Die Frage, was Theosophie ist, kann auf verschiedene Weise beantwortet werden. Allgemein gesprochen kann man sagen, dass sie die Kenntnis des Wissens darstellt, das die Evolution der gesamten Natur umfasst, und dass sie in ferner Vergangenheit durch große Denker, Philosophen, Menschheitslehrer oder Religionsgründer verbreitet wurde, die sie auf systematische Weise formulierten. Sie wurde auch die alte Weisheitsreligion genannt, welche einst in jedem Land des Altertums bekannt war und die das geistige Erbe der Menschheit ist.

H. P. Blavatsky, die Gründerin der Theosophischen Gesellschaft, wählte im Jahr 1875 das Wort Theosophie für die moderne Wiedergabe der alten Weisheit. Dieses Wort ist griechischen Ursprungs und bedeutet ‘Gottes-Weisheit’ oder Weisheit hinsichtlich göttlicher Dinge. Es steht in Verbindung mit philosophischen Schulen wie jenen der Kabbalisten, der Gnostiker und der Neoplatoniker, welche die Gottheit als das Eine Leben ansehen, aus dem sich alles offenbart und womit sich schließlich alles wieder vereinigen soll.

Im Alexandrien des dritten Jahrhunderts gründete der Inspirator des Neo­platonismus, Ammonius Saccas, eine eklektische theosophische Schule, welche die vielen Formen religiöser und philosophischer Wahrheiten des Westens und des Ostens in einem System zusammenbringen sollte. In der gleichen Tradition strebte H. P. Blavatsky danach, ‘alle Religionen, Sekten und Völker in einem gemeinschaft­lichen, auf den ewigen Wahrheiten basierenden ethischen System miteinander zu versöhnen’. In ihrem bedeutendsten Werk, Die Geheimlehre, beschreibt sie das Weltall als einen lebenden Organismus, der aus Bewusstsein auf vielen Ebenen besteht, die alle miteinander verbunden und voneinander abhängig sind, wobei jeder Lebensfunke seine göttlichen Möglichkeiten in aufeinanderfolgenden Leben zur Entfaltung bringt. Auf dieser gegenseitigen Verbundenheit von Mensch und Kosmos gründet sich der Begriff der Universalen Bruderschaft, welche den Menschen dazu anregt, mehr von sich für das Wohl aller zu geben.

Weiter erklärt sie, ‘dass die [in ihrem Werk] erwähnten Lehren … weder ausschließlich zu der hinduistischen, der zoroastrischen, der caldäischen oder der ägyptischen Religion gehören, noch zum Buddhismus, dem Islam oder der jüdischen Lehre des Christentums. Die Geheimlehre ist die Essenz von allen.’

Grundlage der Theosophie ist die Idee, dass es eine universale Wahrheit gibt, die in verschiedenen Formen im Bewusstsein der Menschheit wach gehalten wird – dazu zählen die Religionen, die Traditionen und Überlieferungen der Völker der Welt – bis hin zu den Märchen. Die Suche nach dieser universalen, göttlichen Wahrheit und Weisheit ist ein individueller Pfad, den jeder ausschließlich in seiner eigenen Verantwortung und ohne äußere Vermittler zu wählen berechtigt ist. Verantwortlich sind wir nur uns selbst gegenüber – und dem karmischen Gesetz.

Doch wie können wir diese universale Wahrheit finden? Mit diesem Gedanken beschäftigt sich dieser Titel und beleuchtet die Vorstellungen der Theosophie aus unterschiedlichen Perspektiven.