Das Meer der Theosophie
William Quan Judge
XIV – Zyklen
Die Lehre von den Zyklen, am wenigsten bekannt und am seltensten erwähnt, ist eine der wichtigsten im ganzen theosophischen System. Westliche Forscher vermuteten seit einigen Jahrhunderten, dass sich die Ereignisse in Zyklen bewegen. Einige Autoren im Bereich der europäischen Literatur haben sich mit diesem Thema befasst, alle jedoch nur sehr unvollständig. Diese Unvollständigkeit und der Mangel an genauen Kenntnissen ist auf den fehlenden Glauben an spirituelle Dinge und auf den Wunsch zurückzuführen, alles mit der materialistischen Wissenschaft in Übereinstimmung zu bringen. Ich gebe auch nicht vor, das Gesetz der Zyklen erschöpfend darstellen zu können; denn es gehört zu jenen, die von den Meistern der Weisheit nicht in allen Einzelheiten veröffentlicht wurden. Es ist jedoch genügend mitgeteilt worden, ferner war auch im Altertum längst vieles bekannt, was zu unserem Wissen beträchtlich beiträgt.
Ein Zyklus ist ein Ring oder ein Umlauf, wie aus der Ableitung des Wortes hervorgeht. Entsprechende Sanskrit-Begriffe sind Yuga, Kalpa, Manvantara. Von diesen kommt Yuga dem Zyklus am nächsten, da es in seiner Dauer kürzer ist als die beiden anderen. Der Anfang eines Zyklus muss ein Moment sein, der in der Addition mit weiteren Momenten einen Tag ergibt. Diese Tage ergeben addiert Monate, Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte. Darüber geht der Westen kaum hinaus. Er kennt den Mondzyklus und den großen siderischen Zyklus, sieht aber in beiden und auch in weiteren lediglich Zeitperioden. Wenn wir sie aber nur als Zeiteinteilungen ansehen, dann ergibt sich daraus kein Gewinn, außer für trockene Gelehrte oder Astronomen. In dieser Weise werden sie heute von den amerikanischen und europäischen Denkern gesehen. Sie sagen, es gibt Zyklen, sie hätten aber auf das menschliche Leben keinen sehr großen Einfluss und ganz bestimmt keinen auf das tatsächliche Wiederauftreten von Ereignissen oder auf die Wiederkehr von Menschen auf der Lebensbühne, die einst auf der Welt gelebt haben. Die theosophische Lehre sagt genau das Gegenteil, wie es auch sein muss, wenn sie die Reinkarnationslehre vertritt, die auf den vorhergehenden Seiten ziemlich ausführlich behandelt wurde. Die genannten Zyklen sind nicht nur reale physikalische Fakten bezüglich der Zeit, sondern sie haben auch mit anderen Perioden einen sehr großen Einfluss auf das menschliche Leben und auf die Evolution des Globus mit all seinen auf ihm befindlichen Lebensformen. Mit dem Moment beginnend und durch den Tag fortschreitend, lässt diese Lehre den Zyklus zu einem allumfassenden Ring werden, der in seinen Grenzen alles umschließt. Da der Moment die Basis ist, so ergibt sich bezüglich der großen Zyklen die Frage: Wann kam der erste Moment? Darauf kann keine Antwort gegeben werden, aber es kann gesagt werden, die alten Theosophen vertraten die Auffassung, dass im ersten Moment der Erstarrung dieser Erde die dabei involvierte Materiemasse eine gewisse und bestimmte Schwingungszahl erlangte, die während aller Veränderungen in irgendeinem Teil dieser Masse aufrecht erhalten wird, bis ihre Stunde der Auflösung kommt. Diese Schwingungszahlen bestimmen die verschiedenen Zyklen und entgegen den Anschauungen der westlichen Wissenschaft besagt die Lehre, dass das Sonnensystem und der von uns bewohnte Globus enden werden, wenn die Kraft hinter der ganzen Masse der sichtbaren und unsichtbaren Materie nach zyklischem Gesetz die Grenze ihrer Dauer erreicht hat. Hier unterscheidet sich unsere Lehre ebenfalls von der religiösen und der wissenschaftlichen Anschauung. Wir stimmen nicht zu, dass das Verschwinden der Kraft bedeutet, dass ein Gott seinen Schutz zurückzieht, noch dass er plötzlich einen Schlag gegen den Globus ausführt, sondern wir sagen, dass die wirksame Kraft, die den großen Zyklus bestimmt, die des Menschen selbst ist, als spirituelles Wesen verstanden. Wenn der Mensch sein Leben auf dem Globus beendet hat, verlässt er ihn, und mit ihm geht auch die Kraft fort, die alles zusammenhält. Die Folge ist Auflösung durch Feuer oder Wasser oder sonst etwas; diese Erscheinungen sind nur Wirkungen und keine Ursachen. Die gewöhnlichen wissenschaftlichen Spekulationen diesbezüglich besagen, dass die Erde in die Sonne stürzen oder dass ein dichter Komet den Globus zerstören könne oder dass wir möglicherweise mit einem größeren bekannten oder unbekannten Planeten zusammenstoßen werden. Derartige Phantasien sind gegenwärtig nutzlos.
Da die Reinkarnation das große Gesetz des Lebens und des Fortschritts ist, ist sie auch mit dem Gesetz der Zyklen und mit Karma verknüpft. Diese drei wirken zusammen. Praktisch ist es fast unmöglich, die Reinkarnation aus dem zyklischen Gesetz herauszulösen. Individuen und Nationen kehren in geschlossenen Strömen in regelmäßig wiederkehrenden Perioden zur Erde zurück und bringen dann auch die Künste, die Zivilisationen, ja sogar die gleichen Menschen, die früher hier tätig waren, auf den Globus zurück. Da die Individuen in einer Nation und Rasse durch starke unsichtbare Fäden miteinander verknüpft sind, bewegen sich große Massen solcher Individuen langsam aber sicher weiter und vereinigen sich zu verschiedenen Zeiten und gehen zusammen immer wieder in neue Rassen und Zivilisationen über, während die Zyklen ihre festgesetzten Runden drehen. Deshalb werden die Seelen, die die ältesten Kulturen bildeten, mit den Ideen und der Essenz jener alten Zivilisationen wiederkehren, vermehrt um das, was andere für die Entwicklung der Menschenrasse zu ihrem Charakter und Wissen beigetragen haben, und einen neuen, höheren Zustand der Kultur hervorbringen. Diese neuere und bessere Entwicklung ist nicht auf Bücher, Künste, Aufzeichnungen oder Techniken zurückzuführen, weil diese alle, soweit es sich um materielle Zeugnisse handelt, periodisch zerstört werden, sondern auf die Seele, die das einmal erlangte Wissen immer in Manas speichert und die höheren Prinzipien und Kräfte zu immer vollkommenerer Entwicklung antreibt. Die Essenz des Fortschritts bleibt erhalten und wird so gewiss hervortreten wie das Sonnenlicht. Entlang dieser Route befinden sich die Punkte, an welchen die kleinen und großen Zyklen der Avatāras zum Wohl der Menschheit die großen Charaktere hervorbringen, die die Menschheit von Zeit zu Zeit formen.
Der Zyklus der Avatāras schließt verschiedene kleinere Zyklen ein. Die größeren sind gekennzeichnet durch das Erscheinen des Rama und Krishna unter den Hindus, des Menes unter den Ägyptern, des Zoroaster unter den Persern und des Buddha unter den Hindus und anderen Völkern im Osten. Buddha ist der letzte der großen Avatāras und steht in einem größeren Zyklus als der Jesus der Juden. Die Lehren des letzteren sind die gleichen wie die des Buddha, und gefärbt mit dem, was Buddha jenen gelehrt hat, die Jesus lehrten. Ein anderer großer Avatāras, der der Kombination von Kṛishṇa und Buddha entspricht, wird noch kommen. Kṛishṇa und Rama zählten zum militärischen, bürgerlichen, religiösen und okkulten Stand; Buddha war vom ethischen, religiösen und mystischen, in welchem ihm Jesus folgte. Mohammed war ein kleinerer Zwischenavatāra für einen bestimmten Teil der Rasse und gehörte dem bürgerlichen, militärischen und religiösen Stand an. In diese Zyklen können wir auch noch verschiedene gemischte Charaktere einreihen, die auf die Nationen einen großen Einfluss ausübten; König Arthur, Pharao, Moses, Karl der Große, der als Napoleon Bonaparte reinkarnierte, Chlodowig von Frankreich, der als der deutsche Kaiser Friedrich III. reinkarnierte, und Washington, der erste Präsident der Vereinigten Staaten, wo die Wurzel für die neue Rasse gebildet wird.
Am Schnittpunkt der großen Zyklen folgen dynamische Wirkungen und verändern die Oberfläche des Planeten aufgrund einer Verlagerung der Pole des Globus oder anderer Umwälzungen. Diese Theorie mag keine allgemeine Aufnahme finden, aber wir halten sie für wahr. Der Mensch ist ein großer Dynamo, der Energie erzeugt, aufspeichert und abwirft. Und wenn große Menschenmassen eine Rasse bilden und auf diese Weise Energie erzeugen und verbreiten, dann resultiert daraus eine dynamische Wirkung auf die Substanz des Globus, die mächtig genug ist, um klar erkennbar und umwälzend zu sein. Dass sich in den Erdschichten bereits ungeheure und furchtbare Störungen abgespielt haben, wird allgemein zugegeben und erfordert jetzt keine Beweisführung. Diese Katastrophen entstanden, geologisch gesehen, durch Erdbeben und Eisbildung. Für die Tierformen bedeutet das zyklische Gesetz, dass bestimmte, jetzt ausgestorbene Tierformen und auch bestimmte menschliche, die man heute nicht kennt, deren frühere Existenz man jedoch vermutet, mit ihrem eigenen Zyklus wiederkehren werden. Und gewisse Sprachen, die man jetzt als tote Sprachen bezeichnet, werden zu ihrer angewiesenen Stunde wieder gebräuchlich.
„Der Metonsche Zyklus ist der des Mondes. Er umfasst eine Periode von etwa neunzehn Jahren, nach deren Ablauf Neumond und Vollmond wieder auf die gleichen Monatstage fallen.“
„Der Zyklus der Sonne ist eine Periode von achtundzwanzig Jahren, nach deren Ablauf die Sonntagsbuchstaben an ihren früheren Platz zurückkehren und gemäß dem Julianischen Kalender in der früheren Folge weiterlaufen.“
Das große siderische Jahr ist die Periode, die die Äquinoktialpunkte bei ihrer Präzession für einen vollen Himmelsumlauf benötigen. Es beträgt fast 25 868 Sonnenjahre. Das letzte siderische Jahr soll vor etwa 9 868 Jahren geendet haben. Um diese Zeit müssen auf der Erde eine oder mehrere heftige Umwälzungen und auch Völkerwanderungen stattgefunden haben. Die Vollendung dieser großen Periode bringt die Erde in andere Regionen des Kosmos, nicht in Bezug auf ihre eigene Umlaufbahn, sondern durch das tatsächliche Vorrücken der Sonne auf deren Umlaufbahn, die zur Zeit noch von keinem Beobachter gemessen werden kann, die jedoch, wie einige geschätzt haben, in einer der Konstellationen liegt.
Ganz besonders werden die Menschen von den spirituellen, psychischen und moralischen Zyklen beeinflusst, aus denen die nationalen, rassischen und individuellen Zyklen entstehen. Rassische und nationale Zyklen sind beide historisch. Die individuellen Zyklen betreffen die Reinkarnation, die Gefühle und die Eindrücke. Die Länge des individuellen Reinkarnationszyklus beläuft sich für die allgemeine Masse der Menschen auf 1 500 Jahre, und daraus ergibt sich ein großer historischer Zyklus, der eng mit dem Fortschritt der Zivilisation verbunden ist. Denn aus der Rückkehr der Menschenmengen aus Devachan muss sich ergeben, dass die Römer, die Griechen, die alten Arier und andere Epochen sich wieder zeigen und zum großen Teil genau zurückverfolgt werden können. Der Mensch wird ferner durch astronomische Zyklen beeinflusst, weil er ein integraler Teil des Ganzen ist, und diese Zyklen markieren die Perioden, in welchen die Menschheit als Ganzes einer Veränderung unterworfen wird. In den heiligen Büchern aller Nationen werden diese Zyklen oft erwähnt, auch in der Bibel, zum Beispiel in dem Bericht von Jonas im Bauch des Walfisches. Historisch verstanden wäre diese Geschichte absurd, nicht aber als astronomischer Zyklus. „Jonas“ ist in den Sternbildern, und wenn jener astronomische Punkt, der den Menschen repräsentiert, einen Punkt im Tierkreis erreicht, der sich genau gegenüber dem Bauch des Cetus oder des Walfisches auf der anderen Seite des Kreises – also in Opposition – befindet, dann heißt es von Jonas, er befände sich im Zentrum des Fisches und werde am Ende der Periode, wenn dieser Menschenpunkt im Tierkreis so weit fortgewandert ist, dass er sich außerhalb der Opposition zum Walfisch befindet, ‘ausgespien’. Gleichermaßen treten mit der Wanderung dieses Punktes durch den Tierkreis und mit den dadurch entstehenden Oppositionen zu den verschiedenen Sternbildern auch Jahrhundert um Jahrhundert bei den Menschen und auf der Erde Veränderungen auf, die durch die betreffenden Sternbilder genau markiert werden, wenn sie nach den richtigen symbolischen Regeln verstanden werden. Es wird nicht behauptet, dass diese Wirkungen durch die Konjunktionen verursacht werden, sondern dass die Meister der Weisheit alle Probleme, die auf den Menschen Bezug haben, vor vielen Zeitaltern erforschten und dann im Firmament das Instrument fanden, mit dem die exakten Zeitperioden bestimmt werden konnten, in denen bestimmte Ereignisse sich wiederholen würden. Sie prägten dann dem Bewusstsein der älteren Völker die Symbologie des Tierkreises ein. Auf diese Weise werden die Überlieferungen und Prophezeiungen aufbewahrt. Wie der Uhrmacher an der Stellung der Uhrzeiger oder des Uhrwerks die Zeit ablesen kann, können die Weisen an der Uhr des Zodiak die Stunde für Ereignisse ablesen. Daran glaubt man heute natürlich nicht; man wird es aber in kommenden Jahrhunderten gut verstehen. Da alle Völker der Erde im Allgemeinen fast die gleichen Zeichen für die Sternbilder des Tierkreises haben und da auch die geschichtlichen Aufzeichnungen längst ausgestorbener Völker dieselben Symbole aufweisen, so ist nicht anzunehmen, dass der westliche Zerstörungsgeist des 19. Jahrhunderts dieses wertvolle Erbe unserer Evolution vernichten kann. Der Tierkreis von Denderah in Ägypten erzählt die gleiche Geschichte, die uns auch von der alten Zivilisation des amerikanischen Kontinents hinterlassen wurde. Sie stammen alle aus der gleichen Quelle, sie sind das Werk der Weisen, die zu Beginn des großen menschlichen Zyklus auftreten und dem Menschen, wenn er seinen mühevollen Aufstieg auf dem Weg der Entwicklung antritt, jene großen astronomischen Symbole und Ideen übergeben, die alle Zyklen überdauern werden.
Die Hauptgesetze, die die Wirkungen der großen Naturkatastrophen, die am Anfang und am Ende der großen Zyklen eintreten, bestimmen, heißen Karma und Wiederverkörperung oder Reinkarnation. Sie verlaufen nach zyklischer Ordnung. Diese Gesetze beherrschen nicht nur den Menschen, sondern auch jedes materielle Atom. Die gesamte Materie ist gleichzeitig mit dem Menschen einer beständigen Veränderung unterworfen. Sie muss deshalb Veränderungen aufweisen, die denen entsprechen, denen der ‘Denker’ unterliegt. Auf der physischen Ebene werden die Wirkungen durch elektrische und andere Fluida erzeugt, die zusammen mit den Gasen auf die Feststoffe der Erde einwirken. Beim Wechsel eines großen Zyklus erreichen sie sozusagen den Explosionspunkt und erzeugen heftige Erschütterungen folgender Gruppen: a) Erdbeben, b) Überschwemmungen, c) Feuer, d) Eis.
Erdbeben können nach dieser Philosophie aus zwei allgemeinen Ursachen entstehen: Erstens durch Hebung oder Senkung unter der Erdkruste infolge Hitze und Dampf; zweitens durch elektrische und magnetische Veränderungen, die Wasser und Erde gleichzeitig beeinflussen. Letztere können die Erde, ohne sie zu schmelzen, augenblicklich in einen Fließzustand versetzen, wodurch ungeheure und heftige Verschiebungen in großen oder kleinen Wellen auftreten. Dieser Effekt wird jetzt manchmal in Erdbebengebieten beobachtet, wo ähnliche elektrische Ursachen in kleinerem Maß wirksam werden.
Fluten in gewöhnlichem Ausmaß werden verursacht durch die Verdrängung von Wasser, durch Senken oder Heben von Land, sowie durch Fluten, die mit elektrischen Veränderungen verbunden sind, die eine reichhaltige Freisetzung von Feuchtigkeit auslösen. Letztere stellt nicht nur einen Wolkenbruch dar, sondern es handelt sich um eine plötzliche Verwandlung von ungeheuren Mengen flüssiger und fester Stoffe in Wasser.
Weltenfeuer entstehen aus elektrischen und magnetischen Veränderungen in der Atmosphäre, durch die der Luft die Feuchtigkeit entzogen und sie in ein Feuermeer verwandelt wird. Zweitens durch die plötzliche Ausdehnung des solaren magnetischen Zentrums in sieben derartige Zentren, was den Globus verbrennt.
Eiskatastrophen entstehen nicht nur aus plötzlichen Polveränderungen, sondern auch durch sinkende Temperaturen aufgrund einer Veränderung der warmen Meeresströmungen und der heißen magnetischen Strömungen in der Erde. Erstere sind der Wissenschaft bekannt, letztere nicht. Die tiefere Feuchtigkeitsschicht gefriert plötzlich und große Flächen von Land werden in einer Nacht mit dicken Eisschichten bedeckt. Das könnte auf den Britischen Inseln leicht geschehen, wenn die warmen Ströme des Ozeans von ihren Küsten abgelenkt würden.
Die Ägypter und die Griechen kannten eigene Zyklen, die sie aber unserer Ansicht nach von den indischen Weisen übernommen haben. Die Chinesen waren immer ein Volk der Astronomen; sie haben Beobachtungen aufgezeichnet, die weit vor den Beginn der christlichen Ära zurückreichen. Da sie aber einer alten Rasse angehören, die dem Untergang geweiht ist, treffen ihre Schlussfolgerungen – wie seltsam diese Behauptung auch klingen mag – für die arischen Rassen nicht zu. Mit dem Eintritt der christlichen Ära befiel eine dichte Finsternis das Denkvermögen des westlichen Menschen, und Indien blieb viele Jahrhunderte isoliert, damit die großen Ideen während der mentalen Nacht Europas dort erhalten blieben. Diese Isolation wurde von der im ersten Kapitel erwähnten Großen Loge als notwendige Vorkehrung bewusst herbeigeführt, da ihre Adepten in voller Kenntnis der zyklischen Gesezte die Philosphie für die kommenden Generationen bewahren wollten. Da es sich mehr um Pedanterie und Spekulation handeln würde, wenn ich die unbekannten Saros und Naros und andere Zyklen der Ägypter besprechen würde, lasse ich hier nur die brāhmanischen Zyklen folgen, da sie fast exakt mit den richtigen Perioden übereinstimmen.
Eine Periode oder Entfaltung der universalen Manifestation wird ein Brahmānda genannt. Das Brahmānda ist ein vollständiges Leben Brahmās, und dieses Leben setzt sich aus seinen Tagen und Jahren zusammen, die, da sie kosmisch sind, eine ungeheure Dauer haben. Brahmās Tag ist so wie der des Menschen ungefähr 24 Stunden, sein Jahr hat etwas mehr als 360 Tage und die Zahl seiner Jahre ist 100.
Nehmen wir uns jetzt unseren Globus vor – da wir nur mit ihm zu tun haben. Seine Leitung und Evolution vollzieht sich unter dem Manu oder dem Menschen. Davon leitet sich die Bezeichnung „Manvantara“ oder „zwischen zwei Manus“ ab. Der Ablauf der Evolution unterteilt sich für jede Rasse, für ihre eigene Zeit und Art, in vier Yugas. Diese Yugas beeinflussen nicht die ganze Menschheit in ein und derselben Weise, da einige Rassen in einem der Yugas sind, während andere sich in einem anderen Zyklus befinden. So befinden sich die Indianer am Ende ihres Steinzeitalters, während die Arier sich in einem ganz anderen Stadium befinden. Diese vier Yugas heißen: Kṛita oder Satya, das Goldene Zeitalter, Trētā, Dvāpara; und Kali oder das Schwarze Zeitalter. Indien und der Westen leben gegenwärtig im Kali-Yuga, besonders hinsichtlich der moralischen und spirituellen Entwicklung. Das erste dieser Yugas ist langsam im Vergleich zu den anderen. Das gegenwärtige – Kali – ist sehr schnell; seine Bewegung ist genauso beschleunigt wie gewisse astronomische Perioden, die heute über den Mond bekannt, aber nicht völlig ausgearbeitet sind.
JAHRE EINES STERBLICHEN | |
360 (und einige) irdische Tage ergeben | 1 |
Kṛita-Yuga dauert | 1 728 000 |
Tretā-Yuga dauert | 1 296 000 |
Dvāpara-Yuga dauert | 864 000 |
Kali-Yuga dauert | 432 000 |
Mahā-Yuga (die 4 vorhergehenden zusammen) dauert | 4 320 000 |
71 Mahā-Yugas bilden die Regierung eines Manu oder | 306 720 000 |
14 Manu-Perioden sind | 4 294 080 000 |
Dazu je eine Morgen- und Abenddämmerung für jedes Manu | 25 920 000 |
Diese Regierungen und Dämmerungen ergeben 1000 Mahā-Yugas, ein Kalpa oder einen Tag Brahmās | 4 320 000 000 |
Brahmās Nacht ist gleichlang wie sein Tag und Tag und Tag und Nacht bilden zusammen | 8 640 000 000 |
360 dieser Tage ergeben ein Jahr Brahmās | 3 110 400 000 000 |
100 dieser Jahre ergeben Brahmās Leben | 311 040 000 000 000 |
Die ersten 5 000 Jahre des Kali-Yuga endeten zwischen 1897 und 1898. Dieses Yuga begann ungefähr 3102 Jahre vor der christlichen Ära mit Kṛishṇas Tod. Da 1897/1898 [vom Jahr 1893, dem Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde; d.Ü.] nicht weit weg ist, werden die heutigen Wissenschaftler beobachten können, ob dem Ende des 5000-Jahre-Zyklus irgendwelche Umwälzungen oder große politische, wissenschaftliche oder physikalische Veränderungen oder eine Kombination dieser Erscheinungen vorausgehen oder nachfolgen werden. Es vollziehen sich jetzt zyklische Veränderungen, weil sich Jahr für Jahr Seelen aus früheren Zivilisationen in dieser Periode inkarnieren, in der der Westen nicht mehr so von Dogmen, religiösem Vorurteil und Bigotterie eingeschränkt ist wie in der Vergangenheit. Gegenwärtig leben wir in einer Übergangsperiode, in der sich, wie eine Übergangsperiode zeigen sollte, alles in der Philosophie, Religion und Gesellschaft ändert. In einer Übergangsperiode werden die tatsächlichen Zahlen und Regeln bezüglich der Zyklen nicht bekanntgegeben, schon gar nicht einer Generation, die Geld und Gut über alle Ideen stellt und über die spirituelle Betrachtung von Mensch und Natur nur spottet.