelegt wurden, wird die Empfindung vieler Schüler zerstreuen, dass es widersprüchlich ist, wenn einerseits gelehrt wird, der Planet, die Welt usw. seien weniger als der Mensch entwickelte Wesen, und andererseits, ein überlegener „Geist“ leite ihre Entwicklung und hebe sie weiter empor.

Die Natur dieser anderen Lehrer, die unterschiedlich als Eingeweihte, Adepten oder Meister bezeichnet werden und die Art und Weise, wie sie unterrichten, werden aus dem Gesagten besser verstanden. Alle sind eine Stufe oder Unterstufe weiter fortgeschritten als die von ihnen Unterrichteten. Sie nehmen ihre Schüler wahr, so wie das Höhere Wesen den Menschen wahrnimmt, und sie lehren sie auf analoge Weise, indem sie in ihnen bestimmte Aspekte ihres eigenen Bewusstseins verkörpern. Es wurde oft gesagt, dass der Meister das Höhere Selbst des Menschen ist, und es ist ein wahres Wort, wenn man es richtig versteht. Aspekte des Bewusstseins des Meisters geben dem Schüler eine Höhere Selbstheit, aber der Meister ist auch ein Wesen, das getrennt verweilt und sich in seiner eigenen Sphäre entwickelt. Es sei verstanden, dass der Meister seinen Schüler erkennen muss, bevor er sein Lehrer werden kann und dass der Schüler eine Wachstumsstufe erreicht haben muss, wo er als Schüler erkennbar wird, bevor er unterrichtet werden kann.

Der Mensch und seine Kräfte

Dieser Aspekt des in einer beliebigen Stufe seines Wachstums durch den Menschen entwickelten Wesens wird zur Kraft oder vielmehr zur Hierarchie der Kräfte, die er befiehlt und verwendet, um ihm in den nächsten und nachfolgenden Wachstumsstadien weiterzuhelfen. Damit der Mensch eine Kraft besitzt, d. h. vollständig über sie verfügen kann, muss er die Stufe verlassen haben, auf der sie entstanden ist. Während er eine Kraft entwickelt (d. h. einen Aspekt seines Wesens), wird er von ihr beherrscht, er besitzt und kontrolliert sie nicht. Eine Stufe, von der aus man zu einer höheren Stufe aufsteigen kann, ist eigentlich gar keine, solange man sie nicht ganz verlassen hat, sondern einfach die Gesamtheit der Bedingungen, die einen umschließen und begrenzen.

Zum besseren Verständnis der Kräfte des Menschen, einschließlich weiterer Kräfte, die er in späteren Stufen seines Wachstums entwickeln und einsetzen kann, sollen die sieben Stufen seiner Entwicklung noch einmal betrachtet werden.

(I) Die rein Materielle Stufe, in der das Leben vollständig in den Prozess der eigenen Begrenzung, oder mit anderen Worten in die Schaffung einer Form zur Manifestation involviert ist.

(2) Die vitale Stufe, in der sich das Leben, abgesehen von Gefühl und Bewusstsein, entwickelt.

(3) Die Empfindungsstufe, in der sich die Empfindungsfähigkeit entwickelt.

(4) Die Animalische Stufe, in der die Elemente der „Göttlichen Dreifaltigkeit“ gleichmäßig verteilt werden und das Wesen sich als bewusste, fühlende, vitale Form zeigt.

(5) Die Menschliche Stufe, in der das Bewusstsein beginnt, die anderen Elemente zu dominieren und das Wesen sich selbst als eine bewusste, fühlende, vitale Form, mit anderen Worten als ein Mensch, wahrnimmt.

(6) Die Spirituelle Stufe, in der sich der Mensch seiner wesentlichen Identität mit dem Leben bewusst wird.

(7) Die Vollkommene Stufe, in der das Wesen seine Grenzen bewusst beherrscht und sie betrachtet und nutzt, bis ihre Nützlichkeit erschöpft ist.

Die mysteriöse Kraft, die Kraft des Lebens, die das Leben selbst ist, die es ihm ermöglicht, sich zu begrenzen und sich so zu manifestieren, wird entwickelt, wie in der Ersten Stufe des Wachstums gezeigt wird. Es ist die Schöpfungskraft. Die Schöpfung wird daher nicht als Aufbau von etwas aus dem Nichts durch die Göttlichkeit verstanden, die nicht als etwas anderes als das absolute Leben aufgefasst werden kann, sondern ist im Gegenteil eine Begrenzung ihrer selbst durch das Leben kraft dessen, was sie ist. Schöpfung ist Leben.

In der Zweiten Stufe nutzt das Wesen die Kraft der Schöpfung, die sich in der „materiellen“ Form der Ersten Stufe manifestiert, um die vielfältigen Kräfte zu ­entwickeln oder auszudrücken, aus denen die als Vitalität bekannte Synthese besteht, die als Gefühl und Bewusstsein ­entbehrend betrachtet wird, wie z. B. die Kraft des Wachstums, die Kraft der Assimilation, die Kraft der Fortpflanzung und vieler anderer.

In der Dritten Stufe verwendet das Wesen die Vitalform, um die Empfindung auszudrücken. Nur durch eine Lebendige Form konnte es manifestiert werden. Die Vitalen Kräfte sind daher die Instrumente, mit denen das Wesen seinen Fortschritt in dieser Stufe vorantreibt.

In der Vierten Stufe verwendet das Wesen die Fühlende, Vitale Form, um das Animalische Bewusstsein oder Bewusstsein des Verlangens auszudrücken. Nur durch den Einsatz der Kräfte, die sich im Sinnesleben und in einer Vitalen Form manifestieren, konnte ein solches Bewusstsein zum Ausdruck gebracht werden.

In der Fünften Stufe muss das Wesen alle Kräfte nutzen, die durch Animalisches Bewusstsein oder Bewusstsein des Verlangens, Empfindung und eine Vitale Form repräsentiert werden, um sich als Mensch zu zeigen. Wenn er diese Instrumente nicht kontrolliert und benutzt, ist er noch kein wirklicher Mensch und hat die vorangehende Stufe noch nicht vollständig verlassen.

Dasselbe gilt auch für höheren Stufen. Der ­Spiri­tuelle Mensch muss die Menschliche Form besitzen und benutzen, um sich zum Ausdruck zu bringen. Die Kräfte, die durch Menschliches und Animalisches Bewusstsein, Gefühl und eine Vitale Form repräsentiert werden, müssen ihm zur Verfügung stehen. Das Vollkommene Wesen hat seine Begrenzungen vollständig verinnerlicht, und folglich kann es allein die Kraft der Schöpfung ausüben. Durch sie gelangt das Leben in den bewussten Besitz der Kräfte, die sich im Begrenzungskreis manifestieren, welcher sein Sein darstellt; und mit Hilfe des Instrumentariums dieses Wesens wird eine zukünftige Manifestation erschaffen.

Ein Verständnis des hier skizzierten Prinzips wird dem anspruchsvollen Schüler die Art der Anstrengung offenbaren, die er als Mensch unternehmen sollte; und auch die Verantwortung, die bei ihm liegt, um seine zukünftige Entwicklung voranzutreiben. Es wird ihm zeigen, dass er nichts als verzögerten Fortschritt erwarten kann, wenn er an etwas anderes denkt, als den Schritt zu vollenden, den er gerade unternimmt und so eine weitere Stufe der Leiter bemeistert, die er in Richtung Vollendung besteigt. Er muss die Kräfte in Besitz nehmen, die ihm seine letzte Wachstumsstufe zur Verfügung stellt und sie einsetzen, bevor er daran denkt, diejenigen zu nutzen, die zu früheren Stufen gehören. So wie der Animalische Mensch durch die Anwendung der Kräfte, die von der Fühlenden, Vitalen Form bereitgestellt werden, auferstanden ist, muss sich der Wahre Mensch erheben, indem er der Kräfte der Animalischen, Fühlenden, Vitalen Form nutzt. Erst wenn er die volle Kontrolle über das Animalische übernimmt, kann der Mensch es wagen darüber nachzudenken, die Mächte zu befehligen, die zu den früheren Stadien gehören, denn das „Animalische“ ist der Herrscher der Niederen Kräfte, und es muss beherrscht werden bevor das, über was es herrscht, in Besitz genommen werden kann.

Nichts führt mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einer völligen Katastrophe als zu versuchen, wie es einige ignorante Schüler tun, die Kontrolle über die Kräfte des Fühlenden und sogar Vitalen Seins zu übernehmen, während sie noch nicht wirklich die Oberhand über das Animalische Wesen oder das Verlangen gewonnen haben. Der geringste Schaden, der durch solche fehlgeleiteten Bemühungen entstehen kann, ist ein verzögerter Fortschritt, aber es können weitaus schrecklichere Ergebnisse erzielt werden. Alle diese „Niederen Kräfte“, die der Mensch in seiner gegenwärtigen Wachstumsstufe benötigt oder nutzen kann, wurden bereits unbewusst entwickelt und stehen ihm unbewusst zur Verfügung. Sein gegenwärtiges Bewusstsein erlaubt ihm nicht, sie zu erkennen. Alles, was er erkennen kann, und das alles andere als vollständig, ist das „Animalische“, dessen Herrscher. Sollte er daher durch Fehlurteil, Fehlleitung oder Missgeschick in irgendeiner Weise von diesen Niederen Kräften erfahren und versuchen, sie für seine eigenen begrenzten Zwecke zu missbrauchen, wird ihn mit Sicherheit eine ­Katastrophe ereilen. Der Herrscher der Niederen Kräfte wird nicht beherrscht, und er wird sich Zugang verschaffen und dem Kindlichen Menschen die Zügel der Meisterschaft entreißen und die erweckten Kräfte für seine eigenen Zwecke nutzen.

Das gleiche Gesetz gilt auch in der anderen Richtung. Alle Versuche, die aufkeimenden Elemente des Mensch­lichen Bewusstseins zu kontrollieren und zu nutzen, können nur vergeblich sein, bis das Bewusstsein des Verlangens zumindest teilweise beherrscht wird. Was vom Intellekt oder anderen Aspekten des Geistes ­ent­wickelt wird, bevor das Verlangen gemeistert wurde, steht nicht dem Menschlichen Willen zur Verfügung, sondern dem des Animalischen Willen. Ein großer Intellekt ist an sich kein Zeichen wahrer Menschlicher Entwicklung, da er noch ganz der Sklave des Animalischen Wesens sein kann. Daher sollte sich der Mensch seiner Natur bewusst werden und alle Fähigkeiten, die er normalerweise besitzt, auf die Aufgabe konzentrieren, das Animalische Wesen zu beherrschen und das Kommando über die von ihm vertretenen Kräfte zu übernehmen, die kollektiv als Verlangen bezeichnet werden. Indem er diese Anstrengung unternimmt, wird er sein Bewusstsein befreien und es sich in harmonischer Übereinstimmung mit dem Gesetz des Lebens entwickeln lassen. So wird er sein rechtmäßiges Erbe als Herr der Zwischenwelten antreten, den Bereichen von Denken, Verlangen und Empfinden.

Analog dazu entsteht der Spirituelle Mensch, indem er die Menschlichen Kräfte dominiert und das Kommando über all jene Kräfte übernimmt, die sich durch das Wahre Menschsein manifestieren. Sein erweitertes Bewusstsein umfasst sowohl das Vitale als auch das Fühlende Wesen und befiehlt die Kräfte, die es repräsentiert. So wird er Herr über die Himmlischen Welten und erhebt die Erdfeuer in den Dienst der Sonne.

Und schließlich steht das als Sein manifestierte Leben als Herrscher über Allen Welten, als Meister aller Kräfte, selbst der „Ersten und Letzten“ und dessen, was in aller Ewigkeit schöpft.

Hinweise und Erläuterungen

für den Schüler

An den Schüler

Es ist denkbar, dass einige, die nicht Anhänger der Alten Weisheit sind, einen Blick in dieses Buch werfen, aber es sollte gut verstanden werden, dass es nicht für sie geschrieben ist, sondern für echte Suchende. Die allgemeine Einführung wird das vorübergehende ­Interesse des nur beiläufig Neugierigen befriedigen, aber der Schüler muss etwas mehr darüber wissen, wenn er das Buch optimal nutzen will.

Das Buch enthält sechs Lektionen über den Wahren Okkultismus. Der vorliegende Artikel und die beiden vorhergehenden, „Der Weg zur Jüngerschaft“ und „Das Universum, der Planet usw.“ sind meine eigene Arbeit und sollen den Geist auf die weitaus tieferen Lehren vorbereiten, die in den drei Lektionen enthaltenen Übersetzungen aus dem Isinzu-Manuskript mit dem Titel „Die Sprüche des Alten“.

Meine eigenen Artikel sind keine Kommentare, außer in einem indirekten und sehr partiellen Sinn. Ein Kommentar der üblichen Art zu solchen Lehren wie denen des „Alten“ behindert den Schüler eher als es ihm hilft, weil er den Geist und das Denken eines anderen zwischen sich und den Lehrer stellt. Anstatt sich von Anfang an darauf zu konzentrieren, seine eigene Interpretation zu finden, verschwendet er Zeit damit, die Interpretation eines anderen zu verstehen, der vielleicht wenig mehr weiß als er oder, noch gefährlicher, eine besondere Fürsprache für eine bestimmte Sicht der Lehren einnimmt. Es gibt viele davon: In der Tat sind wir alle bis zu einem gewissen Grad so, solange wir im persönlichen Bewusstsein arbeiten, egal wie sehr wir uns der Wahrheit verschrieben haben. Der Schüler sollte daher seine eigenen Interpretationen suchen und nichts unter der Autorität eines anderen akzeptieren.

Alles, was ich zu tun gedenke und alles, was getan werden kann, ist, einige kleinere Hindernisse zu beseitigen, die vom Streben nach den wesentlichen Wahrheiten der Lektionen ablenken können, ohne selbst in irgendeiner Weise zu helfen, wenn man es dem Schüler überlässt, sie allein zu überwinden.

Die drei Lektionen, die vom „Alten“ gegeben wurden, sind Teile der traditionellen Lehren der Schule des Göttlichen Okkultismus, die Afrika und bestimmte miteinander verbundene Länder als ihren Wirkungskreis haben. Die Aufzeichnung, aus der mein Freund Mehlo Moya seine Isinzu-Übersetzung anfertigte, ist eine von vielen, die in symbolischer Form existieren. Niemand außer den Eingeweihten des Ordens verfügt über das notwendige Wissen, um alles, was diese Aufzeichnungen enthalten, vollständig zu interpretieren. Folglich kann die Übersetzung von Mehlo Moya insgesamt nicht als maßgeblich angesehen werden, da er selbst nicht behauptet, mehr als ein „Schüler“ zu sein, obwohl er behauptet, über Kontakte zu Eingeweihten zu verfügen. Andererseits sind bestimmte Abschnitte der Lehren, von denen die hier gegebenen Fragmente Beispiele sind, Teil eines Unterweisungs­rituals, das von allen Brüdern und den meisten Neophyten auswendig gelernt wird; und aus diesem Grund können die vorliegenden Lektionen als völlig maßgeblich akzeptiert werden.

Wer ist „Der Alte“ und wer ist „Der Schüler“? Der Alte ist kein Mensch, sondern die Universale Weisheit selbst, die durch diese besondere Schule spricht. Der Schüler ist jeder Mensch, in dem der Wunsch entstanden ist, den Weg zu beschreiten. Die wesentlichen dargestellten Wahrheiten sind dieselben, die auch alle anderen der Großen Bruderschaften bewahren, aber die Form, in der sie gegeben werden, ist dem genannten Orden eigen. Diese besondere Form spricht möglicherweise nicht alle Schüler an, dies sollte aber in dem Falle nicht dazu führen, dass sie die Lehren herabsetzen. Der Neophyt wählt seine Schule und seinen Lehrer nicht aus: Er wird als Mitglied der einen und als Kind der anderen geboren, lange bevor er ein bewusster Schüler wird. In diesen westlichen Ländern gibt es sehr viele Menschen, die unbewusste Neophyten des Ordens sind, von welchen diese Lektionen stammen, und durch ihr Studium können sie den unbewussten Zustand ändern.

Die erste Lektion des Alten, „Die Wildnis des Mensch­lichen Verstandes“, ist eine einfache Allegorie, die den Abstieg des Menschen von einem göttlichen, unselbstbewussten Zustand und seine Rückkehr durch viele Phasen menschlicher Erfahrung in einen Zustand vollen spirituellen Selbstbewusstseins erzählt. Seine Einfachheit verschleiert eine tiefgreifende Lektion, und das sollte nicht ohne gründliches Studium übergangen werden. An anderer Stelle in diesem Abschnitt werden einige Hinweise zum Studium der Lektionen gegeben.

Die zweite Lektion, „Der Pfad zum Menschsein“, ist ein Dialog zwischen dem Schüler und dem Alten. Die „Schritte“ oder Bedingungen, die zur Erlangung der spirituellen Individualität oder des „Menschseins“ erforderlich sind, werden vom Lehrer als Antwort auf die Fragen des Schülern ausführlich dargelegt. Die Tiefgründigkeit der Antworten ist offensichtlich, und kein Schüler wird sie auf die leichte Schulter nehmen. Die Fragen erhalten jedoch möglicherweise weniger Aufmerksamkeit. Dies darf nicht sein, denn sie sind sehr wichtig, und ihre innere Bedeutung muss klar gespürt werden; andernfalls erreichen die Antworten nicht das innere Ohr. Die in bestimmten Vorschriften enthaltenen Zahlen haben eine okkulte Bedeutung, und darauf wird im Text deutlich hingewiesen. Mein Wissen erlaubt es mir nicht, mehr als vage zu erraten, worin diese Bedeutungen bestehen könnten.

Die deutliche Ähnlichkeit zwischen vielen Antworten des Alten und Abschnitten von Teil I des bekannten Klassikers „Light on the Path“ („Licht auf dem Pfad“) wird bemerkt werden. In einigen Fällen ähnelt es einer wörtlichen Paraphrase. In fast allen Fällen kann eine einfach Nachprüfung die Übereinstimmung der Bedeutung enthüllen. Lediglich in wenigen Teilen existiert im jeweils anderen Buch keine Entsprechung. In den allgemeinen Formen der beiden Lehren gibt es offensichtliche äußere Unterschiede: beispielsweise die Fragen des Schülers in „Der Pfad zum Menschsein“ und die Art und Weise, wie die Vorschriften nummeriert sind. Dennoch werden nur wenige Schüler daran zweifeln, dass „Der Pfad zum Menschsein“ und Teil I von „Licht auf dem Pfad“ im Wesentlichen ein und dasselbe sind.

Dieser Zufall ist für mich nicht ganz so bemerkenswert wie für andere, welche die beiden Lektionen als unterschiedlich betrachten. „Der Pfad zum Menschsein“ wurde vor fast dreißig Jahren aus dem Isinzu grob ins Englische übersetzt, dreiundzwanzig Jahre, bevor mir die Existenz derartiger Lehren in einer europäischen Sprache bewusst wurde. Woher „Licht auf dem Pfad“ zu Mabel Collins kam, ist ebenso fragwürdig. Die verbreitete Meinung ist, dass sie es von dem „Meister Hilarion“ erhalten hat; aber sie selbst hat dies abgestritten. Andererseits scheint sie sich der Quelle nicht sicher zu sein, darüber hat sie mindestens zwei ganz unterschiedliche Berichte gegeben. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass niemand mit Sicherheit den Ursprung des Buches „Licht auf dem Pfad“ angeben kann.

Damit habe ich bereits gesagt, dass diese und andere Lehren Teil eines Unterweisungsrituals sind, das von allen Brüdern und vielen Neophyten der Afrikanischen Bruderschaft auswendig gelernt wird. Würde ein Eingeweihter oder Schüler einen subjektiven Kontakt mit einem ­sensitiven Menschen herstellen, der seine Fragen als Suchender mit der „Inneren Stimme“ stellte, könnte er den forschenden Geist mit den Antworten des „Alten“ sicherlich beeindrucken. Ich habe kaum Zweifel, dass genau das im Fall von Mabel Collins passierte. Die Tatsache, dass „Licht auf dem Pfad“ die Fragen des Schülers nicht enthält, unterstützt diese Überzeugung, da die Aufzeichnende selbst die Fragestellerin ist und nur von den Antworten beeindruckt war.

„Licht auf dem Pfad“ und „Der Pfad zum Menschsein“ sind nicht zwei, sondern eins und sollten zusammen studiert werden. Die Unterschiede, die sie in der äußeren Form aufweisen, helfen dem Schüler, die wesentlichen Bedeutungen zu entdecken, die in beiden übereinstimmen.

Die dritte Lektion, „Die Vision vom Tempel und dem Teich“, ist fortgeschrittener und schwieriger als die anderen. Der erfahrene Schüler wird sie leicht als eine Mysteriengeschichte oder ein -drama erkennen. In ihrer Fülle ist sie eine Botschaft an angenommene Schüler; dennoch stellt sie eine höchst bedeutsame, umfassende Lektion dar, die jeder gute Schüler verstehen kann. Die Symbolik, mit der sie angefüllt ist, kann von noch nicht vollwertigen Schülern nicht verstanden werden, und es kann nichts weiter darüber gesagt werden, außer dass die verschiedenen Farben, Klänge, Juwelen, Formen, Richtungen usw. Tatsachen in der inneren Natur beschreiben, die verwirklicht werden, Bedingungen, die vom Schüler geschaffen werden müssen und Anpassungen, die er auf dem Pfad vornehmen muss. Von all dem weiß ich wenig oder gar nichts. Ich gebe das Fragment wegen der umfassenden Lehre weiter, die es beinhaltet; und auch, weil sein Studium Effekte in der inneren Natur hervorrufen wird, die zu gegebener Zeit in das Wachbewusstsein übergehen werden, obwohl es möglicherweise nicht bewusst verstanden wird.

Eine gewisse offensichtliche Exzentrizität im Stil dieser Übersetzungen bedarf der Erklärung. Das Isinzu-Manuskript, obwohl größtenteils in alphabetischer Schrift verfasst, wurde nicht vollständig verschriftet. In zahlreichen Fällen wurden Worte und Phrasen durch Symbole ersetzt, weil Erstere die beabsichtigte Bedeutungsschattierung nicht exakt formulieren könnte. Es ist nicht möglich, englische Worte und Phrasen zu finden, welche die subtilen Bedeutungen der Symbole zum Ausdruck bringen. Und jeder Versuch, dies mit Hilfe langer erklärender Passagen zu tun, würde den eigentümlichen Rhythmus zerstören, den das Original hat und den ich zu reproduzieren oder zumindest in meinen Darstellungen anzudeuten versucht habe. Aus diesen Gründen habe ich die Notlösung gewählt, ein Symbol, wann immer es auftritt, durch ein englisches Wort oder einen Satz mit einer analogen Bedeutung darzustellen, indem ich es je nach Bedarf als Eigennamen, kursiv oder in Kapitälchen usw. angebe, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich eine subtilere Bedeutung als üblich hinter dem Begriff verbirgt.

Möglicherweise existiert kein Schlüssel, der sämtliche subtilen Bedeutungen der Worte und Phrasen offenbaren würde, die auf die beschriebene Weise unterschieden werden. Als sehr grobe, allgemeine Richtlinie kann gesagt werden, dass ein als Eigenname in Versalien geschriebenes oder kursiv gedrucktes Wort für eine Vorstellung steht, die mehr oder weniger analog zu seinem üblichen Sprachgebrauch ist, dabei jedoch eine höhere Ebene betrifft. Wenn es in Kapitälchen gedruckt ist, zeigt dies an, dass die Vorstellung nicht nur den spirituellen Bereich betrifft, sondern dass das diese Vorstellung enthaltende Bewusstsein spiritueller Natur ist. Zum Beispiel spricht „Der Schüler“ in seiner ersten Frage vom Pfad des Lichts, während „Der Alte“ in seiner Antwort vom Pfad des Lichts spricht, was zeigt, dass seine Vorstellung, obwohl sich beide auf dasselbe beziehen, eine spirituellere ist als die des Schülers. Damit muss der Schüler zufrieden sein und darauf ­vertrauen, dass seine eigene Intuition über ein besseres Verständnis verfügt.

Obwohl er nicht versäumen darf, auch vom oberflächlichen Studium der Lektionen „Des Alten“ zu profitieren, wird der Schüler ihren wahren Wert erst entdecken, wenn er sie zum Gegenstand der Meditation macht. Diese Aussage zwingt mich, etwas mehr über Meditation zu sagen.

Lassen Sie mich zu Beginn sagen, dass ich gegen all die festen Meditationsrituale bin, die von „Yogis“ und westlichen „Okkultisten“ ständig vorgeschrieben werden. Im schlimmsten Fall können sie dem nicht unterwiesenen Schüler schwere Schäden zufügen. Im besten Fall bewirken sie eine künstliche „Treibhaus“-Entwicklung, was gut ist, wenn das Leben ausschließlich im Treibhaus stattfinden soll, aber dies nicht ist, wenn die Unbilden der Außenluft ertragen werden müssen. Wahre Meditation ist eine vollkommen natürliche Funktion, und wir alle erleben sie in dem einen oder anderen Grad, ohne zu wissen, dass etwas Ungewöhnliches geschieht. Dies ist nicht der Ort für eine vollständige Darstellung der Meditation, die einen eigenen Band erfordern würde. Ich werde daher nur kurz auf einen oder zwei Aspekte des Themas eingehen, die sich auf die vorliegende Studie beziehen.

Wenn man sich in ein gewöhnliches Buch vertieft, geht das Bewusstsein für die Umgebung und das alltägliche Selbst verloren, man identifiziert sich mit der zentralen Figur in der Geschichte und reagiert auf ihre Erfahrungen, als wären sie die eigenen. In dem einen oder anderen Grad hat jeder Leser diese Erfahrung gemacht. Es handelt sich dabei um eine Meditation über den Inhalt des Buches. Gewöhnlicherweise ist sie selten mehr als partiell, aber es ist leicht zu verstehen, selbst wenn man es nicht erlebt hat, dass das Bewusstsein von einer Geschichte derartig absorbiert werden kann, dass es für die Umgebung und das gewöhnliche Selbst völlig abgemeldet ist, während es im anderen Selbst der Geschichte lebt und sich mit ihm bewegt und dessen Erfahrungen durchmacht. Diese vollständige Absorption des Selbst in einem anderen Selbst ist der meditative Zustand, und die Naturgesetze, die ihn bewirken, sind dieselben, die, wenn sie angewendet werden, meditative Zustände jeder Art hervorbringen.

Zum besseren Verständnis sollte noch detailgetreuer darüber nachgedacht werden, was genau dabei geschieht. Wenn der Geist zuerst auf das Buch gerichtet ist, kommt der als Intellekt bekannte Aspekt ins Spiel, der ein allgemeines Verständnis der Natur und der Entwicklung der Geschichte vermittelt. Wenn dies erreicht wird, aktiviert das einen weiterer Aspekt, die Vorstellungskraft, und zwar als Reaktion auf die Vorschläge, die das intellektuelle Verständnis in zunehmendem Umfang und Detail hervorbringt, und er beginnt, immer lebendigere und vollständigere Bilder der Szenen, Ereignisse und hauptsächlich der Charaktere zu erschaffen. Das Interesse wird jetzt geweckt und beginnt, in die Formen zu fließen, die von der Vorstellungskraft dafür geschaffen wurden, was bedeutet, dass das Element des Verlangens in einem einzigen Strom konzentriert ist. Diese drei Kräfte, Intellekt, Vorstellungskraft und Interesse, versetzen, wenn sie vollständig aktiv sind und als eine Einheit an einem einzelnen Objekt arbeiten, was auch experimentell gezeigt werden kann, das Selbst aus seinen gewöhnlichen Wachzuständen in einen anderen Zustand und bringen es dazu, sich als ein ganz anderes Selbst zu zeigen.

„Wo aber tritt der Wille in den Prozess ein?“ Einige werden dies sicher fragen. Uns wurde beigebracht, dass der Wille die Essenz der Meditation ist. Der Wille als eigenständiges Prinzip, das sich neben den drei genannten aktiv manifestieren kann, existiert nicht. Die drei anderen können unabhängig voneinander in unterschiedlichen und sogar gegensätzlichen Richtungen agieren und sind daher offensichtlich unterschiedliche Prinzipien, aber nicht so der Wille. Wille ist in Wirklichkeit die Synthese von Intellekt, Vorstellungskraft und Interesse (konzentriertes Verlangen), die auf ein einzelnes Subjekt oder Objekt gerichtet ist. Wille manifestiert sich nur im meditativen Zustand. Der Mensch in der Meditation ist der Willensmensch.

Wenn man diese Definition des Willens berücksichtigt, die für menschliche Zwecke die einzig wahre ist, wird man erkennen, dass seine wesentliche Eigenschaft darin besteht, den Menschen in sein Subjekt zu absorbieren und es ihm so zu ermöglichen, es in der Einheit mit ihm von innen heraus zu erleben. Soviel zur Philosophie der Sache. Das daraus gewonnene Verständnis sollte nun auf die Lektionen des Alten angewandt werden.

Ziel ist es, den Willen in die Lektion einzubringen, daher müssen die Schritte unternommen werden, die für ihre Manifestation kurz skizziert wurden. Die Schüler (ich spreche mit dem weniger erfahrenen Schüler) sollten vorsichtig und mit Bedacht aufgenommen werden. Die erste Anstrengung soll ganz dem Intellekt vorbehalten sein. Es darf keine bewusste Anstrengung geben, Vorstellungskraft und Begierde zu wecken oder zu kontrollieren – das ist Interesse. Sie werden auf natürliche und unbewusste Weise aktiv, wenn das Verständnis wächst. Nur wenn der Intellekt ein möglichst umfassendes Verständnis erlangt hat, sollte im Studium eine bewusste Anstrengung unternommen werden, die schöpferische Kraft der Vorstellungskraft zu nutzen; denn es ist die Seele, die den zentralen Charakter in diesen Lektionen darstellt, nicht ein persönliches Selbst, wie es in einem gewöhnlichen Buch der Fall ist, und die Vorschläge, die der Intellekt der Vorstellungskraft macht, um sie in Formen zu bringen, müssen die Seele und ihre Erfahrungen betreffen. Erst wenn der Intellekt eine unpersönliche Selbstheit begreifen kann, ist es ratsam, die Vorstellungskraft bewusst zu nutzen, um der Vorstellung eine Form zu geben. Wie bereits gesagt, werden vorbereitende intellektuelle Anstrengung, Vorstellungskraft und das Interesse am Werk bestehen, aber während ihre Verwendung nicht bewusst und absichtlich ist, werden die Formen, die sie erschaffen und lebendig werden lassen, nicht von Dauer sein.

Wenn der Intellekt einmal eine unpersönliche Selbstheit konzipiert hat, kann die Vorstellungskraft sich bewusst an die Arbeit machen, und in die Formen, die sie vorgibt, fließt der konzentrierte Strom des Verlangens (Interesses). So wird der wahre Willensmensch, der nicht der persönliche Mensch ist, in die Bedingungen eintreten, die der Alte darstellt und ihre wahre Bedeutung erlernen, indem er sie erlebt.

Viele Schüler und nicht wenige, die versuchen zu lehren, haben seltsame und falsche Vorstellungen über den Intellekt und seine Anwendung. Sie missbilligen und verachten sogar jede Anstrengung, ein intellektuelles Verständnis spiritueller Lektionen zu erlangen, selbst bis zu dem Ausmaß, dass sie sich weigern, den Intellekt überhaupt einzusetzen. Sie weisen darauf hin, dass der Intellekt kein wahres spirituelles Wissen vermitteln kann und dass viele Individuen, die keineswegs intellektuell sind, in die anerkannte Jüngerschaft vorgedrungen sind und sogar die Adeptschaft erreicht haben sollen. Bis zu einem gewissen Punkt haben sie Recht, aber wenn sie diese Argumentation dazu führt, den Intellekt zu vernachlässigen oder sich ihm zu verweigern, zeigen sie einen Mangel an vollständigem Verständnis. Intellekt, egal wie entwickelt, kann niemals eine spirituelle Vision geben, das ist wahr; und deshalb sollte er nicht als die höchste Fähigkeit des Menschen betrachtet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er nicht benutzt werden sollte. Wie jedes andere Element in der Natur ist er dazu da, von der Seele als Instrument benutzt zu werden, um Erfahrungen zu sammeln. Bis zu einem gewissen Punkt ist er ein absolut notwendiges Instrument. Wenn dieser Punkt überschritten ist, wird ein weiteres und effizienteres zur Hand sein. Was diejenigen betrifft, die Jüngerschaft und sogar Adeptschaft ohne bemerkenswerten Einsatz von Intellekt erreicht haben, wird vergessen, dass sie ihre Bemühungen nicht im unmittelbar beobachteten Leben begonnen haben. Wären die vergangenen Leben bekannt, würde man sehen, dass sie in ihnen den Intellekt bis zum Äußersten nutzten, aber jetzt, nachdem sich seine Nützlichkeit für sie erschöpft hat, scheinen sie ihn zu vernachlässigen.

Obwohl wir für solch ein Wissen, wie wir es besitzen, auf den Intellekt angewiesen sind, handeln wir ganz falsch, wenn wir uns weigern, ihn so weit wie möglich zu nutzen, oder wenn wir zulassen, dass Lehren wie die erwähnten uns eine Entschuldigung für bloße geistige Faulheit liefern. Sollten wir das Glück haben, seine Nützlichkeit in einem früheren Leben ausgeschöpft zu haben, werden wir keinen gewöhnlichen Lehrer brauchen, der uns berät.

Dies sind lediglich Hinweise abzüglich einer Vielzahl von Details, die der Schüler durch Nachdenken und Studieren für sich selbst ergänzen muss. So skizzenhaft sie auch sind, sie weisen dennoch einen Weg, der nicht in die Irre führt. Das, was durch das Studium der auf diese Weise verfolgten Lektionen gewonnen wird, kann nicht verloren gehen, denn es wird eine Geistesgewohnheit etablieren, die zu gegebener Zeit das gesamte Leben zu einer Meditation machen wird.

Dem Schüler, der sich entscheidet, dieses Buch endgültig zu studieren, wird empfohlen, es von der ersten bis zur letzten Seite aufmerksam durchzulesen und vor allem einen Überblick über seine Beschaffenheit zu erlangen. Danach möge er zu dem Kapitel „Der Weg zur Jüngerschaft“ gehen und ein wenig Zeit damit verbringen, ein klareres Verständnis der Gesetze der spirituellen Evolution zu erlangen, die auf elementare Weise offenbart werden sollen. Nur wenn ein wirkliches Verständnis dafür gewonnen wurde, sollte versucht werden, die Lektionen des Alten ernsthaft zu studieren.

Hinweise und Erläuterungen

zu den Lektionen

Um sicherzustellen, dass ich verstanden werde, wenn ich Worte wie „Schüler“, „Adept“, „Neophyt“ usw. verwende, füge ich hiermit eine Liste mit Definitionen der in diesem Buch vorkommenden technischen Begriffe hinzu. Ich habe keinen neuen Begriffe geprägt, sondern die allen Studierenden des Okkultismus vertrauten so verwendet, wie ich sie selbst verstehe. Möglicherweise versteht sie nicht jeder Leser auf diese Weise, da sie meines Wissens nach keine standardisierte Bedeutung haben. Verschiedene Schriftsteller und Lehrer verwenden sie auf unterschiedliche Weise – in der Tat ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Schriftsteller ein einzelnes Wort auf mehr als eine Weise verwendet. Dies ist sowohl für Schüler als auch für Lehrer ungerecht. Ersterer bleibt in Zweifel und ­Verwirrung und Letzterer erreicht nicht seinen Zweck, diejenigen aufzuklären, mit denen er spricht.

Theosophie: Göttliche oder Universale Weisheit.

Theosoph: Einer, der die Theorie oder Philosophie der Göttlichen Weisheit studiert und annimmt.

Göttliche oder Universale Weisheit: Jenes göttliche Bewusstsein, das alle Dinge als untrennbare Teile eines unteilbaren Ganzen wahrnimmt, das unendlich und vollständig ist.

Okkultismus: Die Praxis oder das praktische Studium der arkanen Künste, oder Kenntnisse jeglicher Art.

Wahrer oder Göttlicher Okkultismus: Die praktische Suche nach Göttlicher Weisheit.

Schüler: Einer, der sich seiner spirituellen Individualität bewusst geworden ist und die Göttliche Weisheit sucht, unterstützt von einem Meister.

Neophyt: Einer, der sich bemüht, sich auf die Jüngerschaft vorzubereiten.

Adept: Eine Person, die in jedem beliebigen Bereich des Okkultismus bewandert ist.

Meister: Ein Adept im Wahren Okkultismus.

Magier: Ein praktischer Okkultist jeglicher Art.

Weißer Magier: Ein Schüler jeden Grades. Beinhaltet natürlich Eingeweihte und Adepten.

Eingeweihter: Ein Jünger, aber insbesondere einer, der die ersten Grade der Jüngerschaft bestanden hat und mehr oder weniger unabhängig in der Welt arbeitet, aber noch keine Adeptschaft erreicht hat. Schüler ersten Grades sind von der Welt abgeschieden: Daher sind alle echten Schüler, denen man begegnet, zu Recht als Eingeweihte einzustufen.

Schwarzer Magier: Einer, der mit spirituellem Wissen bewusst gegen das Gesetz der spirituellen Evolution arbeitet.

Es wurde viel Unsinn über Schwarze Magie geschrieben und gesprochen. Das bloße Spielen mit okkulten Kräften im persönlichen Bewusstsein macht einen nicht zu einem Schwarzen Magier und ist keine echte Schwarze Magie. Es ist ein Kurs, der einem Menschen schwere Belastungen auflädt, die viele Leben lang bedrücken können, aber es ist ein Kurs, der geändert werden kann und normalerweise geändert wird. Ein wahrer Schwarzer Magier folgt dem materiellen Pfad im vollen spirituellen Bewusstsein und weiß, wohin er führt.

Der Pfad: Die Linie, welcher der Schüler im Wahren Okkultismus folgt. Der Neophyt befindet sich nicht auf dem Pfad. Er befindet sich auf einem Pfad, der zum Pfad führt.

Die Wildnis des Menschlichen Verstandes

Geist des Menschen: Persönliches Bewusstsein oder Geistig-Emotionale Natur.

Starkes Herz und Starke Hand: Das Herz repräsentiert in dieser ­Symbologie das Prinzip des menschlichen Verlangens. Die Hand steht für das Argumentationsprinzip.

Purpurrotes Gewand: Purpurrot ist das Symbol des materiellen Intellekts oder „Gehirn-Verstandes“.

Lilafarbenes Gewand: Symbol der priesterlichen Kaste.

Gewand mit vielen prächtigen Farben: Symbol des Psychischen.

Heiliger Baum der Autorität: Ein bestimmter Baum der Familie der Ebenhölzer, in ganz Südost- und Ostafrika sowie in der Niltalregion verbreitet. Er ist sowohl in Bantu- als auch in hamitischer Sprache unter Namen bekannt, die alle mit angemessener Genauigkeit mit „Autorität“ übersetzt werden können, z. B. „Baum der Macht“, „Königsbaum“, „Königliches Holz“. Die Maserung weist weiße, rote und violette Streifen auf. Das Holz ist sehr hart und schwer und kann hochglanz­poliert werden. Gewöhnliche Spazierstöcke und Knobkerries (afrikanischer Wurf- und Schlagstock) weisen normalerweise alle drei Farben auf, vollständig rot gefärbte Stöcke sind jedoch für die Verwendung durch Könige und Häuptlinge reserviert. Ganz in Lila eingefärbte Stöcke sind das Zeichen des „Hexendoktors“, die weißen werden von Sehern und Nekromanten benutzt.

Der Pfad zum Menschsein

Das, was selbst der Geier nicht sehen kann: Es wird ange­nommen, dass der Geier die beste Sehkraft aller ­irdischen Kreaturen hat. Ein Geier, der in einer Höhe weit außerhalb der Sichtweite des Menschen fliegt, kann die Bewegung einer Feldmaus im Gras sehen.

Das, was selbst der Wüstenbussard nicht hören kann: Der Wüstenbussard, ein kleiner bräunlich-grauer Wüstenvogel, kann die geringste Bewegung eines Maulwurfs oder sogar eines Käfers hören, obwohl sich dieser mehrere Fuß unter der Erde befinden kann.

Herz des Kindes: Persönliche emotionale Natur.

Herz: Die Schüler sollten gründlich verstehen, dass Herz in den Lektionen des „Alten“ immer die rein menschliche emotionale Natur oder die Natur des ­Verlangens bedeutet und nicht die spirituelle Natur.

Fluss des Giftes: „Fluss“ oder „Wasser“ ist das Symbol für den Macht- oder Kraftaspekt des Menschen oder der Natur. Es ist das, was das Selbst oder das Bewusstsein zu seinem Objekt trägt. Das „Kindliche Herz“ oder das getrennte Bewusstsein verwandelt die „Flut“ in den „Fluss des Giftes“. Der Mensch oder die spirituelle Selbstheit macht es zum „Wahren Fluss“.

Regenbogenkristall: Die Heiligen Kristalle oder Juwelen sind nach Mehlo Moya der Rubin, der Granat, der Topas, der Smaragd, der Beryll, der Saphir und der reinweiße Diamant. Es gibt viele andere, denn alle Edelsteine haben besondere okkulte Eigenschaften.

Geheimer Opal: Der „Geheime” oder Kostbare Opal wird als besonders heilig angesehen, und seine genaue Bedeutung ist nur hohen Eingeweihten bekannt. Der populäre Aberglaube, dass der Opal Pech bringt, könnte das Relikt eines alten Tabus sein, welches es dem Nichteingeweihten verbot, den Opal als Talisman zu verwenden.

Fluss des Blutes: Den Fluss des Blutes zu überqueren bedeutet, persönliches Verlangen überwunden zu haben.

Tageslauf der Sonne: Die rechte Hand im Kreis immer in Richtung Zentrum zu bewegen bedeutet, dem Tageslauf der Sonne zu folgen. Der Nachtlauf ist umgekehrt und symbolisiert den Pfad der schwarzen Magie. In der physischen Natur wäre der Lauf der Sonne, würde er verfolgt, natürlich sowohl nachts als auch am Tag der gleiche und würde sich nur in der südlichen Hemisphäre umkehren. Es ist unmöglich, sich mit der komplizierten Symbolik dieser Lektion zu befassen, und keine Darstellung, zu der ich in der Lage wäre, könnte dem Schüler helfen. Er sollte jedoch gut verstehen, dass es im Unterricht keine bloßen Zierbilder gibt. Als Hinweis werden die Strahlend­geflügelten Diener des Hellen Menschen nicht willkürlich als „Jungfern, Rehkitze, schnellflüglige Bienen und süßstimmige, hochfliegende Lerchen“ beschrieben. Jede dieser Formen hat eine ganz bestimmte spirituelle Bedeutung, und wenn sie zusammen verwendet werden, beschreiben sie für den eingeweihten Verstand eine spirituelle Entität einer bestimmten Art so klar, wie die Worte „ein schwarzhaariger, sonnengebräunter, grauäugiger Mann von schlanker, athletischer Figur“ für den gewöhnlichen Leser eine Person beschreiben können.

Ende

Anhang

Afrikas weiße Rasse4

Oberst P. G. Bowen

Wer in Afrika gelebt oder es bereist hat, aber auch wer dort noch nie war, dafür jedoch mit den Romanen des verstorbenen Sir Rider Haggard vertraut ist, wird die mehr oder weniger ausführlichen Geschichten über eine weiße Rasse kennen, die in einer unbekannten und unzugänglichen Region im Herzen des Kontinents leben soll. Obwohl es solche Regionen in Afrika immer noch gibt, auch wenn es mit Autos und Flugzeugen immer und immer wieder durchquert wurde, gibt es heutzutage nur wenige Menschen, die in den „jenseits der Gebirgsketten“ liegenden Teilen einen „Kor“ oder einen „Zu-Vendis“ zu entdecken versuchen. Und doch gibt es eine lebende Rasse weißer Afrikaner, die nicht in irgendeiner unbekannten Region am Äquator lebt, sondern in dem Teil des Kontinents, der am nächsten an Europa angrenzt.

Diese weißen Afrikaner sind die nordafrikanischen Berber. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in den ­mittleren Regionen des Atlasgebirges, obwohl eine beträchtliche Anzahl von ihnen im algerischen Hochland zu finden ist, wo sie als Kabylen bekannt sind. Ihre Zahl ist gering und scheint stetig abzunehmen; wahrscheinlich gibt es heute nicht mehr als 100.000 reinrassige Berber. Davon leben etwa 50.000 im Gebiet des Atlas, 20.000 in Algerien, 10.000 bis 15.000 sind in der gesamten Sahara verteilt, während der Rest in kleinen isolierten Gemeinschaften über ganz Afrika verstreut ist.

Über die Berber, ihre Lebensweise, ihren Glauben, ihre Geschichte und ihre Traditionen scheint außerordentlich wenig bekannt zu sein. Letztere sind besonders interessant und bedeutsam für Schüler, die sich mit den weniger offensichtlichen Aspekten des Lebens befassen. Es ist jedoch selten, dass ein Europäer das Vertrauen derjenigen gewinnt, die dieses Wissen bewahren – nämlich der Priester und der Lehrer –, und die wenigen, denen dies gelungen ist, hinterließen keinerlei Aufzeichnungen über das, was sie erfuhren.

Nach ihrer eigenen Überlieferung sind die Berber das Überbleibsel eines einst großen Volkes, das in vergangenen Zeiten das Tal bewohnte, das heute vom Wasser des Mittelmeers ausgefüllt wird. Damals versperrte eine gebirgige Landenge die Gewässer des Atlantiks dort, wo heute die Straße von Gibraltar liegt. In den unteren Ebenen des Tals befanden sich zwei große Süßwasserseen, durch eine weitere Landenge voneinander getrennt, die das heutige Italien mit Afrika verband. Die gegenwärtige nordafrikanische Region lag damals weitaus tiefer als heute, während sich dahinter im Süden ein ausgedehntes flaches Meer befand, das im Westen mit dem Atlantik verbunden war. Die Zerstörung der mediterranen Zivilisation soll auf ein schreckliches Erdbeben zurückzuführen sein, das die Landenge bei Gibraltar zerbrach und es den Wassermassen des Atlantiks erlaubte, einzudringen und das tief liegende Tal zu überschwemmen. Gleichzeitig mit dieser Natur­katastrophe versank eine große Insel im Südwesten des Atlantiks, und das Atlasgebirge und andere nordafrikanische Gebirgszüge wurden auf ihre heutige Höhe angehoben. Danach trocknete das Meer im Süden allmählich aus und hinterließ ein riesiges Wüstenland, das wir heute als Sahara kennen.

Diese Katastrophe spaltete die Nation in mehrere Teile, die zu Stämmen neuer und unabhängiger Nationen wurden. Die mir zugetragene Überlieferung sagt wenig darüber aus. Sie bezieht sich lediglich auf jenen Teil, der sich in den Süden zurückzog und in Marokko ansässig wurde. Von dort aus verbreiteten sich Abkömmlinge über ganz Afrika und errichteten, so wird behauptet, eine Hegemonie über fast ganz Schwarzafrika, mit Ausnahme der äquatorialen Waldregion.

Inwieweit diese Überlieferung der Wahrheit oder einem Märchen entspricht, vermag ich nicht zu sagen. Meine eigenen umfangreichen Beobachtungen des Lebens der Ureinwohner Afrikas sowie meine Kenntnis der Legenden und Traditionen der Eingeborenen haben mich jedoch zu der Überzeugung gebracht, dass sie auf einem soliden Fundament der Wahrheit steht. Da ist zum einen die Tatsache, dass alle nilotischen und Bantu-Stämme vom Nordwesten bis zum äußersten Südosten des Kontinents eine Legende pflegen, die besagt, dass ihre alten Herrscher und großen Vorfahren weiße Männer aus dem Norden waren; und zum anderen die bereits erwähnte Tatsache, dass Geschichten über ein mysteriöses weißes afrikanisches Volk bei allen Stämmen bis hin zu den Rändern der Hottentotten- und Buschmann-Länder im äußersten Süden weit verbreitet sind. Letzteres lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass es unter den schwarzen Stämmen kleine Gemeinschaften von Berbern gibt, die ihr eigenes Leben führen; aber Ersteres muss meiner Meinung nach eine gewisse Grundlage haben, da es auch unter Stämmen weit verbreitet ist, die bis in die jüngste Zeit keinen Kontakt mit Europäern hatten.

Wie ich in den Besitz der Informationen gekommen bin, die ich hier wiedergebe, ist eine Geschichte, deren vollständige Aufzeichnung ein umfangreiches Buch erfordern würde, aber ein kurzer Abriss bestimmter Teile davon mag die heutigen Leser interessieren.

Mehr als ein Vierteljahrhundert meines Lebens verbrachte ich in Afrika, und zwar im Staatsdienst, der dazu führte, dass ich mich ständig unter den Eingeborenen bewegte, häufig in Gegenden, die dem europäischen Einfluss weitgehend entzogen waren. Eine besondere Begabung für die Sprachen der Eingeborenen und die Tatsache, dass es mir aus einem mir nie ganz klar gewordenen Grund leicht fiel, das Vertrauen der eigentlichen Herrscher aller Stämme zu gewinnen, nämlich der Leute, die fälschlicherweise „Hexendoktoren“ genannt werden, führten mich zu dieser Arbeit.

Von Anfang an war ich gewohnt, von meinen „Hexendoktor“-Freunden Geschichten über geheimnisvolle weiße Männer zu hören, die angeblich mächtige Zauberer waren, aber solche Geschichten betrachtete ich als Märchen, denn der Begriff, mit dem diese weißen Männer bezeichnet wurden, war „amakhosi“, und das ist der Name, mit dem der gewöhnliche Einheimische seine Ahnengeister bezeichnet. Es dauerte jedoch nicht lange, bis ich Anlass dazu hatte, meine früheren Schlussfolgerungen zu revidieren, denn im Jahre 1904 stieß ich in einer wilden Gegend, deren genaue Lage ich nicht angeben kann, nicht weit vom Limpopo-Fluss entfernt, auf eine kleine Gemeinschaft von etwa einem Dutzend Familien, die unleugbar weiß waren, obwohl sie keiner europäischen Rasse angehörten. Wie ich später von ihrem Häuptling erfuhr, handelte es sich bei diesen Menschen um reine Berber, obwohl mit Ausnahme des Häuptlings selbst und eines oder zweier Ältester keiner von ihnen sich jemals im Umkreis von mehr als tausend Kilometern um den Atlas herum aufgehalten hatte und auch ihre Vorfahren seit Generationen nicht. Sie lebten genauso wie die Eingeborenen um sie herum (ein Zulu-Stamm), sprachen ihre Sprache, befolgten ihre Gesetze und Bräuche, aber sie vermischten sich nicht mit ihnen.

Der Häuptling, der den Zulu-Namen „­Mandhlalanga“ (Geist der Sonne) trug, erwies sich als ein ganz außergewöhnlicher Mann. Er war ein Atlas-Berber, hatte aber nicht nur ganz Afrika, sondern fast die ganze Welt bereist. Er sprach Englisch und mehrere europäische Sprachen perfekt und verfügte über eine Gelehrsamkeit, die meiner eigenen weit überlegen war. Und doch lebte er an diesem abgelegenen Ort das Leben eines gewöhnlichen Bantu-Häuptlings!

Ich kann nicht behaupten, ich hätte das Rätsel um Mandhlalanga jemals vollständig gelöst, aber abgesehen davon habe ich damals und in den Jahren, die seitdem vergangen sind, viel Interessantes und Bedeutendes über ihn und andere wie ihn erfahren, denn er war nicht der einzige seiner Klasse. Meine erste Entdeckung war, dass er die Position eines Lehrers innehatte. Täglich besuchten kleine Gruppen von Menschen seine Hütte, „um sich Wissen anzueignen“, wie mir einer von ihnen, den ich befragte, mitteilte. In diesen Schülergruppen befanden sich Angehörige vieler verschiedener Stämme und Rassen: In einer Gruppe sah ich zu meinem Erstaunen zwei indische Rajputen und in einer anderen einen Araber. Araber und Inder sind an der gesamten Ostküste zahlreich vertreten, aber während die Araber weit ins Landesinnere reisen, wagen sich die Inder nur selten aus den besiedelten Gebieten heraus.

Mein Interesse an dem, was ich beobachtete, veranlasste mich, den Häuptling um Erlaubnis zu bitten, mich dazuzusetzen und der Unterweisung seiner Schüler beizuwohnen. Bereitwillig stimmte er zu, aber mein Zuhören brachte mir wenig Erhellendes, denn die Sprache, die verwendet wurde, erinnerte zwar an Zulu, aber ich konnte ihr nicht folgen. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass es sich offenbar um eine Schriftsprache handelte, denn sowohl der Lehrer als auch die Schüler lasen häufig von Pergament­blättern ab, die aus den Eingeweiden von Flusspferden hergestellt worden waren, und von anderen, die ägyptischem Papyrus ähnelten: Keine der Philologie bekannte einheimische afrikanische Sprache besitzt eine Schriftform.

Ich fragte Mandhlalanga nach der von ihm verwen­deten Sprache, und ob er sie mir beibringen würde. Seine Antwort lautete: „Werde ein Schüler, und ich werde dich unsere Geheimsprache lehren, und noch viel mehr, was dir eines Tages von Nutzen sein wird.“

Ich hatte ein Jahr an diesem Ort zu verbringen und beschloss ohne zu zögern, dass ich die beträchtliche Zeit, die mir zur Verfügung stehen würde, nicht gewinnbringender nutzen könnte, als das zu lernen, was dieser seltsame Mann mir beibringen konnte.

Ich gehörte zu einer Gruppe von sieben Schülern, die gerade gebildet wurde. Drei waren Zulus, zwei waren Berber, einer war ein wandernder europäischer Elfenbeinjäger, und ich war der siebte. Drei meiner Mitschüler waren Frauen, oder besser gesagt Mädchen. Für den Anfang wurden wir unter ein Gelübde gestellt, nichts von dem, was wir gelernt hatten, ohne die Erlaubnis unseres Lehrers preiszugeben. Als Nächstes wurden wir mit dem Erlernen der Geheimsprache beauftragt. Wie ich vermutete, war sie mit dem Zulu verwandt, und laut Mandhlalanga war sie nicht mehr und nicht weniger als die archaische Sprache, aus der alle modernen Bantusprachen hervorgegangen sind. Sie wurde auf zwei Arten geschrieben: Die eine, mit Hilfe von Symbolen, war unermesslich alt; die andere, mit Hilfe eines Alphabets, war eine sehr moderne Erfindung. Die erste habe ich nie gemeistert. Die zweite, zusammen mit der gesprochenen Sprache, beherrschte ich nach ein paar Monaten gründlich.

Was die eigentlichen Lehren anbelangt, waren sie, in einem Wort, Theosophie. Nicht dass ich mir dieser Tatsache damals bewusst gewesen wäre: Ich wusste weder damals noch in den folgenden rund zwanzig Jahren, was das Wort Theosophie bedeutet, noch dass Bücher in einer europäischen Sprache über diesem Gegenstand existieren.

Die Art und Weise, in der Mandhlalanga seine Lehren vermittelte, war völlig anders als unsere europäischen Methoden. Seine Methode bestand darin, in poetischen Gleichnissen und Allegorien zu uns zu sprechen. Dann entließ er uns mit der Aufforderung, über die Bedeutung des Gehörten nachzudenken und ihm bei unserem nächsten Treffen die gewonnene „Weisheit“ zu übermitteln. Alternativ dazu las er aus seinen Pergament- und Papyrusmanuskripten vor oder ließ uns selbst vorlesen.

Die von uns benutzten Manuskripte waren Teil eines einzigen Lehrbuches (so informierte uns unser Lehrer) mit dem Titel „Die Sprüche des Alten“. Der Form nach waren diese Schriften Poesie von hohem Rang. Die darin enthaltenen Lehren war äußerst subtil und in höchstem Maße paradox, aber mit Hilfe der bedeutsamen Fragen und Vorschläge unseres Lehrers begannen sie nach und nach, neue Ideen und Vorstellungen in meinem Geist zu wecken. Das Merkwürdige war (ich erinnere mich, dass ich das damals bemerkte), dass mich die in meinem Geist wachsenden Dinge beeindruckten, weil sie die Wahrheit über das Leben darstellten, oder zumindest so viel davon, wie ich mit meiner unvollkommenen Intelligenz erfassen konnte.

Von Zeit zu Zeit wurde uns erlaubt, kleine Teile des Manuskriptes zu kopieren, um uns bei unseren privaten Studien zu helfen. Einen Teil mussten wir alle abschreiben und wurden angehalten, ihn unablässig zu studieren. Ich füge diesem Artikel eine Übersetzung der Abschrift bei, die ich damals angefertigt habe. Sie gibt den wesentlichen Inhalt des Originals so gut wieder, wie es englische Worte tun können, und das ist nur mittelmäßig, aber sie ­vermittelt immerhin einen kleinen Eindruck von der poetischen Schönheit der Bantu-Version.

Meine Schülerschaft bei Mandhlalanga dauerte fast ein Jahr. Dann rief mich die Pflicht an einen andere Ort. Ich verlor jedoch nicht den Kontakt zu ihm und traf ihn von Zeit zu Zeit in verschiedenen Teilen Afrikas, wo ich seine ständige Hilfe und Anleitung erhielt. Als ich Afrika verließ und 1927 nach England kam, hörte er auf, mich direkt zu unterrichten und unterstellte mich der Leitung eines seiner älteren Schüler, eines Ägypters.

Ich war schon einige Monate in England, als ich, scheinbar rein zufällig, mit der Theosophischen Gesellschaft Adyar in Kontakt kam. Ein Freund und ich suchten Zuflucht vor einem plötzlichen Regenschauer und stießen auf eine offene Tür mit der Aufschrift „Reading Room, Theosophical Society: Open to All“. Während ich wartete, warf ich einen beiläufigen Blick auf die Bücherregale. Müßig nahm ich ein kleines Buch mit dem Titel Light on the Path („Licht auf dem Pfad“) in die Hand und blätterte darin. Man kann sich mein Erstaunen vorstellen, als ich feststellte, dass ich Grundsätze las, die in jeder Hinsicht mit den „Sprüchen des Alten“ identisch waren. Die heutigen Leser können sich selbst ein Bild von der Ähnlichkeit machen. Als nächstes nahm ich ein Buch mit dem Titel „The Key to Theosophy“ („Der Schlüssel zur Theosophie“) in die Hand und nahm es mit Erlaubnis des Bibliothekars mit nach Hause, um es zu studieren. Die Lehren, die ich darin fand, waren eben jene, die in meinem eigenen Geist als Ergebnis der Lehren von Mandhlalanga gewachsen waren.

Seit dieser Zeit habe ich viele Bücher über Theosophie gelesen. In „The Works of H. P. Blavatsky“ und einigen anderen finde ich dieselbe Wahrheit, die ich mir durch Nachdenken erarbeitet habe, zu dem mich ­Mandhlalangas Lehren anregten; und ich stelle fest, dass sie mich zu umfassenderen Wahrheiten führen – zu Erweiterungen dessen, was ich bereits besitze, aber nicht zu irgendetwas, das dem entgegensteht. Ich habe auch andere Bücher gelesen, sehr viele, die behaupten, Theosophie zu lehren, aber ich finde in ihnen nicht die Wahrheit, wie ich sie kennengelernt habe. Unter dem Einfluss meiner ersten Begeisterung wurde ich Mitglied der Adyar-Gesellschaft, verließ sie aber nach ein paar Monaten. Jetzt bin ich Mitglied der Theosophischen Gesellschaft Point Loma, nachdem ich fünf Jahre als unabhängiger Schüler verbracht habe.

Wer das von mir hier Dargelegte liest, wird sich wahrscheinlich fragen: Wer und was sind Mandhlalanga und seine Gefährten? Das Folgende ist so viel, wie ich mitteilen kann. Sie sagen, sie seien Mitglieder einer großen Bruderschaft, die sie mit verschiedenen Namen bezeichnen: „Ubungoma obu fihliweyo“ (Brüder der Geheimen Weisheit) ist der Begriff, den Mandhlalanga verwendet. Mein ägyptischer Freund und andere, denen ich in der nördlichen Hälfte Afrikas begegnete, nennen ihre Vereinigung „Abadala abase Khemu“ (Älteste Äthiopiens). Sie haben keine Organisation, wie man sie in einer westlichen Gesellschaft findet. Man wird Mitglied aufgrund einer bestimmten geistigen Entwicklung und auf keine andere Weise. Es gibt viele Mitglieder, sagen sie, die sich ihrer Mitgliedschaft nicht bewusst sind. Es gibt Mitglieder der unterschiedlichsten Niveaus, angefangen von Schülern, wie ich es war, bis hin zu Menschen, die vage als „Abangoma“ (Jene, die wissen) bekannt sind; aber weder Mandhlalanga noch einer seiner Gefährten, die ich getroffen habe, behaupten, etwas von diesen höheren Brüdern zu wissen. Aber über den „Abangoma“ soll es „Den Alten“ geben, aber wer oder was er ist, weiß ich nicht. Offenbar ist er ein Mensch, denn ich habe gehört, dass er irgendwo in Nordafrika lebt. Mandhlalanga und andere wie er sind einfache Brüder, und sie erklären, dass sie Schüler von Älteren Brüdern sind, und diese wiederum sind Schüler von „Jenen, die wissen“.

All dies ist lediglich das, was ich aus einigen wenigen Mitteilungen von jenen zusammengetragen habe, die ich kannte. Ich könnte natürlich Theorien und Spekulationen aufstellen, aber ich ziehe es vor, dies denjenigen zu überlassen, die lesen, was ich geschrieben habe.5

Fußnoten

1. Geboren am 29. Juni 1882 in Kenmare im County Kerry in Irland, † 30. Juli 1940. Bowen war irischer Autor und Theosoph. [back]

2. Siehe S. 136-7. [back]

3. Siehe den Artikel „Africa’s White Race“ von P. G. Bowen in The Theosophical Path, Vol. XLII, Nr. 2, Oktober 1932, S. 179-185. [back]

4. P. G. Bowen, „Afrika‘s White Race“, abgedruckt in The ­Theosophical Path, Ausg. xlii, Oktober 1932, S. 179-185. [back]

5. [Im Artikel folgt auf diese Einleitung die Übersetzung der „Sprüche des Alten“, die weiter vorn in diesem Werk ins Deutsche übertragen abgedruckt ist. – Der Übersetzer] [back]